Hartnäckig hält sich das Gerücht, Schweizer seien gemächlich. Diese scharfe Honda Fireblade zeigt, dass die Eidgenossen auch anders können. Ganz anders.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, Schweizer seien gemächlich. Diese scharfe Honda Fireblade zeigt, dass die Eidgenossen auch anders können. Ganz anders.
Freundlich, aber wohl auch etwas aufgeregt begrüßen Joe und Marco Eichmann von Moto Center Obersee die Tester. Ihre Anspannung hat einen Grund: Zum ersten Mal nimmt der größte Schweizer Honda-Händler teil am PS-Bridgestone-Tuner-GP. Wie wird ihre 2008er-Fireblade ankommen?
Die Herzen der Leser hat der Umbau auf jeden Fall schon erobert. Bei der Abstimmung im Internet zum besten Tuning-Bike 2011, die auch die Reihenfolge der Erscheinung im Heft festlegt, stürmte die Blade auf Platz drei. Das verdankt sie unter anderem ihrem heißen Racing-Look und dem astreinen Finish. Auch die Eckdaten machen Lust auf mehr: 193 PS, 171 Kilogramm vollgetankt. Damit spielt die Fireblade beim Leistungsgewicht in der obersten Liga und ist zudem das leichteste Superbike des Tuner-GP der letzten Jahre.
Das geringe Gewicht rührt unter anderem vom Tank her. Der fasst zwar satte 24 Liter, dennoch ist das Alu-Spritfass deutlich leichter als das Original. Darüber hinaus bestehen sämtliche Verkleidungsteile inklusive des kompletten Hecks sowie der Kotflügel aus Karbon. Auch der Grundträger für die Frontverkleidung (Kanzelhalter) und die Kanäle für die Luftzuführung zur Airbox sind aus der leichten Faser. Weitere Leichtbaukomponenten: Zubehör-Auspuffendtopf, Leichtmetallachsen beider Räder und der Schwinge. Sogar die Bremskolben sind mit einigen Löchern durchbohrt, und im gesamten Bike stecken rund 100 Titanschrauben. Die feinen OZ-Räder reduzieren dagegen nicht das Gewicht, sehen dafür aber grandios aus.
Ein erster, kurzer Proberitt macht dank des leichtfüßigen Handlings der Blade tierisch Laune. Lediglich spürbare Stöße an Front und Heck speziell beim Bremsen und Einlenken in Kurven trüben das Bild etwas. Zurück in die Box, Problem schildern. Joe und Marco erhöhen die Federvorspannung der überarbeiteten Originalgabel und schließen die Zugstufendämpfung etwas. Nach dieser Kur zeigt sich die Fireblade von ihrer besten Seite. Sie liegt nun wesentlich ruhiger, brennt äußerst zielgenau in die Ecken und erlaubt beliebig enge Linien. Nur das Heck springt beim Abwinkeln auf der Bremse nach wie vor etwas, weshalb die Wirkung der exklusiven Anti-Hopping-Kupplung (Suter) nicht zur Geltung kommt. Vermutlich ist die Unruhe eine Folge des zu geringen Negativfederwegs beim modifizierten Serienmonoshock, wodurch das Heck beim Ausfedern hart gegen den Anschlag stößt. Leider fehlt die Zeit für eine Feinabstimmung. Unterm Strich zeigt die Fireblade fahrwerkseitig großes Potenzial und braucht nur noch etwas Augenmerk beim Setup.Über jede Kritik erhaben sind dagegen die Bremsen. Mit festem Druckpunkt, Brutalo-Verzögerung bei vergleichsweise geringer Handkraft und großartiger Transparenz halten die Brembos, die auch in der Moto2-WM und in der amerikanischen AMA-Serie eingesetzt werden, die Blade jederzeit sicher im Griff.
Und der Motor? Ein echtes Sahneteil! Bei Gasstößen im Stand beeindruckt die 1000er mit ultraschnellem, gierigem Hochdrehen. Dafür demontierten die Schweizer einfach die Ausgleichswelle des Kurbeltriebs. Dennoch halten sich die Vibrationen in erträglichem Rahmen. Umgeschliffene Originalnockenwellen, die Verdichtung erhöhende Kolben, andere Ansaugtrichter, HRC-Kabelbaum und -Steuergerät und ein Powercommander kennzeichnen die wichtigsten weiteren Modifikationen.
Sagenhaft, wie vehement der Treibsatz bereits bei mittleren Drehzahlen anschiebt und immer weiter drückt. Ab zirka 10 000/min bis zur Abriegeldrehzahl legt das Triebwerk noch einige fette Briketts nach. Mit dieser Darbietung brauchen sich Joe und Marco keine Sorgen zu machen: Wir sind von den Qualitäten dieser Fireblade begeistert!