Supersportler von BMW, Ducati und Honda im Rennstrecken-Vergleichstest

BMW M 1000 RR, Ducati Panigale V4 S, Honda 1000 RR-R Fireblade SP
Superbike-Vergleichstest auf dem Racetrack

ArtikeldatumVeröffentlicht am 12.08.2025
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Die Ingenieure der großen Motorradhersteller finden ständig neue Möglichkeiten, die Grenzen der Physik noch etwas weiter auszureizen. Mit höherer Spitzenleistung zum Beispiel. Die drei neuesten Vertreterinnen der schnellsten Motorradkategorie drücken aus ihren Motoren nominell 216 ( Ducati Panigale V4 S) bzw. 218 (Honda CBR 1000 RR-R Fireblade SP und BMW M 1000 RR ) Pferdestärken – unfassbar.

Fahrbarkeit statt noch mehr Power

Aber das ist längst nicht mehr alles, denn diese Power muss schließlich für die beste Rundenzeit auch nutzbar sein. Chassis und Elektronik entwickeln sich daher aktuell in einem Tempo weiter, in dem in den letzten zwei Jahrzehnten noch die Motorleistung gesteigert wurde. Fahrbarkeit lautet das Stichwort, das heute mehr zählt als Power.

Gleich blieb die eine entscheidende Frage: Welches Serien-Superbike schnürt das beste und schnellste Paket? Um sie für 2025 zu beantworten, sind wir mit Pirelli, dem Reifenausrüster der Superbike-Weltmeisterschaft, nach Valencia an den Circuit Ricardo Tormo gereist und nehmen uns BMW M 1000 RR, Ducati Panigale V4 S und Honda 1000 RR-R Fireblade SP zur Brust.

BMW M 1000 RR mit M-Carbonrädern

Werfen wir zuerst einen Blick auf die wichtigsten Neuerungen der Kandidatinnen, deren frische Diablo-Superbike-Slicks gerade noch von Heizdecken auf Temperatur gebracht werden.

Bei der BMW M 1000 RR sind sie traditionell auf superleichte M-Carbonräder montiert, die das Handling der Bajuwarin unterstützen sollen. Und auch sonst findet sich an der M reichlich Kohlefaser. Verkleidung, Frontfender, Winglets – alles aus dem edlen und leichten Werkstoff. Die M kommt besonders wegen der auf MotoGP-Dimensionen gewachsenen Winglets opulent daher. Ihre riesigen Flügel sollen bei 300 km/h 30 Kilogramm zusätzlichen Anpressdruck auf das Vorderrad laden.

Unter der breiten Verkleidung steckt nach wie vor der 999-Kubik-Reihenvierer mit Shiftcam-Technik. Dank überarbeitetem Zylinderkopf leistet er nun nominell 218 PS bei 14.500/min.

Weil deren Einsatz ohne wachsame Elektronik nicht verantwortbar wäre, umfasst das Assistenzpaket neben Race-ABS natürlich auch Traktions-, Wheelie- und Slide-Kontrolle. Letztere kann nun auch auf den aus der S 1000 RR bekannten Lenkwinkelsensor zurückgreifen und soll so Powerslides noch feiner steuern und besonders bei abbauenden Reifen den Vortrieb ohne Risiko maximieren.

Ducati Panigale V4 S mit Bosch Race eCBS

Auch die Ducati Panigale V4 S verfügt über die genannten Assistenten, wenn auch nicht über einen Lenkwinkelsensor. Ihr Elektronikpaket hält dafür neuerdings ein besonderes Schmankerl bereit: das Bosch Race eCBS. Bedeutet, dass die Ducati beim harten Bremsen und auch in Schräglage die Hinterradbremse selbstständig dosiert, und das ohne dass der Fahrer den Fußbremshebel betätigen muss. Das Resultat sollen noch bessere Bremsstabilität und engere Linien am Kurveneingang sein.

Motorisch setzt Ducati auf den bekannten 1103-Kubik-V4, dessen 216 PS seit dem Euro-5+-Update im vergangenen Herbst bei 13 500/min anliegen. In diesem Zuge bekam auch die Pani ein Aerodynamik-Update mit größeren Winglets. Im Vergleich zu denen der BMW wirken sie aber deutlich filigraner und die gesamte Verkleidung kommt weniger bullig daher.

Besonders heiß diskutiert wurde unter den Ducatisti außerdem das neue Chassis mit Zweiarmschwinge, das seitlich nun mehr Flex zulässt, ohne Torsionssteifigkeit zu verlieren.

Honda 1000 RR-R Fireblade SP mit dezenteren Winglets

Schon Anfang 2024 hat Honda die CBR 1000 RR-R Fireblade SP mit einer ähnlichen Absicht überarbeitet. Besagte Fahrbarkeit sollte verbessert werden und zu diesem Zweck feilte man in Japan außer an Chassis und Ergonomie auch an Aerodynamik und Elektronik. Die Winglets der Honda wurden dabei aber im Vergleich kaum größer, dafür dezenter in die schlanke und flache Verkleidung integriert.

Darunter arbeitet ein 1000-Kubik-Reihenvierzylinder, der im Gegensatz zu jenem der BMW M 1000 RR ohne variable Steuerung der Einlassventile auskommt. Seine 218 PS Spitzenleistung liegen bei 14.000/min an. Das Ansprechverhalten glättet seit 2024 eine variable Drosselklappensteuerung: Beim Gasanlegen werden zuerst nur zwei Zylinder mit Kraftstoff-Luft-Gemisch versorgt, einen Wimpernschlag später dann alle vier.

Außerdem trimmte man in Japan die Fahrhilfen weiter auf Performance, besonders das bis dato in der Kritik stehende ABS.

Und damit genug der einleitenden Worte, Rundenzeiten ergeben sich bekanntermaßen nicht aus nackten Datentabellen, sondern aus dem Zusammenspiel von vielen Faktoren, die diese Tabellen überhaupt nicht darstellen können. Steigen wir also auf und falten uns hinter den Verkleidungen der Superbikes zusammen.

BMW: Butterweich ansprechender Motor

Bei der BMW M 1000 RR ist das nicht einmal anstrengend, denn ihre ausladende Verkleidung mit hoher und unpraktischerweise getönter Scheibe umschließt den Fahrer vollumfänglich. Auf den Geraden befindet man sich im Auge des Orkans, in Kurven stellt die BMW massig Bewegungsfreiheit in alle nötigen Richtungen zur Verfügung.

Man fühlt sich schnell wohl im Sattel der BMW M 1000 RR und dreht schon nach wenigen Kurven vertrauensvoll am Quirl, lässt den Shiftcam-Screamer von der Leine. Was bei voll geöffneten Drosselklappen geschieht, gleicht einem Fiebertraum. Bärenstark drückt die BMW aus mittleren Drehzahlen vorwärts.

Nach oben scheint zunächst keine Grenze in Sicht, erst bei gut 15.000/min gebietet der Begrenzer dem Motor Einhalt. Bedeutet, dass das nutzbare Drehzahlband des butterweich ansprechenden Motors extrem breit ausfällt und man sich auf kurzen Zwischengeraden das Hochschalten oft sparen kann.

Der Quickshifter mit Blipperfunktion unterbricht den Vortrieb dabei übrigens etwas länger als die Schaltassistenten von Ducati und Honda.

Feinfühligkeit der BMW M 1000 RR

Die weiteren Fahrhilfen wirken sich bei Renntempo keinesfalls beschneidend oder einschränkend aus. Mit wachsendem Vertrauen bis auf die schärfsten Stufen zurückgedreht, lassen Traktions- und Slide-Kontrolle den Pirelli-Gummi sein volles Potenzial auf den zum Test kühlen Rennasphalt bringen.

Besonders in der letzten Linkskurve der Strecke, benannt nach MotoGP-Legende Casey Stoner, zeigt sich die Lenkwinkel-sensible Slide-Kontrolle grandios fein abgestimmt und lässt den hinteren Slick über viele Meter einen perfekt geschwungenen schwarzen Strich auf den Boden malen.

Die Feinfühligkeit der Elektronik wirkt sich besonders in dieser Passage stabilisierend aus, denn harte Regeleingriffe, die Unruhe ins Fahrwerk bringen könnten, bleiben aus. Stattdessen vermittelt sanftes Ausbrechen des Hecks Transparenz. Wer dann tapfer festhält, wird von der BMW M 1000 RR im Slide um die Kurve gezogen.

Am Limit sehr präzise

Doch nicht nur die Elektronik gibt top Feedback und Vertrauen. Auch das konventionelle Fahrwerk der BMW M 1000 RR beweist sich bei Renntempo als überaus performant. Nicht übermäßig sensibles Ansprechverhalten fällt hier kaum ins Gewicht, die verfügbaren Dämpfungsreserven – und davon besitzen Gabel und Federbein reichlich – sind dagegen entscheidend beim Ritt auf der Kanonenkugel.

Greift man am Ende der 900 Meter langen Start-Ziel-Geraden bei über 280 km/h in die extrem bissigen und mit klarem Druckpunkt auftrumpfenden BMW-Stopper, stemmt sich die Gabel den Bremskräften souverän entgegen, reißt man kurz darauf beim Rausbeschleunigen den Hahn wieder voll auf, tut das Federbein es ihr gleich.

Besonders auffällig ist, dass die BMW M 1000 RR in diesen Extremsituationen von sich aus den anvisierten Linien folgen will. Einlenken auf der Bremse und schnelles Umlegen fordern nicht zuletzt wegen der leichten Carbonräder auch bei hohem Tempo kaum Kraft und erleichtern es, mehrere schnelle Runden am Stück zu absolvieren.

Das Bike handelt am Limit insgesamt sehr präzise und strahlt auch auf letzter Rille Ruhe aus.

Ducati: Mehr Feingefühl als die BMW

Bei diesem Stichwort springen wir zur Ducati Panigale V4 S, die der BMW seit Runde eins am Heck klebt. Ruhe strahlt nämlich auch sie aus, und das gilt besonders für den Vergleich mit ihrer direkten Vorgängerin. Die neue Zweiarmschwinge mit riesigen Durchbrüchen beruhigt vor allem die Beschleunigungsphasen in leichter Schräglage.

Wo die Ducati Panigale V4 S vorher zum Rühren um die Längsachse neigte, rührt sich jetzt nichts mehr. Stattdessen feuert die Fuhre mit mindestens ebenso grandiosem Feedback wie die BMW voran. Das semiaktiv dämpfende Öhlins-Fahrwerk der neuesten Generation (3.0) saugt die Ducati fest auf den Boden und bietet mehr Feingefühl als die BMW-Federelemente.

Fordert ergonomisch mehr

Ergonomisch fordert die Ducati Panigale V4 S ihren Fahrer dafür etwas mehr. Auf den Geraden ist der Bückling tiefer, beim Bremsen der Liegestütz anstrengender, in Schräglage trotz schmalem Tank die Bewegungsfreiheit einen Hauch geringer.

Die ergonomisch minimal radikalere Auslegung bringt in Verbindung mit der geschmeidigen Öhlins-Gabel ein noch etwas klareres Vorderradgefühl und besonders am Kurvenscheitel maximales Vertrauen.

Nutzerfreundlich auch die Bremse, als einzige mit Brembos neuen Hypure-Sätteln bestückt. Die Verzögerung gleicht der der BMW, zur Dosierung steht aber mehr Hebelweg zur Verfügung. Und dass beim Zug am Hebel im schärfsten ABS-Modus die Hinterradbremse automatisch mitbetätigt wird, bringt beim Einlenken auf der Bremse einen spürbaren Drang der Ducati nach innen.

Die Abschnitte zwischen Einlenk- und Scheitelpunkten fühlen sich mit der Italienerin daher ähnlich spielerisch an wie mit ihrer Kontrahentin aus Bayern.

Unterm Strich Gleichstand

Beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven kann die Ducati der BMW M 1000 RR folgen, weil sie aber die vollen 15.000/min nur im sechsten Gang freigibt und in den Fahrstufen eins bis fünf bei 14.500/min der Drehzahlbegrenzer einschreitet, ist das nutzbare Drehzahlband des V4 etwas schmaler. Am Ende der langen Geraden stehen so knapp acht km/h weniger auf dem Tacho.

Elektronisch liegt die Ducati Panigale V4 S mit der BMW M 1000 RR unterm Strich gleichauf. Das Race eCBS spricht für die Bologneserin. Traktions- und Wheeliekontrolle agieren auf extrem hohem Niveau, harte Regeleingriffe bleiben auch beim Fahren am absoluten Limit aus. Stattdessen bekommt man immer nur das, was Reifen und Fahrwerk auch wirklich umsetzen können.

Die Slide-Kontrolle vermittelt in besagter letzter Linkskurve aber minimal weniger Vertrauen, weshalb die Panigale nach dem Umlegen von rechts auf links ein paar Hundertstel länger braucht, um perfekten Vortrieb zu generieren. Dann malt sie den schwarzen Strich der BMW jedoch perfekt nach.

Wo bleibt die Honda Fireblade?

Mehrere kurze Striche hintereinander schrubbt die Honda CBR 1000 RR-R Fireblade SP daneben. Ihre Slide-Kontrolle zeigt sich an dieser Schlüsselstelle weniger sensibel, lässt das Heck schneller auskeilen und fängt es in der Folge vehementer ein.

Casey Stoner himself würde sie samt der Traktionskontrolle abschalten und BMW und Ducati zeigen, wie quer ein Zweirad tatsächlich kontrolliert beschleunigt werden kann – aber weil er gerade nicht greifbar war und wir hier Serienmotorräder für Racer von diesem Planeten testen, bleibt sie aktiv.

Immerhin: Wheelie- und Traktionskontrolle geben keinen Grund zur Beschwerde und vor allem die ABS-Applikation ist die beste, die ein japanisches Superbike je hatte. Zwar in weniger Stufen einstellbar als bei BMW und Ducati, stört das ABS im Race-Setting jetzt aber auch auf richtig schnellen Runden nicht mehr. Die mit Brembo-Stylema-Sätteln bestückte Bremse packt fest zu, verzögert auf dem Niveau der Mitbewerberinnen und liefert über viele Runden Konstanz im Hebelgefühl.

Als einzige auf schweren Gussrädern

Die Ergonomie der Honda 1000 RR-R Fireblade SP kommt eher klein gewachsenen Fahrern entgegen. Tiefer im Motorrad sitzend ist man dem Asphalt stets etwas näher und in Kurven kommen die oberen Extremitäten früh in Kontakt mit dem Boden, ohne dass man tatsächlich höhere Schräglagen fährt.

Das Chassis vermittelt dazu unbeirrbare Stabilität und mag lang gezogene Radien ganz besonders. Massig Feedback kommt über die Öhlins-Hardware (wie bei der Ducati semiaktiv dämpfend, Generation 3.0) beim Fahrer an und bei submaximalem Speed umrundet die Honda den Kurs sehr gefällig.

Bei höherem Tempo fällt es dann zunehmend schwerer, die als einzige auf schweren Gussrädern rollende Honda umzulegen. Die Linienwahl wird dadurch besonders wichtig, denn wo BMW und Ducati noch kleine Korrekturen zulassen, rollt die Honda CBR 1000 RR-R Fireblade SP stoisch in die womöglich nicht mehr gewünschte Richtung weiter.

Drehzahl am besten hochhalten

Und auch die Motorcharakteristik der Fireblade erfordert einen präzisen Fahrstil mit runden Linien. Aus der Mitte kommt sie der Konkurrenz nicht ganz hinterher und obenraus streicht sie als erste die Segel. Die Musik spielt zwischen 10.000/min und 13.500/min, diesen Bereich sollte man wenn möglich nicht verlassen.

In Kombination mit der langen Übersetzung der Blade bedeutet diese Charakteristik, dass man in den engen Kurven den ersten Gang bemühen muss. Das Rezept, um mit der Honda schnell zu fahren, lautet also wie folgt: Drehzahl hoch halten, runde Bögen fahren und dabei das Bike mit viel Körpereinsatz auf den gewünschten Kurs pressen.

Ergebnisse der Rundenzeiten

Diesen Anweisungen folgend umrundet MOTORRAD-Rundenzeitenfahrer Sergio Romero, TT-erprobter Rennfahrer aus Spanien, den Kurs mit der Fireblade in 1:40,815 Minuten. Für ein Serienbike vor wenigen Jahren noch unvorstellbar, besonders bei nur rund 15 Grad Außentemperatur. Aufgrund der Bedingungen verliert die Honda knapp 0,5 Sekunden auf ihre letztjährige Rundenzeit.

Diese Tatsache lässt eine bessere Einordnung der Leistung der neuen Ducati Panigale V4 S zu. Trotz schlechterer Bedingungen schlägt sie ihre direkte Vorgängerin um 0,4 Sekunden, verbessert sich also theoretisch um 0,9 Sekunden auf 1:40,188 Minuten.

Darunter bleibt nur die BMW M 1000 RR mit 1:39,897 Minuten. Sie verliert drei Zehntel auf das 2024er- Modell, was unter Berücksichtigung der äußeren Einflüsse einer Verbesserung um 0,2 Sekunden entspricht.

Und wer ist die beste?

Die BMW M 1000 RR lenkt am leichtesten, beschleunigt am stärksten und bremst als Letzte. Das bringt ihr im Vergleich mit der Ducati Panigale V4 S drei Zehntel pro Runde – die allerdings teuer erkauft werden. 9.200 Euro trennen M 1000 RR und Ducati Panigale V4 S. Noch mal 6.090 Euro günstiger, wird die Honda 1000 RR-R Fireblade SP angesichts der kaum langsameren Rundenzeit gar zum Preis-Leistungs-Tipp.

Da alle drei Superbikes reichlich Entwicklungskosten verschlangen, bedeutet das: hohe Kaufpreise. Ein Schnäppchen ist keine dieser Raketen.