Szene: König 500 Gestern ein König

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In der Solo- und Gespannweltmeisterschaft sorgte der König-Motor für Überraschungen. Auch auf nationaler Ebene hielten Königstreue die Berliner Fahne hoch.

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Im August 1969 elektrisierte ein Bericht in Das MOTORRAD die Rennszene: Der wassergekühlte 500er-Vierzylinder-Zweitakt- Boxer des Bootsmotoren-Herstellers König aus Berlin hing in einem Motorradfahrwerk. Damals dominierten Viertakter von Urs, BMW und Honda die nationale 500er-Klasse. Die Prüfstandsangabe für den König-Motor, 68 PS bei 9000/min, klang verlockend; ebenso der Preis: Er lag bei rund 3000 Mark. Bereits 1967 beim letzten Rennen auf der Avus war Gespannfahrer Werner Köster mit einem König-Motor angetreten, doch die Vergaser und die Kühlung bereiteten Probleme, am Ende flog sogar die Primärkette davon. Versuchsweise hängte der Berliner Lizenzfahrer Karl-Heinz Woide einen König-Motor in einen modifizierten BSA Gold Star-Rahmen, allerdings ebenfalls ohne durchschlagenden Erfolg.

Dieter König, mit seinen Bootsmotoren, mehrfacher Welt-, Europa- und Deutscher Meister nahm sich nun selbst des Themas Motorrad an. Die Bootsvergaser mussten Motorradvergasern von BVF weichen, und eine Wasserpumpe sollte den Temperaturhaushalt stabilisieren. Ein stark verripptes Gehäuse verband den Motor mit dem Norton-Getriebe und diente als Wasserbehälter. Schließlich entstand ein neues Motorgehäuse, bei dem das Kühlwasser auch das Kurbelgehäuse umströmte. Der Motor war quadratisch ausgelegt mit je 54 mm für Bohrung und Hub.

Auch eine 350er-Variante und einen 680er für die 750er-Bootsklasse hatte Dieter König im Regal. Lizenzfahrer Rolf Braun konstruierte einen Doppelschleifenrahmen um den Wasserboxer. Bereits 1968 hatte Dieter König einen gewissen Kim Newcombe als Entwicklungsingenieur eingestellt: Der war in seiner Heimat Neuseeland und in Australien bereits bei Motorrad- und Bootsrennen gestartet und hatte dann in Berlin bei König angeheuert.

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Vor der endgültigen Serie entstand ein Doppelschleifenrahmen.

1970 startete in Assen der erste offiziell "König" genannte Prototyp unter John Dodds in einem internationalen Rennen. Im Juniorenpokal tauchten bereits drei König unter Kim Newcombe und den Berlinern Horst Lahfeld und Horst Wisotzky auf. 1972 wirbelten sie das Feld auf; Newcombe und Lahfeld erhielten am Jahresende die internationale Lizenz. Zur Saison 1972 hatten Newcombe und König die größten Probleme der 71er-Saison ausgemerzt. Die Risse der Triplex-Primärkette behob ein Ruckdämpfer auf der Kurbelwelle, ein neuer Rahmen die Fahrwerksprobleme. Intensive Arbeiten am Motor sollten thermische und mechanische Probleme lösen.

Die Solomotoren erhielten statt der schwimmerlosen Tilloston-Membranvergaser König-Entwicklungen mit Walzen anstelle von Drosselklappen, die Gespannmotoren Solex- Doppelvergaser. Das Ergebnis: Die Leistung an der Kurbelwelle stieg auf 86 PS bei 10 500/ min. Noch beachtlicher als der Nennwert war die für einen Zweitakter ungewöhnliche Entfaltung: Zwischen 5000 und 11 000/min gab er verwertbare Leistung ab und überzeugte nicht nur Alfred Bajohr: "Diese Kultiviertheit, turbinenmäßig wie ein Elektromotor. Die Leistung setzt gleichmäßig und überzeugend ab 6000/min ein. Deswegen ist die König selbst im Regen so gut zu fahren." In Verbindung mit dem geringen Gewicht von 130 kg trocken bot die König ein vielversprechendes Paket.

Wie schlug sich die überarbeitete König in den folgenden Saisons?

Hecker
Kurt Florin vertraute 1970 auf König 500. Heute fährt er sein toprestauriertes Exemplar bei Veteranenrennen.

Mit dem komplett überarbeiteten Motorrad trat Newcombe zum ersten GP der Saison am Nürburgring an. Die König war auf Anhieb schnell; Newcombe belegte hinter Agostini und Pagani den dritten Platz. Auch am Sachsenring und in Schweden konnte er mit den Rängen 3 und 5 Spitzenresultate einfahren. Der Rest der Saison verlief mit technischen Problemen und Ausfällen durchwachsen. Das sollte sich 1973 ändern. Über Winter hatten König und Newcombe die Maschinen noch einmal stark überarbeitet. Der Saisonauftakt in Le Castellet und am Salzburgring ließ sich mit den Plätzen 5 und 3 gut an, und nach einer kleinen Durststrecke stand Kim Newcombe in Opatija ganz oben auf dem Treppchen.

Die nächsten fünf WM-Läufe beendete der Neuseeländer auf den Plätzen 2 bis 5. Vor dem letzten Lauf in Jarama startete Newcombe am 11. August 1973 mit der 680er-König bei einem internationalen 750er-Rennen in Silverstone. Er stürzte und prallte in eine Mauer, drei Tage später erlag er seinen Verletzungen. Posthum wurde er hinter Phil Read auf der Werks-MV zum 500er-Vizeweltmeister gekürt.

Im folgenden Jahr gab die König in der 500er-WM unter Paul Eickelberg und Udo Kochanski nur noch sporadische Gastspiele. Horst Lahfeld läutete 1975 mit einem 5. und 6. Platz den Abgesang des Berliner Boxers im Grand Prix ein, zumindest in der Soloklasse. Die Gespanne mit König-Motor sollten ihren Zenith erst noch erklimmen. Werner Schwärzel und Beifahrer Karl-Heinz Kleis belegten 1973 hinter Klaus Enders/Ralf Engelhardt bereits den zweiten Endrang der WM und wiederholten 1974 diese Platzierung. 1976 und 1977 standen Rolf Steinhausen und Josef Huber in der Endabrechnung mit ihrem Busch-Gespann mit König-Motor ganz oben.

Auf nationaler Ebene war sowohl in der Ausweisklasse als auch bei den Lizenzfahrern eine regelrechte König-Mania ausgebrochen, und die für 1972 geplanten Maschinen fanden schnell Abnehmer. Die Lizenzfahrer Kurt Florin und Paul Eickelberg sowie Gespannfahrer Steinhausen erstanden eine König. Obwohl es oft zu Trainingsbestzeiten reichte, traten in den Rennen immer wieder Probleme auf. In der zweiten Saisonhälfte tauchten unter Frank Fellmann und H. Wisotzky gar zwei König im Juniorenpokal auf. 

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Horst Lahfeld startete bereits 1970 im Juniorenpokal auf König und bewegte noch 1978 die 500er aus Berlin.

Auch wenn sich keine konstanten Erfolge einstellten, hatte die König mit ihrer Leistung offensichtlich überzeugt. Zudem sollte der Solex-Doppelvergaser die Abstimmung erleichtern. Der Deutsche Meister Ernst Hiller und sein in die Lizenzklasse aufgestiegener Sohn Reinhard starteten mit dem Wasserboxer aus Berlin in die neue Saison, dazu Udo Kochanski. Im Juniorenpokal verstärkten Julius Ilmberger und Norbert Schüller, ein Mitarbeiter von König, die Berliner Marke.

Doch auch in dieser Saison trübten Probleme die Bilanz. Die König waren nicht standfest. Allein im Juniorenpokal verfehlte Frank Fellman mit drei Siegen den Titel nur äußerst knapp. 1974 zeichnete sich ein klarer Trend ab. Obwohl die als Bausatz mittlerweile 16 000 Mark teuren König immer wieder beeindruckende Vorstellungen gaben, holten Fahrer auf aufgebohrten 350er-Yamaha die Titel in der Ausweis- und der Lizenzklasse. Die Yamaha erwiesen sich als handlicher und zuverlässiger.

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Werner Schwärzel war der erste Gespannfahrer, der mit einem König-Gespann in die Weltspitze vordrang.

Auch in den folgenden Jahren sollte der König-Stern nie ganz hell leuchten. Als die ersten Suzuki RG die 500er-Klasse eroberten, waren national die Tage des Wasserboxers aus Berlin abgelaufen. Immerhin hielt Horst Lahfeld das König-Banner bis 1978 hoch. Bis heute ist die ehemalige König-Fraktion gespalten. Von "Nie warmlaufen lassen, am besten Eiswürfel einfüllen, an den Start gehen, dann funktioniert sie einwandfrei" bis zu resigniertem Abwinken reichen die Meinungen. Die Probleme mit Primärtrieb, Kupplung, Kühlung und Pleuellagern sind nicht vergessen, andererseits bestätigen Newcombes Erfolge die Befürworter. Auch auf der Straße sollte der König-Motor zum Einsatz kommen: Drei BMW-Mitarbeiter implantierten ihn in ein R 90/6-Chassis. Doch davon berichten wir ein anderes Mal.

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