Kleine Dicke und große Schlanke eint unter den Zweibeinern oft nur ein einziges Merkmal: das Gewicht. Gleiches gilt für die ganz unterschiedlichen Zweiräder Suzuki GSX-R 1000 und BMW F 650 GS. MOTORRAD fungierte als Weightwatcher.
Kleine Dicke und große Schlanke eint unter den Zweibeinern oft nur ein einziges Merkmal: das Gewicht. Gleiches gilt für die ganz unterschiedlichen Zweiräder Suzuki GSX-R 1000 und BMW F 650 GS. MOTORRAD fungierte als Weightwatcher.
Klar, zwei Räder haben beide. Doch ansonsten sind die Konzepte von GSX-R 1000 und F 650 GS so unterschiedlich wie ihre Zielgruppen. Der Supersportler von Suzuki mit seinem ultrapotenten, 160 PS starken Reihenvierzylinder für den Race-infizierten Sportfahrer, die einzylindrige Enduro von BMW, mit der auch Einsteiger problemlos zurecht kommen. Erst die Waage offenbart eine verblüffende Gemeinsamkeit. 201 Kilogramm weist das Display für die Japanerin wie für Bayerin aus. Doch auch wenn unterm Strich das Gleiche herauskommt, ist klar, dass sich die Summe aus ganz verschiedenen Einzelteilen zusammensetzt. Wo genau die Unterschiede liegen, kann nur die totale Demontage beider Motorräder und das Wiegen sämtlicher Bauteile aufzeigen.
Bei den Motoren fällt das Mehrgewicht von Suzukis 59,7 Kilgramm schweren Vierzylinder-Kraftpaket mit zehn Kilogramm gegenüber dem BMW-Single überraschend gering aus. In Zahlen ausgedrückt, lautet das Muskelspiel der GSX-R 1000: Auf jedes PS entfallen 370 Gramm Motor. Bei der BMW sind es mehr als ein Kilogramm. Die Kurbelwelle mit ihren rotierenden Teilen wie Anlasserzahnrad und Lichtmaschinenrotor wiegt beim Einzylinder mit 11,3 Kilogramm fast vier Pfund mehr als die Vierzylinderwelle der Suzuki. Große Gegengewichte für einen halbwegs ordentlichen Ausgleich der freien Massenkräfte erster Ordnung sowie eine große Schwungmasse sind nötig, um dem Single Rundlauf und ein ordentliches Schwingungsverhalten abzuringen.
Ausgleichswellen zum Minimieren der Vibrationen besitzen zwar beide. Doch während diese bei der BMW die Massenkräfte erster Ordnung ausgleichen soll, werden selbige beim Reihenvierzylinder durch die gegenläufig auf und abgehenden Kolben bereits vollständig kompensiert. Dessen Ausgleichswelle, die mit doppelter Kurbelwellendrehzahl rotiert, wiegt mit 720 Gramm nur etwa halb so viel wie die des Einzylinders genug für den Ausgleich der Massenkräfte zweiter Ordnung. Die anderen ins Gewicht fallenden Teile wie das Motorgehäuse liegen näher beieinander als erwartet. Das aufwendige, dreigeteilte Motorgehäuse mit integrierten Zylindern der Suzuki wiegt 14,2, das einfache, zweigeteilte der BMW mit getrenntem Zylinder 11,4 Kilogramm, also lediglich 2,8 weniger.
Mehr Gewicht als die Enduro bringt die Sportlerin auch in Sachen Kraftübertragung auf die Waage. Logischerweise müssen Kupplung und Getriebe deutlich stärker dimensioniert sein, um das beachtliche Drehmoment des Reihenvierers von 110 Newtonmeter zu übertragen als die 60 Newtonmeter des Singles. Macht 3,1 Kilogramm Unterschied.
Bei der Peripherie des Motors ergibt sich ein sehr indifferentes Bild. Zwar wiegt das Drosselklappengehäuse der Suzuki mit seinen acht Klappen 2,9 Kilogramm und damit mehr als das Dreifache des BMW-Pendants mit nur einer Klappe, dafür macht der BMW ihre Auspuffanlage mit 7,8 Kilogramm schwer zu schaffen. Obwohl nur mit einem Krümmer aus Edelstahl versehen, treiben die beiden Endschalldämpfer aus dem gleichen Werkstoff das Gewicht in die Höhe.
Die Anlage der Suzuki, nur 6,3 Kilogramm schwer, profitiert von mehreren Dingen: Zum einen drücken leichte Werkstoffe wie Titan für den Vierfachkrümmer und den Sammler mit integrierter Walze sowie Aluminium für den Schalldämpfer ihre Masse, zum anderen verlangen die jeweils phasen- und damit zeitversetzten Verbrennungstakte der vier 250 cm³ großen Einzelhubräume ein vergleichsweise geringes Dämpfungsvolumen gegenüber den massiven Explosionen des 650 cm³ großen Einzylinders der BMW. Und letztlich fehlt der GSX-R ein Katalysator samt Lambdasonde.
Trotz dieses gewichtigen Nachteils ist der Einzylindermotor samt Peripherie um gut zehn Kilogramm leichter als der Vierzylinder der Suzuki, die jene in anderen Disziplinen wieder aufholen muss. Da bietet sich das Fahrwerk an, mit dessen äußerem Erscheinungsbild und Werkstoff die GSX-R bereits einen Führungsanspruch anmeldet. Mit knapp elf Kilogramm ist der aus Aluminiumblechen verschweißte Brückenrahmen, mit unterschiedlichen Querschnitten an die einwirkenden Kräfte angepasst, denn auch 1,8 Kilogramm leichter als das Brückenchassis der BMW aus einfachen Stahlprofilen mit konstantem Querschnitt. Beim filigranen Rahmenheck aus rechteckigen Alurohren deklassiert die Suzuki die BMW geradezu. Mit zwei Kilogramm wiegt das Bauteil weniger als ein Viertel des Rahmenhecks sowie des Hilfsrahmens am Heck und unter dem Motor der F 650. Damit spielt die GSX-R über die Hälfte der überzähligen Pfunde im Motorenkapitel bereits wieder ein.
Und legt in der Fahrwerksdisziplin gleich noch einen nach. Die massiv erscheinende Upside-down-Gabel der Suzuki wiegt mit Lenkerstummeln, Gabelbrücken und Schaftrohr 11,6 Kilogramm, 17,7 das konventionelle Bauteil der BMW. Dabei kommt der Sportlerin trotz des zwei Millimeter größeren Standrohrdurchmessers der geringere Federweg von 130 zu 170 Millimetern zu gute. Das Mehrgewicht der BMW-Gabel dürfte aber auch auf die kostengünstigere Bauweise des simplen Bauteils zurückzuführen sein.
Bei den weiteren Fahrwerkskomponenten spart die Suzuki Pfund um Pfund, Kilogramm um Kilogramm. 0,9 bei der Schwinge, 1,2 beim Federbein, bei dem allerdings die bedienungsfreundliche, hydraulische Verstellung der Federbasis bei der F 650 zusätzlichen Tribut fordert. Ebenso die Reifen der Enduro. Die grobstolligen 19- und 17-Zöller mit Schläuchen vorn und hinten schlagen trotz der erheblich geringeren Breite mit jeweils 1,3 Kilogramm Mehrgewicht zu Buche. Das können auch die filigranen Speichenräder der BMW nicht kompensieren, die gegenüber den Gussrädern der Suzuki vorn und hinten rund ein dreiviertel Kilo einsparen. Dagegen wiegt die einzelne Scheibenbremse im Vorderrad das Mehrgewicht des Antiblockiersystems nahezu exakt wieder auf, beide Bremsanlagen sind bis auf wenige Gramm gleich schwer.
Die Bilanz nach den Kapiteln Motor und Fahrwerk lautet also: Motor zehn Kilo Vorsprung für die BMW, Fahrwerk 17,5 Kilo für die Suzuki. Folglich muss der Bayern-Single bei den Anbauteilen wieder kräftig punkten. Das Spritfass aus Kunsstoff, das bei der BMW einen Liter weniger bunkern kann, ist mit Geber und Benzinpumpe 2,6 Kilogramm leichter als der Stahlblechbehälter der Suzuki. Diese trägt zudem eine Vollverkleidung, die fast vier Kilogramm mehr auf die Waage bringt als die partiellen Verschalungen der BMW. Auch der Kühler, der für das mehrfache Leistungspotenzial eine entsprechende Kühlkapazität bereitstellen muss, wiegt zusammen mit dem Ölkühler, den die BMW nicht benötigt, mehr als zwei zusätzliche Kilogramm. Andererseits besitzt die Enduro Anbauteile wie den Motorschutz für gröberes Gelände oder einen Hauptständer, die ihrerseits wiederum 3,5 Kilogramm Mehrgewicht verursachen. Fehelen bei der GSX-R 1000 immer noch 4,8 Kilogramm, die bei den Betriebsstoffen durch den größeren Kühlmittelinhalt, das geringfügig größere Tankvolumen und mehr Motoröl letztich das Gleichgewicht zwischen beiden herstellen.
Dasselbe Gesamtergebnis von 201 Kilogramm kommt setzt sich aus Bauteilen mit völlig unterschiedlichen Gewichten zusammen. Die gesamte GSX-R-Reihe unterliegt seit ihrem Bestehen einem strengen Gewichtsdiktat und kann deshalb konstruktiv und werkstoffseitig glänzen. Jede weitere Diät würde hier hohe Kosten verursachen. Anders bei der BMW, die mit gleichen Mitteln locker 20 Kilogramm abspecken könnte, ohne deshalb eine weniger robuste Reiseenduro zu sein. Ihre Funktionalität würde sogar steigen, der Fahrspaß das beweisen die asketischen Nachbarn aus der Alpenregion würde sogar steigen. Aber vielleicht lassen die Münchner bei ihrer GS mal Weißbier und Brez´n weg und verordnen ihr Sushi als Schonkost.