Fünf Kandidatinnen buhlen um die Gunst der Supersport-Fraktion, gekämpft wird mit harten Bandagen, aber im Gegensatz zur großen Politik immer sportlich fair.
Fünf Kandidatinnen buhlen um die Gunst der Supersport-Fraktion, gekämpft wird mit harten Bandagen, aber im Gegensatz zur großen Politik immer sportlich fair.
Die K-Frage ist entschieden. Der Bayer wirds. Bei den sehr populären Supersportlern der Big Bike-Fraktion ist das anders. Die Weißblauen haben hier nichts zu melden. Zwar verfügen sie über eine ganz schön gewichtige K-Baureihe, aber in Sachen Sportlichkeit ists bei der nicht weit her. Das Rennen ist also noch völlig offen. Außerdem hat MOTORRAD die K-Frage nicht in den Hinterzimmern der Macht, sondern im Falle dieses Vergleichs sportlich fair auf Landstraße und Rennstrecke ausgefahren.
Die fazinierende Leichtigkeit des Seins: Honda Fireblade. Neben der Yamaha YZF-R1 unumstritten die Nummer eins auf der Liste der Herausforderinnen der Suzuki GSX-R 1000. Hat 2001 sehr unter dem Hammer aus Hamamatsu gelitten. Sowohl, was die Verkaufszahlen anbetrifft, als auch, was das Ego angeht. Weil es ihr an Leistung fehlte. Ob man diese Extraportion Pferdestärke der Suzuki nun braucht, oder eher doch nicht, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Fakt ist jedenfalls, dass Honda dieser unsäglichen Debatte über fehlende Pferdestärken der Vorzeigesportlerin ein Ende bereiten will ein für alle Mal. Brennpunkt Leistungsprüfstand. 145 PS drückt das erste in Deutschland erhältliche Testexemplar auf dem Dynojet. Und das inklusive einem geregelten Katalysator und sensationell geringem Schadstoffausstoß. Noch Fragen? Das bringt in der neuen MOTORRAD-Bewertung dicke Pluspunkte. Weil nicht mehr das reine Vorhandensein einer Abgasreinigung bewertet wird, sondern die bei der Homogolation des betreffenden Modells ermittelten Schadstoffwerte. Und da liegt beispielsweise der NOX-Wert der Honda unterhalb der messbaren Grenze.
Mess- und erfahrbar hingegen: die erschreckend deutliche Neigung der Fireblade mit dem Lenker zu schlagen. Für die Honda kein gänzlich neues Problem, doch in seiner jetzigen Ausprägung noch nie dagewesen. Ohne weiteres vergleichbar mit dem hinterhältigen Gezappel der ersten Yamaha YZF-R1 oder einer Suzuki TL 1000 S, weil das Lenkerschlagen, neudeutsch Kickback, nicht nur beim Fahren am Limit auf der Rennstrecke auftritt, sondern auch beim beschwingten Fahren über Landstraßen, vorzugsweise der etwas holperigen Kategorie. Zusätzlich verstärkt, wenn sich ein Passagier auf der halbwegs kommoden Soziussitzbank befindet. Daneben, das Ganze. Da baut Honda ein wunderbares Motorrad, verbessert es wirklich in allen nur erdenklichen Bereichen und vergisst den Lenkungsdämpfer. Wobei die Honda-Techniker sehr wohl über diesen Mangel Bescheid wissen. Zu erkennen an der soften Abstimmung der Fireblade-Gabel, die zudem über relativ viel Negativfederweg verfügt. Und in der Wahl der Erstbereifung: Der feine Bridgestone BT 012 verfügt auch am Vorderrad über einen Null-Grad-Stahlgürtel, das soll der Kickback-Neigung entgegenwirken. Was er allenfalls ansatzweise kann. Die Strafe folgt auf dem Fuß: null Punkte in der Kategorie Shimmy/Kickback.
Ansonsten liefert die Honda eine wirklich beeindruckende Vorstellung ab. Denn schon auf der Landstraße macht sie unmissverständlich klar, das ihren Entwicklern etwas ganz Besonderes gelungen ist: Erstmals präsentiert sich ein über 140 PS starker Supersportler mit dem federleichten Handling einer 600er. Schon bei der ersten Sitzprobe auf der Fireblade wird das klar. So zierlich, so kompakt. Mit einer sportlicheren, wenngleich ausreichend bequemen Sitzposition und einem perfekten Knieschluss am deutlich schmalerenTank. Mach die Augen zu und du wähnst dich auf der CBR 600 FS. Was für ein Genuss, diese Honda über Landstraßen zu bewegen. War schon die Vorgängerin ein Handling-Star, fährt sich diese 900er nochmals deutlich leichter, im Vergleich zu ihren vier Kontrahentinnen stellt sie eine Klasse für sich dar (siehe auch Kasten Seite 25). Scheinbar ohne den geringsten Kraftaufwand, beinahe von allein, lässt sie sich traumwandlerisch sicher auch durch trickreiche Kehren zirkeln, einzig der unverändert harte Lastwechselschlag beim allzu ungestümen Gasaufziehen kann die Linie beinträchtigen. Zudem nervig: das in den Gängen eins bis drei recht schwergängige und laute Getriebe. Geradezu ideal für die Landstraße: die Fahrwerksabstimmung der Honda. Nicht zu straff, nicht zu weich, im Alltagsbetrieb gut ausbalanciert und mit genügend Reserven.
Fein auch das Leistungsangebot. Zwar gehört ihr Vierzylinder nach wie vor nicht zu den laufruhigsten Triebwerken, doch im Vergleich zum Vorjahresmodell hat die Fireblade in diesem Punkt deutlich dazu gewonnen. Ab 3500/min steht ein breites nutzbares Drehzahlband zur Verfügung. Seine Kraft produziert der Motor geschmeidiger und im Vergleich zur Suzuki beinahe unspektakulär, aber dennoch mit großem Nachdruck: Mit ihren fulminanten Durchzugswerten übertrifft sie in diesem Feld sogar die GSX-R 1000.
Bei einer anderen 900er fiel die Überarbeitung zwar nicht so radikal wie bei der Honda aus, dennoch zeigen die Modifikationen nachhaltige Wirkung. Das Comeback des Jahres: Kawasaki ZX-9R. Die letzten beiden Jahre waren bekanntermaßen nicht gerade ein Zuckerschlecken für die Grüne. Ein äußerst unangenehmes Gabelflattern plagte die 900er. Stumpfe Bremsbeläge milderten das Problem zwar, völlig ausmerzen ließ sich die Sache nicht. Statt den Kopf in den Sand zu stecken legte Kawasaki nachhaltig Hand an den einstigen Vorzeigesportler, verstärkte unter anderem massiv den Alu-Rahmen. Heraus kam die beste 9er aller Zeiten, was bereits ein hervorragender Top-Test (MOTORRAD 3/2002) belegt hat. Besondere Talente der Kawasaki: ihre Ausgewogenheit und die Alltagstauglichkeit. Sie protzt weder mit dem geringsten Gewicht, noch mit dem brachialsten Motor, fährt dennoch sehr handlich und präzise und steht mit ihren Fahrleistungen der Honda und der Suzuki kaum nach. Bevorzugt jedoch eine etwas hochtourigere Fahrweise. Kurzum: die ZX-9R ist ein prima gelungener Allrounder, sozusagen das Rundum-Sorglos-Paket dieses Vergleichs. Mit ihr liegt man nie verkehrt, egal ob Urlaubstouroder Rennstreckenausflug, dazu später mehr. Sie verfügt über den besten Windschutz, ein hervorragendes Licht und bietet, trotz ihres bauchigen Tanks, eine bequeme, menschenwürdige Sitzposition. Last but not least knausert ihr per Vergasertriebwerk mit dem Sprit und der Hersteller beim Preis. Mit 11595 Euro darf sie als sehr faires Angebot gelten.
Zudem düpiert sie mit ihrer althergebrachten Vergasertechnik die unisono auf Saugrohreinspritzung setzende Konkurrenz. Dank Sekundärluftsystem und eines ungeregelten Katalysators sind ihre Emissionswerte auf der Höhe der Zeit, mit ihrem sanften Ansprech- und Lastwechselverhalten liegt die Kawasaki sogar vor den anderen Vier. Schlägt auch die in diesem Punkt bis dato immer als Vorbild geltenden Triumph Daytona 955i.
Dass der Verzicht auf eine grundlegende Modellpflege vor allem bei Supersportlern gewaltig ins Auge gehen kann, dafür gibt es Beispiele genug. Muss aber nicht. Das Maß der Dinge: Suzuki GSX-R 1000. Jedenfalls, was die Leistung anbetrifft. Hat im letzten Jahr allen gezeigt, wer Chef im Ring ist, brillierte in der Endurance-WM, holte den Titel in der Superstock-DM. Und will diese Siegesserie gerne fortsetzten. Nach wie vor zeichnet sich die Suzuki durch eine für diese Leistungskategorie noch nie da gewesenen Fahrbarkeit aus. Auch und gerade auf der Landstraße. Keine andere in diesem Vergleich lässt sich derart lässig abseits der Rennstrecke bewegen, strahlt soviel Souveränität aus, wie die GSX-R 1000. Powercruisen in seiner wohl schönsten Form, mit einer gut kontrollierbaren Leistung ab Standgasniveau ohne Einbruch bis in den Drehzahlbegrenzer. Phantastisch. Das alles fühlt sich beim Fahren noch viel eindrucksvoller an, als es ihre hervorragenden Fahrleistungswerte dokumentieren können. Sie erledigt auf der Landstraße fast alles in einem einzigen Gang: dem sechsten. Wobei man auf der Suzuki auch bei betont untertouriger Fahrweise immer noch sehr, sehr zügig unterwegs ist.
Die handlichste war sie noch nie. Dafür glänzt sie mit einer der bekannt hervorragenden Fahrstabilität, Kickback ist dank eines serienmäßigen Lenkungsdämpfers kein Thema und kommt der geradezu stoischen Ducati 998 in diesem Punkt ziemlich nahe. Gibt sich aber mit ihrer Fahrwerksabstimmung deutlich kompromissbereiter als der Edelrenner aus Bologna, bietet deutlich mehr Komfort und damit Alltagstauglichkeit.
Das Stichwort für die Triumph Daytona. Quo vadis, Triumph? Ein Schritt vor, zwei zurück, diesen Eindruck erweckt die Politk der Engländer derzeit. Jedenfalls, was das Flaggschiff Daytona anbetrifft. Über das geänderte Design mag man noch geteilter Meinung sein. Die Rückkehr zur von vielen schmerzlich vermissten Einarmschwinge, vorläufig nur beim Sondermodell Centennial, darf als Wiedergutmachung gewertet werden, keinesfalls als Rückschritt. Die Abstimmung des Drillings glückte jedoch nur teilweise. Dabei könnte dieses Triebwerk als idealer Kompromiss zwischen einem modernen V2 und einem Vierzylinder fungieren. Tut dieses Testexemplar aber nicht. Auf der Jagd nach Spitzenleistung waren die Triumph-Ingenieure mit gemessenen und sehr respektablen 143 PS sehr erfolgreich, im Vergleich zum letzten Test (MOTORRAD 13/2001) drückte diese Daytona nochmals zwei PS mehr auf die Prüfstandsrolle. Die Kehrseite: Rein subjektiv merkt man wenig von dieser Leistung. Im unteren Drehzahlbereich fühlt sich die Triumph reichlich blutarm an, das schlägt sich vor allem bei den Durchzugswerten negativ nieder, zudem spricht ihr Triebwerk zeitenweise nur sehr verzögert, dann aber in Kombination mit einem deftigen Lastwechselschlag an. Vorbei die glorreichen Zeiten der ersten Daytona-Modelle, die seidig-weich, mächtig und unvergleichlich aus dem Drehzahlkeller drückten, was einen beinahe glauben machte, der Dreizylinder verfüge über mehr als 160 PS.
Mächtig Boden gut macht sie mit ihrem tollen und homogenen Handling, hier hat sie im Vergleich zur Ur-Daytona deutlich dazu gewonnen. Bonuspunkte sammelte sie mit ihrer hohen Alltagstauglichkeit, da ähnelt sie der Kawasaki. Windschutz, Sitzkomfort und eine ausreichend kommode Fahrwerkabstimmung sind in Kombination mit einem laufruhigen und sparsamen Triebwerk Trümpfe, die stechen. Mit Punkten nicht aufzuwiegen: der betörende Klang ihres Drillings, daran hat der ellenlange Endschalldämpfer gottlob nichts geändert.
Betörend? Auch nach vielen Jahren noch alles in ihren Bann schlagend? Willkommen in der Abteilung Faszination, willkommen auf der Rennstrecke: Ducati 998. Denn Kompromisse schaden nur. Um es freundlich zu umschreiben: Für die Fahrt auf der Landstraße ist sie eigentlich viel zu schade. Weshalb sich die Schilderung selbiger auf ein Minimum reduziert. Weil die Ducati im Vergleich zu den anderen einfach zu kompromisslos auf das eine fixiert ist: Rennen gewinnen. Punkt. Dementsprechend hoch fällt ihr Punkterückstand auf der Landstraße aus. Zu unbequem die Sitzposition, zu hart die Grundabstimmung des Fahrwerks, zu hoch ihre Inspektionskosten und der Anschaffungspreis. Das wiederum interessiert einen Ducatisti nicht wirklich. Der will vor allem eins: schnelle Runde auf der Hausstrecke oder der Rennpiste drehen.
Und genau da gehört sie hin. Hier rechtfertigt sie den hohen Preis, kehrt sich das Bild um, passt auf der Ducati nahezu alles wie angegossen. Nicht zuletzt die weit nach vorne orientierte Sitzposition mit den tief platzierten Lenkerhälften. Vergessen der auf der Landstraße so schmerzlich vermisste Windschutz. Dafür gilt es diese sagenhafte Stabilität des Fahrwerks zu genießen, das mit Abstand die größten Reserven bietet und dem Piloten unglaublich viel Rückmeldung gibt. Schlechteres Handling? Jein. Die Ducati verlangt nach einem harten und deutlichen Lenkimpuls und fährt dann ruhig und mit beinahe chirurgischer Präzision ihren Radius. Zudem lässt sie mühelos hohe Kurvengeschwindigkeiten zu, fordert diese geradezu heraus. Schräglagenänderungen würden freilich noch homogener von der Hand gehen, wenn Ducati statt des 190er einen 180er Pneu auf die 5,5 Zoll Felge aufziehen würde. Wäre zudem dem Handling sicherlich nicht abträglich.
Weiterer Pluspunkt des V2: Ab dem Kurvenscheitelpunkt darf schon wieder ans herzhafte Gasaufziehen gedacht werden, der deutlich vehementere Vortrieb des modifizierten Testastretta-Triebwerks ist Genuss ohne Reue. Dieser Motor arbeitet weicher als das alte 996-Triebwerk, mit deutlich weniger mechanischen Geräuschen. Er drückt die Ducati mit seinen 124 PS sanft, aber bestimmt und ohne spürbaren Einbruch auf die nächste Ecke zu. Dann freilich folgt pure Ernüchterung, denn die Vorstellung der Brembo-Vierkolbenbremsanlage ist alles andere als berauschend. Ein Rückfall in alte 916-Zeiten. Sie erfordert hohe Handkraft und lässt bei der Dosierbarkeit zu wünschen übrig. Ähnlich durchschnittlich schneidet die Tokico- Sechskolbenanlage der GSX-R 1000 ab.
Was ihre Motorcharakteristik anbetrifft, nimmt die Suzuki auch auf der Rennstrecke eine Sonderstellung ein. Diese Kanonenkugel möchte sich scheinbar mit Schallgeschwindigkeit zum nächsten Bremspunkt katapultieren so empfindet es jedenfalls der mit einem heftigen Adrenalinflash kämpfende Fahrer. Beim Vernichten der überschüssigen Energie und davon gibt es reichlich verlangt die GSX-R viel Feingefühl. Hektik, also zu hartes Herunterschalten in Verbindung mit zuwenig Zwischengas, quittiert sie gerne mit mehr oder weniger starkem Hinterradstempeln. Das Einlenken klappt mit der stabile Suzuki dafür mustergültig, sie neigt beim Hineinbremsen weitaus weniger zum ungeliebten Aufstellen als die Kawasaki und die Honda. Beim Herhausbeschleunigen fordert die brachiale GSX-R dann die Politik der ruhigen Hand. Das Triebwerk agiert zwar gut dosierbar, dennoch gerät jeder Turn auf der ultrastarken Suzuki zu einer Wanderung auf einem denkbar schmalen Grat. Sie fordert immer noch ein Quäntchen mehr Konzentration als die anderen Vier. Geht auf längere Sicht auch erfahrenen Rennstrecken-Haudegen sichtlich an die Nerven. Ihr volles Potentzial auszuloten und dann in Rundenzeiten umzusetzen, was in Calafat wegen eines heftigen Sturms leider nicht möglich war, das ist und bleibt Sache von Profis. So selbstkritisch sollte jeder Hobby-Racer sein.
Für die ambitionierte Sportfahrerfraktion deshalb eine überlegenswerte Alternative: die Kawasaki ZX-9R. Das Allround-Genie macht nämlich auch auf der Rennstrecke eine prima Figur, nimmt mit ihrer gutmütigen Art sogar Novizen die Angst vor dem ersten Mal. Großer Pluspunkt: das feine Ansprechverhalten ihres Motors, das es einem ermöglicht in Schräglage sehr früh das Gas anzulegen. Hinzu kommt, das sie bei unter 6000/min nicht so vehement antritt wie die Honda oder gar die Suzuki. Hier gleicht sie beinahe einer 600er. Oberhalb dieser Marke brennt sie dann das für eine Kawasaki so typisches Leistungs-Feuerwerk ab, ein auf der Rennstrecke voll ausschöpfbares breites, nutzbares Drehzahlband. Von einem Profi auf der letzten Rille gefahren verfügt sie zwar nicht über so viel Reserven, könnte die komfortabel abgestimmte Gabel härtere Federn und mehr Dämpfung vertragen. Fahrer, die gerne mit viel Körpereinsatz agieren, fühlen sich zudem vom breiten Tank in ihrer Bewegungsfreiheit eingeengt, würden sich zudem tiefer angebrachte Lenkerhälften wünschen. Aber alles in allem stimmt die Basis. Die Bremsen beispielsweise sind bei der ZX-9R nun endlich wieder ein echtes Prunkstück, verzögern punktgenau, vehement und toll dosierbar. In diesem Vergleich nur übertroffen von der sensationellen Vorstellung der Honda Fireblade, die ebenfalls über Nissin-Vierkolbenzangen am Vorderrad verfügt. Zwar lupft sie beim harten Anbremsen nervös das Heck, dennoch gerät das Einlenken zum Kinderspiel. Unübertroffen: das frappierende Handling der Honda, die messerscharfe, knallenge Kurvenradien zulässt, in diesem Punkt verbindet sie eine Art Seelenverwandschaft mit der Yamaha YZF-R6. Die Honda pfeift durch Wechselschikanen, das einem Hören und Sehen vergeht, verlangt aber gleichzeitig nach einer kundigen Hand, weil sie Korrekturen der Linie nicht locker wegsteckt wie die gutmütige Kawasaki.
Fehler verzeihen, das ist auch ein herausragendes Charaktermerkmal der Triumph. Ein Brenner für die letzte Hundertstel Sekunde war sie noch nie, daran hat sich auch bei der aktuellen Ausführung nichts geändert. Die unbestechliche Waage dokumentiert das Manko: Im Vergleich zur federleichten Honda schleppt sie satte 21 Kilogramm mehr mit sich herum. Das Mehrgewicht macht sich besonders beim harten Bremsen bemerkbar, die Gabel der Daytona kommt dann auf Wellen an ihre Grenzen. Dennoch macht sie auch auf der Rennstrecke großen Spaß, den das träge Ansprechverhalten im unteren Drehzahlbereich und das knorrig und lautstark arbeitende Getiebe leider etwas schmälern.
In der Sympathie-Wertung liegt die Triumph unverändert weit vorne, die K-Frage machen andere unter sich aus vorläufig jedenfalls. Anfang März werden die Karten neu gemischt, dann stellt die Yamaha YZF-R1, Modelljahr 2002, ihre Machtansprüche. Bis dahin darf sich Hondas Fireblade über ihren Platz an der Sonne freuen.
Das Zauberwort, das friedliche Stammtischrunden zum lautstarken Basar der Meinung kippt: Handling. Was ist da denn nun wirklich dran? Um den Vermutungen ein Ende zu setzen, hat MOTORRAD einen Handling-Parcour installiert. Eine rund 300 Meter lange, mit Pylonen gespickte Messstrecke, die von Stoppuhr und Lichtschranke überwacht, keine Ausreden mehr zulässt. Motorräder, die hier mit mehr als 100 km/h hindurchwedeln, dabei stabil und mit rasiermesserscharfer Lenkpräzision keinen Zentimeter Platz verschenken, gehören überwiegend zur Gattung der Supersportler. Die subjektiven Eindrücke des Testfahrers werden in zwei Teile gesplittet: zum einen wird die Lenkkraft bewertet, die in erster Linie aus der Fahrwerksgeometrie, den Kreiselkräften und dem Gewicht respektive Schwerpunktslage resultiert. Breite Lenker, etwa bei Enduros, haben hier natürlich klare Vorteile.Doch die leichtgänigste Lenkung nützt nichts, wenn die Lenkbewegungen nur verzögert übertragen werden. Jetzt schlägt die Stunde der Sportler. Torrsionssteife Telegabeln, lenkpräzise Sportreifen mit handlicher, spitzer Kontur und ein straff gefedertes und gedämpftes Chassis sind die Grundlage dafür, dass der Testpilot beim Reißen und Zerren das Bike zielgenau durch den Parcours fädelt, ohne die Pylonen umzukegeln. Deshalb ist es für die Top-Test-Mannschaft kein Wunder, dass Ducatis 998 wie an der Schnur gezogen und ohne nervige Schaukelei den höchsten Speed hinbrennt und nur im engen, einer Serpentine ähnlichen Wendepunkt Zeit verliert. Hondas Federgewicht Fireblade erreicht zwar eine geringere Höchstgeschwindigkeit, markiert aber, bedingt durch die einfache Handhabung beim Wendepunkt, unter dem Strich die Bestzeit. Wacker auch die Neuner von Kawasaki: zweitbeste Zeit, kein Problem im engen Streckenteil und viel Speed das waren schon immer die Stärken der Grünen. Erstaunlich die Triumph, die trotz höchstem Gesamtgewicht zackig daherwedelt, zwar tief in den progressiven Federbereich absackt, mit viel Dämpfung jedoch ausreichend stabil bleibt. Und die fahrstabile Suzuki? Verfügt hier, wie im richtigen Leben, über das schlechteste Handling. Was zu einem geringen Teil auch auf den nicht einstellbaren, schwergängigen Lenkungsdämpfer zurückzuführen ist. Und so werden die bereits im Testprotokoll ermittelten Punkte für »Handling« durch den Parcours endgültig bestätigt. Werner Koch
Die Honda offeriert ein für diese Klasse einzigartiges Handling, ihr Triebwerk hat deutlich an Leistung und Laufkultur gewonnen. Weitere Pluspunkte: referenzverdächtige Bremsen, G-Kat und die sehr gute Verarbeitungsqualität. Minus: das Lastwechselverhalten und der fehlende Lenkungsdämpfer. Mit weniger Kickback wäre auf der Rennstrecke noch mehr drin.
Denkbar knapp geschlagen, landet die Suzuki auf Platz zwei. Unverändert ein Klasse für sich: ihr urgewaltiger Motor und das stabile Fahrwerk. Im Alltagsbetrieb schlägt sie sich wacker, auf der Rennstrecke gehört zur ersten Garnitur. Verbesserungswürdig: die Abgasreinigung (kein G-Kat trotz Einspritzanlage) und die stumpfe, nur mäßig dosierbare Bremsanlage.
Ohne das Gabelflattern feiert die Kawasaki ein tolles Comeback, der beste Allrounder dieses Vergleichs. Mit ihren tollen Bremsen und dem weich ansprechenden, druckvollen Motor taugt sie gleichermaßen für die lässige Runde über die Hausstrecke, eine ausgedehnte Urlaubstour oder viel fürs Renntraining. In der Rennstreckenwertung hält sie Anschluss an die Spitze.
Triumph sollte weniger Wert auf Spitzenleistung, denn auf eine homogene Leistungscharakteristik und ein gutes Ansprechverhalten ihres Dreizylinders legen. Dann nämlich wäre weit mehr drin als der Titel »Meisterin der Herzen«. Immer noch klasse: die Alltagstauglichkeit der gutmütigen Daytona, ihr überdurchschnittliches Handling und nicht zuletzt ihr toller Sound.
Die radikale Ducati 998 schlägt den potenteren Vierzylindern auf der Rennstrecke ein Schnippchen. Ihren hohen Preis rechtfertigt sie hier mit dem besten Fahrwerk, das auch bei Profis kaum Wünsche offenlässt und ihrem erstarkten, modifizierten Testastretta-V2. Den letzten Platz in der alltagsorientierten 1000-Punkte-Wertung verschmerzt sie deshalb mit einem Lächeln.