Superlative sind ihre Sache nicht. Möglichst viel, möglichst wenig: klar, darum geht es auch bei den Zweizylindern im vorgegebenen technischen Rahmen. Aber nie in absoluten Zahlen. Da können andere nach den Extremen hecheln wie sie wollen, können alle Reihenvierer dieser Welt PS-Zahlen vor sich hertragen wie Silikonimplantate. Irgendwann kommen sie alle runter. Von ihrem Gigantismus. Spätestens, wenn so ein wohlgeformter V2 in seiner ganzen Ausgewogenheit außen überholt. Weil er nicht mehr hat, als er braucht, und nicht weniger, als im gut tut. In der Welt der potenten V2 zählt nur eins: das rechte Maß.
Wegbereiter dieser ausgewogenen V2-Couteure war kein geringerer als Massimo Tamburini, dessen Jahrhundertentwurf 916 die zweirädrige Formensprache neu definierte, während Namensvetter Bordi im gleichen Atemzug die V2-Technologie auf zukunftsweisende Grundlagen stellte. Vorläufiger Höhepunkt: die aktuelle Testastretta-Baureihe sowie der neuerliche Superbike-Weltmeistertitel durch Troy Bayliss.
Das andere auf diesen Zug aufsprangen, mag nicht verwundern. Aprilias Einstieg in die richtige große Motorradwelt war klar, ein V2. Die Mille, von Anfang an ein großer Wurf. Ganz anders zwar als die Ducati, mit 60 Grad Zylinderwinkel, mit Aluminiumbrückenrahmen statt einem Gitterrohr aus Stahl, insgesamt größer, flächiger. Aber in sich genauso stimmig. Etwas problematischer: die japanische Suche nach der richtigen V2-Balance. Honda stellte der touristischen VTR 1000 die SP-1 zur Seite. Erntete viel Lob für den Motor. Und wenig für das Fahrwerk. Aber Honda wäre nicht Honda, würde man nicht am Ball bleiben. Also: SP-2. Etwas mehr hier, etwas weniger da. Kleine, doch feine Unterschiede, die in diesen Kreisen eine große Rolle spielen.
Fahrwerksseitig werden die Änderungen vor allem an der Hinterhand offenbar. Dort führt nun eine den Werksrennern nachempfundene Schwinge ein Bauteil, das schon für sich genommen als Ausstellungsstück für Aluminiumverarbeitung durchgeht die nach wie vor sechs Zoll breite, nun jedoch leichtere Felge. Wichtiger aber sind die Modifikationen im Verborgenen. Gabel und Federbein wurden wegen der nicht ganz geglückten Abstimmung überarbeitet und sollen einen breiteren Einstellbereich bieten, der ohnehin steife Rahmen wurde nochmals verstärkt. Und weil man gerade dabei war, kam auch der vorbildliche Motor nicht ungeschoren davon. Der atmet nun über riesige 62-Millimeter-Drosselklappenschlünde, je zwei zwölfstrahlige Einspritzdüsen zerstäuben nun statt der bisherigen Vierlochdüsen den Kraftstoff.
So gerüstet, wäre der Honda-V2 mit nunmehr 134 gemessenen PS trotz des dezenten Auftritts lediglich Verkleidungsscheibe, Blinker und Lackierung wurden geändert noch vor Jahresfrist die unbestrittene Nummer eins im Feld der großen Twins gewesen. Doch auch Ducati werkelte im Verborgenen, spendierte mit dem Testastretta-Zylinderkopf Renntechnologie für die Straße und gibt sich in ihrer vornehmen Zurückhaltung noch zugeknöpfter, weil das Plastikkleid nun bar jeder Zerklüftung daherkommt. Darunter versprechen die Bolongneser stolze 136 PS für die S-Variante. Und untertreiben noch. Gewaltige 137 PS drückt die Ducati auf die Prüfstandsrolle. Das sind satte 17 PS mehr, als der Wettbewerber aus Noale liefern kann, der dem aktuellen Jahrgang lediglich neue Farben spendierte. Aber auch das kann in dieser Welt des eben rechten Maßes und bei den bekannten Qualitäten der Mille gerade recht sein, um die Gegner in die Schranken zu weisen.
Also, Gentlemen, start your engines! Ein Vorgang, der in seiner Erhabenheit weit über dem beiläufigen Druck aufs Knöpfchen liegt, mit dem die vierzylindrigen Artgenossen ihre Arbeit aufnehmen. Es lebt, es bebt, ist jedes Mal ein kleines Wunder, macht demütig. Vor allem die Ducati zelebriert diesen Akt, lässt den Anlasser wie in Trance rundlaufen, ihn sich gegen gewaltige Widerstände stemmen, garniert das Ganze bisweilen sogar mit einer Gedenksekunde, in der sich gar nichts tut, den Piloten jedes mal aufs Neue hoffen lässt, dass sich das Wunder wieder ereignet. Die Honda hingegen ist ganz Honda. Bebt, lebt viel selbstverständlicher, auf Anhieb und fast immer ohne Choke, der darum in die Peripherie des linken Verkleidungsteils wandern konnte, während das Aprilia-Erwachen ohne die regulierende Hand am linken Lenkerende schnell vom gelassenen Bollern zum hektischen Stakato verkommt. Aber nur bis zur nächsten Ampel. Dann laufen alle rund. Ruhe vor dem Sturm, nur kurze Gasstöße, die wohlige Schauer über den Rücken jagen. V2-Genuss in seiner beinahe schönsten Art.
Aber auch in einer unbekannten, zumindest, was den Ducati-Piloten angeht. Weil der Testastretta-Motor, vor allem in seiner S-Ausprägung (siehe Kasten Seite 39), die mechanische Präsens vergangener Tage zugunsten einer Laufkultur abgelegt hat, die Seinesgleichen sucht. So spontan, so geschmeidig und willig drehte nie ein V2 hoch. Da muss sich selbst der vorbildliche Honda-Antrieb hinten anstellen, während das rustikale Poltern der Aprilia gerade im unteren Drehzahlbereich Legende ist.
Und Trockenübung, denn die Stadtschluchten sind nicht das Revier der großen Zweizylinder. Vor allem Aprilia und Ducati vergellen die Freude am innerörtlichen Stop and go, aber auf ganz unterschiedliche Weise. Die Aprilia straft ihren Fahrer unterhalb von 3000/min durch unwilliges Gerappel ab, bietet dafür eine halbwegs erträgliche Sitzposition. Das genaue Gegenteil bei der Ducati: Spielt der Motor selbst bei Bummeltempo noch ordentlich mit, packt sie zum Ausgleich alle Last der Welt auf die Handgelenke. Im Ergebnis streben beide Piloten schnurstracks gen Ortsausgang, während die Honda der Markenphilosophie treu bleibt und urbanem Sightseeing aufgeschlossen gegenübersteht. Kompakt, doch deutlich entspannter die Sitzposition mit verhältnismäßig hoch angebrachten Lenkerhälften, umgänglich das Kraftpaket von Motor. So sammelt man im Alltag Sympathien.
Trotzdem bleibt es dabei: Das ideale Revier für diese idealen Proportionen findet sich weit draußen, in dünn besiedelten, aber großzügig asphaltierten Gebieten. Gebieten, wie dem spanischen Hinterland, wo auch im Winter die Sonne scheint. Und wo die sprichwörtliche Standgasdüse Pause hat, moderne Kennfelder hingegen zeigen können, was in ihnen steckt. Nicht in Sachen Spitzenleistung. Das kommt später, auf der Rennstrecke. Leistungsentfaltung und Ansprechverhalten sind die Werte, um die es geht. Zum Leidwesen des Aprilia-Fahrers, weil sein Untersatz in beiden Diziplinen von den Konkurrentinnen überholt wird. Nicht, weil die RSV mille wirklich schlecht ist, sondern weil Ducati und Honda so gut sind. Während die Aprilia mit hartem Schlag ans Gas geht und sich ausgerechnet im auf Landstraßen gerne frequentierten Bereich zwischen 5000 und 7000/min eine ausgeprägte Verschnaufpause gönnt, läuft ihre italienische Kollegin gerade in diesen Diziplinen zur Hochform auf. Mit seidenweichem Gaseinsatz und minimalem Spiel im Antriebsstrang degradiert diese 998 S Lastwechsel zur belanglosesten Nebensache der Welt, reagiert fein dosierbar auf jedes noch so kleine Zucken der Gashand und bietet gerade im mittleren Drehzahlbereich ein ausgeprägtes Leistungs- und Drehmomentplateau feil, das einen geradezu beläufig in andere Geschwindigkeitsregionen katapultiert, kurz die Stärken des V2 in ein Licht rückt, in dem es bis dato noch nie beschienen wurde.
Ein Eindruck, der noch verstärkt wird, weil der Honda-V2 dem der Ducati kaum nachsteht. Etwas erdiger zwar, aber ebenso spontan wie sanft erfolgt der Leistungseinsatz, schiebt die Honda mit sattem Schub aus den Kurven und dann weiter, weiter, weiter. Stopp. Zur Drehfreude der Ducati langt es dann doch nicht ganz, denn was die jenseits der 9000/min für ein Feuerwerk abfackelt, ist schier unglaublich. Nichtsdestotrotz: Gäbe es diesen famosen Edel-Testastretta nicht, der Honda-Antrieb wäre das Maß der Zweizylinderdinge. Auch wenn er es aufgrund der riesigen Drosselklappendurchmesser im mittleren Drehzahlbereich laut Prüfstandskurve ebenfalls etwas ruhiger angehen lässt. Das schlägt sich zwar im Durchzug von 100 auf 140 km/h durch, im Fahrbetrieb ist davon jedoch im Gegensatz zur Aprilia nichts zu spüren.
Was nicht heißen soll, dass die Mille auf der Landstraße schlecht motorisiert ist. 120 PS sind allemal ein Wort, 93 Newtonmeter reichen immer und überall. Schieben bei Bedarf erbarmungslos vorwärts. Und die mangelnde Laufkultur im Drehzahlkeller ist jenseits der 6500/min vergessen. Dann ist gemessen am tatsächlichen Bedarf Feuer unterm Dach, bis bei 9200/min der programmierbare Schaltblitz den Gangwechsel anmahnt. Was kann der Rotax-Twin dafür, das andere noch stärker sind, der Mille vor allem im Durchzug (die 998 S auch in Sachen Beschleunigung) zeigen, wo der Hammer hängt?
Ein Grund, sich nicht lange zu grämen, sind die fahrwerksseitigen Qualitäten, mit denen die Mille verwöhnt. Zwar ist sie in den langsamen Ecken nicht ganz so handlich wie die VTR, die vor allem von ihrer kompakteren Sitzposition profitiert, gibt sich dafür in schnellen Bögen aber williger. Und auch wenn sie in eben jenen Bögen nicht so fahrstabil und zielgenau wie die 998 S ist, übertrumpft sie diese im Winkelwerk im Handling um Welten. Das nennt man einen guten Kompromiss, der sich in der Abstimmung der Federelemente fortsetzt. Sie bieten nicht das messerscharfe Feedback, das eine 998 S mit ihren sehr fein ansprechenden, doch sehr straff abgestimmten Bauteilen von Showa (Gabel) und Öhlins (Federbein) liefert, leiten grobe Verwerfungen aber auch nicht so unnachgiebig in den verlängerten Rücken weiter. Die Mille-Gabel setzt Bremsmanövern mehr Wiederstand entgegen als die tief wegtauchende VTR-Bauteil, die dann auf Bodenwellen ihren Restfederweg restlos aufbraucht, und absorbiert an der Hinterhand kurze, harte Stöße effektiver. Und die Aprilia bremst, ebenso wie die Ducati (die Brembo-Zangen mit den vier Einzelbelägen sind baugleich) so brachial, dass mitunter der Wunsch nach der etwas milderen Nissin-Anlage der SP-2 aufkommt. Sie besitzt das informativste Cockpit im Feld, bietet den eindeutig besten Windschutz und einer eventuellen Sozia für kurze Trips ein halbwegs annehmbares Plätzchen, hat gutes Licht, braucht aber zu viel Sprit.
So, jetzt reicht´s aber. Oder will noch jemand wissen, dass der Windschutz auf der Honda auch nicht schlecht ist, sie noch besseres Licht hat, die Ducati Windschutz nicht mal buchstabieren kann, dafür furchtbar wenig Benzin konsumiert? Nicht wirklich oder? Alle scharren mit den Hufen, die Rennstrecken von Calafat liegt vor der Tür. Da trifft es sich gut, das Reinhard Sucher von Michelin, gerade sein jährliches Renntraining durchzieht und brandneue Pilot Race 2 im Gepäck hat. Noch besser trifft sich, das Ex-GP-Star Jürgen Fuchs mit von der Partie ist, um für adäquate Rundenzeiten zu sorgen. Also, flott die Pellen ummontiert wobei die Ducati auf ihrer 5,5-Zoll-Felge einen 180er statt des überbreiten 190ers verpasst bekommt und los geht´s.
Zuerst geht die Honda auf Zeitenjagd und kämpft gleich am zweiten Eck mit einem Kardinalproblem, das sich bereits auf der Landstraße andeutete. Ein U-Turn, die Anbremszone gespickt mit Bodenwellen, die famosen Nissin-Zangen beißen zu und die Gabel taucht bis auf den Anschlag ab, das Vorderrad stempelt. Trotz Rennstreckenabstimmung (siehe Kasten Seite 39). Ein Problem, das auch an anderen Stellen des verzwickten Kurses wieder auftaucht und zu relativ frühen Bremsmanövern zwingt. Dafür hat die SP-2 ein anderes Problem des Vorgängermodells abgelegt. Die Tendenz, in die Kurven hineinzukippen, um dann unerwartet große Bögen zu fahren, ist passé. Zielgenau ballert die Honda im Tiefflug um den Kurs, geht zwar nicht ganz so seidenweich ans Gas wie die Ducati, bringt ihre Bullenkraft aber sauber auf den Asphalt, weil das Federbein zwar bei harten Stößen nicht ganz sauber anspricht, jedoch über reichlich Dämpfungsreserven verfügt. So ist es nur noch die Front, die etwas den Spaß verdirbt. Nicht nur beim Anbremsen, sondern mit ihrer Nachgiebigkeit auch bei Lastwechseln. Sackt einfach zusammen. Etwas mehr Gabelöl und damit ein kleineres Luftpolster würden sicher helfen. Genau wie ein Lenkungsdämpfer. Auf der Landstraße kein großes Thema, zuckt die VTR auf dem welligen Kurs energisch mit den Lenkerenden, was besonders unangenehm ist, weil der Fahrer auf der glatten und ausladenden Sitzbank wenig Halt findet und in den brachialen Beschleunigungsphasen eher am Lenker hängt als Druck aufs Vorderrad machen kann. Das Ergebnis in Zahlen: 1.34.1 min.
So, nun gilt´s: Was diese Zeit wert ist, soll die Ducati zeigen, auf die eigentlich alle wetten. Selbst wenn das verzwickte Winkelwerk hinter dem Fahrerlager der sturen 998 S nicht eben entgegenkommt. Und tatsächlich: Rechts, links, rechts, links diese Passage fordert auf der Roten viel Kraftaufwand und sehr bewusste Gewichtsverlagerung. Aber der Rest ist die pure Freude. Vor jeder Kurve wieder dürfen die Brembo-Zangen richtig zubeißen, weil die Gabel unter allen Umständen präzise federt und dämpft. Dann mit viel Schwung und Gefühl fürs Vorderrad ins Eck und dank des stabilen Hecks und des so sanften wie gewaltigen Motors wieder hinaus. Das passt, zumal aufkommende Unruhe der Frontpartie vom feinen, einstellbaren Öhlins-Lenkungsdämpfer im Keim erstickt wird, der Fahrer viel Gewicht aufs Vorderrad bekommt und wieder und wieder den fulminanten Schub genießen kann. Broooom und erneut kracht Jürgen vorbei. Die Uhr bleibt bei 1.33.5 min stehen.
Eine hohe Hürde für die Aprilia. Mit satten 17 PS weniger! Doch zunächst kämpft die RSV mille mit einem anderen Problem. Die harte und nicht ganz exakte Gasannahme macht die Dosierung am Kurvenscheitelpunkt schwer, bringt Unruhe ins Fahrwerk, irritiert den Fahrer ebenso wie ein pumpendes Federbein in der Beschleunigungsphase. Mehr Dämpfung täte Not. Dafür stellt sich wie schon auf der Landstraße der Aprilia-Kompromiss aus Handlichkeit und Stabilität als ideal für diesen Kurs heraus. Mit wenig Kraftaufwand durch die Schikanen, vertrauenerweckend in den Anbremszonen und der schnellen Links vor der Zielgeraden. Das passt auch wenn die aktuelle Mille an dieser Stelle mangels Lenkungsdämpfer ebenfalls deutlich mit dem Lenker zuckt. Dazu eine sehr exakte Schaltbox, die präzise und schnelle Gangwechsel erlaubt da ist das Leistungsdefizit schnell vergessen. Bis zum Blick auf die Stoppuhr. 1.34.42. Schnell, sauschnell an sich. Aber im Vergleich zu den anderen beiden eben langsamer.
So, das war es. Einpacken, ab nach Hause. Das Erlebte Revue passieren lassen. Nachdenken über Zahlen, Zeiten, Idealmaße. Über diese Ducati, die verdammt nah dran, mit 20100 Euro auch verdammt teuer ist. Über diese Honda, ebenfalls bärenstark, fahrwerksseitig deutlich verbessert und von hoher Alltagstauglichkeit. Allerdings mit 14590 Euro auch kein Schnäppchen. Über die Aprilia, die motorseitig hier nicht ganz mithalten kann, aber durch Ausgewogenheit glänzt, sich im Alltag und auf der Piste wacker schlägt. Und mit 12599 Euro glatt als Sonderangebot durchgeht. Bleiben noch die Gedanken an den eigenen Kontostand. Denn beim Blick auf den letzten Auszug können Idealmaße plötzlich ihre ureigene Bedeutung zurückgewinnen. Maße, von denen viele nur träumen können
Weiter voll im Trend
Fast ein Jahrzehnt lang dominierten die V2 die Superbike-WM. Brillante Fahrbarkeit wegen des breiten nutzbaren Drehzahlbands, der linearen Leistungsentfaltung, des günstiges Leistungsgewichts. Und nun MotoGP und kein Platz für die Zweizylinder. Alle Hersteller haben sich für Drei-, Vier- oder Fünfzylindermotoren entschieden. Sogar Ducati. Weil zwei Zylinder einfach nicht ausreichen, um Leistungen jenseits der 200 PS zu generieren. Klar ist aber auch: Diese Raketen können nur wenige Ausnahmekönner richtig bewegen. Otto-Normal-Rennfahrer ist überfordert. Gleiches wird für die zivilen Ableger gelten. 170 PS oder mehr PS in Serie sind dann gut vorstell-, aber nur schwer bewegbar. Trotzdem werden sie den heutigen R1-, GSX-R 1000- und Fireblade-Piloten das letzte Quäntchen Mut und Kohle herausholen aber nicht schneller fahren.Genau darum bin ich mir sicher: Die sportlichen V2 liegen weiter voll im Trend! Weil das, was lange für die Superbike-WM galt, auf der Straße oder beim Renntraining nach wie vor Gültigkeit hat. Honda reagiert auf diesen Markt mit der stark verbesserten SP-2, Ducati hat den V2 in der 998 S zu nie gekannter Stärke und Reife gebracht. Und auch Aprilia liegt mit dem Konzept richtig, müsste dem Motor angesichts der Stärke der Konkurrenz jedoch etwas Feinarbeit widmen. Ob es nun die Ducati 998 S sein soll, die den Geist der Rennstrecke eins zu eins auf die Straße transportiert, oder die Aprilia RSV mille, ein echtes Allroundtalent und das Preis-Leistungs-Genie in der Klasse, oder die bärenstarke und doch kompromissbereite Honda VTR 1000 SP-2, die ihrer Vorgängerin in allen Belangen überlegen, bleibt Geschmackssache. Dass man mit jeder der drei eine gute Wahl trifft, steht fest.
Die 2. Generation
Michelin Pilot Race seit Jahren eine feste Größe auf allen Breitensportveranstaltungen dieser Welt. Besonderes Erkennungsmerkmal: satter Grip in allen Lagen. Aber die Konkurrenz schlief nicht, zog nach und teilweise sogar vorbei. Das problem des Pilot Race: diffizile Kaltlaufeigenschaften und ein sehr schmaler Grenzbereich zwischen sattem Grip und sattem Abflug. Daran hat Michelin gearbeitet. Mit Erfolg. Der Pilot Race 2 (lieferbar in S-, M- und H-Mischung, bald auch mit Straßenzulassung) überzeugte mit sehr feinem Handling, viel Grip in maximaler Schräglage, einem besseren Gefühl fürs Vorderrad und einem deutlich gutmütigeren Grenzbereichverhalten. Wenn der Reifen Temperatur hat! In den ersten ein, zwei Runden ist nach wie vor Vorsicht geboten. Danach baut der Pilot Race unglaubliche Haftung auf, um sich nach weiteren drei bis vier Runden auf einem etwas niedrigeren, aber dennoch sehr hohem Niveau zu stabilisieren.
Der pure Luxus?
Ducati 998 und 998 S: Zu unterscheiden nur am Schriftzug, den rotlackierten Spiegeln bei der S-Variante und der Verkleidungswanne aus Karbon. Und für Kenner an der Bremsanlage, denn die S verzögert mit vier Einzelbelägen pro Bremszange, die Bremsscheiben sind dünner. Die wirklich wichtigen Unterschiede ruhen unter der Verkleidung: Während in der Sport-998 der Motor der letztjährigen 996 R zum Einsatz kommt, tut in der preisgünstigeren Schwester eine zivile Variante Dienst. In Zahlen: 124 zu 137 PS (MOTORRAD-Messungen). Dass diese Leistungssteigerung nicht auf dem kleinen Dienstweg zu erreichen ist, ist klar. Schärfere Steuerzeiten dank anderer Nockenwellen, weniger Schwungmasse, Pleuel aus Titan, geändertes Zündkennfeld, größerer Krümmerquerschnitt (50 statt 45 Millimeter), Motorgehäuse aus Sandguss es kommt einiges zusammen. Beim Fahrwerk hingegen blieb alles beim Alten.Erfahren lassen sich diese Unterschiede sehr wohl. Die 998 S bremst um Längen besser als die kleine Schwester, und der Motor ist eine Klasse für sich. Geht obgleich schon die normale 998 eine deutliche Verbesserung zur 996 darstellt in allen Drehzahlbereichen bissiger zu Werke und ist in Sachen Laufkultur kaum zu toppen. Ein Erlebnis für sich! Ob diese Eigenschaften und das etwas geringere Gewicht (in der Biposto-Version, also mit Stahlrahmenheck vier Kilogramm) den Mehrpreis von 4100 Euro wert sind, mag jeder selbst entscheiden. Zur Orientierung: In Calafat erreichte die 998 auf denselben Reifen eine Rundenzeit von 1.34.17 min.
1. Platz - Honda VTR 1000 SP-2
Sie hat sich schwer gemausert, die Sport-VTR. Nicht motormäßig, denn der war schon immer Spitze. Aber in Sachen Fahrwerk. Handlich, zielgenau, einfach gut. Im verschärften Sporteinsatz und erst recht auf der Landstraße, wo die VTR 1000 SP-2 zudem die bequemste Sitzposition bietet. Dazu kommt die überzeugende Motorcharakteristik. Zusammen auch in den Niederungen des Motorradalltags ein überzeugendes Angebot. Einzig die Gabelabstimmung verdiente noch mehr Aufmerksamkeit. Freuen wir uns also auf die SP-3.
2. Platz - Aprilia RSV mille
Wie sich die Zeiten ändern. Konnte die Mille die Honda-Konkurrenz noch im vergangenen Jahr ordentlich bügeln, muss sie sich jetzt geschlagen geben, wenn auch denkbar knapp. Weil die SP-2 in Sachen Fahrwerk aufholte, die RSV motormäßig aber nicht besser wurde. So lässt die Aprilia schon im Kapitel Antrieb gegen die bärenstarken Ducati und Honda reichlich Punkte liegen. Trotzdem: In der Summe ihrer Eingenschaften ist die Mille ein sehr gutes Motorrad und ein sehr fazinierendes noch dazu.
3. Platz - Ducati 998 S
Und wieder die alte Leier: Die Ducati ist ganz toll und verliert trotzdem! Nicht ganz. Denn wohl noch nie war die Extremistin aus Bologna so nah dran an der kompromissbereiten Konkurrenz. Der Motor ein Gedicht, die Bremsen erste Sahne, das Fahrwerk mindestens auf so hohem Niveau wie der Preis. Halt, stopp: Da ist sie schon wieder, die Erbsenzählerei. Dabei sollte das jetzt eine Lobeshymne werden. Aber so sind wir halt. Und so werden wir auch bleiben. Hoffnungslos vernünftig.