Honda Gold Wing mit neuem Fahrwerk im Patent
Super-Tourer mit semi-aktivem Skyhook-Fahrwerk und Wankausgleich

In einem Patent schützt Honda sich die Erfindung des Wankausgleichs am Beispiel des bisher unbekannten Skyhook-Fahrwerks in der Gold Wing.

In diesem Artikel:
  • Neues Fahrwerk für die Gold Wing
  • Mit Wankausgleich und semi-aktiv
  • Steuerung per IMU
  • Fazit

Gold Wing = Komfort. Diese Gleichung ist fast wie Einsteins e=mc² eine universelle Konstante. Der sechszylindrige Boxer mit 1.833 Kubik und 170 Nm Drehmoment ist mechanisch das Sanfteste an Hubkolbenmotor, das je ein Zweirad betrieb. Und spätestens seit dem 2018er-Update auf das elektronisch einstellbare Federbein hinten und die Doppel-Längslenker-Aufhängung vorn, bringen die Sänfte selbst grobe Straßenirritationen nicht aus dem Wohlfühlbereich. Wermut tropft allerdings in Form starken Seegangs durch hohe dynamische Radlastverteilungen beim Bremsen und Beschleunigen. In einem Patent scheint Honda durch ein semi-aktives Fahrwerk mit Wankausgleich dem Herr werden zu wollen.

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Neues Fahrwerk für die Gold Wing

Ein normales semi-aktives Fahrwerk als Erfindung kann Honda sich nicht schützen lassen, insbesondere nicht das Skyhook-System von Showa. Einem Patent muss immer eine neue Erfindung zugrunde liegen, und das gelingt Honda durch das Integrieren des sogenannten Nick- oder Wankausgleichs mit einem neuartigen System. Das arbeitet nicht wie bekannt mit dem schnellen Schließen der Dämpfungsventile in den Stoßdämpfern, sondern mit einem Dämpfer, der mit einem magnetorheologischen Fluid gefüllt ist. Je nach angelegter Stromspannung verändern die magnetischen Bestandteile im Fluid die Durchflussgeschwindigkeit und verhärten den Dämpfer. Eine ähnliche Technik verwenden Autohersteller in elektronisch geregelten Fahrwerken, die bisher allerdings meist nur "hart" oder "weich" als Abstufung kannten. Hondas Anspruch dürfte allerdings sein, über ein breites Dämpfungsband die Eigenschaften des Fluids ändern zu können.

Mit Wankausgleich und semi-aktiv

Weshalb Honda in dem Patent vielfach die Skyhook-Technologie von Showa als Referenz angibt, ergibt erst Sinn, wenn man beide Systeme voneinander getrennt betrachtet. Aktuell verfügen manche semi-aktiven Fahrwerke über eine Vorstufe des Nickausgleichs und schließen die Druckstufe, um die Bewegung des Dämpfers zu stoppen. Fährt das Motorrad beim Bremsen über eine Unebenheit, wird die allerdings nicht herausgefiltert, sondern direkt in das Chassis geleitet. Der Stoß kommt im Fahrersitz an. Das magnetorheologische System hätte als alleinige Dämpfung das gleiche Problem. Logisch wäre, besonders im Kontext des großen Bauraums in einer Gold Wing: Die Federelemente verfügen über beide Systeme. Eines, das semi-aktiv dämpft und eines, das parallel den Nickausgleich bewerkstelligt.

Alternativ könnte die in Premium-Federelementen verwendete Hi-Low-Dämpfung eingesetzt werden: Beim Anbremsen oder Beschleunigen schließt das System die magnetische Low-Stufe für die langsamen Einfedergeschwindigkeiten, während die konventionelle Hi-Stufe die kurzen Stöße wie gehabt herausfiltert. Diese Kombination könnte Honda in Motorrädern einsetzen, die nicht den üppigen Platz einer Gold Wing bieten und nur ein Federelement mit beiden semi-aktiven Funktionen einsetzen.

Steuerung per IMU

Herz des Systems ist eine IMU, ein Beschleunigungssensor, der für schräglagenabhängige Systeme benötigt wird. Er ist verbunden mit allen wichtigen Steuereinheiten wie Motor, DCT-Getriebe und Bremsen. Die IMU erkennt den Bremsvorgang oder das Beschleunigen, und die Federelemente steuern die Einfedergeschwindigkeit bei. Daraus errechnet das angeschlossene Steuersystem die Rate, in der die Federelemente verhärten müssen, um die dynamische Radlastverteilung auszugleichen. Die Steuerung mit den Sensoren und den mechanischen Komponenten ist die eigentliche Erfindung von Honda.

Fazit

Honda hat sich eine neue Steuerung für ein semi-aktives Fahrwerk patentieren lassen. Am Beispiel einer Gold Wing schützt Honda sich einen Wank- oder Nickausgleich des Fahrwerks beim Beschleunigen oder Verzögern. Das Ausgleichssystem soll wohl mit einer magnetischen Flüssigkeit geschaltet werden, hinzu kommen noch bekannte Komponenten eines semi-aktiven Fahrwerks am Beispiel des Skyhook-Systems von Showa.

Gerade die Gold Wing mit zwar sehr hohem Komfort, aber auch hohen dynamischen Radlastverteilungen könnte von solch einem System enorm profitieren.

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Erscheinungsdatum 26.05.2023