48-PS-Motorräder 300 cm³ Einsteiger Vergleichstest 2018

48-PS-Motorräder mit 300 cm³ im Vergleichstest (2018) Bikes für A2-Führerschein-Besitzer

Jugend forsch: Hondas Beitrag zur 48-PS- Einsteigerklasse – die Honda CB 300 R – stellt sich im Vergleichstest erstmals der Konkurrenz von BMW G 310 R, Kawasaki Versys-X 300 und Yamaha MT-03. Und dem Urteil des MOTORRAD-Nachwuchses.

Bikes für A2-Führerschein-Besitzer Rossen Gargolov
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Wie in vielen größeren Betrieben wird auch bei den meisten Redaktionen der Motor Presse Stuttgart jungen Menschen die Möglichkeit gegeben, über einen gewissen Zeitraum via Praktikum ins Berufsleben reinzuschnuppern. In diesem September tummelten sich gleichzeitig insgesamt vier Kurzzeit-Nachwuchskräfte in den Fluren der Redaktion. Mona Pekarek (23) genießt als Volontärin derzeit sogar den Luxus eines eigenen Büros, groß genug, um Praktikant Julian Drees (20) Unterschlupf zu gewähren. Dazu gesellten sich Marlene Volkmann (23), Journalismus-Studentin, die ein vierwöchiges Praktikum absolvierte, sowie Angelina Leser (19), die uns, das Abi frisch in der Tasche, drei Monate unterstützt. Auch Mona war bis vor wenigen Tagen „nur“ im Besitz des A2-Führerscheins und dementsprechend in der Fahrzeugauswahl auf maximal 48 PS eingeschränkt. Aber wie die anderen drei auch heiß aufs Fahren. Bei Julian konnte selbst der lange Trip nach Schottland die Lust am Biken nur kurzzeitig bremsen, und auch die drei Mädels waren sofort dabei, als sie um die Mitarbeit bei diesem Vergleichstest gefragt wurden. Leider war Julian dann im Testzeitraum verhindert.

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Kawasaki Versys-X 300

Aber Ferdinand Heinrich, der Technikjournalismus in Nürnberg studiert und derzeit sein Praxissemester absolviert, sprang sofort für ihn ein. Mit 29 Lenzen ist er dem A2 längst entwachsen und quasi der Silberrücken unter der jungen Garde. Als Enduro-Aficionado und mit 1,87 Meter Größe ist er auf die Kawasaki Versys-X 300 gesetzt.

Rossen Gargolov
Die Kawasaki Versys-X 300 wiegt 177 Kilogramm.

Er erkennt die Qualitäten der Kawasaki Versys-X 300 durchaus an, so recht will der Funke aber nicht überspringen. Klar, wer sonst große, durchzugsstarke Boxer fährt, tut sich schwer mit dem drehzahlorientierten Charakter des Reihentwins. Den mag man, oder eben nicht. Punkt. Dabei wirkt die Kawa recht erwachsen, bietet Fahrer wie Beifahrer den meisten Platz und hat dank Verkleidung den besten Wetterschutz. Obwohl sie sich von den Federwegen nicht groß von den anderen unterscheidet, rollt sie am ungerührtesten über schlechte Wegstrecken hinweg. Das höchste Gewicht (177 kg) und die kleinste Bremsscheibe vorn (290 mm) ergeben unter dem Strich die am wenigsten gute, dennoch ausreichende Bremswirkung. Ihre Prämisse liegt auch eher auf Reisen denn auf Rasen, konsequenterweise kommt sie mit knapp 450 Kilometern mit einer Tankfüllung am weitesten.

BMW G 310 R

Bei der BMW G 310 R, die zielstrebig von Marlene, privat mit einer Honda CB 500 F unterwegs, angesteuert wird, ist über 110 Kilometer früher Ebbe im Tank. Schon das zeigt den völlig konträren Charakter zur Kawasaki. Viel kompakter als die Grüne, dazu 15 Kilogramm leichter und die Sitzhöhe mit 79 Zentimetern satte fünf niedriger, vermittelt sie der Journalismus-Studentin offenkundig schon vor dem ersten Aufsitzen die beruhigende Botschaft: Bei mir bist du gut aufgehoben, wir beide werden das Kind schon schaukeln.

Rossen Gargolov
Der BMW-Motor verbraucht 3,3 Liter.

Zwar wirkt die Sitzposition, bei der man mehr im als auf dem Motorrad sitzt etwas inaktiv, mit dem gemütlich Schaukeln wird das aber dennoch nix. Sowohl das recht straff abgestimmte Fahrwerk als auch der etwas hart laufende und ab 7.000/min deutlich vibrierende, aber drehfreudige dohc-Eintopf mögen es gerne zügig. Dazu passt die kräftig zupackende Bremse mit radial angeschlagenem Vierkolben-Festsattel, die sich zudem mit nur zwei Fingern prima dosieren lässt. Das ABS regelt zwar mit recht langen Intervallen, liegt aber dichter an der Blockiergrenze als die Honda. Zudem rennt sie neutral und sogar noch einen Tick handlicher als die nochmals 16 Kilo leichtere CB 300 R durchs Winkelwerk. Dafür ist das Getriebe beim Herunterschalten mitunter etwas widerspenstig, und die Kupplung lässt einen exakten Druckpunkt vermissen. Weswegen man die kleine BMW beim Ampelstart gerne mal abwürgt. Peinlich. Was Marlene jetzt nicht so wirklich interessiert und was aufgrund der großen Seitenverkleidung des Kühlers auch nicht auffällt, ist das eigenwillige Konzept des Motors, der mit 3,3 Liter Verbrauch auch sparsam kann. Bei ihm ist nämlich der Zylinderkopf quasi falsch herum montiert. Einlass vorne, Auslass hinten, zudem ist der Zylinder nach hinten statt nach vorne geneigt. Das soll für ein besseres Fahrverhalten sorgen. Weil der (schwere) Zylinderkopf näher an den Gesamtschwerpunkt rückt und weil der Motor weiter vorn eingebaut werden kann, was eine längere Schwinge ermöglicht, die wiederum die Fahrstabilität erhöht. Die Performance, die die BMW G 310 R abliefert, widerspricht dieser Theorie nicht.

Honda CB 300 R

Einen recht krassen Gegensatz dazu bietet die von Angelina ausgewählte Honda CB 300 R. Weil die mit 1,74 Metern lichter Höhe durchaus groß gewachsene Crossmedia-Studentin in spe grundsätzlich mal kein Problem mit Sitzhöhen hat. Und sie mit der Honda vor allem einen ziemlichen Gegensatz zu ihrem privaten Motorrad, einer gedrosselten KTM 690 Duke, ausgewählt hat. Die ist ja nicht gerade für ihre Feingeistigkeit bekannt. Nicht nur Angelina war daher sehr angetan von den geschliffenen Umgangsformen der CB 300 R. Es lässt sich nur schwer in Worte fassen, aber Hondas umweht gerne die Aura des Perfektionismus. Da ist zum Beispiel die Ergonomie. Fahrer unterschiedlichster Staturen kommen mit ihr zurecht. Da drückt zum Beispiel einfach keine Kante im Tank auf die Kniescheibe oder sonst wohin. Da drückt gar nix. Niemanden. Nirgendwo. Zumindest tankseitig. Denn richtig perfekt ist die CB dann doch nicht. Bei der Blindverkostung der Sitzpolster tippte das Testteam bei der Honda auf Eiche. Manchmal auch Fichte. Aber niemals auf Schaumstoff. Da möchte man die gut 430 Kilometer mögliche Reichweite nicht am Stück fahren müssen.

Rossen Gargolov
Die Honda CBR 300 R ist mit 146 Kilogramm das leichteste Bike in diesem Test.

Alles, was deutlich darunterliegt, umso lieber. Dieser absolut spielerische Umgang mit der 300er liegt darin begründet, dass sie, bis auf den Antrieb natürlich, baugleich mit der Honda CB 300 R ist. Der 300er ist zwar mit nominell 31 PS der Schwächste im Bunde, doch dank des mit nur 146 Kilogramm ebenfalls geringsten Gewichts sowie einer clever gewählten Gesamtübersetzung kann die Honda ungeachtet der Messwerte im Realbetrieb problemlos mithalten. So quirlig, kultiviert und drehfreudig sie ist, so sparsam ist sie auch. 3,0 Liter nimmt sie sich auf der Verbrauchsrunde. Wer’s wirklich wissen will, packt auch die zwei vor dem Komma. Auch die Peripherie passt: Egal, ob Bedienkräfte von Bremse, Getriebe oder Kupplung, alles passiert mit einer spielerischen Leichtigkeit, die das Herz erfrischt. Doch nobody is perfect. Das hintere Federbein ist auf Nicht-Premium-Asphalt ständig in Bewegung, ihm mangelt es an Dämpfung, und Beifahrern steht die CB eher kritisch gegenüber. Denen mangelt es schlicht an Platz, die Fußrasten sind zu hoch angebracht, und die flexibel gelagerten Soziushaltegriffmulden sind nur bedingt geeignet, Vertrauen aufzubauen.

Yamaha MT-03

Bleiben, last but not least, Mona und die Yamaha MT-03. Mit 1,58 Meter ist unsere Volontärin auch recht erdnah gebaut. Doch nicht die mit 780 Millimetern geringste Sitzhöhe ist der Grund, warum sie sich für die Schwarze entschieden hat. Sie gefällt ihr einfach am besten, zudem bietet sie einen schönen Kontrast zu ihrem gelben Protektoren-Hoodie, der unbedingt mit aufs Bild musste. Auch mit der 60 Millimeter höheren Kawa hätte Mona keine Probleme, schließlich hält sie als aktive Trial-Fahrerin ihre Füße grundsätzlich vom Boden fern. Wichtig ist, dass sie bis zu den Rasten reichen. Und das haut locker hin. Und auch wenn sie seit Kurzem den offenen Führerschein hat und auch fleißig nutzt, ist sie, wie auch die anderen drei, voll des Lobes über den Motor der erwachsen wirkenden Schwarzen. Wie die Prüfstandskurven und Fahrleistungen eindrücklich belegen, hängt die Yamaha die Messlatte recht hoch. Okay, sie hat mit 320 cm³ auch den größten Hubraum, aber das ist ja nicht verboten. Zudem hält sich der Gegenläufer (die Kolben laufen nicht synchron, sondern um 180 Grad versetzt) mit Vibrationen zurück, hängt willig am Gas und dreht freudig bis knapp über 12.000/min. Wer es etwas ruhiger angehen lässt, kommt mit 3,5 Litern aus. Weder Getriebe noch Kupplung nerven mit irgendwelchen Eigenheiten, und so gewinnt die Yamaha die Motoren-Wertung völlig zu Recht.

Rossen Gargolov
Wie schlägt sich die Yamaha MT-03?

Auch im Alltag macht die Yamaha MT-03 Freude. Vorne sitzt man aktiv entspannt, auch ein Beifahrer findet ein noch akzeptables Plätzchen vor. Das Licht leuchtet ordentlich, die Ausstattung lässt nichts Wesentliches vermissen. Lediglich die Zuladung ist mit 158 Kilogramm unzureichend. Nicht unzureichend, aber mit deutlich Luft nach oben, zeigt sich das Fahrwerk. Solange der Untergrund eben ist, gibt sich die MT ebenso handlich wie stabil und mit reichlich Luft unter den Rasten für schräge Lagen. Das Bild ändert sich aber, wenn das Geläuf schlechter und das Tempo höher wird. Dann kommen die konventionelle Telegabel ebenso wie das direkt angelenkte Federbein am schnellsten an ihre Grenzen. Zu zweit ist es dann ganz vorbei. Wo die anderen drei mehr oder weniger erfolgreich ihre Contenance bewahren, sucht sich die Yamaha wild pumpend ihren Weg. Also Gas rausnehmen und dafür den vergleichsweise hohen Fahrkomfort genießen. Ähnlich sieht es bei der Bremse aus. Im Normalbetrieb absolut zufriedenstellend, stören bei härterer Belastung der etwas teigige Druckpunkt sowie wie bei vielen anderen Yamahas auch das relativ grobe Regelverhalten des ABS. Dennoch, auch wenn die Yamaha dieses Mal den Kürzesten zieht, eine Verliererin ist sie keineswegs. Mona sieht das genauso. Ab auf die Schnellstraße. Blinker links und ZACK, weg ist sie. Trial üben. Der nächste Wettbewerb ist nicht mehr lange hin.

Eindrücke der Fahrer/innen

Marlene Volkmann (23): Die BMW G 310 R ist ein erwachsenes Motorrad, gut verarbeitet und auch agil im Handling. Der Einzylinder hat allerdings ein Problem: Zum Anfahren braucht er viel Drehzahl. Außerdem vibriert die BMW bei höheren Geschwindigkeiten sehr stark, das überträgt sich sogar auf die Spiegel. Positiv: Das Display zeigt viele nützliche Informationen, zum Beispiel den gerade eingelegten Gang. Zudem finde ich die G 310 R langstreckentauglich, denn auch nach einem langen Tag im Sattel gibt es keine Schmerzen in Handgelenken und Rücken. Der Motor spricht, einmal auf Touren gebracht, gut an. Noch besser gefällt mir aber der kräftige Motor der Yamaha MT-03.

Angelina Leser (19): Die Honda CB 300 R sieht nicht nur klasse aus, sie fährt sich auch echt gut. Durch ihre Größe bzw. Kompaktheit lässt sie sich auch von kleineren Menschen gut bewegen und bietet so auch Sicherheit. Der Scheinwerfer mit seinem Lächeln sieht von vorne echt gut aus und hat Stil. Woran man sich allerdings gewöhnen muss, ist die Sitzbank. Die wirkt im Gegensatz zu den anderen wie ein Brett. Das wird mit der Zeit aber bequemer, weil man sich daran gewöhnt. Genauso wie an das Fehlen der Ganganzeige im Cockpit. Das sich übrigens sehr gut ablesen lässt, ob bei Licht oder Schatten. Die Honda und ich, wir könnten Freunde werden.

Ferdinand Heinrich (29): Die Kawasaki Versys-X 300 kommt für eine 300er recht erwachsen daher. Sie bietet eine harte, aber bequeme Sitzbank, passablen Windschutz und einen Gepäckträger. Der kleine Twin passt da nicht ganz ins Bild, wirkt angestrengt und braucht im Vergleich die mit Abstand höchsten Drehzahlen, die dann schnell in unangenehmen Vibrationen resultieren. Sie ist trotzdem ein gutes, bequemes Reisemotorrad mit jeder Menge Platz, aber für die versprochenen Abenteuerreisen könnte mich die enduristisch höchstens angehauchte Versys-X nicht begeistern. Obwohl sie mir eigentlich viel zu klein ist, ist mein Favorit die kleine Honda CB 300 R. Da stimmt für mich alles.

Mona Pekarek (23): Was haben eine Zimmerpalme, eine Luftpumpe, ein Knallbonbon und der Roman-Held Zorro gemeinsam? Richtig, unseren 300er-Vergleich! Die Kawasaki Versys-X 300: groß, grün, unkompliziert. Und langweilig. Die sanfte BMW G 310 R macht es gerade Anfängern leicht. Genau wie eine Luftpumpe. Kann auch jeder bedienen. Anders die knallige Honda-Kamelle: kompakt, überrascht mit Leistung und macht Spaß. Lecker! Zorro-03 wirkt böse und von allen am erwachsensten. Dahinter steckt ein sanfter Kern – so wünschen wir uns das doch. Es sei denn, es geht um ein Motorrad. Da darf der Kern gern auch kernig sein.

MOTORRAD-Testergebnis

Platz 1 - Kawasaki Versys-X 300:

Nicht ganz überraschend fährt die Grüne den Testsieg ein. Sie ist das erwachsenste Bike im Feld und bis auf den auf Dauer fordernden, weil stets etwas Aufmerksamkeit verlangenden und zudem hochfrequent vibrierenden Antrieb ohne große Schwächen.

Rossen Gargolov
Den Testsieg sichert sich am Ende die Kawasaki Versys-X 300.

Platz 2 - Honda CB 300 R:

Letztendlich kostet sie ihre Vernunft den Testsieg. Mit „nur“ 31 PS vergibt sie bei den Fahrleistungen wertvolle Punkte. Insgesamt ist sie, typisch Honda, ein sehr stimmiges Gesamtkonzept. Chic noch dazu und sehr, sehr attraktiv ausgepreist.

Platz 3 - BMW G 310 R:

Die BMW G 310 R spricht mit straffer Fahrwerksabstimmung und bissigen Bremsen eher sportlich orientierte Naturen an. Ihr Single ist zwar kräftig, aber auch rappelig. Die Honda ist in vielen Punkten einen Tick gefälliger. Und schwups! gibt’s nur noch Bronze.

Platz 4 - Yamaha MT-03:

Die Yamaha MT-03 hat nur 16 Punkte weniger als der Testsieger, so eng geht es in dieser Klasse zu. Hauptmanko ist die zu weiche, unharmonische Fahrwerksabstimmung. Der Motor hingegen ist der Hammer. Oder wie man heute sagt: Benchmark in dieser Klasse.

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