Das kleine Motorradtypenbezeichnungs-ABC,Teil 3 K–Y

Das kleine Motorradtypenbezeichnungs-ABC,Teil 3 K–Y Kein X vor ein U

Warum sind Z, X und V unter den Typenkürzeln so reich vertreten, während U, M und H sich rar machen? Weil da die formale Dynamik des Buchstabens eine Rolle spielt.

Kein X vor ein U Yamaha

Behäbig sehen manche Buchstaben aus. Das U zum Beispiel. Hängt irgendwie durch, bremst ein, klingt obendrein ein bisschen düster und dunkel. Ganz anders das V, obwohl dem U von der Gestalt her verdammt ähnlich, nur eben zugespitzt. Und als man noch nicht auf Pergament oder Papier schrieb, sondern die Worte in Stein meißelte oder auf feuchte Tontafeln ritzte, ersetzte das V sogar das U, weil es simpler zu hämmern oder zu sticheln war. Der Leser musste aus dem Wortzusammenhang schließen, welche Lautung das Zeichen V gerade trug: u oder v, Mvnd oder Eva.
Bei Motorrädern macht sich das U in Kürzeln rar, es passt einfach nicht zu
Rasanz und Eleganz dieser Maschinen. Wohl aber das V, nicht nur der Moto-
renkonfiguration wegen, erinnert es doch an einen Donnerkeil, an unbändige Gewalt und Energie. Kein Wunder also, dass
bei Firmen wie Kawasaki, Suzuki und Yamaha, wo Kürzel allesamt keine tiefere Bedeutung haben, bestimmte Buchstaben bevorzugt werden, allein ihres Aussehens wegen, der Assoziationen, die sie zu
wecken vermögen. Besonders beliebt: Z und X. Die Form des Z erinnert an einen Blitz, an Feuer, Schnelligkeit, Urgewalt, Bedrohung. Und das X? Genau das Gegenteil. Steht auf dem Tank oder sonst wo rum wie ein unverrückbares Monument. Selbst wenn es kippt, bleibt es immer noch ein X. Fast könnte man sagen: buchstäblich ein Vierspeichenrad.

Typenbezeichnungs-ABC Teil 3: K-Y

Kawasaki: Auch die Japaner in Akashi wussten auf Nachfrage der deutschen
Dependance nicht, was sich an tieferer
Bedeutung einst hinter einem Kürzel wie
ZX-R verborgen haben mag. Was sie freilich
wissen, ist, welche Inhalte sich hinter diesen Buchstaben verbergen. So sei X ein Kennzeichen für supersportliche Motorräder,
Z stehe für einen Reihenvierzylinder. Das
R, hinter dem Bindestrich postiert, meine
Racing, vor dem Bindestrich versinnbildliche es Standardsport. Weswegen die ZX-6R also einen supersportlichen Vierzylinder der 600er-Klasse mit Racing-Qualitäten darstellt, die ZR-7S dagegen einen (standard-) sportlichen Vierzylinder mit 750 cm3 Hubraum und Verkleidung, für die das nach-
gestellte S steht (S=Sport, weil früher nur Rennmotorräder eine Verkleidung trugen).
Interessant: Die legendären GPZ-Modelle trugen einst die Kawasaki-interne Chiffre ZX, die dann zur offiziellen mutierte. GP könnte eine Abkürzung für Grand Prix gewesen sein, Z wie oben. GT heißt Gran Tourismo.
E gilt als Symbol für einen Zweizylinder
in Reihe, eine ER-5 ist also ein (standard-) sportlicher Twin für die Straße mit 500 cm3, eine KLE, die, ginge Kawasaki richtig
systematisch vor, eigentlich EKL getauft werden müsste, einer fürs Gelände. Für
Gelände steht KL, Sinn unbekannt.
ZZR-Modelle haben natürlich keine acht
Zylinder, sondern nur deren vier. Was daran liegen könnte, dass Z bei Kawasaki auch auf eine Steigerungsform hinauslaufen kann: Z=größer 2, vier zum Beispiel. ZZ wäre dann der Superlativ von Z, also ein bärenstarker Vierzylinder. Heute gelten die ZZR-Motorräder als Sporttourer, angefangen auf dem Markt haben sie freillich mal als Supersportler.
Apropos Steigerung: Wenn auch die 750er-ZR den ZRX 1200-Modellen alles andere als ähnlich sieht, so gilt die Große gemäß der Nomenklatur als deren Superlativ,
dargestellt durch das X, das hier natürlich nicht Supersport meint, sondern das Mehr im Vergleich zu den ZR-Typen symbolisiert (vergleiche Kleidergröße XXL), R nach-
gestellt – ohne Bindestrich! – hat als Kürzel für Road oder Roadster zu dienen, das
S für Sport (siehe oben). Also ist eine ZRX 1200 R die lediglich mit einer Cockpit-
verkleidung ausgestattete große Standardsportmaschine mit vier Zylindern.
V steht, wie bei so vielen anderen Herstellern, für die Zylinderanordnung der Twins, VN wiederum kann aber auch als Abkürzung für Vulcan gelesen werden, dereinst ausgeschriebener Eigenname der Kawasaki-Cruiser und Chopper. Heute heißen diese Classic oder Mean Streak (böser Streich, fieser Schlag), also was für Klassiker oder Outlaws. Supersportler beschleunigen die traditionsreiche Bezeichnung für japanische Kämpfer – Ninja, und das Einsteigermodell Twister soll etwas Wirbelsturmartiges
evozieren. Bleibt als letztes Geheimnis
von Kawasaki das W beim 650er-Retro-
bike. Könnte eventuell von der Ventil-
steuerung über Königswelle kommen,
wo zwei Kegelradpaare ineinandergreifen.

KTM: Wäre nur alles so wohlgeordnet und bedeutungsschwanger wie bei den Österreichern. Das fängt schon beim Markennamen selbst an, die Abkürzung für Kronreif, Trunkenpolz, die Firmengründer, sowie Mattighofen, den Firmensitz. LC meint liquid cooled, flüssigkeitsgekühlt, LC2 Zweitakter, LC4 freilich nicht Viertakter, sondern vier Ventile. Die erst in zwei
Jahren erscheinende RC8 mit R für Road (Landstraße) und C für Competition (Wettbewerb) hat also acht Ventile. SXC heißt Supercross (mit X als dem international eingeführten Symbol für Cross) Competition (Wettbewerb) und SMC Supermoto Competition. Duke ist englisch, Herzog,
Adventure ist ebenfalls englisch, Abenteuer. Von der LC4 gibt es drei Varianten, die
Adventure eben sowie Supermoto und
Enduro, diesmal ausgeschrieben. Abenteuerlich kommt ebenfalls die 950er daher, die Adventure/S, das S bezeichnet (in Anlehnung an den englischen Begriff suspension – Federung) die längeren Federwege der sportlichen gegenüber der Standardvariante.

Laverda: Nur ein Modell mit dem traditionsreichen Kürzel SFC. Dennoch: Nur
das C ist klar, meint competizione (Wettbewerb). Und SF? Darüber darf spekuliert werden. Vielleicht Sport Formula?

Mondial: Piega (italienisch) heißt Schräglage, Starfighter Sternenkrieger
und das RZ bei der Nuda (Nackte) entspricht den Initialen von Roberto Ziletti, dem ehemaligen Besitzer der Firma.
Moto Guzzi: Buchstaben machen sich
rar bei den Maschinen aus Mandello. Wofür
das V steht, ist nicht zu übersehen, i.e.,
bedeutet Einspritzung (iniezione elettronica) und EV evoluzione (Entwicklung). Viele
der Eigennamen erklären sich von selbst: California, Nevada, Club, Café Sport. Die Breva ist nach einem Wind benannt, der über den Comer See streicht, die Ballabio nach einer Ortschaft in der Nähe des Sees. Und die Coppa Italia nach der italienischen Meisterschaft, in deren Naked-Bike-Serie die Sportversion brillieren soll.

MV: Das Kürzel F4 hat laut Auskunft des Importeurs keine Bedeutung, dürfte aber ein Hinweis auf die Zylinderzahl sein. Die Nachsätze 1 + 1 (mit Soziusplatz), Brutale, Ago(stini) und Tamburini (Designer und Entwicklungschef) erklären sich von selbst. Oro heißt Gold und meint hier: besonders edle Ausstattung.

MZ: Zschopau belässt es, von der
neuen 1000 S mal abgesehen (S=Sport), bei Eigennamen, tierischen zumal:
Black Panther, Baghira (Raubkatzen)
und Mastiff (Kampfhund).

Suzuki: Ein ähnliches Bild wie bei Kawa-
saki: Bezeichnungen, deren ursprüngliche
Bedeutung, sofern sie je eine hatten, keiner mehr kennt, nur noch ihre Funktion. Der Trend geht eh zu Eigennamen, heißt es bei Suzuki, und deshalb werden Motorräder, die schon einen tragen, auf ihn reduziert, die GSX 1300 R Hayabusa folglich zur Haya-
busa 1300 vereinfacht, die DL 1000 V-Strom zur V-Strom 1000. Aber GSX-R 750 bleibt GSX-R. Dabei steht das G für Straßen-
motorrad, das S für Viertakter (Zweitakter hießen GT). Als die ersten Vierventiler kamen, kriegten die ein X ab, und mit den ölgekühlten Modellen kamen ein Bindestrich und ein R dazu, um zu demonstrieren, dass die Maschine Racing-Qualitäten besitzt.
So wie G auf Straße hinweist, deutet D
auf Gelände und V auf das Motorenlayout. Steht das V vorn, handelt es sich um Chopper und Cruiser, wie bei der VS 1500 LC
Intruder, die nunmehr nur noch 1500 LC heißt, wobei LC hier nicht liquid cooled (flüssigkeitsgekühlt), sondern Legendary Classic meint. Rückt das V an die zweite Stelle, wie bei den SV-Typen, handelt es sich um Straßenmaschinen (S=Street) mit V-Motor.
Der Name der Straßenenduro V-Strom ist ein reines Kunstprodukt. »Immer mehr
Namen sind geschützt, da müssen wir uns selber was einfallen lassen«, konstatiert
Suzuki. Hier etwas mit V, des Motors wegen, und dass Strom ein deutsches Wort ist, stört international fast gar nicht. Hauptsache, es klingt gut. Bandit versteht jeder, Intruder sind Eindringlinge, Marauder
marodierende Gesellen. Warum die Intruder 800 den Zusatz Volusia trägt, mag bei Suzuki Deutschland eigentlich keiner so richtig verstehen: Volusia ist ein spießiger Ort in Florida, aber Distrikthauptstadt,
zuständig auch für Daytona. Hayabusa
(japanisch) bezeichnet einen Wanderfalken.

Triumph: Die Engländer bevorzugen
Namen, reduzieren die Kürzel aufs Not-
wendigste: zur Unterscheidung zwischen
Roadster (RS) und Sporttourer (ST) bei
der Sprint. Dann gibt es da noch das T100
(T für Tiger), Reminiszenz an den legendären Speedtwin aus den späten Dreißigern, der eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Meilen erreichen sollte. Fast von selbst
erklären sich die meisten Eigennamen:
Tiger, America, Daytona (Rennerfolge), Thruxton (englische Rennstrecke). Mit der Geschwindigkeit, dem Speed haben sie’s eben in Hinckley: Speed Four (Vierzylinder), Speed Triple (Dreizylinder).

Yamaha: »Eine Philosophie gibt es nur
insofern«, schreibt Pressesprecher Karlheinz Vetter, »als die Bezeichnungen immer für bestimmte Modellreihen genommen und auch bei den Weiterentwicklungen einfach, ,weiterentwickelt‘ werden. Beispiel
FZ–FZR–YZF oder XV–XVS. Wobei XV für
V-Motor Custom steht, die FZ-, YZF-Reihe immer Supersport bedeutet wie XT und XTZ Straßenenduro oder FJ, FJR Sporttourer.« Sowie TDM für große Reiseenduro und BT für Kardan-Allrounder.
Bei den Eigennamen schaut Yamaha gern noch oben, zu den Sternen, Stars: Road Star (Star der Straße), Road Star Warrior (Star der Straßenkämpfer oder Star-der-Straße-Kämpfer oder was auch immer), Drag Star (englisch to drag: ziehen). Und dann gibt es da noch Bulldog und Fazer (englisch to faze: aufregen, verdattern).

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