Ducati Berlin Monster 1098 S
Monster-Racebike

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Foto: Jahn

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Du machst die 1098 von Ducati Berlin“. Das könnte spannend werden für jemanden wie mich, der "Ducati" zwar einwandfrei buchstabieren kann, aber noch nie einen Meter mit einer gefahren war. Kontaktaufnahme: Etwas animalisch Schwarzes, was am ehesten an eine Monster S4R erinnerte, räkelte sich heizdeckenbewehrt auf einem kleinen Teppich. Bis auf den Tank schien nicht viel von der originalen Monster übrig geblieben zu sein: Öhlinsfahrwerk, Carbonheck und dicke Brembos deuteten an, dass hier Böses lauert. Dann überfielen mich die Jungs um Stephan Prieto und kamen aus dem Erklären gar nicht mehr heraus: Der Motor dieses schwarzen Etwas basiert auf einem 999R-Gehäuse, der Hubraum ist dank diverser 1098-Teile auf 1099 cm³ gewachsen und konnte wegen der Schwingenaufnahme nur mit speziell gefertigten Adaptern in den Monsterrahmen eingepasst werden. Die leuchtenden Augen der Jungs verrieten, wie viel Spaß und Herz sie in dieses Projekt gesteckt hatten.

"Ich fahr mal ’ne Runde, dann reden wir weiter, okay?" Unerhört weit weg vom Gasgriff sitzt der kleine Startknopf. Er setzt eine unverwechselbare Prozedur in Gang. Für einen kurzen Moment glaubt man, dass der großvolumige Zweizylinder zu viel für die Batterie ist, bevor die erste Zündung vom Format eines Urknalls alle Zweifel erstickt. Spätestens wenn das typische Rasseln der Trockenkupplung in die Sinfonie des Triebwerks einsteigt, sind alle anderen Boxenbewohner nur noch Statisten. Erhaben rolle ich an den Blicken vorbei ins Freie und darf ausgangs Boxengasse meine ersten italienischen Momente erleben. Breiter Lenker, klassische analoge Instrumente, aufrechte Sitzposition. Die teilweise absurd über den Tank gekrümmten Bücklinge um mich herum tun mir ein wenig leid, würden sie doch nie erfahren, was es heißt, mit Superbike-Lenker gegen die Elemente der Parabolika zu bestehen. Dieses italienische Aggregat schiebt brutal. Unvergleichlich.

Unsere Highlights

Das nackte Über-Monster

Jahn
Die Männer von Ducati Berlin wissen wie man potente Naked Bikes baut.

Die Vibrationen, die Geräusche und der Schub dringen tief in dich ein. Kein schnöder Leistungsausdruck der Welt könnte diese 125 Nm und 155 PS auch nur annähernd so rüberbringen, wie es die Ducati im realen Leben tut. Selbst der Tacho gibt alles und drückt die Nadel zuweilen senkrecht nach unten. Deine Sinne haben Schwierigkeiten, all das Ungewohnte zu verdauen und gleichzeitig Grundsätzliches wie Schalten und Bremsen nicht zu vergessen. Die ersten Runden haben echten Testcharakter. Die Fußrasten sitzen zu tief und schleifen hemmungslos, das Carbonheck will nicht in seiner Verriegelung bleiben und die Übersetzung ist viel zu kurz. Außerdem neigt die Kleine zu leichtem Hochgeschwindigkeitspendeln. Zeit, in der Box vorbeizuschauen. Die Anpassungen sind schnell gemacht. Ich entere die Strecke erneut standesgemäß mit einem Powerwheelie und erfreue mich an dieser Fahrmaschine. Auf der Bremse hat das mit Dymag-Carbonrädern ausgerüstete 180-Kilo-Leichtgewicht keine natürlichen Feinde; die Symbiose aus Öhlins und Brembo ist referenzverdächtig.

Schwere 1000er bremborisiert die Monster am liebsten. Die Vibrationen machen süchtig, in den Kurven liegt sie satt und die Motorleistung ist fein kontrollierbar. Nur das Pendeln bei hohen Geschwindigkeiten stört noch ein wenig. Konsequenter Druck aufs Vorderrad minimiert die Neigung. Ein Absenken der Front schafft endgültig Ruhe im Vorderbau. Von mir aus könnte der Test ruhig noch etwas länger dauern; nicht ganz ohne Trauer gebe ich die Über-Monster wieder bei den Berlinern ab. Abends, meine Gedanken hängen ihr immer noch nach, kommt ein Mensch von der fotografierenden Zunft vorbei: Ja, also, es gebe da ein kleines Problem, es konnte ja keiner ahnen, dass die 1098 eine Monster sei, und na ja, von ihr existierten noch keine Fotos. Ob ich morgen vielleicht noch ein paar Runden drehen könne? Na gut, will ich mal nicht so sein. Natürlich hab ich nicht eher aufgehört, bis auch wirklich die letzte Speicherkarte mit Bildmaterial voll war, in der Hinsicht bin ich ja ganz und gar Profi. Es war mir Ehre und Vergnügen zugleich.

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PS 10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023