Fahrbericht Yamaha YP 250 Majesty
Thron-Rivale

Mit 20 PS, modernem Fahrwerk und durchdachter Ausstattung will sich der Majesty zum König unter den Luxus-Rollern aufschwingen.

Das Leben ist für manche Überraschung gut. Als Honda 1986 den damals futuristisch wirkenden Viertakt-Roller CN 250 Helix vorstellte, dachten die Konstrukteure vor allem an den amerikanischen Markt. Doch dort kam das rollende 20-PS-Sofa nicht an. Statt dessen erwärmten sich Japans und Europas Rollerfahrer für die kraftvolle und komfortable Art der Fortbewegung. Der Helix hat als König unter den Rollern mittlerweile Kultstatus erreicht - mit Clubs, Treffen und allem, was dazugehört.

Lange hat sich Honda-Konkurrent Yamaha Zeit gelassen, dem Helix einen Rivalen gegenüberzustellen. Mit dem YP 250 Majesty scheint ein guter Wurf gelungen. Mit seiner aerodynamisch günstig erscheinenden Frontverkleidung, dem integriertem H4-Scheinwerfer und der hohen Scheibe darüber wirkt der Neue von vorn wie eine geschrumpfte Tourenmaschine. Auch die Telegabel mit üppigen 33 Millimetern Standrohrdurchmesser, das zwölfzöllige Vorderrad der Dimension 110/90 und die voluminöse 245-Millimeter-Scheibenbremse mit Doppelkolbensattel sehen eher nach Motorrad aus.

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Hinter der Verkleidung kommt die Rollernatur des Majesty deutlicher zum Ausdruck. Ein bequemes Fauteuil mit verstellbarer Lendenstütze empfängt den Fahrer, die nach vorn hochgezogenen Trittbretter sollten für Langbeiner allerdings etwas tiefer liegen. Doch wer die Füße chopperlike nach vorn ausstreckt, sitzt auch bei Körpergrößen über 1,90 Meter bequem. Große und klar gezeichnete Instrumente geben Aufschluß über Tempo, Tageskilometer, Uhrzeit, Spritvorrat und Kühlmitteltemperatur. Ein Lämpchen erinnert sogar an den alle 6000 Kilometer fälligen Ölwechsel.

Im Frontschild kann ein abschließbares Staufach eine Menge Kleinkram aufnehmen, in ein kleineres, ebenfalls abschließbares Fach im Mitteltunnel paßt ein als Zubehör lieferbares Bügelschloß. Ein weiteres Schlüssel-Erlebnis tut sich hinter einer Klappe am vorderen Ende der Sitzbank auf, dort harrt der Einfüllstutzen des Elf-Liter-Tanks der Befüllung mit Normalbenzin. Schwerpunktgünstig schwappt der Treibstoff dann unter dem Trittbrett, während fortgesetzte Schlüsselei ein geräumiges Gepäckabteil unter der von einer Gasdruckfeder offen gehaltenen Sitzbank freilegt.

Fünfter und letzter Schlüssel-Einsatzort: das Zündschloß. Ohne Murren nimmt der wassergekühlte Zweiventiler seine Arbeit auf, die Fliehkraftkupplung greift sanft, und alles weitere kann der Majesty-Fahrer getrost der stufenlosen Riemenautomatik überlassen. Einige Verschlucker und gelegentliches Auspuffpatschen des von MOTORRAD gefahrenen Vorserienmodells im Teillastbereich sollen, verspricht Yamaha-Importeur Mitsui, nicht für die Serie übernommen werden - die Abstimmung des 28-Millimeter-Vergasers mit Beschleunigerpumpe war noch nicht perfekt.

Davon abgesehen läuft der Viertelliter-Single trotz fehlender Ausgleichswelle bemerkenswert leise und vibrationsarm, hängt gut am Gas und verhilft dem immerhin 158 Kilogramm schweren Majesty zu recht lebendigen Fahrleistungen. Aber auch Fahrkomfort und Fahreigenschaften prädestinieren den Yamaha zum Langstrecken-Roller. Die komfortabel abgestimmten und ausreichend gedämpften Federelemente lassen den YP 250 über den Asphalt schweben, sein Handling profitiert vom tiefen Schwerpunkt, der niedrigen Sitzposition und dem breiten Lenker. Ähnelt er darin eher einem 125er Roller, so kommen Fahrstabilität und Lenkpräzision des Majesty auf guter Fahrbahnoberfläche denen eines Motorrads nahe, in Schräglage auf welligen Pisten machen sich die kleineren Räder und die geringere Bodenfreiheit bemerkbar.

Absolute Spitzenklasse unter Rollern ist die fein dosierbare, schon bei geringer Handkraft machtvoll verzögernde Scheibenbremse im Vorderrad. So macht auch zügige Fahrweise auf Landstraßen Spaß. Das Vergnügen hat allerdings seinen Preis: Mit knapp 10 000 Mark ist der Majesty nicht eben bescheiden kalkuliert.

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Erscheinungsdatum 15.09.2023