Korrektur: Natürlich ist es technisch falsch, die hier gezeigte Vorderradaufhängung als Einarmschwinge zu bezeichnen. Eine Trapez- oder Girder-Gabel ist von der Arbeitsweise keine Schwinge, auch wenn sie bei derartiger Bauweise so wirken mag. Jetzt können wir uns alle wieder beruhigen.
Und endlich fängt die Geschichte der Honda CBX mit den zwei Einarmschwingen an. Die Idee dazu bekommt Wido von Wimoto Engineering von seinem Kunden Reinoud, der eigentlich nur sagt: "Vorne und hinten per Einarm, trotzdem noch fahrbar, bitte Speichenfelgen und das alles an der Sechsender-Honda. Überrasch' mich einfach!" Klingt fast wie der der samstägliche Einkaufszettel. Möglich ist alles, denkt sich Wido und beginnt zu entwerfen.

Design und Konstruktion
Der Umbau beginnt mit dem Vermessen des Original-Bikes und anschließender 3D-Simulation der neuen Bauteile mit der originalen Geometrie. Ergebnis: funktioniert leider überhaupt nicht. Also muss eine neue Geometrie berechnet werden. Lenkwinkel, Nachlauf, Radstand, Länge der Schwinge und Drehpunkt, Lage des Federbeins. Einmal alles neu, was per 3D-Modeling in der CAD-Software Solidworks, nach einigen Konstruktionsstunden gelingt.

CBX-Rahmen verstärkt
Der Originalrahmen der Honda CBX ist nicht gerade für seine Steifigkeit bekannt, der Begriff Klappscharnier-Rahmen sei hier geprägt. Vor allem die dürre Vorderradgabel ist in Kombination mit dem hohem Motorgewicht nur etwas für Fahrer aus dem Hause Löwenherz. Wido braucht für den Anbau zweier einseitig montierter Räder mit ihren entsprechend hohen Verwindungskräften an Schwingenlager und Lenkkopf aber enorme Stabilität und dafür muss der Honda-Rahmen verstärkt werden. Die Herausforderung besteht darin, diese Verstärkungen unsichtbar zu halten. Mehrere Chromoly-Rohre werden eingeschweißt und bilden einige zusätzliche Dreiecke unter dem Tank.

Schwinge mit Honda-Transplantat
Als Basis der einseitigen Radaufhängung hinten dient der Endantrieb einer Honda VFR 750. Mit dem Vorteil Lagerung, Befestigung und Bremse einfach übernehmen zu können. Als Radnabe wurde die einer BMW R 1200 GS mit einer 18 Zoll Felge angepasst und eingespeicht. Die Schwinge selbst fertigt Wimoto auf Chromoly-Rohren selbst. Das YSS-Federbein ist exzentrisch platziert, auch um der Auspuffanlage Platz zu verschaffen. Für das Finish sorgt eine exquisite Pulverbeschichtung.

Trapez-Gabel nach altem Vorbild
Die Gabelkonstruktion arbeitet nach dem Vorbild alter Trapez- oder Parallelogramm-Gabeln, die zwischen den 1920ern bis zum Beginn der 1950er-Jahre an Motorrädern verbaut wurden. Dabei hatte jeder Hersteller einen anderen Namen für das dasselbe, bisweilen leicht geänderte Prinzip. Bekannt wurden daher die Namen: Girder-Gabel, Brampton-Gabel, Druid-Gabel, Girdraulic, Tiger-Gabel und Webb Gabel. Größte Verbreitung in Deutschland dürfte die Bauweise in Pressstahl an den vielen DKW-Modellen gehabt haben.
Zuviel zur Geschichte, zurück in die Zukunft: Die Vorderradgabel der CBX wird nach dem Prinzip der alten Trapezgabel entworfen, allerdings als Einarm-Version. Gab es 1949 schonmal an der Imme R100, nur nicht sehr lange. Gefertigt wird sie auch im Hause Wimoto aus Chromoly-Rohren, auch in ihr arbeitet ein YSS-Federbein und eine 18-Zoll-Felge mit einer GS-Nabe. Die außergewöhnliche Konstruktion wird quasi gekrönt von der Radnabe eines VW Golf 7. Aus hochfestem Aluminium werden die beiden Gabelbrücken nebst den Trapezstreben gefräst. Die Perimeter-Bremse, also die Riesenscheibe mit innenliegendem Sattel, kennen wir von den Buell XB-Modellen.

Honda Geschichte über dem Rahmen
Da Wido bei Fahrwerk und Rahmen nichts unverändert lässt, soll in Sachen Bodywork klar die große Honda-Geschichte der 1970er und 1980er zu erkennen sein. Den Tank der CBX lässt er unberührt und passt ein altes Bol d`Or-Heck an den gekürzten Heckrahmen an. Den kultigen Bürzel datet Wido mit LED-Technik zur Beleuchtung up. Den authentischen, bereits an der Spender-CBX verbauten, Kerker-Endtopf schwingt Wido adrett neben das Heck.
Fazit
"Wahnsinn gekonnt fahrbar gemacht" oder "Neues aus Krassistan": Auch unter diesen Titeln wäre unsere Geschichte trefflich eingeleitet. Es ist nicht der erste derart extreme Fahrwerks-Neubau von Wimoto, hoffentlich auch nicht der Letzte und ein Sechszylinder darf ohnehin immer sein.