Black Pearl
Es gibt jedoch noch eine schwarze Perle, die Männerfantasien beflügelt: Sie kommt nicht aus der Südsee, sondern aus einer südlichen Alpenrepublik. Nackt, wie die KTM-Ingenieure sie schufen, ist sie eine teuflische Versuchung, besonders, wenn man um ihre neuen inneren Werte weiß. Denn während die bisherige R-Version den Twin mit der Standard-Duke teilte und sich von dieser vor allem durch eine schärfere Geometrie und ein exklusiveres Fahrwerk abhob, haben sie in Mattighofen heuer gewaltig am Zweizylinder für die neue R gefeilt.
Statt den 120 Pferden zerren jetzt 132 Hengste am Reiter. Da werden die Arme ganz schön lang auf der schier endlosen Bergauf-Geraden am Salzburgring. Deutlich spürbar sind die 10 Prozent Mehrleistung besonders in den oberen Drehzahlen. Um fast 1000/min dreht die neue R höher als der bekannte Twin und trägt den Fahrer entschlossen vorwärts, bis der Begrenzer bei 10 500/min eingreift. Dort haben die Ingenieure mit allerlei technischem Zauber so ziemlich das letzte PS aus dem LC8-Motor herausgekitzelt. Zunächst einmal an den Zylinderköpfen:Diese bekamen größere Einlasskanäle, wodurch der Durchmesser der Einlassventile auf 41 Millimeter wuchs. Statt aus Stahl sind die Ventile jetzt aus Titan gefertigt, was aufgrund des geringeren Gewichts das Drehzahlplus deutlich mitbeeinflusst. Die Ventilfedern sind identisch mit denen der RC8. Ebenfalls vom RC8-Racer stammen die Drosselklappenkörper mit 52 mm Durchmesser. Alles Maßnahmen für höheren Durchsatz, ebenso wie die optimierten Auslässe.
Daten KTM 990 Super Duke R |
Eine für alles

Im Zylinder selbst arbeitet jetzt ein DLC-beschichteter Kolben. Diese Beschichtung erübrigt die Buchse im Zylinder, wodurch nicht nur die Drehzahl gesteigert, sondern gepaart mit dem leichteren Pleuel die oszilierenden Massen reduziert wurden. Optisch am offensichtlichsten ist der neue Krümmer, der von Akrapovic kommt. Dieser kraftstrotzende Motor, die sauber dosierbare Bremse, das straffe WP-Fahrwerk, die radikale Geometrie mit dem steilen Lenkkopfwinkel und das tolle Handling machen in dieser Kombination einfach Laune. Aber auch nachdenklich: Wo soll sich dieser Spaß denn reproduzieren lassen, wenn nicht auf der abgesperrten Piste? Diese Frage wirft nicht nur die harte Gasannahme auf. Auf der Landstraße ist die R nur etwas für harte Knochen, weil sie erstens jeden Komfort vermissen lässt, und weil man zweitens diesen Spaßprügel nur unter größter Selbstverleugnung innerhalb des Gesetzes bewegen kann. Auf der Piste darf und kann man dagegen alles mit ihr anstellen. Klarer Vorteil gegenüber Klunkern und weiblichem Luxuskörper.
Fazit: Laut KTM soll die Super Duke bei einem Test mit einem top-getunten 150-PS-Twin offenbart haben, dass das Konzept mit so viel Leistung unfahrbar wird. 132 PS gehen dagegen bestens. Druck in allen Lagen bis weit nach oben, alles schreit an diesem Naked Bike nach Angriff. Dem kann man sich nicht entziehen, und das ist gut so. Wer ein Alltagsmotorrad sucht, muss sich nach etwas anderem umschauen.