Seit September letzten Jahres erwartet, jetzt endlich da. 120 Kilogramm angriffsbereit. Knapp 100 km/h schnell. Beliebtestes Jagdrevier: die Großstadt.
Seit September letzten Jahres erwartet, jetzt endlich da. 120 Kilogramm angriffsbereit. Knapp 100 km/h schnell. Beliebtestes Jagdrevier: die Großstadt.
Es klingt nüchtern. Beinahe belanglos. Beschleunigung von null auf 50 km/h: 4,9 Sekunden. Kein Topwert, schließlich haben die meisten 125er drei bis fünf PS mehr, doch auf jeden Fall schnell genug, um fast allen Blechkisten an der Ampel davonzuschwimmen. Ganz davon abgesehen ist die neue XT 125 X nicht für Beschleunigungsrennen entwickelt worden. Das X hinter der Kubikangabe steht für Supermoto.
Jene Motorradsportart, in der grenzenloser Spieltrieb die Bewegungsabläufe dominiert. Grundvoraussetzung: aggressive Bremsen, straffe Fahrwerksabstimmung, extreme Handlichkeit, 50 Grad Schräglagenfreiheit. Wie nahe liegt die kleine 125er an den Vorgaben?
Choke rein, Knöpfchen drücken, schon brabbelt der luftgekühlte Einzylinder los. Und falls die Batterie mal einen auf
depressiv macht einen Kickstarter gibts auch. Der bei Malaguti in Italien gefertigte Achtellitermotor ist ein angenehmer Leisetreter. Vibriert kaum, hängt angstfrei am Gas und dreht wacker seinem Leistungszenit von gemessenen elf PS bei 8100/min entgegen. Wer dem 20er-Mikuni-Rundschiebervergaser Vollgasbefehl erteilt, treibt die XT bis 99 km/h Höchstgeschwindigkeit, das entspricht 113 km/h laut Tacho. Da muss eifrig in der Fünfgang-Schaltbox gerührt werden. Eine lockere Übung.
Denn die Kupplung ist leichtgängig, prima
dosierbar, und die Gänge rasten exakt.
Sie flutschen zwar nicht, von nachdrücklichem Kraftaufwand jedoch kann keine Rede sein. Schon im vierten Gang erreicht die Maschine ihren Topspeed. Der Fünfte ist bis 122 km/h ausgelegt. Ein echter Overdrive also.
Im Supermoto allerdings so notwendig wie Stützräder. Auf der anderen Seite: Wer mit der XT nicht permanent am Limit fährt, sie in den alltäglichen Lebensrhythmus
mit Einkäufen, Kinofahrten, Freunde besuchen, Badeseen und Eisdielen integriert, kommt mit rund drei Litern auf 100 Kilometer aus. Nur wers zu 100 Prozent knallen lässt oder immer zu zweit fährt, drückt
den Verbrauch auf 3,5 Liter hoch. Normalbenzin, versteht sich. Lacht jetzt noch jemand über Overdrive?
Zurück zu den Vorgaben eines Supermoto-Bikes. Stichwort Handlichkeit. Bis auf die erwachsene Sitzhöhe von 830
Millimetern und dem kleinen Lenkanschlag
à la Tourendampfer wirkt die XT extrem
zierlich, der Radstand beträgt lediglich 1,34 Meter. Vollgetankt bringt sie lässige 120 Kilogramm auf die Waage. Hinzu
kommen 63,3 Grad Lenkkopfwinkel und nur 78,3 Millimeter Nachlauf. Heißt in
der Praxis: Die Kleine ist ultrahandlich,
aber dadurch auch ein wenig kippelig. Sie durchsticht Kreisverkehre, als gelte es,
Haken schlagenden Hasen Pfeffer auf den Schwanz zu streuen und durchsurft Kehren mit der Eleganz eines Eiskunstläufers. Einfach runter drücken, das Führungsbein an den Tank und keck durchs Eck.
Die Stopper Scheibenbremse vorn und hinten zeigen sich stets von ihrer besten Seite, sind gut dosierbar und kraftvoll. Falls doch mal irgendetwas aufsetzen sollte, liegt man meistens bereits neben dem Bike. Denn 16 Zentimeter Bodenfreiheit und 30 Zentimeter Fußrastenhöhe ermöglichen zusammen mit den klebrigen Pirelli MT 75 ein Leben in dreister Schräglage.
Hierzu trägt auch die Fahrwerksabstimmung ihren Teil bei. Wer allein unterwegs ist und nicht über 80 Kilogramm wiegt, freut sich über den gelungenen Kompromiss zwischen ausreichend straff und gediegen komfortabel. Zwar ist nichts einstellbar, und manch einer, der vom echten Supersportler absteigt, wird über schwammiges Fahrverhalten klagen. Doch die
190 Millimeter Weg des direkt angelenkten Federbeins harmonieren mit den 175 Millimetern Federweg der 36er-Gabel bestens. Komfort ja. Reserven minimal. Spätestens, wenn man die 170 Kilogramm Zuladung ausschöpft, ist das Fahrwerk am Ende. Dann verhält sich die kleine XT wie eine Nussschale bei Windstärke neun.
Trotzdem: Yamahas kleiner City-Hai wird sich durch gute Allroundeigenschaften sowie den günstigen Preis von 3195 Euro auch außerhalb der Großstädte ausbreiten. Durch die über die Händler erhältliche
Drosselung auf 80 km/h ist die 125er zu-
dem für Sechzehnjährige interessant. Und könnte auf Schulhöfen mit ihrer Ausstattung wie Alu-Motorschutz, Alu-Felgen, Stahlflexbremsleitungen, Edelstahlkrümmer sowie einem Multifunktionsdisplay
im Cockpit glänzen. Optional gibts bei Yamaha für 154,45 Euro ein 30-Liter-Topcase samt Halter oder einen Gepäckträger für 84,50 Euro.
Damit steht lustvollen kleineren Raubzügen selbst übers verlängerte Wochenende nichts mehr im Weg.
Motor: luftgekühlter Einzylinder-Viertakt-
motor, eine oben liegende Nockenwelle, zwei
Ventile pro Zylinder, Kipphebel, Rundschieber-
vergaser, Ø 20 mm, ungeregelter Katalysator, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kette.
Bohrung x Hub 54,0 x 54,0 mm
Hubraum 124 cm3
Verdichtungsverhältnis 10,0:1
Nennleistung 7,3 kW (10 PS) bei 8500/min
Max. Drehmoment 10 Nm bei 5500/min
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 36 mm, Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein, direkt angelenkt, Scheibenbremse vorn, Ø 260 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Einkolben-Schwimmsattel.
Reifen 100/80 x 17; 130/70 x 17
Maße und Gewichte: Radstand 1340 mm, Sitzhöhe* 830 mm, Gewicht vollgetankt*
120 kg, Zuladung* 170 kg, Tankinhalt 10 Liter.
Garantie zwei Jahre
Farben Blau, Rot
Preis 3090 Euro
Nebenkosten 105 Euro
Höchstgeschwindigkeit1 99 km/h
Beschleunigung
050 km/h 4,9 sek
080 km/h 13,5 sek
Durchzug
5080 km/h 10,6 sek
Verbrauch im Test
Landstraße 3,1l/100 km
gemessene 11 PS da
legt die Konkurrenz bessere Werte vor. Auch die Motorcharakteristik könnte besser sein. Oben heraus geht der XT schnell die Puste aus. Die Laufkultur überzeugt.
Überragende Handlichkeit
sichert der XT wertvolle Punkte. Das Fahrwerk ist im Zweipersonenbetrieb schnell an der Grenze der Belastbarkeit.
Tolle Sicht rundherum, aber
absolut miese Lichtausbeute. Hier sollte Yamaha nachbessern.
Am Leichtgewicht sind weder Handhebel noch Federelemente verstellbar. Dafür glänzt die XT mit
umfangreichen Cockpitinformationen.
3,1 Liter auf 100 Kilometer das schont den Geldbeutel. Die Verarbeitung ist okay, einige Teile könnten jedoch besser vergütet sein.