Diese Marktübersicht von Motorrad-Navigationssystemen und Touren-Apps beginnt mit einem Geständnis: Um schöne Touren für unsere Test- und Fotofahrten zu planen, nutzen wir immer noch Landkarten aus Papier - gern die orange Regional-Serie von Michelin im Maßstab 1:200.000.
Digitale Navigation ist allerdings unschlagbar, wenn man zügig eine Tankstelle finden oder am Ende einer Tagesetappe zur gebuchten Unterkunft gelangen möchte. Die echten Motorradnavis haben sich über die Jahre mächtig gemausert und ihre anfänglichen Probleme weitgehend gelöst.
Der Anforderung stabile Montage am Motorrad widmen die führenden Hersteller inzwischen die nötige Aufmerksamkeit.
Das Problem Wetterschutz kann man guten Gewissens als erledigt betrachten: Ein Motorradnavi muss ganz einfach den Elektronik-Standard IPX7 erfüllen: Schutz gegen zeitweiliges Untertauchen, damit absolviert man auch eine stundenlange Regenetappe.
Die Akkulaufzeiten sind mit rund fünf Stunden immer noch verhältnismäßig überschaubar. Deshalb das Navi einfach ans Bordnetz anschließen und sorgenfrei lostouren.
Auch beim digitalen Kartenmaterial muss man sich inzwischen kaum noch Sorgen machen. Im Anschaffungspreis ist meist eine (auf das Gerät bezogene!) lebenslange Update-Funktion inklusive.
Ganz groß im Fokus steht derzeit der Wunsch nach Kurven- und Bergstrecken. Die sollen sich bei der Tourenplanung nun automatisch besonders finden lassen. Ein solches Feature gibt mittlerweile jeder Hersteller seinem Navi mit auf den Weg.
Smartphone-Apps für Motorrad-Touren
Wie lange Motorrad-Navigationsgeräte wohl noch ein Thema sind? App-Lösungen für Smartphones boomen! Zwar ist das Smartphone an sich noch nicht wirklich motorradtauglich, doch Software-Lösungen fürs Touren und Tracken gibt es zuhauf. Und wer nicht mehrere Hundert Euro in eine Extrakiste investieren möchte, dem reicht eventuell die kostenlose Basis- oder Testversion einer Motorrad-Touren-App. Probieren Sie es doch einfach mal aus!
Die App-Navigation ist noch extrem jung und extrem dynamisch. Gut ist, dass man bei allen Anbietern – anders als beim Neukauf eines Endgeräts – kein finanzielles Risiko eingehen muss und mit kostenlosen Probe- oder Basisversionen erst mal in Ruhe ausprobieren kann. Und genau das sollte man tun! Wichtig ist, dass die Apps auf eine gute Sprachausgabe setzen. Denn das wirkliche Problem ist die solide Unterbringung des Smartphones am Motorrad – und das löst keine App!
Die schwierige Ablesbarkeit von spiegelnden Displays ist genauso ein Thema wie der mangelhafte Wetterschutz oder Geräte mordende Vibrationen – das war in der Frühzeit der klassischen Navis ein echtes Thema. Interessant sind vor allem die Apps, in denen sich Motorradfahrer untereinander vernetzen und ihre Kurvenhighlights verraten.
Smartphone-App Calimoto

Ganz frisch aus der Pipeline des begeisterten MOTORRAD-Lesers Sebastian Dambeck steht nun sein Motorrad-Navigator Calimoto zum Download bereit – bislang allerdings nur für Android-Smartphones, eine Version für iPhones soll in Kürze aber auch veröffentlicht werden.
Die Touren-App gibt es als Gratisversion inklusive eines Bundeslands nach Wahl, für größere Touren muss das entsprechende Kartenmaterial dazugebucht werden und kostet: 17,99 Euro pro Land, 49,99 Euro pro Region (z. B. Alpenraum), 69,99 Euro Europa/alle Länder – alles aber ohne zeitliche Beschränkung.
Zum Planen reizvoller Motorradtouren setzt auch die Calimoto-App auf einen speziellen Kurvenalgorithmus, zudem sind interessante Strecken extra hinterlegt.
Zusätzlich zur App können die Strecken auch in einem kostenlos nutzbaren Webportal vorgeplant werden. Auch hier gilt das Sharing-Prinzip: Motorradfahrer empfehlen Motorradfahrern die schönsten Strecken. Fürs anschließende Navigieren per App kann neben der Streckenansicht auch eine Sprachansage genutzt werden, sodass das Smartphone auch wetterfest in der Jackentasche verstaut werden kann.
Smartphone-App Navigon Cruiser

Gerätschaften unter dem Markennamen Navigon sind seit Langem bekannt, schließlich kniet sich die Würzburger Firma seit 1991 in die Straßennavigation hinein. Inzwischen ist Navigon ein Teil von Garmin, die bei mobilen Endgeräten fürs Motorrad bereits top aufgestellt sind.
Interessant nun der Ansatz, mit dem eigenen Wissensschatz eine App-Lösung für Smartphone-affine Motorradfahrer zu entwickeln. Voilà, hier nun die Software-Applikation namens "Cruiser", die es als Abo-Modell (3,99 Euro/Monat, 19,99 Euro/Jahr) und als Europa-Komplettversion (59,99 Euro) für iOS- oder Android-Mobiltelefone gibt.
Möglichst simpel können Nutzer über zwei Schieberegler die Kurvigkeit und den Radius bzw. die Länge der gewünschten Tour berechnen lassen. Kommt man unterwegs an einer Stelle vorbei, die man nicht vergessen will, kann man den Ort mit einem Wow-Button markieren.
Ein interessantes Feature für Fernreisende: Dank des flexiblen Abomodells lässt sich die Karte der Wunschregion (z. B. Nordamerika, Australien oder Neuseeland) für den benötigten Zeitraum einfach dazubuchen. Wer es nicht riskieren will, sein Smartphone am Lenker zu montieren, kann sich die Routenansagen per Bluetooth oder Kabel auf ein geeignetes Helm-Headset spielen lassen.
Smartphone-App Motocompano

Wo finden Motorradfahrer die schönsten Strecken, und wie kann man sie am besten planen? Mit diesem Arbeitsauftrag machte sich das Stuttgarter Start-up-Unternehmen Geomeister an die Arbeit, einen Tourenplaner fürs Smartphone zu entwickeln.
Noch recht frisch steht jetzt die App Motocompano zum Download für iOS und Android-Smartphones in den Onlinestores zum Download bereit. Als Basis-Paket kostenlos, mit speziellen Tourenfunktionen kostet die App 8,99 Euro. Über Präferenzen wie "guter Straßenbelag", "schöne Landschaft" oder "geringe Verkehrsdichte" werden die gewünschten Eckdaten per Regler definiert, um eine Strecke von A nach B oder eine Rundtour zu berechnen.
Die App setzt auch auf Interaktivität: Haben andere Nutzer eine Strecke mit hohem Spaßfaktor bewertet, kann die App das bei der Planung einbinden. Per Home-Button geht’s ohne Umwege auf schnellstem Weg zurück in die heimische Garage.
Wer sein Datenvolumen nicht unnötig strapazieren will, kann über In-App-Käufe auch eine Offline-Karte der gewünschten Region (ab 1,09 Euro) herunterladen. Sprachanweisungen sind in Planung, sollen in Kürze aber auch als Update verfügbar sein.
Über ein entsprechendes Webportal kann man sich am PC oder übers Tablet in der Community vernetzen, Fotos von tollen Strecken teilen und schließlich die Streckenplanung in Angriff nehmen.
Go Rider Excalibur XL

Ein neuer Name unter den E-Pfadfindern? Nicht ganz. Die niederländische Firma ist schon seit etlichen Jahren mit einem 4,3-Zoll-Motorradnavi im Geschäft und will mit einem engagierten deutschen Vertriebspartner auch hierzulande durchstarten. Das kann interessant werden.
Die Eckdaten zum neuen Excalibur XL lesen sich jedenfalls sehr lecker. Zum Preis von attraktiven 249,95 Euro gibt es ein Gerät in der Fünf-Zoll-Klasse, damit fordert man schon einmal die ganz Großen (Garmin Zumo 596, BMW Navigator VI) heraus.
Trotz des scharf kalkulierten Preises ist nicht nur das inzwischen übliche lebenslange Karten-Update für Europa inklusive, wahlweise lassen sich auch Karten für den Einsatz in aller Welt gratis downloaden.
Optional bietet Go Rider auch einen Reifensensoren-Kit zur Koppelung an (99,95 Euro). Die übrigen Features folgen den Standardanforderungen bei Motorradnavis: wasserdichtes Gehäuse nach IPX7-Standard,
Halterung mit Bordstromversorgung, Bluetooth-Verbindung (Headset optional erhältlich).
MOTORRAD-Tipp: Sehr viel Display für sehr wenig Geld, damit kann das Excalibur XL wirklich auf sich aufmerksam machen. Vor allem unterbietet das Kingsize-Navi sogar noch viele Restposten-Angebote von Auslaufmodellen. Allerdings muss das Gefühl fürs Handling gefallen. Deshalb nicht blind kaufen.
Blaupunkt Moto Pilot 43

Der Name hat Renommee, doch das Motorradnavi Moto Pilot 43 (249 Euro) hat historisch betrachtet wenig mit den Gerätschaften zu tun, an deren Knöpfen wir in Papas Ascona oder Opas Passat rumgespielt haben. Nach der Blaupunkt-Insolvenz 2016 wird der Markenname nun als Lizenz genutzt.
Entwickelt wurde das Navi bei Baros, die Jahre zuvor bereits ein Motorradgerät unter dem Namen A-rival vertrieben haben. Auf der Basis ist nun der aktuelle Moto Pilot 43 gereift. Das Display spielt in der gängigen 4,3-Zoll-Liga, lässt sich aber nur im Querformat nutzen.
Beim Kartenmaterial (43 Länder in Europa plus Russland) vertraut man auf TomTom-Daten, mit einer speziellen Planungssoftware sollen sich auch beim Blaupunkt besondere Präferenzen in Sachen Kurven und Berge setzen lassen.
Drumherum bietet auch der Moto Pilot die typische Ausstattung wie Reality-View und Fahrspurassistent und speziell für den Motorradeinsatz die Sprachansage für Helm-Headsets via Bluetooth oder die Lenkerhalterung mit Zwölf-Volt-Stromversorgung.
MOTORRAD-Tipp: Der Preis ist heiß. Vor allem, weil beim Blaupunkt Moto Pilot 43 auch ein lebenslanges Karten-Update inklusive ist. Bei Vorgänger-Modellen waren die Bedienung und das Handling mit der Halterung gewöhnungsbedürftig. Am besten einmal einen Vorführer testen.
BMW Navigator VI/ Connectivity

Technisch betrachtet handelt es sich bei den bekannten BMW-Navigatoren um Garmin-Geräte, die für die Bayern-Bikes feingetunt wurden.
Vorteil dieser direkten Vernetzung: Fahrzeugdaten wie z. B. Reifenfülldruck und Tankdaten werden direkt ins Gerät eingespeist und tauchen dann als großer Warnhinweis auf dem Display auf bzw. bieten gleich die passende Lösung an – wie z. B. die nächste Tankstelle im Umkreis.
Aktuelles Spitzenprodukt: der Navigator VI (ab 795 Euro), der in großen Teilen mit dem Garmin Zumo 595 LM identisch ist.
BMW Connectivity

In eine komplett andere Richtung geht es ab Modelljahr 2018 dagegen mit der neuen Ausstattung "Connectivity", bei der ein multifunktionales Instrument als Extraausstattung geordert werden kann – zunächst bei R 1200 GS und Adventure, andere Modelle sollen folgen.
Mittels der Connected App lassen sich dann auf dem 6,5-Zoll-Display die bekannten Navi-Funktionen inklusive Tracking der gefahrenen Strecke oder POI-Routing nutzen, dies aber noch ausschließlich in Pfeildarstellung.
MOTORRAD-Tipp: Wer bei seiner neuen BMW ohnehin ein Navi einplant, kann gleich ab Werk ordern. Der Navigator VI ist etwas teurer als das vergleichbare Garmin-Gerät, dafür aber gleich fürs Motorrad passend verkabelt. Für echte Navi-Freaks bietet das Connectivity-Extra bislang noch zu wenig Funktion
Garmin Zumo 345/595 LM

Die Pioniere der GPS-Navigation (1989 in Kansas/USA gegründet, 11.000 Mitarbeiter) haben ihre robusten Outdoor- und Marine-Geräte bereits frühzeitig auf den Motorradeinsatz abgestimmt. In der aktuellen Zweirad-Range gibt es neben dem Zumo 345 LM (499,99 Euro) und Zumo 395 LM (599,95 Euro, inklusive Kfz-Halterung) mit dem inzwischen üblichen 4,3-Zoll-
Display auch das XXL-Format: das Zumo 595 LM (749,99 Euro) mit üppigem Fünf-Zoll-Bildschirm – das ist Breitwand-Navigation im Panorama-Modus.
Üblicherweise sind die Oberklasse-Hersteller inzwischen dazu übergegangen, dass ein lebenslanges Karten-Update im Anschaffungspreis mit enthalten ist. Je nach Zumo umfasst das die Regionen Zentral- oder Komplett-Europa.

Daneben versucht man auch bei Garmin, dem neuen Trend der Connectivity zu folgen. Was bedeutet, dass die Navis sich in der Regel mit dem Smartphone, einer Actioncam oder sogar Reifendruck-Kontrollsystemen verbinden lassen. Dazu ist Musikstreaming über MP3-Player (beim 595er sogar über Spotify) möglich, aber auch Wetter und Verkehrsinfos können eingeblendet werden. Unterm Strich also nette Extra-Spielereien.
Wichtig aber ist vor allem, dass die eigentliche Funktion stimmt. In dieser Hinsicht haben die Geräte der 300er- und der 500er-Generation in unseren Tests bislang sehr gut überzeugen können: robuste Ram-Mount-Lenkerhalterung, stabiles und wetterfestes Gehäuse, hohe Displaygüte, bedienerfreundliche Oberflächen. Mit dem Planungstool "Touren Routing" können bei der individuellen Reiseplanung Vorgaben wie bergige oder kurvige Strecken eingebunden werden.
MOTORRAD-Tipp: Der Preis ist wirklich, wirklich heftig, aber dafür gibt es mit dem Zumo 595 LM eine Darstellung in Cinemascope. Wer das einmal lieb gewonnen hat, wird es nicht mehr missen wollen. Wer das nicht braucht: In der reinen Funktion muss man bei den 300ern keine Abstriche machen.
TomTom Rider 450 Vio

Mit dem neu entwickelten Rider 400 errang der Platzhirsch aus den Niederlanden (1991 gegründet, 4700 Mitarbeiter weltweit) im letzten MOTORRAD-Vergleichstest 2015 den Testsieg.
Vor allem im Gerätedesign hat TomTom mit der ausgefeilten Drehgelenkhalterung einen entscheidenden Schritt voran gemacht. So lässt sich das Navi mit einem Handgriff im Hoch- oder Querformat einsetzen.
Auf dieser Basis wurde nun der aktuelle Jahrgang weiter verfeinert. Grundsätzlich satteln alle Navis der 400er-Reihe auf einer gemeinsamen Geräteplattform auf, Unterschiede ergeben sich vor allem über die Installation verschiedener Funktionen. Highlight ist das vollausgestattete Rider 450, auf dem sich lebenslang (bezogen auf das Gerät!) Karten aus aller Welt installieren lassen.
Wer will, kann sich auf 150 vorinstallierten Routen auf die Reise begeben und spezielle Motorrad-POIs (Treffpunkte, Museen, Biker-Hotels) anfahren. Wer seine Tour selbst planen will, kann dazu Präferenzen wie besonders kurvenreiche oder bergige Strecken definieren.
Über die Traffic-Funktion lassen sich Verkehrsinfos in Echtzeit berücksichtigen, auch Radarwarnungen können auf Wunsch eingeblendet werden. Die Standard-Version des 450ers kostet 399 Euro, der Premium Pack u. a. mit Extra-Autohalterung 499 Euro. Die Einstiegsmodelle Rider 42 bzw. 420 gibt es ab 349 bzw. 399 Euro.
TomTom Vio

Deutlich preiswerter geht es mit dem Roller-Navi Vio (169 Euro) ans Ziel. Navigiert wird hier mittels einer TomTom-Smartphone-App, die Routendarstellung erfolgt dann per Bluetooth auf dem wetterfesten Vio-Display. Im Prinzip fehlt es nur noch an einer robusteren Halterung, um das kompakte Gerät auch motorradtauglich zu machen.
MOTORRAD-Tipp: Wer auf Autohalterung und Tasche verzichten kann, ist mit der bereits top ausgestatteten Standardversion des 450ers bestens beraten. Will man das Navi nur im urbanen Dschungel nutzen, reicht auch ein gut verschraubtes Vio – selbst auf dem Motorrad.
Motorrad-Navis als Restposten
Nicht alle Anbieter, die verheißungsvoll in die Motorradnavigation hineingesteuert sind, konnten erfolgreich auf Kurs bleiben. Meist lag es daran, dass man nicht wirklich die Bedürfnisse der Zielgruppe erfasst hat. E-Pfadfinder fürs Bike zu bauen, ist schon sehr speziell. Selbst renommierte Hersteller scheitern.
So konnte sich das Becker Mamba.4+ nicht durchsetzen, obwohl das Navi im letzten Vergleichstestdurchweg gute Ergebnisse zeigte. Aber mit 479 Euro bewegte sich das Mamba im Umfeld der bestens etablierten Konkurrenz (Garmin, TomTom) – da wird es schwer, Kunden zu gewinnen.
Restbestände werden derzeit über Onlineshops ab rund 300 Euro angeboten. Digital-Versandhändler Pearl hat bei seiner Eigenmarke Navgear von Anfang an auf niedrige Preise gesetzt, das Tourmate N4 (im MOTORRAD-Test "befriedigend") war einst für schlanke 270 Euro zu bekommen. Inzwischen bewirbt der Versender das Gerät mit umfangreicher Zusatzausstattung (Software, diverse Halterungen) ab 179,90 Euro (Deutschland-Abdeckung, mit Europa-Kartenset 219,90 Euro).
Preisfüchse könnten jetzt also das ein oder andere Schnäppchen machen, sollten aber bedenken, dass nun auch die Entwicklung auf Eis liegt. Software- oder Karten-Updates sind dann nicht mehr selbstverständlich, was schließlich den Nutzen erheblich einschränken kann.