Technikreport Auspuffentwicklung

Technikreport Auspuffentwicklung Mehr als heiße Luft

Noch ist der Auspuff das meist gekaufte Zubehörteil. Doch Lärm- und Abgasvorschriften machen das Geschäft immer schwieriger. MOTORRAD schaut hinter die Kulissen: Auf was müssen Auspuffschmieden heute und in Zukunft achten, bei welcher Maschine lohnt eine Umrüstung, welche Reglementierungen drohen? Ein Technikreport.

Mehr als heiße Luft 2snap

Es ist ein weiter Bogen, der sich über das Geschäft mit den Abgasen spannt. Auf der einen Seite wird von Individualität, Federgewichten, satten Leistungszuwächsen und unglaublichen Klangerlebnissen geschwärmt. So jedenfalls preist das Gros der Auspuffbauer die eigene Produktpalette an. Wenn man sich auf der anderen Seite die MOTORRAD-Testergebnisse der vergangenen Jahre anschaut, weichen die hochtrabenden Aussagen und hehren Ziele schnell einer breiten Ernüchterung. Im letzten Vergleichstest ging es gar so weit, dass mehr als die Hälfte der getesteten Nachrüstschalldämpfer für die Suzuki Bandit 650 wegen Übertretung des Fahrgeräusch-Grenzwerts aus der Wertung genommen werden mussten. Der magere Rest konnte sich ebenfalls nicht recht in Szene setzen. Ein minimales Leistungsplus, kleine Abschläge auf der Waage – zum Schluss blieb die Empfehlung, der Bandit doch bitte schön nicht den Originaldämpfer zu rauben. Ganz abgesehen davon, dass die Abgasführung beim Motorrad immer mehr von ganz anderen Themen angeheizt wird.
Beispielsweise gehört seit vergangenem Jahr die Abgasuntersuchung Krad, kurz AUK, zum Pflichtprogramm bei der Hauptuntersuchung von Motorrädern ab Erstzulassung 1989. Nun heißt es: Wer zu sehr stinkt, bleibt künftig plakettenlos. Allerdings kann nach einer ersten Bilanz Entwarnung gegeben werden. Von 100 Motorrädern ist im Schnitt eines betroffen, das die Abgashürde nicht meistert. Möglich wird das unter anderem dadurch, dass die Vorgaben seitens des Gesetzgebers nicht bindend sind, sondern die Hersteller deutlich höhere Grenzwerte festlegen können. So liest sich die
Bilanz für die Prüforganisationen vor allem von der Kostenseite her sehr positiv: Schätzungsweise 15,7 Millionen Euro dürfte die AUK allein im vergangenen Jahr in die Kassen von TÜV, Dekra und Co. gespielt haben. Wie sich die AUK in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird, ist derzeit offen. Experten gehen aber
davon aus, dass die willkürliche Festlegung der Grenzwerte auf Dauer nicht haltbar ist (siehe Interview rechts).
Zunehmend ins Fahndungsraster gerät auch der Sound. Die Branche gibt unumwunden zu: Ohne Hinweis auf einen herausnehmbaren dB-Killer ist kein Nachrüstschalldämpfer zu verkaufen. Eine Option, die nach Einschätzung vieler Experten rege genutzt wird – einige gehen sogar davon aus, dass eher auf der Rennstrecke als auf der Straße mit dem geräuschreduzierenden Einsatz gefahren wird (siehe Interview auf Seite 74). Auf jeden Fall sind die Ordnungshüter in den vergangenen Jahren immer hellhöriger geworden. Gezielt wird beispielsweise auf beliebten Strecken oder angesagten Treffpunkten ein Blick aufs Auspuffrohr geworfen. Ist ein Zubehörteil am Motorrad verbaut, gehen die Fahnder fast immer von einem Lärmdelikt aus. Wer ertappt wird, muss tief in die Tasche greifen. Mit Bußgeld, Gutachten und anschließender Wiedervorführung kommen schnell mehrere hundert Euro zusammen.
Fatal wird das Ganze, wenn die Leistungskurve ohnehin nur minimale Zuwächse dokumentiert. Lediglich bei wenigen Modellen kann ein Zubehörauspuff noch ein Aha-Erlebnis auslösen. Im Regelfall ist die Werksvorlage derart perfekt, dass der Nachrüster meist in die Röhre guckt. Es sei keine zehn Jahre her, sagen die Auspuffbauer, da habe sich die Konstruktion sehr ausgewogen in dem Dreieck Sound–Gewicht–Leistung bewegt. Doch durch die Lärmvorschriften sinkt gleichzeitig die Leistungsausbeute. Es sieht wie eine Milchmädchenrechnung aus, ist aber tatsächlich so: ohne Lautstärke keine Leistung!
Bleibt letztlich allein das Thema Gewicht. Hier können die Töpfe aus dem Zubehör eigentlich immer punkten. Ab Werk werden nahezu alle Motorräder mit Reflexionsdämpfern ausgestattet. Das System, in dem Schallwellen in mehreren Kammern eliminiert werden, ist in automatisierten Fertigungsprozessen zwar günstig und effektiv herzustellen, jedoch sackschwer. Der Zubehörmarkt bietet dagegen fast ausnahmslos Absorptionsdämpfer, bei denen der Schalldruck in Dämmwolle aufgefangen wird. Konstruktionsbedingt kann das Gewicht gegenüber dem Serienteil schnell um die Hälfte reduziert werden.
Und so schiebt sich zunehmend ein emotionaler Faktor in die Verkaufsstrategie von Nachrüstschalldämpfern, die im Verkaufsranking von Zubehörteilen nach wie vor auf Platz eins stehen. Ausgefallene Designs, edle Materialien und ein hochwertiges Finish dürften zukünftig entscheidende Argumente für den Ersatz des Originals sein.
Ungeachtet dessen muss das Know-how der Auspuffbauer in immer neue Bereiche vorstoßen: Abgasverhalten, Lärmemission, dazu profunde Kenntnisse in dem Dschungel der EU-Richtlinien. Lediglich ein paar Rohre zurechtzubiegen und etwas Wolle in eine Hülle zu stopfen reicht schon lange nicht mehr. Ganz oben in
der Profiliga arbeiten Firmen wie Akrapovic, die ohne millionenschwere Investitionen in Forschung und Entwicklung gar nicht mehr existieren könnten. Die Zahl der Testläufe für jede einzelne Anlage sprengt zunehmend die 1000er-Marke. Daneben können sich aber auch Kleinserienhersteller wie SR-Racing etablieren. Das Betriebskapital von Firmenchef Sepp Bruckschlögl ist sein physikalisches Verständnis über das Strömungsverhalten der Abgase. Mit der Optimierung der BMW K 1200 konnte er ein ganzes Ingenieursteam verblüffen. Klar ist auf jeden Fall eins: Wer in den nächsten Jahren auf diesem Markt bestehen will, muss deutlich mehr als heiße Luft hinten rauslassen.

Der Perfektionist: hinter den Kulissen von Akrapovic

Wir freuen uns auf die Zeit, in der es strenger wird!« Das Statement von Marko Adamic, rechte Hand von Igor Akrapovic, sorgt für Stirnrunzeln. Ein Auspuffbauer, der sich über immer schärfere Vorschriften freut? Klar, setzt der Verkaufschef des slowenischen Herstellers nach, denn dann werde sich die Spreu vom
Weizen trennen.
Beispiel Geräuschemission. Zurzeit, da ist sich Adamic mit seinen Mitbewerbern einig, werde viel an Auspuffanlagen manipuliert: »Stichwort dB-Killer. Die Gesetzgeber werden diesen einfachen Weg der Manipulation zukünftig stärker reglementieren.« Und das hieße, dass mögli-
cherweise Reflexionsdämpfer anstatt der weit verbreiteten Absorptionsdämpfer gebaut werden müssten. Vorteil für Akrapovic, ist sich Adamic sicher: »Reflexionsschalldämpfer sind nicht nur komplizierter zu fertigen, auch die Entwicklung ist aufwendiger. Aber wir haben reichlich Erfahrung auf diesem Gebiet sammeln können.«
Ohnehin legt das Unternehmen viel Wert auf Forschung und Entwicklung. Gerade ist ein neues Prüfzentrum in Betrieb
genommen
worden. »Die Arbeit wird durch immer schärfere An-
forderungen immer komplexer«, begründet der Firmensprecher die Millioneninvestition. Pro Jahr sind es etwa 20 bis 30 Prozent des Umsatzes, die in die Entwicklungsabteilung fließen: »Die Serienanlagen sind, anders als noch vor zehn Jahren, auf einem hohen Niveau angelangt. Wer auf dem Zubehörmarkt bestehen will, muss immer wieder nach neuen technischen Lösungen suchen.« In Zukunft werde man auch über elektronische Eingriffe verstärkt nachdenken müssen. 277 Menschen arbeiten derzeit
für Igor Akrapovic, der sein Unternehmen 1990 gegründet hat. Zuvor hatte er als aktiver Rennfahrer zunächst sich selbst und dann die Kollegen in der Boxengasse mit hochfunktionellen Auspuffanlagen versorgt. Die Fertigungstiefe
im Werk nahe von Ljubljana ist enorm.
Es reicht vom Formen der edlen Titanrohre bis hin zum Drehen von Schrauben und Muttern. Mittlerweile setzt Akrapovic 60000 Anlagen pro Jahr ab, dazu ist die Firma vom MotoGP bis zum Motocross in nahezu allen Rennklassen als Ausrüster vertreten. Doch eines hat sich in den Jahren nicht verändert: Bis zum Schluss wirft der Selfmade-Mann einen kontrollierenden Blick auf seine Produkte. Denn Igor Akrapovic gibt nichts gerne aus der Hand.

Der Tüftler: zu Besuch bei Sepp Bruckschlögl

Die Sache entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Da tauchen plötzlich BMW-Ingenieure aus der Motorradentwicklung in einer kleinen Industriehalle in Schrobenhausen bei Augsburg auf und wollen Leistung. Leistung, die
für ihr Bike nach Werksvorgabe auf dem Papier zwar vorhanden, auf dem Prüfstand aber nicht nachzuweisen ist. Dann muss Sepp Bruckschlögl ran. Seit 1997 mischt er mit seiner Firma SR-Racing im Abgasführungsgewerbe mit.
Es reicht, um zehn Leute zu beschäftigen und gleichzeitig ein ganzes Entwicklerteam aus dem Motorradbusiness zu verblüffen. Die K 1200-Reihe ist ein Paradebeispiel für Sepps Künste. Nicht selten fehlen dem Vierzylinder in den
R- und S-Modellen über zehn Prozent Leistung. Nach der SR-Kur liegt sie dann bis zu zehn Prozent über der Herstellerangabe. Natürlich straßenzugelassen, entsprechend Euro 3 und innerhalb der Geräuschbestimmungen. Sonst nichts? Sonst nichts, sagt Sepp und zeigt stolz Prüfstandsprotokolle und Homologationsgutachten.
Entscheidender Baustein
für eine perfekte Auspuffanlage, sagt Bruckschlögl, ist das Strömungsverhalten: »Sie muss die Abgase wie ein Staubsauger rausziehen. Nur so geht’s.« Von Eingriffen ins Motormanagement hält er nichts: »Was soll mich die Elektronik kümmern, wenn ich da eh nicht rankomme? Ich glaube nicht, dass jemand das komplette Motormanagement umprogrammieren kann. Und wenn ich nur Teile verändern würde, dann käme ich in Teufels Küche.« Für Bruckschlögl ist und bleibt die Auspuffentwicklung auch in Zukunft eine rein mechanische Angelegenheit.
Aus dem Rennsport hält sich Bruckschlögl
eher raus, die lukrativen Geschäfte in dieser
Sparte sind vorbei. »Vor 2000 hast du noch von
Racing-Anlagen leben können. Mittlerweile
kaufen diese maximal fünf Prozent.« Viel wichtiger für ihn ist das Geschäft mit Oldies und Youngtimern. Als Kleinserien-Hersteller, der 15 Anlagen am Tag baut, kann SR-Racing auch auf spezielle Wünsche eingehen. Für Sepp Bruckschlögl bringt das Tüfteln noch einen entscheidenden Vorteil mit sich: »Wenn man sich intensiv mit der alten Materie beschäftigt, kommt man wieder auf die einfachen Lösungen. Und dieses Denken scheinen einige Konstrukteure verlernt zu haben.“

Blianz: Die AUK geht in ihr zweites Jahr - Alles unbedenklich?

Seit April 2006 werden auch die Abgase bei Motorrädern kontrolliert. Zwei Vertreter von TÜV und Dekra nehmen im Gespräch mit MOTORRAD Stellung zu Prüfverfahren und einer möglichen Verschärfung der AUK.

Die Abgasuntersuchung Krad (AUK) geht 2007 in ihr zweites Jahr: Hatten die Prüfer mit wütenden Bikern zu kämpfen, oder lief alles glatt?
Eggers: Die Resonanz der Motorradfahrer war in der überwiegenden Mehrzahl positiv und verständnisvoll. Die meisten Kunden wussten gut Bescheid und hatten ihre Motorräder richtig eingestellt und vorbereitet.
Grob geschätzt: Wie viele Motorräder sind bislang auf ihr Abgasverhalten untersucht worden?
Ost: Nach den Zulassungszahlen müssten pro Jahr etwas mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge geprüft werden. Da viele Motorradfahrer aufgrund der AUK die Hauptuntersuchung vorgezogen haben, gehen wir davon aus, dass seit April 2006 bundesweit ungefähr 900000 Fahrzeuge untersucht wurden.
Gibt es schon einen Trend, der aussagt, wie viele Motorräder die Abgashürde nicht geschafft haben?
Eggers: Nach unseren Auswertungen hatten 6,8 Prozent Probleme beim Abgasverhalten. 5,5 Prozent wiesen dabei Mängel an abgasrelevanten Bauteilen wie Auspuff, Luftfilter oder Vergaser auf, die bereits bei der Sicht- und Funktionsprüfung festgestellt wurden. Die übrigen 1,3 Prozent hatten einen zu hohen CO-Wert. Die Probleme resultierten nach unseren bisherigen Erkenntnissen aus schlechter Wartung und mangelhafter Pflege.
Hersteller können eigene Grenzwerte vorgeben, die über den gesetzlich empfohlenen liegen. Ergibt die AUK so tatsächlich Sinn?
Ost: Grundsätzlich ist es notwendig und sinnvoll, dass die Motorradhersteller diese Möglichkeit haben. Je nach Motorkonstruktion, Gemischbildung, Gemischregelung oder Kühlung kann es bei älteren Motorrad-Typen tatsächlich technisch notwendig sein, in gewissem Rahmen und bei einzelnen Typen von den gesetzlichen Vorgabewerten abzuweichen.
Eggers: Nicht zielführend ist es
jedoch, wenn Hersteller für ihre gesamte Modellpalette die vorgegebenen Grenzwerte pauschal heraufsetzen, zum Teil um ein Vielfaches. Offensichtlich soll hiermit erreicht werden, dass Motorräder dieser Hersteller auf jeden Fall die AUK bestehen, auch wenn sie schlecht gewartet oder verschlissen sind.
Wie könnte sich die AUK in den
kommenden Jahren entwickeln: schärfere Grenzwerte, mehr Messfelder...?
Eggers: Die derzeitige AUK ist ein sinnvoller Einstieg. Allerdings sollte der gesetzlich vorgegebene CO-Grenzwert von Herstellern oder Importeuren nur mit besonderer Begründung heraufgesetzt werden dürfen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt.
Ost: Aus unserer Sicht müssten neben der Grenzwert-Problematik die Messbedingungen, das Messverfahren und die Dokumentation verbessert werden. Nach den ersten Erfahrungen zeichnet sich ab, dass eine Lambda-Messung (Luft-Kraftstoff-Gemisch) oder CO2-Messung unter der Berücksichtigung von eventuell vorhandenen Sekundärluftsystemen sinnvoll wäre. Die Grenzwerte werden, wenn überhaupt, sicher nur sehr moderat und nur für moderne Fahrzeuge verschärft.

Sind deutsche Biker Umweltmuffel? - KAT-astrophal

Den Kat kennen die meisten nicht, und den dB-Killer wollen sie nicht. MOTORRAD hat sich mit Vertretern der Auspuffmarken Laser, Remus und Termignoni über die Kauf- und Fahrgewohnheiten ihrer deutschen Kunden unterhalten.

Wer kauft heute einen Nachrüstschalldämpfer inklusive Katalysator?
Schwarzenberg: Bei BMW-Fahrern sind es um die 85 Prozent. Hier merkt man die Vorreiterrolle von BMW. Bei japanischen Motorrädern sind es zirka 35 Prozent.
Juninck: Trotz der geänderten Gesetzgebung werden immer noch die meisten Anlagen ohne Katalysator verkauft. Im Moment steckt in drei von zehn verkauften Anlagen ein Kat.
Kinzy: Auch bei unserer Kundschaft macht das nicht mehr als fünf Prozent aus. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass bei vielen Fahrzeugen der Kat im vorderen Teil der Krümmeranlage sitzt und beim Wechsel des Endschalldämpfers erhalten bleibt. 
Hat sich seit Einführung der AUK das Kaufverhalten beim Nachrüstschalldämpfer geändert?
Kinzy: Auf jeden Fall. Die Kunden sind sensibler für das Thema Katalysator geworden, da nicht ohne Grund die baldige Einführung einer emissionsabhängigen Steuereinstufung ähnlich dem Pkw befürchtet wird.
Juninck: Grundsätzlich sind die Kunden durch die neuen Gesetze verunsichert und vorsichtiger geworden. Sie warten ab oder fahren doch mit dem originalen Dämpfer weiter.
Schwarzenberg: Es besteht Aufklärungsbedarf, da selbst der Motorradhandel oft nicht Bescheid weiß. Hier ist die Gesetzeslage eher als kompliziert anzusehen.
Fast jede Anlage wird mit Hinweis auf einen herausnehmbaren dB-Killer beworben, die Entnahme selbst ist eine Sache von Minuten. Wird dem Kunden der Schritt in die Illegalität nicht zu leicht gemacht?
Schwarzenberg: Wir sind der festen Überzeugung, dass unsere Kunden für sich selbst entscheiden können. Bei Anlagen nach anderen Wirkungsprinzipien wurde und wird ebenfalls
manipuliert. Es ist keine Frage des Produkts, sondern der persönlichen Einstellung. Bei einer Ordnungswidrigkeit vom Schritt in die Illegalität zu reden, halten wir darüber hinaus für überzogen. Ist beispielsweise ein Rotlichtsünder auch auf dem Weg in die Illegalität? Dies würden wir bezweifeln.
Kinzy: Dem Biker eröffnet sich durch den herausnehmbaren dB-Killer eine außerordentlich kostengünstige und praktische Möglichkeit, mit nur einer Auspuffanlage sowohl auf der Straße als auch auf der Rennstrecke optimal ausgestattet zu sein. Die verbesserten Siegchancen beim Sound-Contest auf dem heimischen Motorradtreffen spielen hier eine untergeordnete Rolle.
Juninck: Ein 600er-Supersportler kann innerhalb weniger Sekunden eine höchst illegale Geschwindigkeit erreichen. Auch das ist eine Sache von gesundem Verstand und eine Selbstverantwortung des Verbrauchers. Das Entfernen des Inserts ist eine bewusste Handlung. Anlagen ohne db-Killer sind übrigens weitaus schwieriger zu verkaufen. Die Antwort ist also: nein!
Was glauben Sie: Wie viele fahren ohne den dB-Killer nur auf der Rennstrecke?
Kinzy: Alle, da bin ich mir ganz sicher – wenn ich auch mein Haus nicht darauf verwetten würde. Aber im Ernst: Ich bin der Überzeugung, dass nur ein sehr geringer Anteil der Motorradfah-
rer ohne den dB-Killer im öffentlichen
Straßenverkehr unterwegs ist. Neben der Abschreckung durch empfindliche Bußgelder, Punkte in Flensburg und vermehrte mobile Geräuschmessungen ist die Lautstärke auf Dauer nicht an-
genehm.
Juninck: Auf der Rennstrecke werden die Geräuschregelungen fast noch strenger als auf der Straße verfolgt. Jedes zu laute Motorrad wird von der Strecke verwiesen. Ich würde fast sagen, dass dort mehr mit db-Killer gefahren wird als auf der Straße.
Schwarzenberg: Persönlich glaube ich, dass die meisten Fahrer ihren db-Killer entweder immer drin oder immer draußen haben. Oft erfahre ich auch, das er nur kurz versuchsweise entfernt wurde, um »mal zu hören«.
Vom Sound einmal abgesehen:
Ein eingesetzter dB-Killer kostet doch keine Leistung.
Schwarzenberg: Dies kann man pauschal nicht sagen. Bei den meisten ansonsten serienmäßigen Fahrzeugen kostet das Entfernen des dB-Killers Leistung. Dies rührt daher, dass wir im Sinne einer optimalen Leistungsausbeute für jedes Fahrzeug auch den optimalen dB-Killer entwickeln. Allerdings bewegt sich die Veränderung in Bereichen, die zwar messbar sind, aber beim Fahren kaum bemerkt werden können.
Juninck: Ein dB-Killer wird in der Regel gebraucht, um einen offenen Auspuff leiser zu bekommen. Meistens hat das dann negative Einflüsse auf die Durchströmung und damit auf die Leistung, welche durch den offenen Auspuff geboten wurde. Die Performance wird deshalb oftmals schlechter als bei der offenen Anlage.
Kinzy: Auf jeden Fall hängt
sehr viel vom jeweiligen Motorrad und dessen Komponenten ab. Im Durchschnitt kann man bei serienmäßigen Fahrzeugen von zwei bis drei PS ausgehen. Doch entscheidend ist bei einer guten Auspuffanlage nicht der Leistungsunterschied zwischen dem Endschalldämpfer mit oder ohne dB-Killer, sondern das Leistungsplus des zugelassenen Austauschschalldämpfers gegenüber dem Serienpendant.

Standpunkt

Die Mär von mehr Leistung: Einfach Original- durch Nachrüst-Auspuff ersetzen und glauben, das Teil geht ab wie Schmitz« Katze. In Wahrheit müssen die Hersteller bei der Produktion
eines Auspuffs für moderne Motorräder einem detaillierten Homologations-Pflichtenheft inklusive extrem strenger Geräusch- und Abgasvorschriften Folge leisten. Wer es schafft, Leistungs- und Drehmomentniveau der Serienanlage zu erreichen, hat schon einen klasse Job gemacht. Hersteller und Händler tun deshalb gut daran, ihren Kunden keine Leistungs-Märchen zu erzählen. Mitreißender Sound, stylisches Aussehen und top Verarbeitungsqualität sowie faire Preise sind ohnehin die besseren Verkaufsargumente.

Recht und Rat - Still gelegt

Wann ist der Kat kaputt? Wann droht Beschlagnahme? Antworten zu häufig gestellten Fragen.

1 Kann ich erkennen, ob ein Katalysator in meinem Auspuff verbaut ist?
Auspuffanlagen mit Kat und geprüftem Abgasverhalten sind durch die eingekreisten Ziffern fünf und neun, die der vierstelligen Genehmigungsnummer
folgen, gekennzeichnet.
2 Ist der Kat ein
Verschleißteil?
Im normalen Betrieb geht ein Kat nicht kaputt. Schäden drohen nur durch verbleites Benzin oder wenn bei schlechter Motorabstimmung auf Dauer unverbranntes Benzin in den Kat gelangt.
3 Darf ich in ein Kat-Motorrad einen Schalldämpfer ohne Kat einbauen?
Die viel diskutierte Grauzone gibt es nach Expertenmeinung nicht mehr. Bis einschließlich Euro 2 ist ein Austausch zulässig. Ab Euro 3 können die Grenzwerte ohne geregelten Kat nicht mehr eingehalten werden.
4 Wie hoch ist der AUK-Grenzwert für mein Motorrad?
Generell beträgt der CO-Wert 4,5
Volumenprozent bei Motorrädern bis Abgaseinstufung Euro 2, ab Euro 3 sinkt der CO-Wert auf 0,3 Volumenprozent. Der Händler weiß, ob es für das eigene Modell andere Vorgaben gibt.
5 Was passiert, wenn ich ohne
db-Killer unterwegs bin?
Ohne dB-Killer erlischt die Betriebserlaubnis. Das kostet 50 Euro und bringt drei Punkte in Flensburg.
6 Kann mein Motorrad nach einer
Geräuschmessung am Straßenrand sofort stillgelegt werden?
In der Regel ist eine verbindliche Fahrgeräuschmessung am Straßenrand nicht möglich. Deshalb kann das Motorrad beschlagnahmt und einem Gutachter zugeführt werden. Kosten: bis zu 150 Euro.

Testbilanz Nachrüst-Schalldämpfer - Abgedrückt

Leistungszuwächse, die auch unter Messtoleranz zu verzeichnen wären, dazu empfindliche Überschreitungen gesetzlich vorgegebener Geräuschlimits. Unterm Strich konnten sich in den Auspufftests der vergangenen Jahre nur wenige Anbieter gut in Szene setzen.

Umtopfen oder nicht? - Leistungsträger

Ein neuer Endtopf, und schon ist alles besser? MOTOR-RAD hat Auspuffexperten befragt. Bei welchen Bikes lohnt sich ein Umbau, wo sollte man eher darauf verzichten?
Zehn Motorräder in der Übersicht.

BMW K 1200 R/S

BMW K 1200 R/S: Im Serientrimm hat die aktuelle Vierzylinder-Generation der Münchner immer wieder mit teils heftigen Leistungsdefiziten zu kämpfen. Ein Austausch der Schalldämpferanlage kann der »K« oftmals das wahre Potenzial entlocken.

Suzuki Bandit 1200

Suzuki Bandit 1200: Ein neuer Topf, und
der Bandit schießt umso heftiger los. In der Serien-
ausführung ist die Suzuki per Auspuff gedrosselt. Der Aufwand ist überschaubar – erfolgreicher kann
kein Hobbyschrauber die erste Tuningstufe zünden.

Suzuki GSX-R 1000

Suzuki GSX-R 1000: Beim Vorgängermodell machte eine eigenwillig geformte Serienanlage aus Titan den Austausch schwer. Die zwei voluminösen Endtöpfe der aktuellen Version schreien hingegen nach einer schlanken, leichteren Vier-in-eins-Lösung.

Kawasaki ZX-10R

Kawasaki ZX-10R: Das Thema »Underseat« wird bei der Ninja von Fans mit gemischten Gefühlen betrachtet. Sehr zur Freude des Zubehörmarktes. Alternativangebote entschlacken das dralle Heck der Kawa enorm. Optisch auf jeden Fall ein Zugewinn.

Kawasaki ZZR 1400

Kawasaki ZZR 1400: Zwei lange, fette Ofenrohre hat Kawasakis mächtiger Sporttourer zu be-wegen. Hier hält der Zubehörmarkt elegantere Ausführungen bereit, die der ZZR darüber hinaus auch auf der Waage einen messbaren Vorteil bringen.

Honda CBF 600/1000

Honda CBF 600/1000: Die CBF-Reihe ist
ein klassischer Vertreter der Zunft »Brot und Butter«. Unterm Strich ist aber selbst mit einem deutlich leichteren Nachrüst-Schalldämpfer kein neues Geschmackserlebnis bei der Honda zu erwarten.

Honda CBR 1000 RR Fireblade

Honda CBR 1000 RR Fireblade: Hondas Feuerklinge bringt in der Werksausführung bereits beste Anlagen mit sich. Optisch könnte sich ein neuer, unterm Heck verlegter Schalldämpfer nicht
in Szene setzen. Ein Leistungsplus ist fraglich.

Kawasaki ZX-6R

Kawasaki ZX-6R: Auch hier gilt Supersport
»at its best«. Für den legalen Einsatz auf der Straße ist mit gängigen Nachrüstanlagen kaum eine Verbesserung zu erwarten. Selbst soundtechnisch kann die Ninja überzeugen.

Kawasaki Z 750

Kawasaki Z 750: Sie besitzt zwar nicht die fesche Vier-in-vier-Optik der Schwester mit 1000 Kubik, doch die Serienanlage der Z 750 kann in Sachen Sound und Leistung bereits viele Vorteile
auf sich vereinen. Nachrüsten wäre von Nachteil.

Yamaha YZF-R1

Yamaha YZF-R1: schlanke Orgelpfeifen, die keck unterm Heck hervorlugen. Dazu kommt eine perfekte Abstimmung direkt ab Werk. Hier ist zu Vorsicht geraten. Würdiger Ersatz für den Originalauspuff der R1 ist nur schwer zu finden.

Suzuki Bandit 650

Suzuki Bandit 650
MOTORRAD 20/2006
Im letzten Auspufftest von MOTORRAD offenbart sich das Grauen. Von
sieben getesteten Nachrüstschalldämpfern fallen vier aus der Wertung, weil sie den zulässigen Fahrgeräuschwert nicht einhalten können. Die beste Anlage, die als einzige die Note »gut« erhält, ist der Originaltopf von Suzuki. Leistungstechnisch liegen alle Nachrüstanlagen sehr dicht beim Original.

Kawasaki Z 750

Kawasaki Z 750
MOTORRAD 22/2005
Beim Test von Nachrüstschalldämpfern für die Kawasaki Z 750 fiel ebenfalls knapp die Hälfte durch die Geräuschmessung. Auffällig war, dass einige davon sich zuvor auf dem Prüfstand als besonders leistungsstark erwiesen hatten. Den besten Mix bot der Endtopf von Holeshot. Doch richtig absetzen vom Original konnte sich auch dieser nicht.

BMW R 1200 GS

BMW R 1200 GS
MOTORRAD 12/2005
Der Originaltopf als das Maß der Dinge? Das Ergebnis ist niederschmetternd für die Auspuffbranche. Von 15 getesteten Nachrüstdämpfern bleiben 13 mit rund zwei bis vier PS unter der Werksvorgabe. Testsieger wird schließlich der Auspuff von SR-Racing, der dem Boxer gerade im mittleren Drehzahlbereich ein gehöriges Drehmomentplus verpassen kann.

Suzuki GSX-R 1000

Suzuki GSX-R 1000
MOTORRAD 9/2004
Auch das gibt es: Im Schalldämpfertest für die 1000er-GSX-R liegt der Originaltopf bei den Fahrgeräuschen über dem Limit. Der Leistungszuwachs bleibt bei den Nachrüstanlagen mit maximal 2,5 Prozent sehr verhalten. Plakativ ist auch der Leistungstest nach der Entnahme der dB-Killer. Das Ergebnis ist unter dem Stichwort Messtoleranz zu verbuchen.

Kawasaki ZRX 1200

Kawasaki ZRX 1200
MOTORRAD 26/2002
Auch dieser Auspufftest endet mit einem negativen Fazit: Trübe Aussichten für Käufer heißt es, denn fünf der acht Schalldämpfer überschreiten das Fahrgeräusch mit bis zu fünf dB beträchtlich. Und das bei einem mageren Leistungsplus von einem PS. Wo das Fahrgeräusch im Rahmen bleibt, stimmt es dafür nicht mit der Leistung. Der Verlust beträgt bis zu drei PS.

Yamaha FZS 1000 Fazer

Yamaha FZS 1000 Fazer
MOTORRAD 14/2002
Die Fazer macht es den Herstellern in diesem Test besonders schwer. Denn homologiert wird die 1000er mit einem Fahrgeräuschwert von 77 dB, drei weniger als das gesetzliche Limit. Von 17 Anlagen bleiben beim Soundcheck ganze sechs innerhalb der Toleranz. Die Leistungsbilanz der meisten Anlagen liest sich wie der kürzeste Tunerwitz: Serienleistung erreicht!

Zur Startseite