Wissenswertes zu wasserdichten Motorradstiefeln
Auswahl der Testkandidaten
In unserem Test sollte es dieses Jahr um die gesunde Mitte gehen, den idealen Allrounder: Um den Stiefel, der eigentlich alles kann, und zwar ziemlich gut. Nennen wir sie leichte Tourenstiefel, wasserdichte Textilstiefel oder luftige Ganzjahresstiefel. Gemeinsam ist ihnen die Wasserdichtigkeit, Unterschiede liegen hingegen im textilen Aufbau, der Atmungsaktivität, in Verstärkungen und der Schutzfunktion.
Kriterien für eine Testteilnahme waren folglich ausgewiesener Nässeschutz bei zugleich spürbarer Belüftung. Und zwar in typischer Tourenstiefelhöhe daherkommen. Eine weitere Voraussetzung war die zumindest stellenweise Verarbeitung von Textilgewebe im Obermaterial, erlaubt waren dabei aber auch Lederstiefel mit Stretcheinsätzen. Ebenfalls Grundvoraussetzung für eine Teilnahme an unserem Vergleichstest war natürlich die Zertifizierung als Motorradschutzkleidung. Der Stiefel muss also entsprechend der Norm EN 13634 geprüft und zugelassen sein, das Motorradfahrer-Piktogramm ist folglich im Schuh zu finden.
Wasserdichtigkeit und Belüftung
Interessanterweise sind zwar alle Testteilnehmer grundsätzlich als Schutzbekleidung für Motorradfahrer zertifiziert, nicht alle Hersteller haben ihren Motorradstiefel aber auf Wasserdichtigkeit (WR) prüfen lassen. Das muss freilich nichts aussagen: In unserem Test zeigten sich einerseits Stiefel wasserdicht, die auf eine Zusatzprüfung zum Nässeschutz und den Nachweis WR unter dem Piktogramm verzichteten. Andererseits kam es bei Stiefeln, die eigentlich wasserdicht sein müssten, zu Lecks. Oftmals ist dafür dann gar nicht die Klimamembran an sich verantwortlich, sondern eine unsaubere Verarbeitung: Die hauchzarten Membranen sind nämlich sehr empfindlich, das macht das Vernähen entsprechend kompliziert. Das ist aber keineswegs eine Entschuldigung, deshalb hat mangelnder Nässeschutz in unserem Test ordentlich Punkte gekostet. Entsprechend landen die inkontinenten Testteilnehmer allesamt am unteren Ende unserer Bewertungstabelle.
Ganz oben in unserer Rangliste findet sich hingegen ein Stiefel, der sich bezüglich Wasser keine Blöße gibt und in Sachen Luft traut, Bekanntes neu zu denken: Statt passiver Atmungsaktivität von innen nach außen setzt der TCX auf aktive Belüftung von außen nach innen. Dazu besitzt der TCX Clima Surround GTX insgesamt 12 seitliche Kanäle, über die Frischluft in Richtung Fußsohle geleitet wird. Das ist in der Praxis durchaus spürbar, im Vergleich zu anderen Stiefeln bleibt der Fuß hier nämlich frisch, ohne an Spann und Schienbein vom Fahrtwind zu sehr gekühlt zu werden.
Motorradstiefel müssen passen, um zu schützen
Wichtigste Aufgabe eines Motorradstiefels: Schutz vor Verletzungen. Hierfür ist die richtige Passform wichtig. Motorradstiefel sollten dem Fuß ausreichend Komfort und einiges an Belüftung bieten, dabei aber vor Regen schützen und ihn in seinen Bewegungen nicht einschränken – egal, ob es sich um einen Touren-Stiefel, Enduro-Stiefel oder um einen Sportstiefel handelt.
Da der TCX Clima Surround GTX auch in den Kategorien Passform und Tragekomfort, Sicherheit, Ausstattung und Verarbeitung fleißig Punkte sammelt, sichert er sich verdient den Testsieg. In den einzelnen Kategorien gibt es dennoch teilweise andere Stiefel, die ihm mindestens ebenbürtig sind. Dazu gehört auch der günstigste Stiefel im Test: Der Kochmann Travel ist beim Tragekomfort einsame Spitze, wie auf Wolken oder in mit Fell ausgekleideten Pantoffeln. Damit hätte er beinahe auch die Auszeichnung zum Kauftipp verdient, ein einseitiges Leck beim Nässetest erlaubt dies aber nicht. Daher geht dieses begehrte Prädikat stattdessen an den sehr guten, äußerst komfortablen, top ausgestatteten, vergleichsweise günstigen Gaerne Vento.
Rechtliche Norm für Motorradstiefel
Eine Tragepflicht von speziellen Schuhen beim Motorradfahren gibt es nicht. Der eigenen Gesundheit zuliebe sollten trotzdem Stiefel getragen werden, welche die in der Europäischen Norm 13634 festgehaltenen Mindestanforderungen erfüllen.
Die Norm "Schutzschuhe für Motorradfahrer" regelt zwar auch chemische Parameter wie beispielsweise die Menge an gesundheitsbelastenden Stoffen, für die Sicherheit bei Verkehrsunfällen sind aber vor allem die mechanischen (Schutz-)Eigenschaften wichtig. Genau darüber müssen Hersteller in einem standardisierten Label im Schuh Auskunft geben. Wichtig ist hier das Motorradfahrer-Piktogramm, das die Zertifizierung als "Persönliche Schutzausrüstung" nachweist. Darunter findet sich der Verweis auf die für Stiefel gültige EN 13634. Die Jahreszahl dahinter gibt an, nach welchem Stand der Norm geprüft wurde. Seit 2017 neu ist die Angabe a) zur Schafthöhe. Zuvor fanden sich hier lediglich die drei Angaben b), c) und d). Alle vier Kategorien können Level 1 oder 2 entsprechen, höher ist besser. Weitere vom Stiefel erfüllte Anforderungen wie Knöchel- oder Schienbeinschutz werden darunter aufgezählt.
So testet MOTORRAD
Wir testeten die Stiefel in den Größen 41 und 45. Der Fokus lag auf Allround-Motorradstiefeln, sie mussten daher wasserdicht und zugleich möglichst luftig sein. Außerdem setzten wir voraus, dass nicht der gesamte Stiefel aus Leder bestehen sollte. Zehn Hersteller konnten schließlich an unserem Vergleichstest teilnehmen, andere mussten wegen der weltweiten Ausnahmesituation oder eines quer stehenden Schiffes leider passen.
Zur Bewertung: Passform und Tragekomfort, wozu auch das An- und Ausziehen sowie die Beweglichkeit auf und neben dem Motorrad zählen, wurden mit bis zu 35 Punkten gewürdigt, mit 30 maximal zu erreichenden Punkten folgt darauf das Kapitel Sicherheit. Hier geht es um die Protektoren-Ausstattung, aber auch um Abstreifschutz, Materialwahl und Dämpfung. Mit maximal 25 Punkten ebenfalls stark bepunktet wurden die beiden für diesen Test besonders wichtigen Kriterien Belüftung und Nässeschutz. Die Wasserdichtigkeit wurde u. a. in einem Wasserbad getestet. Zur Bewertung der Atmungsaktivität wurden die Stiefel mit unterschiedlichen Socken gefahren. Die finalen zehn Höchstpunkte gab es für die Kriterien Geruch, Verarbeitungsqualität und Ausstattung.