Kaufberatung für alternative Motorrad-Fahrerausrüstung
Das trägt Deutschland

Pflicht: ein Helm. Ansonsten keine Kleiderordnung. Aber was nun außer echter ­Motorradkleidung tragen Deutschlands Motorradfahrer tatsächlich? MOTORRAD bewertete 20 Klassiker des motorradbekleidungstechnischen Fremdgehens.

Das trägt Deutschland
Foto: mps-Studio

Bevor jemand den Zeigefinger hebt und zur Gardinenpredigt ansetzt: Ja, ihr habt recht! Beim Motorradfahren sollte man ausschließlich dafür vorgesehene Bekleidung tragen. Die Polizei meckert zwar nur, wenn der Helm fehlt, aber ­natürlich ist beim Sturz auch der Rest des Körpers stark gefährdet. Es muss zwar nicht gleich eine komplette „Persönliche Schutzausrüstung“ sein, kurz PSA genannt, die entsprechend zertifiziert und genormt ist. Aber wenn man sich im Fachhandel einkleidet, sollte man genauestens auf die Qualität achten. Denn einige MOTORRAD-Bekleidungstests offenbarten liederlich gefertigte, schwitzige, schlecht sitzende Billigklamotten. Oder Stiefel, trotz Membran weder wasserdicht noch atmungsaktiv, die zudem noch drücken wie ein Folterknecht. Handschuhe, die beim Sturz abfliegen, durchreiben, in Fetzen fliegen.

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Theoretisch dürfte man also nur in Tests als gut befundene Schutzkleidung tragen. Unter dem Aspekt Sicherheit wären das: Lederkombi mit CE-Protektoren, Lederhandschuhe mit ordentlichem Knöchelschutz, hohe Stiefel aus abriebfestem Material (am besten Leder) mit ultrastabiler Sohle, Verstärkungen und schlagdämpfenden Protektoren. Tourenfahrer, bei denen Wetterschutz (aktive Sicherheit!) eine große Rolle spielt, sind mit an Sturzzonen durch Aramidgewebe (hitzebeständig, schnittsicher, abriebfest) verstärkten High-End-Textilkombis inklusive funktionierender Membran (etwa Gore-Tex) am besten bedient. Kosten jeweils für so eine Ausrüstung: schnell mal über 2000 Euro. Dann fährt man sicher.

Aus Geldmangel keine Schutzausrüstung im Schrank?

So weit die Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Zahlen aus der aktuellen Unfallforschung belegen, dass bei über der Hälfte aller Motorradver­letzungen normale Straßenbekleidung im Einsatz war. Nur 21 Prozent trugen eine komplette Schutzausrüstung. Bei Mitfahrern liegt die Quote noch niedriger. Ein Helm indes wird von 99 Prozent aller Motorradfahrer in Deutschland getragen. Bei Kopfverletzungen heben sich verunfallte Motorradfahrer im Vergleich zu anderen Verkehrsteilnehmern deshalb positiv ab: „Nur“ 20 Prozent – bei Autofahrern sind es rund 30 Prozent, bei Radlern über 50 Prozent. Keine Frage also, der Helm hilft. Und insgesamt ordentlich angezogen, im bekleidungsphysiologischen Sinn, fährt man am besten. Aber: Wer will sich schon für die kurze Fahrt zum Bäcker gleich ins Rennleder oder die kiloschwere Mehrlagen-Textilkombi zwängen? Klar, passieren kann immer was, und nach einem Super-GAU ist jede Entschuldigung wegen nachlässiger Kleidung hinfällig. Was jedoch, wenn aus Geldmangel keine Schutzausrüstung im Schrank hängt? Maschine stehen lassen?

Spätestens jetzt sollte man sich an seine eigene Motorradjugend erinnern und sagen: Träum weiter! Natürlich haben die meisten von uns schon mal mit Turnschuhen und Jeans und – besonders gravierend – ohne Handschuhe die Maschine erklommen. Und sind zum Glück nicht sofort auf die Klappe geflogen. Wir haben uns bei den Mitgliedern des MOTORRAD-Helden-Clubs (www.motorrad-helden.de) umgehört und sie nach ihren „Bekleidungssünden“ befragt. Oder besser gesagt: uns Tipps eingeholt, welche zivilen Klamotten auf dem Motorrad ihren Erfahrungen nach taugen. Anhand weiterer Alltagsbeobachtungen und Händlerbefragungen ermittelte die Redaktion fünf Garnituren mit insgesamt 20 Produkten, die ­stellvertretend die Kleiderwahl von Deutschlands Motorradfahrern abbilden sollen. Wenn sie eben keine Schutzausrüstung nutzen. Auch wenn beispielsweise nur ein Turnschuh konkret bewertet wurde, lassen sich motorradrelevante Rückschlüsse über Funktionalität während der Fahrt, Wetter- und Sturzschutz auch für ähnliche Modelle ziehen.

Jagdstiefel, gewachste Allwetterjacken, Fliegerjacken

Auffällig: Viele der zweckentfremdeten Produkte gelten beziehungsweise galten ursprünglich genau wie Motorradkleidung als technische Bekleidung. Außerdem sind klassische Stücke schwer angesagt: Jagdstiefel (Red Wing) und gewachste Allwetterjacken (Barbour), die seit den 1950ern ihren Dienst tun, oder etwa Fliegerjacken mit Wurzeln bis zurück in die 1930er. Am häufigsten wurden von den befragten Clubmitgliedern jedoch Bundeswehrstiefel genannt. Die, das zeigt dieser Vergleich, übrigens für Motorradfahrer einwandfreie Dienste leisten. Genau wie die Sicherheitsschuhe von Bergmann und Blundstone.

Aus Sicht von Unfallforschern und Sicherheitsbekleidungsexperten ist vor allem eine verwindungssteife Sohle von Bedeutung. Ruprecht Müller, Ingenieur beim ADAC Technik Zentrum Landsberg, erklärt die Vorteile: „Bei Motorradunfällen wird der Fuß häufig von der schweren Maschine eingequetscht. Feste Sohlen, Zehenkappen und Knöchelverstärkungen wirken dann wie ein Schutzkäfig.“ Turnschuhe, auch hoch aufschließende, böten nicht annähernd diese Torsionssteifigkeit, sodass es schon bei Stürzen mit niedrigen Geschwindigkeiten zu vermeidbaren komplizierten Verletzungen kommen kann. Dicke Botten haben aber genau wie die meisten Motorradstiefel ein Problem: im Alltag meist zu unbequem. Ähnlich sieht es mit Handschuhen, Hosen und Jacken aus. Experte Müller spricht von „Opfermaterial“, also all das, was beim Sturz als Abrieb, Fetzen und Verflockung auf dem Asphalt liegen bleibt (bevor die Haut dran ist …), und bemerkt: „Die Masse macht’s! Daraus ergibt sich aber ein Konflikt zwischen Komfort und Sicherheit.“

Leder hat fast immer die Nase vorn

Gute Motorradkleidung verfügt über weitere Sicherheitsfeatures wie umgeschlagene und doppelte Nähte und ist in der Regel massig genug. Übliche Lederkombis wiegen zwischen vier und fünf Kilo, Textilkombis etwa ein Kilo weniger. Aber auch bei den getesteten Straßenklamotten finden sich diesbezüglich sehr ordentliche Stücke (siehe einzelne Bewertungen). Leder hat aufgrund seiner natürlichen Beschaffenheit übrigens fast immer die Nase vorn. Nach dem „Darmstädter Verfahren für Schutzkleidungsprüfung“ sollte ein Außenmaterial, das beim Sturz mit der Straße in Kontakt kommt, eine gute Balance aus Rutschweg und -zeit halten und möglichst lange eine Lochbildung vermeiden. Leder besitzt sehr gute Reibwerte, Aramidgewebe (Kevlar) ebenfalls, feste Denimgewebe (Jeans) sind je nach Qualität immerhin als ordentlich einzustufen. Schlecht hingegen sind dünne Polyester-Stoffe, die schnell schmelzen und reißen, auch aufgrund einfacher Nähte, und solche, die beim Sturz den Rutschvorgang begünstigen.

Zertifizierte Protektoren erzielen beste Wirkung

Dietmar Otte, Leiter der Unfallforschung an der Medizinischen Hochschule in Hannover, unterstreicht allerdings die Grenzen. Nach der allgemein anerkannten Verletzungsskala AIS ist ab Verletzungsklasse drei und höher, also offenen Brüchen, Organverletzungen und anderen irreversiblen Schäden (treten bei rund zwölf Prozent aller Motorradunfälle auf), eine Schutzwirkung durch Bekleidung kaum noch messbar. Allerdings liegen bei über 60 Prozent nur Verletzungen nach AIS 1 (Abschürfungen, Prellungen usw.) und bei rund 30 Prozent nach AIS 2 (zum Beispiel einfache, gut verheilende Brüche) vor. Genau für solche Fälle zeigt eine ordentliche Kleidung, egal ob Fahrerausrüstung oder zweckentfremdete Klamotte, eine gute Wirkung.

Durch geschickte Kleiderwahl hat man also Einflussmöglichkeiten, bestimmte Verletzungen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Alle Experten sind sich außerdem darüber einig, dass zertifizierte Protektoren an den Sturzzonen (Gelenke, Hüfte, Brustbereich, Rücken) die beste Wirkung erzielen (Aufprall- und Abrasionsschutz). Leider sitzen integrierte Schützer in ausgewiesener Motorradbekleidung nicht immer an der richtigen Stelle oder verrutschen, helfen dann natürlich wenig. Nun mögen Kritiker anmerken: „Aber immer noch besser als Jeans und Straßenschuhe!“ Denen kann man entgegnen: Mit der richtigen Auswahl an Nicht-Motorradkleidung (siehe MOTORRAD-Empfehlungen), die clever mit Zusatz-Protektoren „getunt“ wird, fährt es sich manchmal tatsächlich besser und sicherer. Zumal man den Wohlfühlfaktor nicht unterschätzen sollte: Jedenfalls ist es allemal besser, wenn man seine bequeme, aber sicher gemachte Lieblingsklamotte trägt, als wenn die echte Motorrad-Schutzausrüstung zu Hause auf dem Bügel hängt.

Cruise

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Cruise.

Jacke: Cockpit Top Gun Movie Jacket G1, 959 Euro; Handschuhe: Schwenkel Little Joe, 24,90 Euro; Hose: Meindl Romeo, 1190 Euro; Schuhe: Red Wing Heritage Modell 875, 279 Euro, Gesamtpreis: 2452,90 Euro.

US-Fliegerjacke: Weicher Fellkragen zum Hochklappen als Wetterschutz für den Hals – klasse, funktioniert! Ziegenleder mit fast 2,5 Millimeter dicken Doppellagen bietet gute ­Sicherheit. Leichtes Flattern ab 160 km/h.

Western-Reithandschuhe: Extrem geschmeidiges Rindsleder und ein einfacher Zugverschluss als effizienter Abstreifschutz – die Cowboy-Handschuhe mit Top-Klimatisierung und sensiblem Griff empfehlen sich für den Sommer.

Trachtenhose: Supertragefreundliches Rehleder mit charakteristischen Wildtier-Narben (im Bild) im Five-Pocket-Jeansschnitt. Beim Motorradfahren stört bei der voll alltagstauglichen Meindl-Hose nur die Knienaht.

Klassische US-Jagdstiefel: Robuster Rahmen, verstärkte Nähte und 2,6 Millimeter fettes Rindsleder versprechen Haltbarkeit und guten Schutz. Schöne Patina bei Naturbraun, Schwarz ist unempfindlicher bei Schaltgummi-Abrieb.

MOTORRAD-Bewertung: Bei diesen Preisen muss man erst mal schlucken. Doch das komplette Leder-Outfit macht auf dem Motorrad eine ausgezeichnete Figur. Die sehr robusten Red Wing-Schuhe bieten ordentlichen Schutz und gefallen durch Top-Tragekomfort (nach sorgfältiger Eintragezeit). Die ultrabequeme, aber abriebfeste Rehlederhose möchte man nicht mal nachts ausziehen. Mit den feinfühligen Schwenkel-Handschuhen tippt man an der Tankstellenkasse problemlos seine PIN ein, und die schwere Lederjacke bietet klasse Wetterschutz. Edle, aber fürs Cruising sehr funktionelle Kleidung für die Ewigkeit.

Sport

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Sport.

Jacke: Alpha Industries CWU 45, 139,90 Euro; Handschuhe: O’Neal Butch Carbon, 49,90 Euro; Hose: Carhartt EB136 Double Front, 49,90 Euro; Schuhe: Adidas Pro Conference, 99,95 Euro, Gesamtpreis: 339,65 Euro.

Bomberjacke: Die riesigen Außentaschen verpacken viele Utensilien, ohne in Fahrhaltung zu stören – klasse im Alltag. Der bauschige Stoff wärmt gut, ab Tempo 80 pfeift aber Fahrtwind durch den Kragen derbe rein.

Mountainbike-Handschuhe: Gute Schlagdämpfungswerte durch Karbon-Knöchelschützer! Allerdings taugt das nicht besonders abriebfeste, luftige Textilgewebe der Mountainbike-Handschuhe nicht für Asphalt-Stürze.

Heavy-Duty-Cotton-Hose: Schwerer Stoff: Baumwoll-Canvas- Gewebe (340 g/m²) und im Frontbereich doppellagig. Mit fast einem Kilo Gewicht vermittelt diese Hose bei sommerlichen Touren ein solides Sicherheitsgefühl.

Hohe Turnschuhe: Die Lederqualität ist im Vergleich zu vielen modischen Retro-Sneakern einwandfrei, aber weit unter einem Millimeter Stärke sind schlapp. Durch die Luftlöcher dringt bei Regenfahrten sofort Wasser ein.

MOTORRAD-Bewertung: Die hohen Turnschuhe bieten zwar etwas Schutz für den Knöchel, aber insgesamt sind die Sneaker zu instabil für den Gebrauch auf dem Motorrad. Selbst bei relativ harmlosen Stürzen drohen schlimme Fußverletzungen. Mit den zweckentfremdeten Radhandschuhen möchte man höchstens im Gelände stürzen. Die ultrarobuste Hose geht indes für Stadtfahrten voll in Ordnung, sofern getunt mit Knieprotektoren. Für Boulevard-Crui­sing ist die leichte, superbequeme und zugleich gut wärmende Bomberjacke okay, für sportliche Fahrten aber tabu. Unterm Strich: Sportfahrer, bleib bei deinem Leder!

Beruf

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Beruf.

Jacke: Engelbert Strauss T.E.A.M-Wear, 55,81 Euro; Handschuhe: Engelbert Strauss, Ice Extreme, 29,63 Euro; Hose: Engelbert Strauss Funktionsbund­hose e.s. prestige, 83,18 Euro; Schuhe: Bergmann Protection S3, 53,50 Euro, GesamtPreis: 222,12 Euro.

Wetterjacke: Klimamembran und wärmendes Fleece-Futter gehen fürs Touring in Ordnung. Die 940-Gramm-Jacke bläht sich aber schon bei Landstraßentempo nervig auf, und bei Regen sickert Wasser durch die Bündchen.

Winter-Arbeitshandschuhe: Nur ein schlapper Gummizug als Abstreifschutz? Fürs Schubkarrenfahren vielleicht gebongt, aber mit dem Motorrad besser nicht hinfallen! Bei Wärme entsteht ein fieses, schwitziges Innenklima.

Wetterhose: Ordentlich: an den Knien verstärkt mit auch im Motorradbereich verwendeten besonders strapazierfähigem Dynatec-Polyamidgewebe von Textilspezialist Schoel­ler. Gut: Reflektoren. Schlecht: flattert.

Bau-Schnürschuh: Für ganz wenig Geld gibt es sehr viel Sicherheit! Stahlkappe und -sohle bilden als ultrasolides Grundgerüst guten Sturzschutz auf dem Moped. Für Fußwege im Alltag sind die Treter zu steif und schwer.

MOTORRAD-Bewertung: Liebe Pfennigfuchser, spart euch das! Die Berufsbekleidung ist zwar gut und billig und zusätzlich noch sauber verarbeitet, aber auf dem Motorrad sind die Klamotten voll daneben. Ausnahme: die preisgünstigen Arbeitsschuhe von Bergmann, die besser schützen als viele Motorrad-Kurzstiefel. Die restliche Wetterkleidung von Engelbert Strauss hält zwar Regen gut ab, aber ab 20 Grad Celsius steht der Schweiß in den Tütenklamotten. Zudem flattern die sehr leichte Hose und Jacke ab Tempo 80 wie verrückt und vereiteln auf Tour den Spaß. Die Textilhandschuhe bieten kaum Sturzschutz. Finger weg!

Army

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Army.

Jacke: Blöchl Army Fashion Feldjacke, 59 Euro; Handschuhe: Commando Industries Security-Gloves Delta Force, 39,95 Euro; Hose: BW-Tarnfleck Feldhose (secondhand), 16,95 Euro; Schuhe: Bergmann Original BW-Kampfstiefel, 105,01 Euro, Gesamtpreis: 220,91 Euro.

Feldjacke: Die 3/4-Baumwolljacke (1160 g) ist bei Hitze sicherlich angenehm zu tragen. Aber: schluderig verarbeitet, null Wetter- und Sturzschutz, und durch die Schlabber- ärmel pfeift es ab 50 km/h krass rein.

Einsatzhandschuhe: An den Knöcheln mit Bleigranulat gepolstert. Der Delta Force-Handschuh (270 g) soll angeblich gute Schlagdämpfung bieten. Im Labor ließ sich das nicht bestätigen. Eher was zum Schläge-Austeilen ...

Bundeswehrhose: Große Seitentaschen sind praktisch, aber mit nur knapp über 500 g Gewicht bietet die Baumwoll-Mischgewebe-Hose mangelhafte Abriebfestigkeit, und der Stoff reißt schnell. Taugt nicht fürs Motorrad!

BW-Kampfstiefel: Kämpferisch gibt sich der 1060 g schwere Stiefel beim Preis. Für kaum mehr als 100 Euro unglaublicher Gegenwert: ordentlicher Schienbeinschutz, hochwertiges Leder, regenfest, hoher Tragekomfort. Top!

MOTORRAD-Bewertung: Tja, siehste wohl: Die wohl schon millionenfach auf dem Motorrad zweckentfremdeten Bundeswehrstiefel erfüllen die hohen Ansprüche an ein Motorradschuhwerk voll und ganz. Kann man bedenkenlos kaufen und tragen! Im Gegensatz zur übrigen getes­teten Armee-Ausrüstung: im Ernstfall nur untaugliches Kanonenfutter! Wer auf mar­tialischen Look steht, sollte berücksichtigen, dass seine Haut schon nach einem kleinen Unfall vermutlich mit schmerzenden Tarnflecken geziert sein wird. Die sackschweren, bei Türstehern beliebten Kampfhandschuhe schützen besser, tragen sich aber unbequem.

Vintage

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Vintage.

Jacke: Barbour Men’s Utility, 329 Euro; Handschuhe: Sakari Sauso Rallye ungefüttert, 99 Euro; Hose: Edwin Nashville Selvage Denim, 140 Euro; Schuhe: Blundstone Modell 510, 129 Euro, Gesamtpreis: 697 Euro.

Wachscotton-Jacke: Ein robuster Reißverschluss aus Metall und festes, schweres Baumwollgewebe zeichnen die klassische, 1300 g schwere Wetterjacke aus. Trotz des sackartigen Schnitts beinahe keine Flatterneigung.

Elchleder-Handschuhe: Feinstes, weiches Leder vom Wildtier, sehr saubere Verarbeitung und eine erstklassige Passform inklusive wirksamer Handgelenk-Klettriegel. Die lange Stulpe ist bei weiten Ärmeln von Vorteil.

Denim-Hose: Schweres japanisches 14-Unzen-Denimgewebe und gute Verarbeitung – auch trotz Einzelnähten relativ guter Schutz. Die Jeans (860 g) im 1950er-Schnitt erlaubt das Tragen von Protektoren darunter.

Classic-Arbeitsschuhe: Einfach zum Reinschlüpfen. Die Blund­stones mit sehr fester Sohle (säure- und benzinfest) und harter Zehenkappe bieten viel Halt und gute Sicherheit. Abstreif- und Knöchelschutz sind allerdings mäßig.

MOTORRAD-Bewertung: Klassisches Motorrad, klassische Mode? Hübsch, aber wie gut schützt die Vintage-Kleidung? Auf jeden Fall sehr anständig gegen Fahrtwind, Flattern und schwitziges Körperklima, wie der Test zeigte. Jacke und Schuhe halten sogar gemäßigtem Regen einigermaßen stand. So gesehen: Viel Spaß bei sommerlichen Landpartien und Stadttouren! In Sachen Sicherheit stellen die Klamotten aber nur einen Kompromiss dar, weil die Textilien bei Reiß- und Abriebfestigkeit gegenüber Leder deutlich den Kürzeren ziehen. Trägt man indes Protektoren darunter, geht diese Kluft auf dem Moped in Ordnung.

So testet MOTORRAD

Biebricher
Die Berufsbekleidung musste zum MOTORRAD-Nässetest antreten.

Wasser marsch, hau drauf!

Im Fokus standen die Fahrtests. Jede Garnitur wurde entsprechend des Einsatzgebiets und Maschinentyps (Cruiser, Sportmaschine etc.) auf eine ausgewählte Testrunde geschickt. Bei Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h konnten problemlos aerodynamisches Verhalten, Wetterschutz, Tragekomfort und Passform der Kleidung ermittelt und je nach Tempo bewertet werden. Sofern ein Nässeschutz (zum Beispiel Klimamembran) vorhanden war, wurden die Produkte einem Nässetest unterzogen. Dabei wurden sowohl ein längerer starker Regen als auch kurzer Sprühregen simuliert. Außerdem haben die Tester im Labor von Sas-Tec in Markgröningen Schlagdämpfungswerte in Anlehnung an die Normen für Persönliche Schutzausrüstung („PSA“) gemessen.

Nachrüstprotektoren

Dentges
Passt mittels Reißverschluss auch über engen Hosen. Der AMX Knee ­Guard (99,90 Euro) von O’Neal.

Mit Sicherheit geht da noch was

Bei Motorradkleidung gehören integrierte CE-Protektoren mittlerweile zum guten Ton. Aber insbesondere bei Textilkombis sitzen die Schützer oft schlecht. Schlau nachgerüstete Straßenkleidung ist mitunter die bessere Wahl.

Fazit

Straßenbekleidung auf dem Motorrad per se ein Tabu? Reines Vorurteil. Beim Schuhwerk erringen die Bundeswehrstiefel den „Testsieg“. Tragen würde ich sie aber nicht – zu schwer, zu unhandlich. Die Red Wings aus fettem Leder bilden den besten Kompromiss aus Sicherheit und Komfort. Bei den Hosen liegen die doppelt gemoppelte Baumwoll-Arbeitshose und das Luxus-Trachtenleder vorn – reine Geldfrage: 50 gegen 1200 Euro! Gut ist aber auch die dicke Edwin-Jeans. Gibt es als Sonderserie wohl auch aus noch schwererem Denim (20 oz aufwärts) – dann nicht nur modisch ein Hit. Als gute Investition gilt eine klassische Fliegerjacke (auch ohne Aufnäher erhältlich) aus Ziegenleder: robust, angenehm zu tragen und sicherer als die immerhin guten Wetterschutz bietende, viel günstigere Alpha-Bomberjacke. Bei den Handschuhen gewinnen die extrem feinfühligen Western-Lederhandschuhe.

Anbieter

Adidas über: Schuhfachhandel,www.adidas.de; Alpha Industries, Telefon 0  61 02/7 76 00, www.alphaindustries.de; Army-Shop Hönig, Telefon 0  71  41/90 27 98, www.armyshop-hoenig.de; Barbour über: U.B.S-Classics; Bergmann Schuhfertigung (auch BW-Kampfstiefel), Telefon 0 28 32/97 33  40, www.bergmann-schuhe.de; Blöchl und Bundeswehr-Ausrüstungen über Armyshop Hönig; Blundstone über: Pinu Handels GmbH, Telefon 0 43 56/9 96  64 43, www.pinu.de; Carhartt Workwear über: Eliware; Cockpit und klassische Fliegerjacken über: Wolf Continental, Telefon 0 24 31/80 65  80, www.original-flightjackets.com; Commando Industries über Armyshop Hönig; Edwin, Telefon 089/287297311089/287297311089/287297311089/287297311, www.edwin-europe.com; Eliware, Telefon 0 2841/8818630, www.eliware.de; Engelbert Strauss, Telefon 06050/971012, www.engelbert-strauss.de; Louis, Telefon 0 40/73 41 93  60, www.louis.de; Meindl über: Brunnenhannes, Telefon 07 11/2 73 84 35,www.meindl-fashions.de; O’Neal, Telefon 0 70 42/28 90 00, www.oneal-europe.com; Red Wing Heritage, Telefon 0 30/27 89 04 21, www.redwing-berlin.de; Sakari Sauso über: U.B.S-Classics; Schwenkel, Telefon 0 71 23/2 04 50, www.schwenkel.de; U.B.S-Classics,  Telefon 0 72  61/40 20 99, www.ubs-classics.de

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Erscheinungsdatum 26.05.2023