Schau mir in die Augen, Kleines. Humphrey Bogart hat den innigen Blickkontakt mit Ingrid Bergmann noch gewünscht, der Streetfighter-Fahrer möchte den offenen Blick in seine Augen offensichtlich vermeiden. Stark abgedunkelte Visiere sind in diesen Kreisen Pflicht, allenfalls durch verspiegelte Scheiben zu steigern. Aber nicht allein das Visier kennzeichnet die typische Kopfbedeckung des Straßenkämpfers, auch die Form des Helms sollte die aggressive neutraler formuliert: die dynamische Grundhaltung des Fahrers zur Schau stellen.
Der Streetfighter-Helm schlechthin, mit Tendenz zum Kultstatus, ist der Simpson Bandit, andere Hersteller haben sich das Simpson-Programm zum Vorbild genommen. Zum Beispiel die Firma Bandit, deren XX nomen est omen - wie eine exakte Kopie des Simpson RX 8 wirkt. Den Klassiker Simpson Bandit mit dem prägnanten, kantigen Kinnteil gibt es seit den siebziger Jahren fast unverändert . Ursprünglich war er nicht für Motorradfahrer, sondern für Dragstersprints oder Autorennen vorgesehen, die typischen Features dieser Gattung hat er bis heute behalten. Dazu gehört ein mindestens drei Millimeter dickes Visier, wie es die Gesetze im Automobilsport vorschreiben. Das wird mit soliden Schrauben einfach, aber sicher am Helm fixiert. Eine fein gestufte Rastung ist im Rennsport überflüssig, dort schließt man das Visier vor dem Start und betätigt es sonst allenfalls in der Boxengasse.
Umso mehr Wert legt man bei solchen Kopfbedeckungen auf eine gute Sicherung des geschlossenen Visiers. Bei Simpson wie bei den ähnlichen Modellen von Bieffe, Craft oder Bandit werden die Visiere zur sicheren Fixierung beim Schließen über einen Haltestift geschoben. Daher ist zum Öffnen etwas Kraft erforderlich. Einzelne »normale« Motorradhelme haben sich dieses Prinzip abgeschaut, Arai beispielsweise sichert die Visiere schon immer auf ähnliche Weise. Im Stadtverkehr ist die einfache, aber robuste Visiermechanik der Autohelme zwar nicht sonderlich praktisch, aber die Vorteile hinsichtlich Sicherheit lassen sich nicht leugnen. Denn die filigrane Plastikmechanik vieler moderner Helme kann bei einem Aufprall leicht wegplatzen, das Visier verabschiedet sich unter Umständen schon beim ersten Bodenkontakt. Solide verankerte Aluschrauben hingegen lassen sich selbst durch einen heftigen Schlag nicht beeindrucken, das Gesicht bleibt im weiteren Unfallverlauf geschützt.
Ein weiteres Kennzeichen aggressiven Designs ist ein möglichst breites Kinnteil. Entsprechend schmal fällt zwangsläufig der Visierausschnitt aus. Und hier müssen bei einigen Modelllen Bedenken angemeldet werden. Die schmalen Sehschlitze beim Simpson RX 8 oder beim Bandit XX schränken das Sichtfeld nämlich erheblich ein. Dass man den Tacho nicht ohne weiteres ablesen kann, wiegt vielleicht noch weniger schwer. Übersieht man jedoch den Querverkehr, kann das sehr unangenehm enden. Eine ECE-Prüfung können beide Modelle nicht vorweisen, die Chancen dafür ständen wegen des schmalen Sehschlitzes wohl schlecht.
Wie es um die anderen ECE-Prüfpunkte, etwa Stoßdämpfung, bestellt ist, lässt sich zumindest im Fall des Bandit-Helm kaum abschätzen. Beim Simpson RX 8 kann man davon ausgehen, dass er nach den gleichen Vorhaben wie die anderen, ECE-geprüften Helme aus gleichem Hause gefertigt ist. Apropos ECE: Sämtliche Helme mit dieser Prüfung müssen serienmäßig mit klaren Visieren ausgeliefert werden. Die abgebildeten, getönten Visiere sind Nachrüstteile, kosten daher je nach Ausführung und Modell zusätzlich bis über 100 Mark.
Eine andere Kategorie der Streetfighter-Kopfbedeckungen sind Jethelme im Pilotenlook, Roof hat diesen Typus in den vergangenen Jahren bekannt gemacht. Zum Schnellfahren sind solche offenen Helme natürlich nicht geeignet, immerhin bringt ein angeflanschtes Kinnteil oder ein Kinnpolster minimalen Schutz gegen Fahrtwind oder Insektengeschwader. Hinsichtlich Unfallschutz können die Jethelme mit den Intgralhüten aber nicht mithalten.
In puncto Dekor hat der Streetfighter eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Wer das grelle Outfit liebt, greift keinesfalls zu einem hier und da serienmäßig angebotenen Design, sondern lässt seinem Helm beim Airbrush-Spezialisten ein spezielles, auf das Motorrad abgestimmtes Motiv verpassen. Ansonsten muss der Helm schlicht sein, neben allen Schwarztönen ist vielleicht noch schlichtes Weiß erlaubt. Mattschwarz ist besonders beliebt, allerdings ist die Oberfläche dann ziemlich kratzempfindlich. Die meisten Hersteller haben sich auf die Farbwünsche eingestellt und bieten neben Schwarz nur wenig Alternativen.
Namens-Hickhack
Dass Weitsicht sich auszahlen kann, dafür liefert Louis einen Beweis. Clevere Strategen der Firma ließen sich bereits 1989 die Markenrechte an der Bezeichnung »Streetfighter« für den Motorradbereich sichern, die sie übrigens von Karstadt erwarben. Später, als dieser Begriff die gängige Bezeichnung für die Kategorie radikal umgebauter Motorräder wurde, wäre ein Markenschutz wohl kaum noch möglich gewesen. Louis konnte dann zu gegebenem Zeitpunkt eine ganze Reihe von Artikeln unter der Bezeichnung Streetfighter anbieten, was den Mitbewerbern natürlich nicht sonderlich gefiel respektive gefällt. Inzwischen haben bereits einige Mitbewerber eine Lizenz von Louis erworben. Dass das Szeneblatt »Streetfighters« in »Fighters« umgetauft wurde, hat andere Gründe, nämlich wechselnde Besitzverhältnisse der Verlage.
Was trägt der Straßenkämpfer?
Streetfighter kleiden sich anders als normale Biker, zum aggressiven Helm gehört die coole Kluft
Mit dem bitterbösen Helm im Totenkopflook ist es nicht getan, auch der Rest des Outfits sollte in Streetfighter-Kreisen vom Scheitel bis zur Sohle politisch korrekt ausgewählt sein. Oberste Devise: Wichtig für die Auswahl ist nicht die Funktionalität der Bekleidungsstücke, sondern vor allem der standesgemäße Auftritt. Sicherheitsaspekte spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Wer den Geruch von verbranntem Gummi und die Aura von Rambo verbreiten will, zu dem passen Protektorenkombi oder bunte Hightech-Stiefel tatsächlich wie die Faust aufs Auge. Doch für die Mitglieder der Stummelheck-Fraktion gibts durchaus standesgemäße Klamotten, die ihren Träger im Falle eines Falles schützen, ohne ihn der Lächerlichkeit preiszugeben.Beim Schuhwerk beispielsweise müssen es nicht immer die ordinären Turnschuhe oder Bikerboots sein. Gut gerüstet ist man mit festen Springerstiefeln, wie sie Louis sogar unter der Bezeichnung Streetfighter anbietet. Noch besser sind gut eingelaufene Endurostiefel, die dank eingearbeiteter Stahlplatten so manchen Schlag wegstecken. Handschuhe mit langer Stulpe sind bei Straßenkämpfern verpönt. Doch die häufig zu beobachtende Alternative, gleich ganz auf die schützenden Fingerlinge zu verzichten, sollte nochmals überdacht werden. Schließlich gibt es ja die bequemen, oft schrill gestalteten Cross-Handschuhe, etwa jene von Polo im Skelettdesign. Bei der Wahl des Beinkleids dominiert die Jeans, die natürlich szenegerecht verwaschen und abgewetzt sein sollte. Angesichts des Stuntrepertoires mit Burnouts und Wheelies empfiehlt sich jedoch zumindest eine Hose aus gegerbter Rinderhaut, die ja mit der Zeit durchaus die gewünschte Patina ansetzt. Komplettiert wird das grelle Outfit durch einen leichten, lässigen Textilblouson, welcher die Bodybuilder-Figur betont. Farblich herrscht freie Wahl, sowohl ein knalliger Dainese-Blouson wie auch eine Bomberjacke in Tarnfarbe sind legitim. Wenn das Jäckchen planlos im Wind flattert und ab Tempo 160 selbsttätig den Rücken freilegt, kommts allerdings mittelfristig zu Nierenleiden. Ein unsichtbar darunter getragener Rückenprotektor geht locker durch. Schließlich galt schon im Mittelalter, dass nur die gut gerüsteten Kämpfer alle Unwägbarkeiten heil überstehen.