Ducati XDiavel, Diavel 1260 und Diavel 1260 S im Test

Ducati XDiavel, Diavel 1260 & Diavel 1260 S Ducati-Power-Cruiser im Vergleichstest

Zur Saison 2019 tragen alle Ducati Diavel und XDiavel den V2 mit 1.262 Kubik und variabler Ventilsteuerung. Da ist es Zeit für etwas Trennschärfe zwischen den einzelnen Modellen dieser Muscle Bikes. Der Clan lädt zur Fahrprobe.

Ducati Diavel 1260, Ducati Diavel 1260 S und Ducati XDiavel. Flash Art
Ducati Diavel 1260, Ducati Diavel 1260 S und Ducati XDiavel.
Ducati Diavel 1260.
Ducati Diavel 1260.
Ducati Diavel 1260. 12 Bilder

Mit dem richtigen Motorrad kannst du nichts falsch machen, mit dem falschen nichts richtig. Ein Dilemma? Nicht, wenn die Unterschiede klar sind. Tricky wird die Sache nur, wenn sich interessante Maschinen sehr ähneln. Die stark überarbeitete Diavel näherte sich zur Saison 2019 der XDiavel an. Zumal fast identische Modellbezeichnungen ohnehin Verwechslungsgefahr bergen. Wir erinnern uns: Im Jahr 2011 präsentierte Ducati die erste Diavel – ein martialisches Motorrad, sehnig und gestreckt wie ein Zehnkämpfer im Startblock. Benannt im Bologneser Dialekt nach dem Wort für Teufel.

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Beide Ducatis heftigst überarbeitet

Ihr potentes, leicht gezähmtes 1200er-Triebwerk aus dem Superbike 1198 ließ sie Grenzen einreißen. Einzig, nicht artig. Die charismatische Diavel polarisierte, brach mit Konventionen, sprengte übliches Schubladendenken. Weil sie Elemente von Muscle- und Macho-Bikes kreuzt, von Power Nakeds, Cruisern und Dragstern. Unmöglich? Nicht für Ducati. 2016 kam dann die futuristische XDiavel dazu, als fahraktiver Cruiser. Ihre Insignien: vorverlegte Fußrasten, tieferer Sitz und breiterer Lenker. Vor allem aber mehr Hubraum, volle 1262 Kubik im desmodromisch gesteuerten Testastretta-V2 mit variablen Steuerzeiten (DVT = Desmodromic Valve Timing).

Ducati Diavel 1260.
Flash Art
Bereits das Basismodell Ducati Diavel 1260 weiß in Sachen Fahraktivität zu begeistern.

Eben diesen Motor haben seit 2019 auch die Diavel-Sisters der zweiten Generation: die Standard-Version und die schwarze Diavel 1260 S mit rotem Rahmen als Edel-Variante. Ducati hat beide heftigst überarbeitet: Rahmen, Räder, Tank, Sitz, „Bodywork“ mit Lufthutzen und viel gebürstetem Aluminium – alles neu. Nun sitzen Wasser- und Ölkühler wie bei der XDiavel übereinander vorm Motor – bis 2018 trug die Diavel zwei Wasserkühler links und rechts. Sogar der LED-Scheinwerfer mit hufeisenförmigem Tagfahrlicht der Diavel S ist von der XDiavel entlehnt. Es ist wie in einer echten Familie: Hier sind unverkennbar Geschwister am Start. Aber nicht unbedingt Zwillinge. Wo liegen ihre charakterlichen Unterschiede?

Keyless Go ist Ehrensache

Nun, auf der XDiavel fläzt du deinen Hintern noch tiefer in die ausgeprägte Sitzmulde. Deine Füße parkst du relaxt weit vorn auf den längs verstellbaren Fußrasten. Und greifst zur 84 Zentimeter breiten, weit entfernt liegenden Segel-, pardon, Lenkstange. Deine Arme sind komplett durchgestreckt, zum Wenden musst du deinen Oberkörper nach vorne strecken. Eigen. Auf den beiden Diavels mit ihrer markanten Front dagegen kommt dir der schmalere Lenker mehr entgegen, die Füße parken kompakt mittschiffs, und der Sitz legt dich nicht so unverrückbar auf eine bestimmte Position fest. Einigkeit herrscht bei den Bedien-Elementen: diabolisch rot Hintergrundbeleuchtete Armaturen links und rechts, ein etwas kleines (und stark spiegelndes) TFT-Display unter dem Lenker und die Kontrollleuchten über jenem platziert. Keyless Go ist Ehrensache, der Schlüssel bleibt in der Jackentasche. Der Bordcomputer weiß fast alles (außer der Uhrzeit), der Tempomat hat noch Pause. Zündung! Sündig prustend posaunen die drei fetten L-Twins ihre Lebensfreude hinaus ins Freie. Charakteristisch und typisch ist dieses V2-Stakkato. Aber zum Glück nicht krawallig-aufdringlich. Später, unter Last, gesellt sich hartes Hämmern aus der Airbox dazu.

Ducati Diavel 1260 S.
Flash Art
Die Ducati Diavel 1260 S kostet 2.900 Euro mehr als die Basisvariante.

Wir (g)rollen los. Leichtgängig und gut dosierbar arbeiten die hydraulisch betätigten Kupplungen dank Servo-Funktion. Anti-Hopping-Unterstützung beim schnellen Runterschalten? Logisch. Aber gemach. Erst mal raus aus der Stadt. Denn der hintere Zylinder kocht dir jetzt im Hochsommer ziemlich die Ei…ngeweide. Beim Ampelsprint zelebrieren alle drei lässiges Spurtvermögen, puren Vortrieb ganz ohne Stress. Wow. Allzeit sicher und präzise rasten die Gänge. Tadellos, diese Getriebe. Einen ersten Glanzpunkt setzt die Diavel 1260 S: Sensationell, wie der nur bei ihr serienmäßige Blipper Hochschalten ohne Kupplung selbst im Teillastbereich bei niedrigen Drehzahlen mitmacht. So weich, so exakt. Runterschalten sowieso.

XDiavel einen Tick elastischer

Mit einer anderen Tugend glänzt die XDiavel: Sie gibt sich einen Tick elastischer. Ihr V2 geht dank anderem Mapping spürbar weicher ans Gas. Mindestdrehzahl für ruckelfreien Lauf sind hier rund 2.500 Touren. Da brauchen die Diavels locker 500 Umdrehungen mehr. Die XDiavel betont fettes Drehmoment bereits bei niedrigeren Drehzahlen. Zudem wirkt die Elastizität des sauberen, wartungsarmen Zahnriemens positiv. Er hätte auch den neuen Diavels gut zu Gesicht gestanden. Für Stadtverkehr tut es bei ihnen der vierte, besser noch der dritte Gang. Den Sechsten nutzt man freiwillig erst ab Tempo 80 und 3.000 Touren. Trotzdem sind die Durchzugswerte klasse – noch einen Tick besser bei der untenherum kräftigeren XDiavel.

Ducati XDiavel.
Flash Art
Die Ducati XDiavel liebt Kurven.

An allen vier Nockenwellen, Einlass wie Auslass, wirkt die variable Ventilsteuerung über den gesamten Drehzahlbereich. Nur scheinbar paradox: zwangsgesteuert und doch variabel. Dabei erfüllt das hydraulisch per Öldruck gesteuerte DVT – es erfasst Parameter wie Last, Drehzahl und Drosselklappenstellung – eine wichtige Funktion für die Laufkultur: Gute Gaswechsel bei niedrigen Drehzahlen sind angesichts der riesigen 106er-Kolben und Ansaugschlünde mit 56 Millimetern Durchmesser eine echte Herausforderung. Seine wahre Bestimmung offenbart der V2 auf der Landstraße. Wie er aus mittleren Drehzahlen losschnellt, dank geringer Schwungmasse frei und befreit bis knapp 10.000 Touren dreht, ist schlicht infernalisch.

Ein irres Erlebnis

Wie der Teufel stürmt das Trio nach vorn. Als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Ein irres Erlebnis. Echte 157, respektive 158 PS der ultrakurzhubigen Hammermotoren reißen brutal an. Noch rasanter oben raus rennen die beiden Diavels. Nicht zu fassen, diese überfallartige, hochdestillierte Beschleunigung. Wie beim sprichwörtlichen Ritt auf der Kanonenkugel. Die Arme werden lang und immer länger. Gut, dass die hohen Heckbürzel (viel üppiger bei den 1260ern!) dich nach hinten abstützen. Katapultieren dich diese Raketen auf Rädern nur wegen ihres langen Radstands – 1,60 Meter bei den Diavels und noch 1,5 Zentimeter mehr bei der XDiavel – nicht gleich den Orbit? Nun, das verhindern auch die hervorragend arbeitenden Assistenzsysteme. Dazu zählen drei deutlich unterscheidbare Fahrmodi: Urban, Touring und Sport. Der Stadtmodus wirkt mit etwas träger Gasannahme und reduzierter Leistungsabgabe ein wenig kastriert.

Ducati XDiavel S.
Gargolov
Die Ducati XDiavel S wirkt noch einmal muskulöser und martialischer.

Ideal passt Touring mit voller Leistung und weichem Am-Gas-Hängen. Unter Sport nehmen alle drei mit ultradirektem Ansprechverhalten und höheren Freuden-Wheelies das Messer zwischen die Zähne. Alle Modi koppeln zudem die Eingriffsschwellen von Kurven-ABS (dreistufig) und der achtstufigen Traktionskontrolle. Bei den Diavel-Sisters mit ihrer modernen Sechsachsen-Sensorbox als prallem Elektronikpaket (Evo-Version) arbeitet die Traktionskontrolle schräglagenabhängig. Sie sind zusätzlich mit einer achtstufigen, gut regelnden Wheelie-Kontrolle bestückt. Zusätzlich sind alle Assistenzsysteme individuell einstell- und kombinierbar. Du kannst dich blind auf sie verlassen, wunderbar behütet von Ducatis Elektronik. Ein Pakt mit dem Teufel? Wenn die Traktionskontrolle eingreift, kenntlich am roten Blinken, besteht auch Handlungs-bedarf. Stellst du die Wheelie-Kontrolle bei den 1260ern ganz aus, ist beim wilden Beschleunigen ein gen Himmel strebendes Vorderrad die logische Folge.

Leichtgewichte im Cruiser-Segment

Faszination trifft Fahrfreude, Ehrfurcht auf Emotion, Rasanz auf Respekt. Für diabolische Sprints haben alle drei eine spezielle Launch Control (DPL). Ist sie aktiviert, heißt es im ersten Gang Gas voll aufziehen – die Elektronik sorgt beim Einrücken der Kupplung für bestmöglichen Vortrieb ohne akute Überschlagsgefahr. Lohn der Mühe: 3,1 Sekunden für den Spurt von null auf 100. Und zwar ziemlich leicht zu realisieren. Entspannt schnell oder schnell entspannt? Beides! Du weißt nicht, wo dein Solarplexus ist? Kein Problem, du spürst ihn. Liebe Supersport-Fahrer, ihr müsst jetzt ganz tapfer sein. Zumal die drei Ducs angesichts der megafetten 240er-Heckschlappen richtig flüssig auf den Punkt fahren, überraschend leichtfüßig und gut austariert. Sie nehmen Landstraßen lustbetont, werfen sich mit viel Verve in Kurven aller erdenklichen Radien. Wie mit dem Zirkel gezogen folgen sie der anvisierten Linie. 248 bzw. 251 Kilogramm (Diavel 1260) gehen für diese Kategorie Motorrad als echte Leichtgewichte durch.

Ducati Diavel 1260, Ducati Diavel 1260 S und Ducati XDiavel.
Flash Art
Alle drei Diaviels haben ihren eigenen Charme.

Dabei stechen die Diavel-Sisters noch einen Tick schärfer, präziser ins Eck. Und sind zielgenauer beim Rausfeuern. Frappierend ist die Handlichkeit angesichts der muskulösen Staturen bei allen dreien. Trotz längeren Nachlaufs und sehr flachen Lenkkopfs (60 Grad) klappt auch die XDiavel aus der Senkrechten mindestens so leicht in Schräglage ab. Ihr Geheimnis? Der größere Hebelarm des Lenkers. Erst bei rund 40 Grad nehmen die Fußrasten raspelnd Asphaltproben. Selbst dann bleiben die Ducs schön neutral. Aufstellmoment bei Längsrinnen oder „Running wide“ am Kurvenausgang? Nicht doch. Bloß bei übelsten Bodenwellen in Schräglage hast du den breiten Heckschlappen in Erinnerung. Dennoch bleiben die Fuhren gut auf Kurs. Pirelli Diablo Rosso II und III mit ihrer herrlich runden Kontur sind wahre Wunderreifen. Rollen wunderbar berechenbar bis zur Reifenkante, bieten reichlich Grip wie Rückmeldung.

48er-Gabel ist ein Gedicht

Beim Schnellfahren fühlt sich die XDiavel etwas weniger souverän an – ihre passiv vorn geparkten Füße wirken dann merkwürdig. So richtig abstützen kann man sich auch an den Fußrasten der 1260er nicht. Tipp: Bloß die Fußspitzen aufsetzen, damit es in Kurven niemals die Füße von den Rasten zieht. Wunderbar sämig arbeiten die Öhlins-Federelemente der Diavel 1260 S. Sie folgen dem Asphaltrelief supersensibel, fischen viel raus, bieten perfekte Rückmeldung. Klasse. Vor allem die 48er-Gabel ist ein Gedicht. Etwas trockener sprechen die Federelemente der Standard-Diavel an. Selbst die XDiavel als einzig existierender Kurven-Cruiser macht per Sachs-Federbein (mit Ausgleichsbehälter) das Beste aus knappen 110 Millimetern Federweg. Solange du nicht volle Lotte über übelste Rumpel-strecken donnerst, ist alles gut.

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Das Trio rennt auf der Autobahn wild entfesselt, über 250 Sachen! Und läuft dabei wie am Schnürchen geradeaus. Aber speziell auf der XDiavel hängst du wie ein Rahsegel im Wind. Arme Nackenmuskeln. Abgeduckt schützt die kleine Scheibe der S erstaunlich effektiv vorm heranstürmenden doppelten Orkan. Falls ein dösiger Autofahrer rauszieht: So heftig alle Diavel-Derivate beschleunigen, so brachial bremsen sie auch. Langer Radstand und die Lage des Schwerpunkts ermöglichen auf Anhieb 9,5 m/s2 Verzögerung. Das fühlt sich an, als klemme ein Vierkantblock zwischen den Speichen. Kurven-ABS ist Ehrensache. Feinfühliger regelt Boschs Kurven-ABS-Evo der moderneren Diavel-Sisters. Moderne Software koppelt die S mit bester Hardware – den famosen Brembo Monoblock M 50-Zangen. Höchste Brems-Transparenz ist die Folge. Du fällst überall auf mit diesem coolen Hockern. Die ihre Besatzung bei Regen ziemlich einsauen. Service liegt nur alle 15.000 Kilometer, Ventilspielkontrolle sogar nur alle 30.000 Kilometer an. Bleibt nur die Preisfrage: 19.990 Euro kostet die Diavel 1260, 500 Euro mehr die XDiavel. Für die Diavel 1260 S sind 22.890 Euro fällig. Nicht wenig. Aber vielleicht auch nicht zu viel für diese Fahrerlebnisse der dritten Art.

Fazit

Anregend anders: Alle drei Ducatis sind echte Zweirad-Persönlichkeiten – extravagant, fahraktiv, emotional. Die neuen Diavel 1260 koppeln das Fahrverhalten eines Naked Bikes mit der Spitzenleistung eines Sportlers. Dazu addiert die XDiavel noch eine Cruiser-Ergonomie. Relaxte Rasanz gibt es hier wie dort.

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