- Von Abnutzung keine Spur
- Platz 1 der Dauertest-Abschlusstabelle
- Notizen aus dem Dauertest
- Kilometerstand: 42.300, 05/2020
- Kilometerstand: 36.047, 10/2019
- Kilometerstand: 26.692, 06/2019
- Kilometerstand: 23.032, 05/2019
- Kilometerstand: 20.684, 4/2019
- Kilometerstand: 20.326, 4/2019
- Kilometerstand: 20.000, 04/2019
- Kilometerstand: 19.384, 04/2019
- Kilometerstand: 15.200, 12/2018
- Kilometerstand: 12.800, 10/2018
- Kilometerstand: 9.924, 09/2018
- Kilometerstand: 7.200, 08/2018
- Kilometerstand: 6.059, 08/2018
- Kilometerstand: 2.630, 6/2018
- Kilometerstand: 1.260, 06/2018
- Kilometerstand: 500, 06/2018
Der MOTORRAD-Dauertest, die härteste Distanzprüfung für Bikes. Hier müssen sich ausgewählte Zweiräder beweisen, sich als treuer Begleiter tagaus, tagein bewähren. Und bitte nicht vor jahreszeitlichen Kapriolen wie Eis, Schnee oder Streusalz kapitulieren. Mit den richtigen Reifen gelingt das auch der Harley-Davidson Heritage Classic 114. Weil sich Pirellis Night Dragon bei Kälte und Nässe eher als rutschender denn als sicherer Kraftüberträger der fetten 152 Nm Drehmoment erwies, musste er nach gut 2.000 Kilometern schon wieder runter. Sonst hätte die Harley einfach zu lange gestanden, wären deutlich mehr als die üblichen zwei Jahre vergangen, die die meisten Motorräder benötigen, um die geforderten 50.000 Kilometer zu meistern. Und die kommen in fast allen Fällen nicht ohne geplante Zwischenstopps auf den Tacho. Genau die soll der Dauertest ans Licht bringen. Wo ist ein Produkt eventuell noch nicht ganz zu Ende entwickelt worden? Welche Updates lässt ein Hersteller während der Distanz einfließen? Und schlimmstenfalls: Weshalb bleibt ein Bike stehen – nur kurzfristig oder gar auf Dauer?
Die Harley-Davidson Heritage Classic 114 betrat am 6. Juni 2018 die Dauertest-Bühne. Und sagen wir es ehrlich: Pure Sympathie schwang ihr nicht entgegen. Die Zahl derer, die sich dem eher gemütlichen Fahrstil mit einer Harley bewusst verschreiben wollen, ist gering. Die MOTORRAD-Crew frönt eben am liebsten der Fahrdynamik. Das blieb auch bei der Harley nicht anders. Entgegen sonstiger Erfahrungswerte seitens der Harley-Techniker verbrauchte die Dauertest-Heritage über die Testdistanz drei Satz originale Bremsbeläge sowie einen Test-Zubehörbelag vorne – während ein einziger Satz hinten die kompletten 50.000 Kilometer überstand. Laut einschlägiger Service-Erfahrung von Harley sieht es unter Heritage-Besitzern oft andersherum aus. Was nur unterstreicht: Der dicke 114er-Motor sowie das komplette Bike wurden nicht geschont.
"Ein Skandal. Und zwar für den Schreiber."
Eifrige Leser erinnern sich bestimmt noch an die Zwischenbilanz zum Harley-Dauertest in MOTORRAD 23/2019 (Heft als PDF runterladen). Schon damals sprach die Liste an Defekten eine ganz eindeutige Sprache: leichter Rostansatz am Auspuff, die Kupplung rupft schon mal, einmal nicht angesprungen, neue Software für den Tacho aufgespielt, und eine Rücklichtbirne musste getauscht werden. Ein Skandal. Und zwar ein untragbarer. Und zwar für den Schreiber. Um das alles richtig einzuordnen: Das ist nichts. Nichts. Vor allem weil diese wirklich allerkleinsten Unpässlichkeiten schon in der genannten Zwischenbilanz erwähnt wurden. Danach vibrierte der Twin abermals eine Rücklichtbirne durch – seine wahre Achillesferse. Sonst passierte nichts. Die Empfehlung für alle Treiber des gleichen Bikes lautet daher unumwunden: Lehnt euch zurück, freut euch über euer Motorrad und nehmt für den Fall der Fälle eine Rücklichtbirne mit (Bestellnummer 68167-04, 3,95 Euro).
Von Abnutzung keine Spur
Insofern ist quasi alles gesagt. Was für den Autor ein Suchen nach Worten ist, bedeutet in der Konsequenz ein dickes Lob für Harley. Besser kann man die 50.000 Kilometer unter dem Gesichtspunkt Zuverlässigkeit nicht meistern. Ganz großes Kino. Wenn also schon beim Treiben über die Landstraße oder die Autobahn nichts passiert ist, wie sieht es dann nach dem Zerlegen aus? Im Grund behält die Harley-Davidson Heritage Classic 114 ihren zuverlässigen Charakter bei. So weist zwar die Ölpumpe leichte Riefen auf. Die Funktion schränken die aber nicht ein. Und allein die Nockenwelle: als ob sie gerade erst aus dem Regal in Milwaukee gefallen wäre. Von Abnutzung keine Spur. Diese Aussage ließe sich noch für viele weitere Teile treffen. Das Getriebe? Einwandfreier Zustand. Die Kurbelwelle? Tipptopp. Die Ausgleichswellen? Quasi Neuzustand. Oft wird vor Beginn eines Dauertests darüber spekuliert, ob man nach dem Zerlegen den Motor einfach wieder so zusammenbauen könne. Bei der Harley-Davidson passt das fast zu 100 Prozent. Neue Dichtungen besorgen, und los geht’s in umgekehrter Reihenfolge.
Leerlauf bleibt oft unauffindbar
Jedenfalls fast. Die Kupplungsreibscheiben, die in zwei unterschiedlichen Dicken verbaut sind, sind nicht mehr die neuesten. Die Dicke der dünneren Scheiben im Kupplungskorb hat das Verschleißmaß erreicht, ein Austausch vorm Zusammenbau ist notwendig. Aber der Harley-Davidson Heritage Classic 114 daraus einen Vorwurf machen? Mitnichten, schließlich hat die Kupplung den satten Drehmomentberg des Ami-V2 bis zum Dauertest-Ende klaglos übertragen. Allerdings: Einträge zur Kupplung und zum Getriebe finden sich über die 50.000 Kilometer nicht nur im Fahrtenbuch, sondern auch in zahlreichen Leserzuschriften wieder. Die Dosierbarkeit ist nicht die beste, das Getriebe verlangt besonders bei kaltem Motor viel Kraft, der Leerlauf bleibt oft unauffindbar. Nicht schön, aber eben auch kein Makel für die abschließende Dauertest-Beurteilung.
Punktabzüge muss die Harley an anderer Stelle hinnehmen. Da die Company kein Verschleißmaß für die Zylinder und die Kolben defi-niert, zählt allein das Laufspiel zwischen diesen beiden Bauteilen. Im Idealfall liegt das zwischen 0,06 und 0,09 Millimetern. Für einen Zylinder des Dauertesters passt das, das Spiel liegt genau an der oberen Grenze dieser Werte, wobei bis zum vorgeschriebenen Verschleißmaß für das Laufspiel von 0,104 Millimetern noch Luft ist. Beim zweiten Zylinder liegt dieses Spiel allerdings bei 0,110 Millimetern. Es befindet sich demnach nicht nur außerhalb der Idealwerte, sondern auch leicht oberhalb der von Harley festgelegten Verschleißgrenze. Selbst wenn es sich dabei nur um hauchdünne sechs tausendstel Millimeter handelt – drüber ist drüber.
Platz 1 der Dauertest-Abschlusstabelle
Zur Einordnung muss aber festgehalten werden: Bis zum Dauertest-Ende lief der dicke V2 ohne Zicken und Auffälligkeiten, pulsierte so ruhig und gelassen durchs Drehzahlband wie zu Beginn der 50.000 Kilometer. Weil auch kein wirklicher Ölverbrauch messbar war, die abschließende Leistungsmessung ebenfalls Bestwerte offenbarte, wird diese kleine Mess-Schwäche dem Motor nicht über Gebühr angerechnet. Läge er jetzt nicht ausgebaut auf der Werkbank, hätte es keinen Grund gegeben, das Spiel zu untersuchen, da der Motor ohne Tadel Zündung nach Zündung über sich ergehen ließ. So rennt die Harley-Davidson Heritage Classic 114 am Ende aller Untersuchungen nicht nur souverän über die 50.000-Kilometer-Marke, sondern voller Selbstverständlichkeit auf Platz eins der Dauertest-Abschlusstabelle – gleichauf mit Yamahas MT-07. Die zeigt ihr zwar bei den Kosten pro Kilometer eine lange Nase – ganz günstig ist die Harley unter diesem Aspekt nicht unterwegs –, ihr wirklich geringer Wertverlust, ihr Dauerlauf ohne Ausfälle sowie der gute Gesamtzustand ihrer Motorteile sorgen aber dafür, dass sie sich unaufhaltsam nach vorne schiebt.
Am Ende der Zwischenbilanz hatte es der Autor noch angekündigt: Wenn die 114er-Heritage auf Platz eins landen würde, wäre eine Liebeserklärung fällig. Nun, liebe Harley, mein Herz gehört zwar nicht dir, aber dein völlig kapriolenfreies Auftreten, dein robuster Charakter hat mir sehr imponiert. Du bist völlig zu Recht neuer Zuverlässigkeits-Champ!
Notizen aus dem Dauertest
Kilometerstand: 49.999, 7/2020
Auf der Dauertest-Schlussrunde sammelte MOTORRAD action team-Reiseleiter Daniel Lengwenus noch letzte Eindrücke von der Harley-Davidson Softail Heritage:
1. Die Harley ist nicht wirklich für Leute unter 1,80 m Körpergröße gemacht. Wenn man kleiner ist, dann wird die HD zum Streckinstrument. Setzt man sich wirklich in die Sitzmulde, dann kommt man an nichts mehr vernünftig dran. Lenker beim Wenden, Fußbremse und Schaltung lassen sich dann nur noch erreichen, indem man nach vorne rückt.
2. Die Satteltaschen lassen sich auch öffnen wenn man auf dem Soziussitz eine große Ortlieb-Reisetasche verstaut hat – leidlich aber immerhin. Der Öffnungsmechanismus kommt einem da sehr entgegen. Die Sissibar stablisiert auch eine zweite Tasche und macht die HD damit zum kompetenten Reisegerät, auch für einen Camping Urlaub.
3. Ich habe noch niemals eine kompliziertere Ölkontrolle erlebt. Und ich fahre jetzt seit über 40 Jahren Motorräder aller Art. Hat das irgendwas mit nordindianischen Mythen zu tun und die Prozedur wurde von einem Medizinmann erdacht?
4. Ich habe ich zwei Flaschenhalter entdeckt. Zwei kleine Halbliterflaschen passen perfekt hinter die Scheibe. Da können sie nicht weg und werden vom Fahrtwind gekühlt. OK, bei 35 Grad im Stuttgarter Kessel war das dann doch eher Erhitzen als Kühlen ...

5. Apropos Erhitzen: Die HD ist bei sommerlichen Temperaturen über 30 Grad nur noch von Leuten fahrbar, die bei 95 Grad in der Sauna noch zwei Kellen aufgießen. Das riesige Aggregat von Motor generiert eine Hitze wie eine frische, noch heiße Asphaltdecke. Das hält man im Stuttgarter Kessel kaum aus. Wer sich dünn anzieht, riskiert eine verschmorte rechte Wade. Stop and Go in der Innenstadt bei 34 Grad war eine Grenzerfahrung.
Kilometerstand: 42.300, 05/2020
Nachdem bei etwa 40.000 Kilometern der nächste Service (Kostenpunkt 283,70 Euro) und neuer TÜV/HU auf dem Programm standen, schnappte sich Daniel Lengwenus die mit MIchelin Commander III frisch bereifte Dauertest-Harley für einen ausgiebigen Ausflug: "Die Harley ist ein komfortables Reisegerät, solange man den Tempomaten auf 120 km/h stehen lässt. Erstaunlicherweise quittiert sie schon lediglich 5 km/h mehr mit deutlich mehr Vibrationen und Zugluft, alles ist sofort um einiges anstrengender und lohnt dann die Mühe nicht. Bei 120 km/h realisiert man in der Regel einen Schnitt von rund 110 km/h. Das reicht, um in Deutschland recht gut voranzukommen. OK, zügig ist anders, aber die Harley steht ja auch für gemütliches Reisen. Und das geht mit ihr sehr gut. Komisch ist, dass sie nur im Leerlauf anspringt. Das ist wirklich very Old School. Oder ist hier ein Sensor kaputt?"

"Außerdem werden vom ersten Schalten in den ersten Gang morgens alle Nachbarn geweckt. Und leider lässt sich der Leerlauf nur schlecht finden bei laufendem Motor. Am besten gelingt es mit abgestelltem Motor und ohne Kupplung aus dem ersten Gang nach oben gezogen. Aber auch das klappt nicht immer. Sehr störend ist, dass der Schlossbügel gute fünf Zentimeter in den Koffer hineinragt, was die Beladung mit ganzen Taschen sehr erschwert. Das muss doch so nicht sein, das ist ganz schlechte Schule! Verbräuche von 5,5 bei 120 km/h und 5,9 bei 130 km/h gehen in Ordnung angesichts des Hubraums von fast zwei Litern. Das Drehmoment ist schon gigantisch und der Schub bis 3.500/min auch. Aber wie beschrieben, ist das gemütlich blubbernde vor sich hin Cruisen die Paradedisziplin dieser Harley. Gerne wieder."
Kilometerstand: 36.047, 10/2019

MOTORRAD-Sportreporter Imre Paulovits war mit der Harley auf GP-Tour nach Spanien: Ganz ehrlich war ich nach der Erfahrung mit Rückenschmerzen von anderen langen Touren mit Harleys etwas nicht gerade wild darauf, so weit mit der Heritage zu fahren, aber meine Befürchtungen waren völlig grundlos. DIe Sitzposition und die Sitzbank erlaubtren entspanntes Reisen auch über 1.500 Kilometer, die Scheibe bietet guten Windschutz ohne Vakuum-Effekt, so sind lange Etappen eine Freude. Dass der Lenker viel zu hoch ist, stört nur zu Beginn, man gewöhnt sich recht schnell daran. Der Big-Twin ist über alle Zweifel erhaben, pottet unauffällig aber mit Nachruck vor sich hin und man fühlt wich mit ihm immer souverän. Auch der Verbrauch ist moderat, so lässt sich mit einer Tankfüllung fast 300 Kilometer weit fahren. Die Spritanzeige ist recht genau und sagt einem zuverlässig, wann man wieder tanken muss.
Es hat mich auch überrascht, wie gut sie sich auch bei zügigem Landstraßenfahren verhält. Man muss sie schon an den Hörnern nehmen und kräftig zupacken, man muss auch einfach ignorieren, dass sie über Bodenwellen in Schräglage vorne zappelig wird, aber der lange Nachlauf holt sich immer in die Spur zurück. Sicher ist das nicht die Art, wie ich sie bewegt habe nicht zielgruppengerecht, aber als ich mit ihr in den spanischen Bergen eine Stunde lang mit einer Gruppe von Sportbikes mitfuhr, erntete ich stehende Ovationen, als wir zusammen an einer Tankstelle anhielten. Umso ärgerlicher fand ich es bei Regen, dass die Haftung der Bereifung bei Nässe schwer zu wünschen übrig lässt. Das Profil war nicht mehr ganz frisch, sicher steht ein Reifenwechsel an, aber sie schob viel zu früh über das Vorderrad und auch hinten keilte sie beim Gasanlegen viel zu früh aus. Ihr Metier ist aber ganz klar das Cruisen, in der spanischen Halbwüste war dies mit ihr ein majestätisches Erlebnis.
Die Packtaschen bieten zwar relativ viel Platz, mein Rucksack mit Computer und meinem alltäglichen Equipment passen in eine hinein. Dass der Bügel des Schlosses in den Packraum hineinragt ist aber keine gute Lösung, weil es das Beladen extrem erschwert. Auch sind die Packtaschin nur in eine Richtung wasserdicht: was reinregnet kommt nie wieder raus. So muss man die Sachen, die man in den Packtaschen mitführt, zuvor immer sorgsam in Plastiktüten verpacken, wenn man kein nasses Wunder erleben will.
Kilometerstand: 32.172, 09/2019
MOTORRAD-Redakteur Klaus Herder war kürzlich rund 2.350 Kilometer mit der Dauertest-Harley-Davidson Heritage 114 unterwegs und gibt Rückmeldung.
Motor: Gefällt mir sehr gut, herrlich Druck aus dem Keller, immer zwischen 1.800 und 3.000/min (Autobahnrichtgeschwindigkeit) ruckel- und zuckelfrei fahrbar, mehr Umdrehungen braucht’s nicht zum Grinsen. Und im Unterschied zum Kollegen Heinrich Lingner finde ich Gasannahme und Kupplungsdosierbarkeit tadellos. Sound ebenfalls top – nicht prollig, aber beim Brauseöffnen markant kernig. Passt bereits im Serienzustand perfekt.
Getriebe: Was mich allerdings riesig nervt ist dieses Getriebe. Übersetzung völlig okay, aber die Geräuschentwicklung speziell beim Runterschalten (Ausrollen an der Ampel) ist grausam, der Kraftaufwand immens – ich hatte immer das Gefühl, ein Brett kaputttreten zu müssen. Ich fahre privat seit 1985 ununterbrochen HD, aber so etwas ist mir noch nicht vor die Füße gekommen. Soll vermutlich extra so sein wegen "Landmaschinen-Charme" oder ähnlichem. Dazu nur so viel: Mein Porsche Junior Diesel-Traktor von 1962 lässt sich deutlich leiser und smoother schalten! Wenn das Serienstand ist, wäre es allein Grund genug, dieses Motorrad NICHT zu kaufen.

Fahrwerk: Ich mag die Softail-Rahmen eigentlich nicht (sehen einfach nicht gut aus), ich bin bekennender Dyna-Fan. Aber ich muss neidlos anerkennen, dass man mit dem neuen Fahrwerk munter, stabil und äußerst komfortabel über derbe (Autobahn-)Verwerfungen (z. B. A81, Neuenstadt-Möckmühl) bügeln kann, bei denen meine Dynas (aktuell Low Rider S von 2016) schon die weiße Flagge gehisst hätten. Die Bremsen sind, nun ja, vorhanden. Für fast 25 Mille wäre eine Doppelscheibe meines Erachtens aber nicht zu viel verlangt.
Sonstiges: Die Sitzbank ist saubequem. 800 Kilometer am Stück waren für mich Ü90-Kilo-Mann ohne Gesäßbeschwerden locker machbar. Und obwohl ich sonst auch keine Trittbretter mag: Diese sind prima – hoch genug, damit es erst spät kratzt, breit und lang genug, um die Beinstellung auf langen Touren variieren zu können.
Die Bedienung der Blinker ist narrensicher und auch mit ultrawurstigen Handschuhen locker machbar, nur schade, dass die Mini-Kontrolllampen außerhalb des Sichtfelds liegen und die automatische Blinker-Rückstellung für meinen Geschmack viel zu früh eingreift. Das Scrollen durchs Menü, das Einstellen der Uhrzeit und das Nullen des Tageskilometerzählers sind sogar für einen Computer-Honk wie mich kinderleicht. Und die Bedienung der Zusatzscheinwerfer ist genial einfach.
Die Reichweitenanzeige meldet viel zu früh Ebbe im Tank. Selbst nach 15 Kilometern mit LOW-Anzeige (die im Anschluss an die Restreichweite angezeigt wird und normalerweise etwas Panik verursacht) passten nicht mehr als knapp 16 Liter rein, macht drei Liter (also rund 50 Kilometer) Rest, der nicht genutzt wird.
Die Windschutzscheibe ist – je nach Körpergröße und Helm – nicht optimal. Mit 185 Körpergröße und dem Arai Profile war ich heftigen Verwirbelungen ausgesetzt. Da machen Tempi über 140 km/h keinen Spaß, obwohl der Motor völlig entspannt deutlich mehr bringen könnte. Helmwechsel auf den Schuberth C3 pro: ohne Ohrstöpsel leiser als Arai mit; und einigermaßen wackelfrei bis 150 km/h fahrbar.Trotzdem: Entweder eine anständige Verkleidung wie bei den Tourern. Oder gar keine. Dieses Heritage-Gedöns taugt bestenfalls für schmale Sitzzwerge.
Und die Packtaschen kann sich HD ebenfalls sparen. Schlimm genug, dass da kaum etwas reinpasst. Noch schlimmer aber, dass der Verschlussbügel so groß und mittig angebracht ist, dass sogar das Reinstopfen von Weichgepäck ziemlich mühsam ist.
Fazit: Toller Motor, stabiles Fahrwerk. Die ganz große Begeisterung will bei mir als altem Harley-Fan und -Fahrer aber trotzdem nicht aufkommen. Bremsen, Getriebe, Scheibe, Mini-Taschen – da gibt’s einfach zu viele unausgegorene Details, die in keinem gesunden Verhältnis zum üppigen Kaufpreis stehen. Und etwas zu glatt und langweilig finde ich sie irgendwie auch. Nichts Halbes und nichts Ganzes. Meine Dyna Low Rider S kann objektiv womöglich weniger als die Heritage – zumindest in Sachen Fahrwerk. Aber unterm Strich würde ich sie in tausend kalten Wintern nicht eintauschen.
Kilometerstand: 27.900, 07/2019
Gastfahrer Heinrich Lingner, Testredakteur bei auto motor und sport, nahm mit der Harley einen 800-km-Wochenendtripp unter die Räder.
Puh, wo fängt man da an? Gut fand ich z.B. das komfortable Fahrwerk, nur kurze, heftige Unebenheiten schlagen durch, angesichts der recht kurzen Federwege ist das jedoch akzeptabel. Nachdem man sich an die Masse und die Dimensionen dieses Zweirads gewöhnt hat, ist auch das Handling ok. Jedenfalls sobald der Hobel rollt. Beim Rangieren und sehr langsamer Fahrt fand ich die Heritage vergleichsweise schwer kontrollierbar. Das liegt aber auch an der gewöhnungsbedürftigen Dosierbarkeit von Gas und Kupplung. Zudem könnte die Bremsanlage knackiger ansprechen.
Toll auch, mit Einschränkungen, der drehmomentgewaltige Motor. Und jetzt kommen die Einschränkungen: Die Leistungscharakteristik mit dem schnell und steil ansteigenden Drehmomentberg ist mir etwas zu heftig. Das Dosieren der Kraft am Hinterrad ist schwierig, kleine Gasbewegungen führen schon zu hartem Leistungseinsatz. Da finde ich meine 20 Jahre alte Vergaser-Harley harmonischer.
Über das Aussehen und den Style des Bikes will ich gar nicht viel sagen, nur so viel: Mir gefallen die alten Heritages mit Chrom und Weißwandreifen irgendwie besser, das hier ist mir ein wenig viel Show und Pseudo-Customizing. Für diese Heritage gilt, wie für einige andere aktuelle Harleys: Sie sieht aus wie ihre eigene Replika.

Als Reisemotorrad scheint mir diese Harley eher unterdurchschnittlich begabt. Der Windschutz ist bescheiden, hinter der Scheibe entstehen diverse Wirbelzonen, die in meinem Fall den Fahrtwind unangenehm gegen die Unterkante des Helms drücken. Das führt im Übrigen auch dazu, dass man bei Regen schon nach kurzer Zeit durchnässt ist, auch in dem Bereich, der eigentlich durch die Scheibe geschützt sein sollte.
Die Sitzposition ist bei meiner Größe (1,89) auf Dauer unbequem, der Kniewinkel ist nie richtige passend, egal, wo man die Stiefel aufs Trittbrett stemmt. Die Packtaschen sind schmal, so dass kaum was reinpasst, nicht wasserdicht und die sonstigen Unterbringungsmöglichkeiten für Gepäck kaum vorhanden.
Für ein so teures Motorrad macht die Instrumenteneinheit einen lieblosen Eindruck mit der schwarzen Plastikblende und den winzig kleinen Digitalanzeigen für Tankinhalt, Tageskilometer etc. und den sehr kleinen Kontrollleuchtlein.
Doch was mich am meisten gestört hat, ist das störrische Getriebe. Mechanisches Feedback find ich ja auch gut, aber das ist mir etwas zu viel davon. Zudem fand ich es schwierig, beim Ausrollen den Leerlauf zu treffen, das ist bei vielen anderen (alten und neuen) Motorrädern einfacher. Was mir bei der Ölkontrolle aufgefallen ist: Der Seitendeckel rechts ist lose.

Fazit nach rund 800 km? Irgendwie nicht meine Harley, eher so ein Eisdielen-Motorrad, das nur für kurze Ausflüge taugt. Wenn ich schon eine Harley fahre, sollte es entweder ein richtiger Toureneimer oder etwas Chopper-ähnliches sein.
Kilometerstand: 26.692, 06/2019
Redakteur Thorsten Dentges war an einem verlängerten Wochenende etwas 1.700 Kilometer mit der Harley unterwegs. Die Reise führte nach Mecklenburg-Vorpommern und Thürngen. Mit dabei war eine Minimal-Campingausrüstung und die wichtigsten Utensilien, um abends auszugehen: "Passte alles prima in die Koffer, die ihre Dichtigkeit (zum Glück) bei 37 Grad und Prallsonne nicht unter beweis stellen mussten. Die Koffer wirken eher minderwertig. Die Ergonomie zum Reisen überrascht mich immer wieder. Trotz Easy-Rider-Haltung für mich voll bequem, erster Tag 800 Kilometer mit nur kurzen Pausen kein Problem. Allerdings rutschen die Schuhe aufgrund mangelnden Grips auf den Trittbrettern ab Tempo 130 immer nach hinten durch den Fahrtwinddruck. Lag’s an meiner recht lockeren Boot-Cut-Bikerjeans? Die Reifen (Metzeler) haben eine gute Haftung und vermitteln in Kurven viel Sicherheit. Das Rangieren ist recht einfach wegen des engen Lenkeinschlags. Das Motorrad gefällt mir, prima Cruiser zum One-Man-Reisen mit höherem Landstraßenanteil, wirkte selbst auf den kleinsten Verbindungswegen durch die Seenplatte nicht überfordert oder zu fett."
Kilometerstand: 23.032, 05/2019

Online-Redakteur Uli Baumann entführte die Harley in mehreren Tagesausflügen über die Schwäbische Alb, den Schwarzwald und die Vogesen. Sein Resümee: Harley fahren ist anders. Man ist nie richtig schnell, erlebt aber dennoch eine wahnsinnige Fahrdynamik. Tempolimits werden dein Freund, denn auf der Heritage sind auch 50 oder 80 km/h ein Erlebnis und keine Spaßbremse. Die Metzeler Cruisetec-Reifen haben dem Dickschiff spürbar gut getan. Sie wirkt handlicher und der Grip ist immer ausreichend – auch auf feuchter Piste. Allerdings bringt der Vorderreifen auch ein spürbares, aber unbedenkliches Aufstellmoment beim Bremsen ins Spiel. Der V2 begeistert immer wieder mit seinem satten Punch aus dem Drehzahlkeller. Und liebe Harley-Tuner: On-Board ist der akustische Schlag auch völlig ausreichend – einen anderen Auspuff braucht es da wirklich nicht. Die Trittbretter sind mittlerweile genug abgeraspelt, dass es auch bei flotterer Gangart nur selten zum Fahrbahnkontakt kommt.

Das eindringende Wasser in die Koffer ist ein konstruktives Problem. In den Sacklöchern rund um die Schlösser bleibt das Wasser stehen und sickert so langsam durch die Schlossverschraubung in die Koffer. Etwas Silikon bei der Montage könnte hier Wunder bewirken.
Was wirklich fehlt: eine Schaltwippe! Ok, eine zweite Bremsscheibe vorn stünde auch auf meiner Wunschliste.
Kilometerstand: 20.684, 4/2019
Wieder Vorteil schlanke Koffer! Vollsperrung auf der A1. Kann easy mit der Heritage bis zum Stauanfang durchschlüpfen, Motorrad fährt relativ handlich und leichtfüßig, kein Vergleich zur schwerfälligen Road King, die ich gerade zwei Wochen durch Kuba gescheucht habe!
Kilometerstand: 20.326, 4/2019

Leben-Redakteur Thorsten Dentges: Mit der Harley über Ostern in den Norden, das ist der Plan. Aber erst mal Zwischenstopp in Mainz am Dom, der fehlte mir noch in meiner Sightseeing-Sammeliste. Als gemütliches Tourenmotorrad taugt die Heritage klasse, zwei Stunden sitzen kein Problem, Ergonomie mit leichtem Apehanger passt! Der Platz in den Koffern fällt aber bescheiden aus, ich bekomme kaum mein Joggingzeugs, Minimalsatz Kleidung und ein Paar Straßenschuhe unter. Vorteil des schlanken Gepäcks: Durchdrängeln im engen Mainzer Feierabendsverkehr ist kein Problem.
Nach Stauauflösung geht es bei freier Bahn mit Tempo 160 spurstabil weiter! Ich mag diese Harley!
Kilometerstand: 20.000, 04/2019

PS-Chef Uwe Seitz pendelt täglich mit dem Motorrad in die Redaktion. Mit der Harley knackte er jetzt die 20.000-km-Marke. Das etwas große Spiel im Kupplungszug wurde nachgestellt.
Kilometerstand: 19.384, 04/2019

MOTORRAD-Chef vom Dienst Matthias Ackermann hat mit der Heritage einen rund 500 Kilometer langen Tagesausflug mit Sozius ins Fränkische unternommen. Hier sein Fazit: Guter Federungskomfort, kräftiger Durchzug, direkte Gasannahme, schluckt erwartungsgemäß bei zügiger Fahrt recht viel. Der Sitzkomfort für den Fahrer kann gelobt werden, für den 1,90-Sozius ist es da auf Dauer schon (etwas) unbequemer, was immer wieder zu Pausen zwingt. Wer es sportlich angeht bringt permanent die Trittbretter mit dem Asphalt in Kontakt, bei höherer Geschwindigkeit muss man sehen dass die Füße auf den Trittbrettern bleiben.
Kilometerstand: 15.200, 12/2018
Nach der Herbstausfahrt, die den Dauertest-Fuhrpark in die Vogesen führte und auf der sich die Softail als durchaus mittelgebirgstauglich zeigte, war ein Reifenwechsel unumgänglich.

Immerhin 14.349 Kilometer hatte der Hinterreifen durchgehalten, der vordere wäre noch für einige Tausend gut gewesen. Jetzt steht sie auf Pirelli Night Dragon. Aber auch die italienischen Gummis können Sportbike-Fan Ralf Schneider nicht vom Schelten abhalten. Er wirft der Harley vor, dass sie ihm eine Art von Gelassenheit aufzudrücken versucht, die ihn rasend macht. Ein schönes Paradoxon. Beim Rest der Testmannschaft dagegen überwiegen die positiven Eindrücke bei Weitem. Vor allem der Komfort und die sehr gute Fahrbarkeit sorgen für lobende Worte im Fahrtenbuch.
Kilometerstand: 12.800, 10/2018

Gardasee im Herbst 2018. Unsere Dauertest-Harley Davidson Heritage fährt als Begleitfahrzeug mit auf eine Foto-Produktion. Pilot Rainer Froberg, seines Zeichens Trainings-Manager beim MOTORRAD Action Team lässt das 330 Kilo-Bike auf den Straßen rund um den Monte Bondone richtig fliegen. Die Straße von Dro zum Rifugio Viate ist eine Rennstrecke für Supersportler, Supermotos und starke Nakedbikes, für Harleys sicher nicht. Doch Rainer scheucht die Ami-Braut himmelwärts, dass die Trittbretter kratzen. Ihre Contenance muss sie dabei nicht verlieren. Auch nicht auf den schmalen Spaghetti-Sträßchen, die sich vom Rifugio über Garniga und Cimone nach Arco ziehen. Die Harley beweist einfach nur, dass sie für alle Situationen des Lebens taugt, wenn man sie kundig dirigiert und ihr eine Chance gibt. Der 94 PS-starke 114-Kubik-Inch Milwaukee-Eight-V2 drückt ab Leerlaufdrehzahl gewaltig, bei 3.000/min liegen üppige 155 Newtonmeter an. Das Handling ist, sobald die Harley in Bewegung ist, erstaunlich für einen solchen Koloss. Insgesamt hat die Reise mit der Heritage großen Spaß gemacht. Selbst die Autobahn-Etappen, dank bequemer Sitzbank und großem Windschild. Beim Gepäckmitnehmen muss sich dank Koffern und viel Platz auf der Soziusbank niemand einschränken. Vorsicht ist nur dann geboten, wenn die Straßen nass sind. Dann wollen die unmodernen Dunlop-Serienreifen keinen Grip mehr aufbauen. Fazit des Gardasee-Trips: die Heritage von 2018 ist Reisemaschine und Kurvenkönigin in einem. Erstaunlich aber wahr!
Kilometerstand: 9.924, 09/2018

MOTORRAD-Chefredakteur Michael Pfeiffer über die Dauertest-Harley: 800 Kilometer Harley an einem Tag, die längste Harley Tour in meinem Leben. Geht gut, weil gehobener Sitzkomfort, sehr gute Fedrung, angenehmer Motor mit viel Bumms von unten. Autobahn nach Köln und zurück um Ducati Deutschland zu besuchen, die waren amüsiert, aber nicht interessiert.
Die Rückfahrt war komplett im Regen, ganz guter Wetterschutz der Verkleidung, und 371 Kilometer mit 16,9 Liter gefahren. Nachteil: Sitzbank saugt sich voll mit Wasser durch die Nähte, Koffer sind nicht 100. % Wasserdicht. Siehe Bild.
Kilometerstand: 7.200, 08/2018

Schnell mal am Wochenende in die Heimat: Dafür gibt es im MOTORRAD-Dauertestfuhrpark geeignetere Fahrzeuge als die neue Heritage Classic. Aber manchmal geht es eben nicht anders, und so griff MOTORRAD-Autor Stefan Kaschel sich den 300-Kilo-Brocken mit knapp 1.900 Kubik, über 150 Newtonmetern Drehmoment und 94 PS für eine Express-Rutsche nach Ostwestfalen. 500 Kilometer hin, 500 zurück. Wenn es geht, ein bisschen zügig!
Und es geht, sogar nicht mal schlecht. Erstens, weil Kaschel die hohe und ganz praktisch mit einem Handgriff installierte Scheibe montierte, die auch auf der grünen Heritage-Harley für guten Windschutz sorgt. Und zweitens, weil die 1900er in ihrem mächtigen Spritfass so viel Treibstoff bunkert, dass ein Tankstopp pro Tour ausreicht. Jedenfalls dann, wenn der mächtige V2 so rund um die 3.000/min vor sich hinbollert und das Tempo sich so um die 140 bis 150 km/h einpendelt.
Wobei: Im Wortsinn einpendeln tut sie sich erst später, ab 150 Sachen kommt Bewegung in die Fuhre. Nicht angsteinflößend, aber doch latent, vor allem, wenn Längsrillen im Spiel sind. Ansonsten aber geht es durchaus fahrstabil und komfortabel zu, solange das zentrale Federbein keine gröberen Schläge wegstecken muss. Man attestiert dem dicken, chromglänzenden Ami-Dampfer erstaunlicherweise durchaus Kurven-Qualitäten, bis die Trittbretter kratzen. Und noch etwas fällt immer wieder auf: Die Heritage wird von allen gemocht – vor allem von denen, die sonst nichts mit Motorrädern am Hut haben. Selbst Kaschels Schwester Jutta, sonst jedes Wagemuts unverdächtig, fand die Harley auf Anhieb so sympathisch, dass sie unbedingt mal mitfahren wollte. Woran es fehlte, war ein zweiter Helm, worauf sich Papa Hartmut an seinen alten Klapphelm erinnerte, der seit Ewigkeiten im Keller vor sich hin schimmelte. Und so kam es zu einer nur für den Augenblick praktikablen Lösung. Die Schwester nahm des Fahrers Helm, der Fahrer den vom Vater – aber nicht, ohne Mutters gutes Seidentuch zwischenzulagern und so jeden direkten Kontakt zwischen Helmfutter und Haut (davon gibt es auf seinem Kopf jede Menge) zu vermeiden. Ergebnis: Die Nachbarn staunten, Schwester Jutta genoss die Ausfahrt und die Harley ist längst wieder in Stuttgart. Sie hat sich wacker geschlagen.
Kilometerstand: 6.059, 08/2018
Im Alltagsbetrieb mit kurzen Städtetripps hat sich die Heritage jetzt schon über 6.000 Kilometer auf die Uhr geschaufelt. Kollege Mike Schümann schätzt den Tempomaten und den Reisekomfort – allerdings nur bis Tempo 140. Lob gibt es auch für den kraftvollen Motor, die Bremse dürfte aber kräftiger sein.
Gast-Fahrer Hans-Jörg Götzl von Motor Klassik fühlt sich von der Harley an einen Vor-Kriegs-Bentley erinnert: ziemlich groß, ziemlich grün und ziemlich kräftig. Auch er ist vom Schub des V2 begeistert, nur "putzen" sei die Hölle.
Kilometerstand: 2.630, 6/2018

Bei 2.151 km rollt die Dauertest-Harley zur ersten Inspektion, in deren Rahmen es neues Öl plus Filter gibt. Kostenpunkt für die Erstinspektion: 353 Euro. Direkt im Anschluss ging es mit dem Kollegen Baumann auf eine Tour in den Odenwald. Der wollte die Harley unbedingt mal fahren, schauen, ob sich der Mythos Harley erleben lässt. Er kann es. Das Leben auf der Hertiage spielt sich zwischen 1.500 und 2.000/min. ab. Komforttempo 95 km/h. Der V2 bietet satten Bumms, der Klang begeistert bei jedem Gasstoß, ohne aufdringlich (für Fahrer und Umwelt) zu sein. Entschleunigung stellt sich ganz automatisch ein, auch wenn die Hertiage bei Bedarf ganz ordentlich antreten kann. Die Einzelscheibe vorn kämpft dann allerdings mit der Gesamtmasse, die hintere springt aber rettend bei. Schräglagenfreiheit – kein Problem, wenn man nicht vergisst, dass man Harley fährt. Nervig ist nur der Windschild – er verursacht unheimliche Turbulenzen (1,90 Meter großer Fahrer). So gar nicht zum Konzept passen wollen die LED-Scheinwerfer.
Unterirdisch der Soziuskomfort. Die beste Beifahrerin der Welt wollte bereits nach einer Stunde die Mitfahrt beenden. Ungünstige Fußrastenposition, viel zu weiches Sitzbrötchen und immer das Gefühl nach hinten abzuschmieren.
Kilometerstand: 1.260, 06/2018

Die ersten Erfahrungen von MOTORRAD-Praktikant Ferdinand Heinrich mit einer Harley waren nach seinen eigenen Aussagen zunächst sehr gewöhnungsbedürftig: Ein schwerer Brocken! Solange sie rollt, lässt sie sich aber relativ unkompliziert bewegen. Genau wie die Sitzposition braucht es etwas Eingewöhnungszeit, um mit der Harley klar zu kommen. Der fette Motor macht aber Spaß, genauso wie jeder Gangwechsel. Das ist richtiger Maschinenbau und Schwermetall! Das lässt dich die Harley auch konsequent spüren. Positiv: Der Serienauspuff ist sehr präsent, aber weit entfernt von prollig-laut. Am meisten Spaß macht die Heritage auf Landstraßen und freier Autobahn.
Im Stau und im Stadtverkehr ist es dafür umso anstrengender. Die Angst vor einem peinlichen Umfaller wächst mit abnehmender Geschwindigkeit. Zumal es im Stau selbst bei kühlen Temperaturen schnell warm wird. Zum perfekten Tourer fehlen der Harley bessere Verzurrmöglichkeiten und eine höhere oder verstellbare Scheibe. Für mich (1,87 m) waren die Scheibe bzw. die resultierenden Verwirbelungen ab 110 km/h nicht unbedingt komfortabel, auch in geduckter Haltung.
Kilometerstand: 500, 06/2018
Sie sieht aus wie ein rollendes Kulturerbe, und das ist sie auch. Die Heritage Classic 114 sendet eine Botschaft aus, die intuitiv jeder Passant versteht: klassische Formen und Proportionen. So wie damals in den 60ern … Daran ändert auch der kokett neu modische LED-Scheinwerfer vor nichts. Ihn flankieren noch zwei seitliche Zusatzscheinwerfer. Das versteckt liegende Zentral-Federbein in dem für 2018 komplett renovierten Fahrwerk sieht man ja ohnehin nicht. Ein echtes Erlebnis bietet das Herzstück, der 114-Kubik-inch-V2. Macht im metrischen System 1.868 Kubikzentimeter, 1,86 Liter. Uff.
Hier trifft langer Hub (114,3 Millimeter) auf niedrige Drehzahlen, große Schwungmasse auf überraschend-angenehme Gasannahme – direkt und doch schön weich. Ergibt alles zusammen ein feistes Fahrerlebnis. Im Drehzahlbereich zwischen 1.500 und 3.000 Touren gibt es wahrscheinlich nur wenig Motorrad-Motoren mit so viel Unterhaltungswert. Just bei 3.000 Umdrehungen sollen volle 155 Newtonmeter anstehen. Die Eingangsmessung wird es zeigen. So oder so, herrlicher Punch ist das! Da verzeiht man gern das zähe Ausdrehen jenseits der 4.000er-Marke, zumal der Motor ja gerade mal erst gut 500 Kilometer auf der Uhr hat. Volle 94 PS, man höre und staune, sollen bei 5.020 Touren anliegen.

Bei ersten Autobahnfahrten hätte die im unteren Bereich abgedunkelte Scheibe ruhig etwas mehr Windschutz bieten dürfen. Die Harley-Tourer schirmen besser ab. Und sie bremsen auch besser, mit Doppelscheibe vorn. Allerdings gibt es Electra Glide & Co. nicht mit dem fetten 114er-V2. Und mit einer zweiten Bremsscheibe wiederum käme die wunderbar verchromte Radnabe der Heritage Classic 114 nicht so prominent zur Geltung.