Mit der Diavel steigt Ducati in den Markt der Power-Cruiser ein. Erstaunlich: Das Macho Bike passt dennoch gut in die Produktpalette der Italiener.
Mit der Diavel steigt Ducati in den Markt der Power-Cruiser ein. Erstaunlich: Das Macho Bike passt dennoch gut in die Produktpalette der Italiener.
Steht die ganze Welt Kopf? Gerade erst hat man sich daran gewöhnt, dass BMW Superbikes baut und MZ Grand Prix fährt, da kommt der nächste Hammer aus Bologna: die Ducati Diavel. Ein Motorrad mit armdicken Krümmern, fettem Hinterreifen und dem Radstand einer K 1300 R. Nicht gerade das, was man sich unter italienischem Motorradbau vorstellt - auch wenn die gebürsteten Alu-Lufteinlässe, vor allem aber die edlen Kohlefaserteile und die leichten Schmiederäder an der Carbon-Version (3000 Euro Aufpreis) durchaus einer Ducati würdig sind. Das gilt auch für das Fahrwerk.
Die mächtige 50er-Marzocchi-Gabel ist ebenso wie das liegende Sachs-Federbein voll einstellbar, edle Brembo-Monoblocs sorgen in Verbindung mit 320er Scheiben und Radialpumpe für sportliche Verzögerung. Das serienmäßige, abschaltbare ABS stammt aus der Multistrada 1200 - genau wie der Motor. Dieser wurde für das Männerbike neu abgestimmt: Ducati verpasste dem 1198 Kubikzentimeter großen Testastretta einen anderen Auspuff und eine größere Airbox und steigerte die Leistung so auf 162 PS. Mehr als genug Dampf, um die mit trocken 210 Kilogramm erstaunlich leichte Diavel vorwärts zu schnalzen.
Auf elektronischer Seite stehen drei Fahrmodi zur Auswahl: Ein Sport-Modus mit voller Leistung, direktem Ansprechverhalten und spät regelnder Traktionskontolle (Stufe 3 von 8), ein Touring-Modus mit weicher einsetzender Leistung und defensiverer Traktionskontrolle (Stufe 4) sowie der Urban-Modus, der nur 100 Pferdestärken aufruft und noch weniger Schlupf zulässt (TC Stufe 5).
Ebenfalls aus der Multistrada bekannt sind das E-Gas und der Transponder-Zündschlüssel, der während der Fahrt in der Hosentasche bleiben kann. Neben der eigenständigen Optik, eine Mischung aus Sportler, Naked- und Custom-Bike, stechen einige Detaillösungen der Diavel besonders hervor. Am auffälligsten ist das geteilte Cockpit: Das obere Display liefert Drehzahl, Geschwindigkeit und Uhrzeit, das untere protzt mit einer wahren Informationsflut und bietet zum ersten Mal im Motorradbau einen richtigen kleinen Farbmonitor.
Extravagantes gibt es auch für den Sozius: Die filigranen Fußrasten liegen versteckt unter dem Heck und werden mitsamt Träger ausgeklappt, der Haltegriff am Heck ist ebenfalls ausfahrbar. Auch der Pilot der Diavel sitzt ungewohnt. Schmaler Knieschluss, weit vorne, hoch angebrachte Rasten, dazu ein breiter, weit vom Fahrer entfernter Lenker. Nicht unbequem, aber, nun ja, eben ungewohnt. Der Auftritt des Testastrettas ist dagegen gewohnt souverän. Wie auch in der Multistrada und der 1198 schiebt das Triebwerk ab 2500/min brutal vorwärts und hängt kraftvoll am Gas. Erfreulicherweise fallen die Lastwechsel selbst im Sport-Modus sehr gering aus, was den Touring-Modus eigentlich überflüssig macht. Die Traktionskontrolle greift unter dem Druck des Zweizylinders am Kurvenausgang erstaunlich oft ein und verursacht fieses Ruckeln.
Das ABS regelt recht früh - dabei bräuchte es das gar nicht. Der Pirelli Diablo Rosso II bietet viel Grip und taugt auch für sportliche Bremsmanöver. Speziell für die Diavel entwickelte Pirelli einen 17-Zoll-Hinterreifen im Ultra-Breitformat 240/45. Eine gute Wahl! Auf Bodenwellen in Schräglage bleibt die Diavel völlig ruhig und stellt sich auch beim Bremsen nur leicht auf.
Dazu fällt der dicke Schlappen erstaunlich leicht in Schräglage, benötigt aber etwas Zug am Lenker, um auf Kurs zu bleiben. In Verbindung mit dem gut abgestimmten Fahrwerk und der erstaunlich großen Schräglagenfreiheit macht die Diavel so auch bei sportlichen Landstraßentouren richtig Spaß. Das stellt die Welt nun völlig auf den Kopf - das Powerding fährt tatsächlich sportlich und richtig cool.
PS-URTEIL:
Die Diavel fährt sportlicher, als es ihr Äußeres erwarten ließe. Besonders das Handling überrascht angesichts des 240er Hinterreifens. Der gepimpte Testastretta aus der Multistrada hängt weich und druckvoll am Gas, macht im mittleren Drehzahlbereich richtig Laune und passt perfekt zum Charakter der Italienerin. Wen dieses völlig neue Ding direkt an- spricht, bleibt abzuwarten.
Weitere Power-Bikes im Test: BMW S 1000 RR, Kawasaki ZZR 1400 und Yamaha Vmax
Technische Daten: Ducati Diavel
Antrieb: Zweiylinder-90-Grad-V-Motor, 4 Ventile/Zylinder, 119 kW (162 PS) bei 9500/min, 128 Nm bei 8000/min, 1198 cm3, Bohrung/Hub: 106,0/67,9 mm, Verdichtung: 11,5:1, Zünd-/Einspritzanlage, 64-mm-Drosselklappen, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsgang- Getriebe, Kette, G-Kat
Fahrwerk: Stahl-Gitterrohrrahmen, Lenkkopf-winkel: 62 Grad, Nachlauf: 120 mm, Radstand: 1590 mm, Ø Gabelinnenrohr: 50 mm, Federweg v./h.: 120/120 mm
Räder und Bremsen: Leichtmetall-/Guss-Schmiederäder 3.50 x 17“/8.00 x 17“, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 240/45 ZR 17, 320-mm-Doppelscheibenbremse mit radial angeschlagenen Vierkolben-Festsätteln vorn, 265-mm-Einzeischeibe mit Zweikolben- Schwimmsattel hinten
Gewicht: (trocken) 210 kg*, Tankinhalt: 17 Liter Super
Grundpreis: ab 16690 Euro (zzgl. NK)