Unter der Ägide des chinesischen QJ-Konzerns tritt die Benelli TRK 502 mit selbstkonstruiertem Zweizylinder, dem weitere Modelle folgen sollen, an, um Marktanteile zu erkämpfen. Im Test fordert sie die Honda CB 500 X heraus.
Unter der Ägide des chinesischen QJ-Konzerns tritt die Benelli TRK 502 mit selbstkonstruiertem Zweizylinder, dem weitere Modelle folgen sollen, an, um Marktanteile zu erkämpfen. Im Test fordert sie die Honda CB 500 X heraus.
Es tut sich was im Reich der A2-tauglichen Bikes. Benelli drängt unter chinesischer Führung mit der TRK 502 in dieses Segment. Das Rezept: 500er-Reihenzweizylinder, Komfort verheißend lange Federwege, dazu eine entspannte Sitzposition plus Verkleidung. Exakt derselben Zutaten bedient sich Honda bei der CB 500 X. Auf dem Papier stehen beide also ziemlich dicht beisammen. Wie sie da friedlich nebeneinander auf ihren Seitenständern lümmeln, tun sich aber rasch deutliche Unterschiede auf.
Eine richtig stattliche Erscheinung ist die Benelli, mit üppiger, reiseenduresker Verkleidung und Entenschnabel. Die Honda tritt zierlicher, kompakter auf. Ein Eindruck, den die Sitzprobe unterstreicht.
Mächtig viel Motorrad hat der Benelli-Pilot vor und um sich. Er ruht regelrecht im Motorrad, gebettet wie in einen Fernsehsessel. Aufrecht, die Beine weit vorne auf den Rasten platziert. Entspannt, aber etwas auf Distanz zum Vorderrad. Der Honda-Pilot sitzt bei gleich niedriger Sitzhöhe von 800 mm eher auf seiner Maschine. Versammelt, mit sportlichem Pfiff, deutlich aktiver und mehr Richtung Vorderrad orientiert, mit stärker angewinkelten Knien. Der schön schmale Tank ermöglicht dazu innigeren Kontakt zur Maschine.
Das Starten selbst nach unwirtlichen Nächten bereitet keiner von beiden Probleme. Die Honda nimmt noch etwas spontaner und williger mit niedrigerem Standgas die Arbeit auf. Anfahren geht dank leicht dosierbarer Kupplungen kinderleicht. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Test-Benelli dieselbe ist, die durch den Top-Test ging (Ausgabe 23/2017) und die Strapazen von einigen Tausend Testkilometern hinter sich hatte. Deshalb kam sie der Fairness halber frisch inspiziert zu diesem Test, mit neuen Belägen für Kupplung und die frisch entlüftete Bremse.
Beide absolvieren Stadttempo im sechsten Gang klaglos, wobei der Honda-Twin noch etwas niedrigere Drehzahlen akzeptiert. Legt der Benelli-Twin zumindest bis hin zu mittleren Drehzahlen eine ordentliche Laufkultur an den Tag, läuft der Honda-Motor noch eine Klasse geschmeidiger. Vibrationen, mechanische Lebensäußerungen und das dank 180 Grad Hubzapfenversatz behaglich grummelnde Auspuffgeräusch sind wohltuend gedämpft. Selbst bei hohen Drehzahlen, bei denen der China-Twin harte Vibrationen durch Sitzbank und Rasten schickt. Insgesamt gibt sich der Honda-Zweier wohlerzogener und geschmeidiger.
Ein feiner Antrieb. Liefert eine Leistungskurve wie mit dem Lineal gezogen. Die wird zwar bis etwa 7000/min von der Benelli überflügelt. Doch dank nahezu unglaublicher 41 Kilogramm weniger Gewicht liegt die Honda in den Fahrleistungen praktisch gleichauf. Dazu wirkt sie in obersten Drehzahlen viel quirliger und dreht putzmunter bis zum Begrenzer, wo die TRK lustlos zu Ende dreht. Gasannahme und Lastwechsel meistern beide dagegen einträchtig gut.
Erstaunlich aber, dass sich das krasse Mehrgewicht der Benelli überhaupt nicht so klar im Handling niederschlägt. Sie lenkt durchaus willig ein, will aber mit führender Hand am Lenker in tiefere Schräglagen gebracht und gehalten werden.
Dennoch geht die Handlingwertung klar an die Honda. Gut 40 Kilogramm weniger und zehn Zentimeter kürzerer Radstand lassen die CB lockerer in Kurven fallen, beflissener die Schräglagen wechseln. Gänzlich neutral verfolgt zwar auch sie nicht ihre Linie, erfordert aber weniger Einsatz am Lenker.
Deutlich wird das, wenn Fahrbahnverwerfungen den Weg der beiden kreuzen. Dann kommt die Benelli spürbar stärker in Bewegung. Was auch an der unharmonischen Fahrwerksabstimmung liegt. Die nicht einstellbare Gabel ist besonders in der Zugstufe straff gedämpft, das Federbein eher soft abgestimmt. Ohne aber deshalb übermäßig Komfort zu spenden. Auf kurze Unebenheiten reagiert es unsensibel und stuckerig. Wesentlich harmonischer ausbalanciert tritt die Honda auf, Front und Heck arbeiten deutlich besser Hand in Hand. Das Federbein spricht auf kleine Unebenheiten feiner an, gibt sich auf kurzen harten Kanten aber ebenfalls recht zugeknöpft.
Dennoch wirkt die CB bei der Linienwahl entschlossener und direkter und damit dynamischer. Zumindest bei trockenen Straßen. Im Nassen hat die mit Pirelli Angel ST besohlte Benelli in Sachen Grip gegenüber der mit Dunlop Trailmax bereiften Honda klar die besseren Karten.
Auch bei schlechtem Wetter kann die Benelli einen Trumpf ausspielen: Ihre üppige Verkleidung schützt die Passagiere ausgezeichnet vor dem anstürmenden Fahrtwind, während die kleine Honda-Scheibe zwar verwirbelungsfreien, aber eher dezenten Windschutz bietet.
Wer nachts den Heimweg antreten muss, freut sich zudem über den ordentlichen Lichtkegel, den ihm der konventionelle Benelli-Scheinwerfer vors Vorderrad legt. Eher enttäuschend dagegen die Strahlkraft des Honda-LED-Lichts. Und 20 Liter Tankinhalt verhelfen der in China gebauten Italienerin dank moderatem Verbrauch von 3,9 Litern zu stattlichen 513 Kilometern Reichweite.
Und wird dennoch von der Honda überflügelt. Trotz des mit 17,3 Litern kleineren Tankvolumens. Sehr bescheidene 3,2 Liter genügen ihr für 100 Kilometer, was ihren Aktionsradius auf 541 Kilometer ausdehnt.
Beim Bremsen sollte die Benelli diese Scharte aber wieder auswetzen, schließlich führt sie eine imposante Doppelscheiben-anlage mit Vierkolben-Radialzangen am Vorderrad ins Feld, glänzt dazu mit ausgezeichneter Bremsstabilität. Und frisch gewartet liefert die Bremsanlage nun einen klaren Druckpunkt. Aber nach wie vor nur durchschnittliche Bremswege. Dazu ist das erste Ansprechen eher verhalten, und nach einigen Vollbremsungen neigte die Bremse trotz zweier 320er-Scheiben zum Fading. Viel hilft viel? Nicht in diesem Fall. Denn die Einzelscheibe mit simplem Doppelkolben-Schwimmsattel der Honda macht ihre Sache besser. Spontaneres, nicht bissiges Ansprechen, klarer Druckpunkt und kräftigere Verzögerung lassen diesen Punkt an die Honda gehen. Auch wenn das Hinterrad der Honda bei Vollbremsungen schon mal aus der Reihe tanzt und längst nicht so brav in der Spur bleibt wie bei der Benelli, deren ABS sich zudem abschalten lässt.
In Sachen Bremsstabilität geht der Punkt also an die Benelli, in Sachen Bremswirkung und Dosierung hat die Honda die Nase vorn.
Leichte Vorteile erarbeitet sich die TRK im Kapitel Ausstattung. Zwar kann keine von beiden mit einem Hauptständer dienen. Doch die Italienerin wartet mit USB-Steckdosen, Gepäckträger und Handprotektoren auf – wenngleich die bei einem Sturz mangels Alu-Kern bruchgefährdet sind. Überhaupt ist die Gepäckunterbringung auf dem schmalen Heck der Honda eingeschränkt, wie auch der Komfort für den Sozius, der auf der Benelli ein richtig entspanntes Plätzchen vorfindet. So macht die TRK 502 einiges richtig. Das ausgewogenere, harmonischere Motorrad aber ist die Honda, die den frechen Eindringling klar in die Schranken weist.
1. Honda CB 500 X
Die CB 500 X gefällt durch spielerische Beherrschbarkeit und Ausgewogenheit. Mit dem sparsamen, drehfreudigen wie durchzugsstarken Twin ist Honda dazu ein ausgezeichnetes Triebwerk gelungen. Der Aufpreis von rund 600 Euro ist nicht zuletzt aufgrund der sauberen Verarbeitung und Qualität der Oberflächen gut angelegt.
2. Benelli TRK 502
Die Benelli kann in einigen Kapiteln punkten. Bei Bremsstabilität und Licht ebenso wie bei Gepäckunterbringung, Windschutz und Reichweite. Dazu bietet sie ein üppiges Platzangebot für die Passagiere. In Sachen Finish, Fahrwerk und Balance sowie bei den Bremsen besteht aber noch Nachholbedarf.