Wer mit seiner Reiseenduro ernsthaft ins Gelände will, der muss sich bei den europäischen oder japanischen Herstellern umsehen – oder? CFMoto hat andere Pläne: Die Chinesen präsentieren ein hochbeiniges Adventure-Bike, angetrieben vom Reihenzweizylinder-Motor mit 799 Kubik – entwickelt von KTM. Mit 21-Zoll-Vorderrad, üppiger Serienausstattung und einem Einstiegspreis um 9.000 Euro dürfte die CFMoto 800 MT-X ab dem 2. Quartal 2025 eine äußerst verlockende neue Option für Enduro-Abenteurer werden.
Neue CFMoto 800 MT-X mit Motor-Technik von KTM
Obwohl CFMoto keine Details zu Gleichteilen mit dem im selben Werk gefertigten KTM-Motor preisgibt, ist die enge technische Verwandtschaft offensichtlich. 95 PS (70 kW) und 87 Nm entsprechen exakt dem Output des KTM-Typs LC8c (790), auch Bohrung und Hub sind mit 88,0 x 65,7 mm identisch. Unterschiede gibt es bei den Ausgleichwellen sowie in der Peripherie, also bei Ansaugtrakt und Abgasanlage. Zudem setzen die Chinesen bei Motor-Elektronik, E-Gas und Fahrmodi auf eine eigene Abstimmung – im Fahrbetrieb durchaus spürbar, doch dazu später mehr.
Kampf-Preis um 9.000 Euro
Einen großen Unterschied gibt es hingegen beim Preis: Circa 9.000 Euro soll die CFMoto 800 MT-X zur Markteinführung in Deutschland im 2. Quartal 2025 kosten. Damit unterbietet sie den Listenpreis der KTM 790 Adventure – wohlgemerkt ohne teure Extras – um circa 3.000 Euro. Damit wird die neue Alternative von CFMoto selbst vor dem Hintergrund der aktuellen Krisenrabatte bei KTM ein sehr attraktives Angebot. Und das nicht nur nach Lage der Daten, wie wir bei einem ersten Fahr-Test auf Schotter, Schlamm und Asphalt herausfinden konnten.
Kräftiger Twin mit kernigem Bass
Kräftiger Antritt, linearer Durchzug, einfache Dosierbarkeit – motorisch spiegelt die CFMoto 800 MT-X wenig überraschend die Tugenden der verwandten KTM wider. Aus dem Gedächtnis heraus scheinen Gasgriffdrehungen bei KTM noch eine Idee spontaner und direkter umgesetzt zu werden. Akustisch untermalt von einem bassig-vollen Twin-Puls, der uns ohne direkten Vergleich etwas kerniger und satter erscheint als bei den Geschwistern in Orange – ohne mit übermäßigem Lärm zu nerven.
Leichte Vibrationen und ordentlicher Quickshifter
Auch die Laufkultur passt: Für besseren Halt auf den Fußrasten fuhren wir die CFMoto 800 MT-X ohne die herausnehmbaren Fußrastengummis. Leichte Vibrationen an den Stiefeln waren dadurch zwar wahrnehmbar, aber nie störend. Und die Schaltbox samt Quickshifter und Blipper macht ebenfalls einen ordentlichen ersten Eindruck – nur bei kupplungsfreien Gangwechseln vom ersten in den zweiten Gang hakelte es teilweise.
Motor-Schluckauf und Motor-Warnleuchte
Ein wenig Luft für Feinschliff vor der Markteinführung der CFMoto 800 MT-X bleibt bei der Motor-Elektronik: Unter Vollast bei niedrigen Drehzahlen leidet sie unter leicht ruckelndem Schluckauf, bevor sie ab etwa 3.000 Touren sauber und gleichmäßig durchzieht. Nach einigen schlammig-feuchten Kilometern im Gelände, inklusive Wasserdurchfahrten, leuchtete zudem bei einigen Testfahrzeugen die Motorkontrollleuchte auf – die Ursache blieb jedoch unklar, und es gab keine spürbaren Auswirkungen auf die Performance.
Sitzkomfort und Sitzhöhe
Ergonomisch macht die CFMoto 800 MT-X bereits jetzt einen ausgereiften Eindruck, sie passt bei einer Fahrergröße von 1,89 Meter richtig gut. Sitzend freut sich der Hintern über die ausreichend breite, komfortabel gepolsterte Sitzbank mit amtlichen 870 Millimeter Sitzhöhe. Kleineren Fahrern kommt entgegen, dass CFMoto auch eine um 4 Zentimeter niedrigere Variante in Kombination mit ebenfalls um 4 Zentimeter reduziertem Federweg anbieten wird. Der Kniewinkel bleibt trotz großer Schräglagenfreiheit angenehm entspannt.
Offroad-Fahren im Stehen
Die im KTM-Adventure-Stil seitlich heruntergezogenen Tankblasen der CFMoto 800 MT-X mit ingesamt 22,5 Liter Volumen lassen viel Platz für lange Beine. Und auch im Stehen überzeugt das Arrangement: ausreichend Bewegungsspielraum nach vorn für steile Auffahrten und gleichzeitig genügend Angriffsfläche am Tank zum sicheren Klemmen und Abstützen zwischen den Beinen, wenn es mal ruppig wird. Meckern auf hohem Niveau: Für großgewachsene Enduristen dürfte der Lenker noch eine Idee höher sein – im Originalzubehör finden sich passende Lenkererhöhungen als Abhilfe.
Enduro-Fahrwerk für Gelände und Straße
Besonders souverän und komplett präsentiert die CFMoto 800 MT-X sich in den Kategorien Handling und Fahrwerk. Egal ob Straße oder Schotter – ein minimaler Impuls am Lenker genügt, um die Chinesin präzise auf die gewünschte Linie zu dirigieren. Dabei bleibt sie stets neutral und reagiert berechenbar. Kippeligkeit, Kopflastigkeit oder Nervosität sind ihr fremd, allerdings wurde bedingungslose Agilität und Wendigkeit zugunsten einer äußerst spurstabilen Auslegung geopfert. Mit welcher das überraschend feinfühlig ansprechende, voll einstellbare Fahrwerk von Kayaba (KYB) an Front und Heck hervorragend harmoniert.
Trotz direkt angelenktem Zentralfederbein bügelt die 800er mit ihren 220 Kilogramm Gewicht (Werksangabe, vollgetankt) unbeeindruckt über tiefe Rillen und Geröll, schlägt nie durch und schaukelt sich nicht auf. Gleichzeitig kommt genügend Rückmeldung vom Untergrund in Griffen und Rasten an – ein rundes Gesamtpaket, das man sonst eher von Highend-Fahrwerken erwarten würde. Außerdem schön: Sämtliche Einstellschrauben sind gut erreichbar.
Bremsanlage von J. Juan mit ABS von Bosch
J. Juan liefert für die CFMoto 800 MT-X die 320-Millimeter-Doppelscheibenbremse vorn mit radial angeschraubten Sätteln und einstellbaren Hebeln, am Heck verzögert ein Schwimmsattel mit 260-Millimeter-Scheibe. Der Initialbiss geht in Ordnung, Progression und Wirkung dürften für sportliche Gangart noch etwas ausgeprägter sein. Ungewolltem Haftungsverlust wirken Assistenzsysteme von Bosch entgegen: Dank 6-Achsen-IMU sind schräglagensensitives ABS und Traktionskontrolle an Bord.
Beides funktionierte beim ersten Eindruck zuverlässig. Im Gelände lässt der Offroad-Modus vorn genügend Schlupf zu, um effektiv verzögern zu können, hinten lässt das ABS sich deaktivieren. Im Standard-Modus auf der Straße dürften die Eingriffe noch etwas feiner sein. Zu beherztes Gas-Aufziehen fängt die Traktionskontrolle ein.
Enduro-Reifen von CST
Die Wahl der Erstbereifung für die CFMoto 800 MT-X erwies sich mit Blick auf das Offroad-Potenzial als unglücklich. Auf der oft losen, schlammigen Testrunde stieß das aufgezogene Profil des CST Ride Ambro A4 in den Dimensionen 90/90-21 vorn und 150/70 R 18 hinten schnell an seine Grenzen. Festgefahrener, trockener Untergrund und Asphalt gingen hingegen gut, Abstecher auf Feld- und Waldwege stellten bei gemächlicher Gangart kein Problem dar. Wer jedoch die 230 Millimeter Federweg und 240 Millimeter Bodenfreiheit im Gelände voll ausschöpfen möchte, sollte sich nach aggressiveren Stollen umsehen.
Top-Ausstattung für die CFMoto 800 MT-X
Umschauen sollte sich mit Blick auf die Ausstattung der CFMoto 800 MT-X auch die Konkurrenz: Tempomat, Lenkungsdämpfer, einhändig höhenvariabler Windschild, digitale Reifendruckanzeige, USB-Typ-C- und Typ-A-Ladebuchse, vertikales 7-Zoll-HD-Display mit Connectivity samt App und Google-Navigation – die Liste der Features ist gemessen am aufgerufenen Preis erstaunlich lang, und die Umsetzung erscheint hochwertig. Lediglich Griffheizung vermissen wir – auch im Zubehörkatalog. Der bietet dafür massig weitere Upgrades wie heizbare Sitzbank, Schutzbügel, 8-Liter-Zusatztank, Scheinwerfer- und Radiatorschutzgitter, größere Offroad-Fußrasten und Gepäcksysteme. Preise für die Extras stehen noch nicht fest.