Enduro Vergleich

Enduro Vergleich Off Limits

Enduros ermöglichen Motorrad-Spiele ohne Grenzen. Besonders die Klasse der Super-Enduros, deren beste Vertreter MOTORRAD im Vergleich präsentiert: BMW R 80 G/S, Honda XLV 750 R, Kawasaki KLAR 600, KTM 600 GS und Yamaha XT 600 Ténéré.

Off Limits Bild: Archiv

Längst gehören die Zeiten der Vergangenheit an, da im Endurobau noch Größen wie 500 Kubikzentimeter Hubraum, 35 Pferdestärken und zirka drei Zentner Lebendgewicht als oberstes Maß der Dinge galten. Mittlerweile hat sich die technische Revolution der grünen Welle in jeder Hinsicht verselbständigt. So spaltet sich die Oberklasse des Off Road-Jahrgangs 1984 in zwei Lager. Dem Hang zur Größe folgend, leistet sich BMW mit der R 80 G/S seit 1981 das bis dato hubraumstärkste Spielmobil dieser Kategorie. Erst durch die Bajuwaren auf die noch klaffende Lücke in ihrem sonst all umfassenden Modellprogramm aufmerksam gemacht, schob Zweirad-Goliath Honda nach einigen mißglückten Gehversuchen Anno 1983 die betont kriegerisch im Paris-Dakar-Trimm aufgemachte XLV 750 R nach. Diese beiden, für Enduro-Belange relativ schwergewichtigen, weil zweizylindrigen Vertreter interpretieren den dualen Einsatzzweck auf ihre Art und Weise. Bauartbedingt verstehen sie sich als komfortable Reisemobile mit gelindem Off Road-Zuschlag.

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MOTORRAD präsentiert die Klasse der Super-Enduros im Vergleich.

Deutliche Verwandtschaft zu den Sandkastenrennern, die alljährlich beim Wüstenspektakel der Rallye Paris-Dakar um Rang und Ehre fighten, signalisieren die KTM 600 GS und die XT 600 Ténéré von Yamaha. Bepackt mit um die 30 Liter fassenden Benzin-Behältnissen, kommen die Eintöpfe je nach Gasstellung auf bis zu 600 Kilometer Reichweite. Ohne Sack und Pack, dafür aber mit kühlendem Wasser um den Viertaktzylinder, kommt die neueste Kawasaki·Kreation KLR 600 daher. Ihr Motor ist zweifelsohne die aufwendigste Konstruktion des Fünfer-Vergleichs. Eine Ausgleichswelle, wie sie im Motorgehäuse von KTM und Yamaha installiert ist, genügte den Kawasaki-Machern nicht, um die Vibrationen des 564 cm³ großen Vierventil-Monos wirksam einzudämmen. Gleich zwei kettengetriebene Balancer beruhigen das Eigenleben des Kawasaki-Trieblings. Damit die Kickstart-Aktionen zur leichten Übung werden, sorgt ein automatisches Dekompressionssystem an der rechten Auslaßnocke für dementsprechende Verdichtungsreduzierung beim Antreten. Wird der Starter aber ganz durchgetreten, kommt es zu schmerzlichem Kontakt zwischen Fahrerfuß und Raste.

Motor und Fahrverhalten

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Das Naturwunder: BMW R 80 G/S.

Auch die XT600 verfügt über eine Starthilfe, die jedoch per Kickstarter mittels Bowdenzug aktiviert wird. Muskelkraft ist dagegen gefragt, geht's drum, die KTM in Gang zu bringen. In heißem Zustand springt der Motor überdies äußerst schlecht an. Im MOTORRAD· Betrieb war die KTM jedenfalls der meistgeschobene Vertreter des Vergleichstests . Erleichterung hingegen kommt beim Start von BMW und Honda auf. Ein simpler Knopfdruck genügt, um die Boliden per Elektrostarter in Gang zu setzen. Diese Disziplin beherrscht die R 80 GIS sowohl im heißen Zustand als auch bei Minusgraden, während der XLV Unterkühlung deutlich zu schaffen macht. Sie läuft kurzzeitig nur auf einem Topf und nimmt trotz gezogenem Choke. erst nach ein paar Minuten willig Gas an. Der vom wassergekühlten USA-Chopper abgeleitete, fahrtwindgekühlte 45-Grad-V-Motor, in dessen Zylinderköpfen je zwei Ein- und ein Auslassventil mit servicefreundlichem Spielausgleich installiert sind, produziert zum Ausgleich, dank versetzter Hubzapfen, kaum Vibrationen. Der BMW kommt das Boxer-Prinzip zugute, das bauartbedingt für ordentlichen Massenausgleich sorgt. Ihre Domäne liegt darüber hinaus im bulligen Durchzug ab Leerlaufdrehzahl, wogegen der laut klappernde Ventiltrieb bei 6000/min zum Gangwechsel mahnt. Die Eintöpfe
von Kawasaki, KTM und Yamaha sowie die XLV setzen dagegen erst ab 2000/min verwertbare Leistung frei. Unter dieser Drehzahl bekunden die Antriebe beim Gasgeben ihren Unmut durch unangenehmes Poltern und Ruckeln. Pudelwohl fühlen sie sich indes, werden höhere Touren angesteuert. Lediglich die Ténéré wirkt im oberen Drehzahlbereich etwas träge.

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Wasser schadet nicht: Kawasaki KLR 600.

Der Vorwärtsdrang, den die drei Einzylinder mobilisieren, reicht aber durchaus, um der Honda und der BMW die Stirn zu bieten. So absolviert beispielsweise die KLR 600 den Sprint von null bis 100 km/h in sechs Sekunden. Freilich sind die beiden Zweizylinder in der Endgeschwindigkeit deutlich schneller. Der XLV gebührt mit 163 km/h im Vergleich das Blaue Band der Schnellsten. Auf kurvigen Landstraßen aber macht sich das niedrigere Gewicht der wendigen Singles bemerkbar. Insbesondere die fettleibige, vollgetankt 220 Kilogramm schwere Honda hat ihre liebe Not, der Konkurrenz auf den Fersen zu bleiben. Der hoch bauende V-Motor treibt nämlich den Schwerpunkt handlingfeindlich nach oben, was sich besonders auf langsamen Streckenabschnitten negativ bemerkbar macht. Zudem gilt es, 66 Kilogramm Mehrgewicht gegenüber der Kawasaki zu beschleunigen. Leichter hat es da schon das Bayern-Produkt. Der Boxer wetzt behende um enge Kehren, läßt sich willig aus voller Schräglage in die andere Richtung schwenken und bleibt auch in schnell durchfahrenen Biegungen gelassen, vorausgesetzt, Zwitterreifen wie der Metzeler Enduro oder der Michelin T 61 sind aufgezogen. Denn alternativ angebotene Grobstollengummis bieten zu wenig Aufstandsfläche, um bei der Kurvenhatzausreichenden Griff zu garantieren.

Getriebe und Bremsen

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Wie auf Schienen: Yamaha XT 600 Ténéré.

Trotzdem sollten BMW-Treiber ihre Gashand im Zaum halten. Beim ruckartigen Beschleunigen verhärtet sich die kardangetriebene Hinterhand blitzartig, das Fahrzeugheck hebt sich über den gesamten Negativfederweg aus und bringt in Kurven Unruhe ins Fahrwerk. Bedeutend besser, jedoch auch nicht reaktionsfrei, beherrscht die ebenfalls per Gelenkwelle angetriebene XLV diese Übung. Die lange Schwinge macht's möglich. Zudem beherrschen beide Mammut-Enduros den Geradeauslauf im Hochgeschwindigkeitsbereich nur etwas unsicher. Die XLV läßt sich beispielsweise durch Fahrbahn-Längsfugen nachhaltig aus der Ruhe bringen, und auch der Bayern-Boxer fährt Schlangenlinien, wird der Lenker nicht äußerst sensibel angefaßt. Den durchweg zehn km/h langsameren Eintöpfen sind diese Unarten hingegen gänzlich fremd. Sie sind auch nicht zum flanieren auf schnurgerader Straße gebaut. Ihre Qualitäten offenbaren sich, sind herzhafte Räubereien auf Landstraßen letzter Ordnung angesagt. Hier wiederum hat das Kawasaki-Technokrad die Nase vorn. Mit nominell 42 PS ist sie zwar der schwächste der einzylindrigen Bewerber, sie entpuppt sich in der Praxis aber als flotter Sprinter, stellt in puncto Durchzug KTM und Yamaha in den Schatten und rennt überdies fast 150 Stundenkilometer schnell. Kaum schlechter ist die KTM in Form. Ihr Antrieb ist indes noch ein Quentchen drehzahlfreudiger, während die Stärke der XT 600 die angenehm gleichmäßige Kraftentfaltung ist. Natürlich laufen die großen Mono etwas rauer als die Zweizylinder von BMW und Honda, doch auch die Eintopf-Chauffeure bleiben weitgehend von kribbelnden Fingerspitzen verschont. Kaum Unterschiede gibt es auch bei den Schaltzentralen von Kawasaki, KTM und Yamaha. Sie lassen sich allesamt über ausreichend kurze Wege zwar etwas hart, aber exakt bedienen und verrichten ihren Job auch dann noch klaglos, wenn auf die Zuhilfenahme der Kupplung verzichtet wird.

Über allen Gipfeln: KTM 600 GS.

Die Schaltboxen der BMW R80 G/S und Honda XLV dagegen funktionieren nur ordentlich, wenn sie exakt und gefühlvoll bedient werden. Nachlässige oder allzu hektische Gangwechsel quittieren sie hingegen mit hakenden oder gar herausspringenden Gängen. Darüber hinaus signalisiert die Fünfer Box der XLV auf akustischem Weg, wenn ein Zahnradpaar zueinandergefunden hat. Ein dunkles Kapitel eröffnet sich auch, geht's darum, die immerhin 163 km/h schnelle Honda XLV zum Stillstand zu bringen. Die Scheibenbremse im 21 zölligen Vorderrad liefert auch bei noch so nachdrücklicher Betätigung nicht genügend Verzögerung. Zudem dehnt sich der etwas lang ausgefallene Hydraulikschlauch stark aus, was zur Folge hat, daß am Bedienungshebel der exakte Druckpunkt verloren geht. Greift der XLV-Lenker in seiner Verzweiflung verstärkt auf den Stopper im Hinterrad zurück, erwartet ihn eine weitere Enttäuschung.Mangels Dosierbarkeit verzögert die Trommel in der Anfangsphase gar nicht, packt dann aber plötzlich zu und blockiert das Rad. Bei gleichzeitigem Herunterschalten führt dies trotz der hochgepriesenen Anti-Hopping-Clutch zu Hinterradstempeln. Bestnoten bei der Bewertung der Bremsen fährt dagegen der Bayern-Boxer ein. Er hat eher mit seiner labilen Gabelklemmung zu kämpfen. Bei scharfem Einsatz mit der exakt zu dosierenden Brembo-Anlage verwinden sich die Holme, der Lenker zieht nach links, der Pilot dagegen. Auch der Kawasaki-Treiber muß sich an hartes Zupacken gewöhnen, soll die Vorderbremse ausreichend verzögern.

Fazit

Ar
Tank in luftiger Höhe: Honda XLV 750 R.

So ergibt sich folgende Zuordnung: Wer überwiegend im Gelände umhertollt, ist mit der KTM 600 GS bestens bedient. Mit ihren langen Federwegen hält nur sie den Strapazen des Off Road-Betriebs auf Dauer stand. Die Kawasaki KLR 600 und die Yamaha XT 600 Ténéré gelten als wieselflinke Kurvenwetzer mit Abenteuer Draufgabe gratis. Für die BMW R 80 G/S sprechen die Tourentauglichkeit, in Verbindung mit guten Handlingeigenschaften , und die Wartungsfreundlichkeit.

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Moderner Fünfkampf: Vergleichskandidaten in Aktion.

Die XLV 750 R von Honda entpuppt sich hingegen als Blender. Sie ist fürs Gelände zu übergewichtig und zu unhandlich, darüber hinaus fehlt ihr zum Touren der nötige Stauraum, da der zerklüftete Tank die Mitnahme eines Rucksacks verbietet. In ihrer eindrucksvollen Aufmachung passt sie am besten im Sommer vor ein gut besetztes Straßencafé. Denn dort läßt sie ihren Konkurrenten nicht den Hauch einer Chance.

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