Im wirklichen Leben verdient Pit sein Geld mit richtigen Enduros. Als Husaberg-Händler bedient er Menschen, die für ihr staubiges Hobby nach leichten, handlichen und robusten Grobstöllern suchen. echte Enduros eben. Sein Traummotorrad dagegen hat mit den netten, flinken Grashüpfern nichts zu tun, im Gegenteil. Ein Schlachtschiff mit beängstigenden Ausmaßen ist es, bepackt mit riesigen Tanks und von 125 Pferden in Schlepp genommen, mit dem Ziel, endlose Wüsten und Pisten in Windeseile zu durchqueren.
Weil sich die Pisten und Dünen jedoch nur selten akkurat gebügelt präsentieren, schwebt das Monster auf schier endlosen Federwegen von 300 Millimetern daher. Als Bügelhilfe stehen vorn die Extreme-Gabel von White Power mit 50-Millimeter-Standrohren und hinten eine umgestrickte Husaberg-Schwinge mitsamt WP-Zentralfederbein bereit. Der Motor selbst steckt in einem UNO-Gitterrohrrahmen, der ursprünglich als Sportchassis konzipiert war und nach etlichen Modifikationen jetzt auch für Offroad-Tortouren taugt.
Damit sein Traumbike nicht aufgrund unnötiger Pfunde in den Dünen versandet, sparte Pit Gewicht an allen Ecken und Enden. Hochfeste Kohlefaserplatten, eines seiner Lieblingsmaterialien, halten die Schwinge, Verkleidung und Instrumente. Der verstärkte Rahmen trägt einen Hilfsunterzug, an den die überlebenswichtigen Wassertanks angeschraubt sind. Dass die Bodenfreiheit trotzdem ausreicht, liegt an der extrem hohen Platzierung des Suzuki TL 1000 S-Motors. Als Folge wuchs natürlich die gesamte Bau- und vor allem die Sitzhöhe.
Wenn 172 Zentimeter große Menschen den Sattel erklimmen, hat das schon was Artistisches - bei Nichtgelingen auch Peinliches. Also erinnern wir uns an den kleinwüchsigen Paris-Dakar-König Gaston Rahier und besteigen das Monster mit lässigem Schwung auf den Rasten stehend beim Anfahren. Besser ist das, denn im Stand oder Schritttempo hat der Spaß ein Loch. Was nicht nur an den Baumaßen, sondern auch am noch zu geringen Lenkeinschlag liegt. »Wird noch verbessert«, nickt der drahtige Enduro-Konstrukteur.
Sobald das Schiff Fahrt aufnimmt und der Pilot das Steuer übernimmt, kommt die Überraschung das Monster fährt. Je schneller, desto besser. Und schnell ist kein Thema. Der Suzuki-Twin malträtiert von Standgas weg die Stollen und drückt den Brocken gewaltig, aber sanft vorwärts, pflügt durch tiefen Sand, erklimmt Steilhänge mit links und macht lange Drifts zur kalkulierbaren Showeinlage. Mehr quer als vorwärts, doch ohne Hinterhältigkeiten. Was beweist, dass Pit für seiner Rallye-Version eine ziemlich geglückte Abstimmung von Fahrwerk, Geometrie und Gewichtsverteilung ausgetüftelt hat.
Nach der ersten Übungsstunde wagt man sich an Passagen, die man sich und der Suzuki so nicht zugetraut hätte. Knochentrockene Spurrillen über Steilhänge, tiefsandige, derb ondulierte Sandstrecken und löchrige Vollgaseinlagen über Schotterwege. »Trau dich«, grummelt dir der dicke Motor ins Ohr und reißt Mann und Maschine aus so manch auswegloser Situation. Mit jedem Kilometer wächst der Spaß, schwinden Misstrauen und Angst. Wo bitte schön gehts nach Dakar? Wieso heute nicht mehr? Ach so, für heute ist Schluss. Aber morgen früh?
Möglich wäre der Afrika-Trip, denn Pit hat sein Wüstenmonster mit Brief und Siegel durch den TÜV legalisieren lassen. Mitsamt den Metzeler-Stollenreifen, der vollen Leistung, den ganzen Kohlefaserteilen und seiner Zwei-in-eins-Anlage. Wenn also jemand glaubt, dass genug einfach nicht genügt, kann er sich bei Pit Karches seine Suzuki TL 1000 S umbauen lassen. Für 19396 Euro verwandelt er den Straßensportler zum Wüstenschiff. Na dann, gute Reise.
Fahrbericht VeXtreme : Pits Blitz
»Genug kann nie genügen«, sagte sich Enduro-Freak Hanspeter »Pit« Karches und konstruierte ein Gelände-Monster aus UNO-Gitterrohrfahrwerk und Suzuki-TL 1000-Twin. MOTORRAD pflügte damit die Erde um.