Nach dem ersten Versuchsballon auf der letztjährigen Intermot präsentiert KTM im September auf der Mailänder Messe die Rallye-Version der LC8.
Nach dem ersten Versuchsballon auf der letztjährigen Intermot präsentiert KTM im September auf der Mailänder Messe die Rallye-Version der LC8.
KTM-Vorstandsvorsitzender Stefan Pierer lässt sich von einer Woge des Erfolgs mitreißen: »In drei Jahren werden Sie uns im Straßenrennsport sehen.« Hoppla, wie das? In der Superbike-WM etwa? »Wenn man auf die Straße geht, muss man sich mit den Besten messen«, spricht der Manager, möchte bis dahin aber auf dem Teppich oder besser gesagt im Gelände bleiben. Nach einer 18-prozentigen Verkaufssteigerungsrate von 1999 auf 2000 schnellten die Verkaufszahlen nun gar um 40 Prozent nach oben. Im letzten Geschäftsjahr, das exakt zum Erstverkaufstag dieser MOTORRAD-Ausgabe endet, dürften rund 45000 Motorräder verkauft sein weltweit. Damit es noch steiler bergauf gehen möge, kommt nächstes Jahr endlich die im Hausgebrauch als LC8 bezeichnete neue Zweizylinder-KTM auf den Markt. Allerdings sieht die ganz anders aus als die »Konzeptstudie« (Pierer), die auf der letztjährigen Messe Intermot ausgestellt war. Und die viele Betrachter als zu designorientiert empfanden.
Was die KTM-Chefs schwer ins Grübeln gebracht hatte, war der Ausspruch eines Kunden: »Oh wie schön, die erinnert mich an die Starck-Aprilia.« Gemeint war die Einzylindermaschine Moto 6.5., nicht gerade ein Verkaufsrenner. Alles Einstampfen, befahl der Vorstand. Und Hausdesigner Gerald Kiska, als Chef von Kiska creative industries seit 1992 für das innovative Erscheinungsbild der KTM-Modelle verantwortlich, jagte seine Leute subito an die Computer, um eine schlankeres, sportlicheres und zweckorientiertes Kleid für den Zweizylinder zu schneidern. Und das sieht so aus wie die orange gefärbte Rallye 950 (oben rechts), mit der ein Werksteam unter den Fahrern Giovanni Sala und Fabrizio Meoni versuchen wird, bei der Rallye Paris-Dakar 2002 möglichst weit vorn ins Ziel zu kommen.
Diese Wettbewerbsversion mit Zusatztanks seitlich am Heck wird vom Motor und vom Fahrwerk her mit der späteren Serienmaschine weitgehend übereinstimmen. Allerdings bekommt die Adventure 950, die ab September 2002 produziert werden soll, zwei oben unterhalb des Hecks verlaufende Schalldämpfer, während die Zusatztanks natürlich wegfallen. Der wassergekühlte 75-Grad-V2 ist identisch mit dem Motor, der in MOTORRAD 24/2000 beschrieben wurde. Die Eckdaten zur Erinnerung: 102 PS bei 8000/min, 942 cm3 Hubraum, je zwei obenliegende, ketten- und zahnradgetriebene Nockenwellen, je vier Ventile, elektronische Einspritzung, Sechsganggetriebe. Was den Antrieb von den Konkurrenzmotoren unterscheidet, ist seine extrem schmale Bauweise und sein sehr niedriges Gewicht von 56 Kilogramm. Damit wird das Gewicht der LC8 fahrfertig unter 200 Kilogramm liegen. Im Wesentlichen wird auch das Fahrwerk aus Stahlrohr so ausschauen wie beim Ausstellungsmodell auf der Intermot.
Nach der Markteinführung der Adventure 950 soll es zügig weitergehen: 2003 wird die Straßenvariante namens Duke 950 folgen, bis zuletzt ein vollverkleideter, supersportlicher Zweizylinder die fernöstliche wie europäische Konkurrenz das Fürchten lehren möchte. »Wenn wir ein Straßenmotorrad bauen, muss man auch in den Rennsport gehen. Das erwarten die Kunden von uns«, gibt Stefan Pierer die Stoßrichtung vor.
Auch arbeiten die Ingenieure an der allmählich fälligen Renovierung des LC4-Einzylinders, die Kundschaft muss sich jedoch noch eine Weile gedulden. Jedenfalls wird es kein Doppelnockenmotor sein. Ebensowenig wird es in näherer Zukunft keine Motocross-Version des neuen Viertakters 250 EXC geben. »Warum sollten wir uns selbst Konkurrenz zu unserem erfolgreichen Zweitakter machen?« fragt Pierer. Oder fehlt es dem kleinen Viertakter etwa an Potenzial?
Angesichts des Erfolgs auf der ganzen Linie bei stagnierendem Motorradmarkt ist ein für KTM in der Vergangenheit wichtiges Thema, nämlich die Fusion mit einem anderen europäischen Hersteller, vom Tisch: »Wenn ich 40 Prozent wachse, warum sollte ich mich mit Ducati oder einer anderen Firma zusammentun?