Triumph Tiger 800 XCx und XRx im Fahrbericht
Technische Updates und nette Features

Die Triumph Tiger 800 war nach vier Jahren auf dem Markt zuletzt nicht mehr ganz up to date. Daher spendierte Triumph ihr nun eine technologische Nachrüstung in Form moderner Elektronik und hilfreicher Assistenzsysteme.

Technische Updates und nette Features
Foto: Triumph

Autoexperten kennen das Spielchen: Neue Modelle wecken Begierde und ködern auf Anhieb die meisten Kunden, allerdings muss mancher Käufer typische Anlaufschwierigkeiten der ersten Serie ausbaden. Kenner mit Geduld warten ein wenig bis zum ersten Facelift, wenn anfängliche Fehler und Schwachstellen ausgemerzt sind und der Hersteller ein paar Goodies spendiert, um den Verkauf anzukurbeln.

Kompletten Artikel kaufen
Triumph Tiger 800 XCx und XRx im Fahrbericht
Technische Updates und nette Features
Sie erhalten den kompletten Artikel (4 Seiten) als PDF
2,00 € | Jetzt kaufen

So betrachtet könnte jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen sein, bei der kleinen Triumph Tiger 800 zuzugreifen. Technische Updates und nette Features erhöhen die Attraktivität enorm. Gravierende technische Probleme machte der Triple ohnehin nicht. Selbst das nun auslaufende Modell war bis zuletzt ein wichtiges Standbein der Engländer am deutschen Markt. 2014 rangierte die kleine Tiger haus­intern mit knapp 850 verkauften Exemplaren (Januar bis Oktober) nur knapp hinter der Street Triple. Das jetzige Facelift soll den Verkauf weiter ankurbeln und die Wettbewerbs­fähigkeit gegenüber der stärker aufkommenden Konkurrenz sichern.

Traktionskontrolle, Motormappings, Tempomat

Optisch hat sich die Triumph Tiger 800 kaum verändert, zarte Retuschen am Plastikkleid ändern das gewohnte Erscheinungsbild nur wenig. Technisch gibt es hingegen größere Unterschiede. Das beginnt mit der nun elek­tronisch kontrollierten Betätigung der Drosselklappen statt der bisher mechanischen per Bowdenzug. Das Ride-by-Wire eröffnet neue Möglichkeiten bei Motorabstimmung und Assistenzsystemen. Variable Traktionskontrolle, verschiedene Motormappings, Tempomat: alles kein Problem und nun bei den teureren x-Versionen serienmäßig an Bord.

Beschäftigen wir uns zunächst mit der Triumph Tiger 800 XCx, dem Spitzenmodell, für das Triumph rund 11.800 Euro, also immerhin 2800 Euro mehr verlangt als für das Basismodell. Wie bisher splittet Triumph die 800er-Reihe in die offroadorientierte XC mit 21-Zoll-Vorderrad und die eher straßenorientierte Maschine mit 19-Zoll-Vorderrad und gekappten Federwegen, die nun Triumph Tiger 800 XR getauft wurde. Der Aufpreis der XC von 900 Euro ergibt sich zum Beispiel durch teurere Speichenräder, vorrangig jedoch durch hochwertige WP-Federelemente, die in der Zug- und Druckstufe voll einstellbar sind. 

Triumph Tiger 800 XCx präzise auf Kurs

Und die funktionieren hervorragend, wie sich auf einer unterhaltsamen Testrunde im spanischen Marbella schnell herausstellt. Speziell die Gabel überzeugt mit breitem Einstellbereich, hervorragendem Ansprechen und gelungener Grundabstimmung. Auch das Federbein bringt guten Fahrkomfort. Allein bei sportlicher Fortbewegung muss die einstellbare Zugdämpfung fast komplett zugedreht werden, da bleiben wenig Reserven. Der gute Federungskomfort trägt nicht unwesentlich zum harmonischen Fahreindruck auf kurvigen Straßen bei. Völlig neu­tral klappt die mit Bridgestone Battle Wing bereifte Triumph Tiger 800 XCx in Kurven, lenkt sich locker flockig und bleibt auch auf ondulierten Pisten präzise auf Kurs. Schon beim ersten Abklappen baut sich bereits enormes Vertrauen auf, sodass man es auf der griffigen Kurvenpiste Richtung Ronda schon nach wenigen Kurven richtig fliegen lassen kann.

An diesem Easy-Going-Fahrstil der neuen Triumph Tiger 800 hat der nun per E-Gas kontrollierte Dreizylinder einen maßgeblichen Anteil. Er läuft noch kultivierter als sein ohnehin schon handzahmer Vorgänger, begeistert mit extrem sanften, praktisch spielfreien Lastwechseln und allerfeinster Dosierbarkeit. Das gilt übrigens für sämtliche Varianten des Motormappings, ob „Sport“, „Road“, „Offroad“ oder „Rain“. Besser geht es kaum.

Kleine Modifikationen am Getriebe, das mit Teilen der Daytona 675 aufgewertet wurde, sind eher unwesentlich, gab es doch bisher in dieser Beziehung wenig Anlass zur Klage. Schalten ist dank des linearen Drehmomentverlaufs ohnehin nahezu überflüssig. Man hat auf der Landstraße meistens die Auswahl zwischen drei Gängen, von denen keiner besser oder schlechter als ein anderer ist. Das war bisher auch schon so, die Nominalwerte für Leistung und Drehmoment sind unverändert. 95 kerngesunde PS sind sicher für eine Mittelklasse-Enduro ausreichend.

Drehmomentbetonte Auslegung des 800er-Dreizylinders

Allerdings hat die gleichmäßige Auslegung auch ihre Kehrseite. Wer es eilig hat, wird beim Durchladen feststellen, dass einen emsiges Rühren im Getriebe der Triumph Tiger 800 nur unwesentlich vorwärts bringt. Es mangelt im oberen Bereich ein wenig an Spritzigkeit, wie sie beispielsweise eine Yamaha MT-09 zeigt. Touristen und Enduristen hingegen gefällt die drehmomentbetonte Auslegung des 800er-Dreizylinders.

Zumal diese auf langen Touren wie im Gelände einen ergonomisch optimierten Arbeitsplatz vorfinden. Der Lenker wurde neu positioniert und nun endlich so gebogen, dass er breite Zustimmung beim fahrenden Personal findet. Die Testmaschine hatte den optionalen, nur bei der Triumph Tiger 800 XRx serienmäßigen Komfortsitz, äußerst bequem geformt und wie der Standardsitz in der Höhe zweistufig variabel. Trotz langer Federwege bleibt die Sitzhöhe auf gemäßigtem Niveau. Der höhere Zubehörsitz für ganz Lange wurde mangels Nachfrage leider aus dem Programm gestrichen. 

Offroad-Einlage mit der Triumph Tiger 800 XCx

Eine kleine Offroad-Einlage zeigte, dass die Triumph Tiger 800 XCx sich trotz eines fahrfertigen Gewichts von über 220 Kilogramm hier recht tapfer schlägt. Vorher sollte der Fahrer den Fahrmodus auf „Offroad“ umschalten, was das Gelände-ABS aktiviert sowie Traktionskontrolle und Gasannahme anpasst. Schade nur, dass das nicht am Lenkerende, sondern nur mittels einer fummeligen Taste am Display funktioniert. Das ABS arbeitet dann nur noch vorn und mit erhöhtem Schlupf, greift selbst bei ambitionierter Fahrweise nur selten ein. Die Traktionskontrolle regelt später und erlaubt kontrollierte Drifts auf rutschigem Schotter und Vortrieb selbst auf schmierigem Untergrund.  

Touristen werden sich am reduzierten Benzinverbrauch erfreuen. 17 Prozent weniger soll sich der neue Dreizylinder genehmigen, was bei unverändert 19 Liter Tankvolumen eine Reichweite von 375 Kilo­meter ergeben soll. MOTORRAD wird das schon bald in einem ausführlichen Test überprüfen.

Überhaupt darf man gespannt sein, wie sich die deutlich aufgewertete, aber auch etwas teurere Triumph Tiger 800 in den kommenden Vergleichstests schlägt. Ein harter Gegner wird sie sicherlich. Die Olle war schon gut, die Neue ist doller.

Triumph Tiger 800 XRx

Einfachere Showa-Elemente mit verringerten Federwegen sowie Gussräder – vorn 19 Zoll groß –, das sind die substanziellen Merkmale der preisgünstigeren Triumph Tiger 800 XR. Aufwerten lässt sie sich durch das x-Paket mit elektronischen Goodies und zusätzlicher Ausstattungs- Hardware. Auch bei Triumph Tiger 800 XRx prägt dieser geschmeidige Antrieb mit dem satten, linearen Drehmoment den Charakter, abgerundet durch die praxisgerechten Assistenzsysteme.

Begrüßen werden viele Interessenten sicherlich die niedrigere Sitzhöhe, die sich mit einem Zubehörsitz noch weiter reduzieren lässt. Die veringerten Federwege sorgen für etwas weniger Fahrkomfort, zumal die stark gedämpfte, nicht einstellbare Gabel nicht besonders filigran anspricht. Dafür gibt es bei strammem Tempo weniger Bewegung im Gebälk. Wer zu hart am Kabel reißt – pardon: am Poti dreht –, wird allerdings umgehend mit funkensprühenden Rasten bestraft, daran hat sich nichts geändert.

Das Handling ist ebenfalls recht gut, doch verlangt die Triumph Tiger 800 XR in Schräglage mehr Lenkkräfte und -korrekturen, wirkt vor allem bei holprigem Untergrund nicht so souverän wie die immer völlig neutrale Triumph Tiger 800 XC.

Zusatzausstattung x-Version

XCx und XRx: erweiterter Bordcomputer, vier Motor-Mappings (Sport/Road/Offroad/Rain, drei Fahrmodi (Road/Offroad/frei konfigurierbar), inklusive Offroad-ABS und Offroad-Traktionskontrolle, Tempomat, selbstrückstellende Blinker, Hauptständer, Handprotektoren, zusätzliche Bordsteckdose

nur XCx: Alu-Ölwannenschutz, Motorschutzbügel

nur XRx: Komfortsitze, verstellbare Windschutzscheibe

Technische Daten Tiger 800 XC [XR]

Motor: Wassergekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, 3 x Ø 44 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 645 W, Batterie 12 V/14 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, x-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 3,125.

Bohrung x Hub: 74,0 x 61,9 mm
Hubraum: 799 cm³
Verdichtungsverhältnis: 11,3:1
Nennleistung: 70,0 kW (95 PS) bei 9250/min
Max. Drehmoment: 79 Nm bei 7850/min

Fahrwerk: Gitterrohrrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel, Ø 43 mm, verstellbare Zug- und Druckstufendämpfung [ohne Verstellmöglichkeit], Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung [verstellbare Federbasis], Doppelscheibenbremse vorn, Ø 308 mm, Doppelkolben-Schwimmsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 255 mm, Einkolben-Schwimmsattel, Traktionskontrolle, ABS.

Speichenräder mit Alu-Felgen [Alugussräder]: 2.15 x 21 [2.50 x 19]; 4.25 x 17
Reifen: 90/90 21 [100/90-19]; 150/70 R 17

Maße+Gewichte: Radstand 1545 [1530] mm, Lenkkopfwinkel 65,7 [66,1] Grad, Nachlauf 95 mm, Federweg v/h 220/215 [180/170] mm, Sitzhöhe 840–860 [810–830] mm, Gewicht vollgetankt 218 [213] kg, zul. Gesamtgewicht 438 [435] kg, Tankinhalt 19,0 l.
Garantie: zwei Jahre
Farben: Blau*, Schwarz, Weiß
Preis: XC: 1.0890 (XCx: 11.790) Euro, XR: 9990 (XRx: 10.890) Euro
Nebenkosten: 350 Euro

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023