Die 100-Jahr-Feier von Moto Guzzi wurde kurzfristig abgesagt. Kein Grund für die Fans zu Hause zu bleiben.
Die 100-Jahr-Feier von Moto Guzzi wurde kurzfristig abgesagt. Kein Grund für die Fans zu Hause zu bleiben.
Jedes Jahr am zweiten September-Wochenende zelebriert die Stadt Mandello del Lario am Comer See eine große Feier zu Ehren von Moto Guzzi. Logisch, dass 2021 zum 100. Geburtstag eine Sause der Extraklasse steigen sollte. Zahlreiche Guzzisti hatten sich schon vor Jahren die knappen und somit teuren Hotelzimmer gesichert, lange im Voraus Urlaub genommen.
Doch überlegte Moto Guzzi noch im Frühjahr, das Jubiläumsfest zu verschieben: Am traditionellen Wochenende fand der Formel-1-Grand Prix im 50 Kilometer nahen Monza statt, man befürchtete Chaos. Letztlich hielt Moto Guzzi am ursprünglich gesetzten Termin fest. Um dann Anfang August das ganze Spektakel wegen Covid doch noch kurzfristig abzusagen.
Vom ganzen Hin und Her ließen sich zahlreiche Liebhaber der Marke nicht stoppen. Zu Tausenden setzten sie sich in Bewegung, um mit allem, was einen Adler auf dem Tank hat, nach Mandello zu pilgern. Leute wie Arnim Sendler aus Bonn mit seiner 78er-Le-Mans etwa. Er hat sie auf 1.060 Kubik und 90 PS getunt, mit besseren Federelementen und modernen Reifendimensionen bestückt, scheucht sie gerne bei den Bikers’ Classics über Rennasphalt.
Klar, dass solche Enthusiasten zum Huldigen vorbeikamen. In Arnims Fall als Ziel einer einwöchigen Reise, mit den Freunden Jürgen, Michael und Andi im Schlepptau. Was sie vor Ort vorfanden? Keine Bühne, keine Bands, kein buntes Rahmenprogramm. Dafür haufenweise Gleichgesinnte von Schweden bis Spanien, von Irland bis Griechenland. Das charmante Industriestädtchen hatte sich mal wieder mächtig rausgeputzt und geschmückt. In jedem Restaurant stand eine Guzzi, hingen historische Fotos an den Wänden. Und davor parkten sie. Einträchtig nebeneinander, die Falcones und Californias, V7 und Le Mans aller Baujahre, Pflege- und Erhaltungszustände. Von komplett serienmäßig wie frisch vom Band über runtergeritten bis hin zu mit heftiger Liebe umgebaut.
Speziell vorm legendären Werkstor war richtig Remmidemmi, Schaulaufen auf Rädern. Der Parkplatz bot reichlich Stoff zum Staunen und Schwelgen. "Herrlich, einmal so viele Guzzis auf einem Haufen zu sehen", freute sich Arnim. Von wegen "Nischenmarke" – treue Fans! Der Guzzi-Weltreisende Chris Donaldson aus Belfast stand neben verwegen gebauten Café Racern und aufgebrezelten Tourern. Italo Ciabarri führte vor, wie sein Dreirad "Mulo Meccanico" ("mechanisches Maultier") mit Allradantrieb und verstellbarer Spurweite der Hinterräder Hindernisse hochklettern konnte. Italos Neffen Marco Ciabarri rannten die Kunden beim Teilehändler "Retro Guzzi" derweil die Bude ein, auch bei "Agostini" war volle Hütte angesagt. In der Pizzeria "Al Ghèzz" floss Bier in Strömen aus einem speziellen V2-Zapfhahn. Alles ohne Tests und Covid-Pässe. Vor allem am Samstag und Sonntag war der Zustrom an internationalen Enthusiasten und neugierigen Einheimischen riesig.
Moto Guzzi präsentierte im Rahmen des Fests, das es offiziell ja gar nicht gab, die Pläne zum Umbau von Werk und Museum bis 2025, präsentierte die wassergekühlte Tausender V 100 Mandello. Damit Leute wie Arnim auch mal eine neue Guzzi kaufen. Das ganz große Fest soll 2022 nachgeholt werden.