Das erste Treffen mit Marius Steege findet am 6.11. um 8:40 Uhr direkt nach der Ankunft am Flughafen Malpensa statt. Erster Eindruck: Der Mann ist jung, sehr jung. Tatsächlich ist Steege Jahrgang 1993 – und doch schon frischgebackener Diplom-Ingenieur. Seit 24.9. betreut er ein Fahrwerksprojekt für BMW bei Magna, seine Diplomarbeit hat er bei BMW verfasst – über die Vertikaldynamik bei der F850 GS. Mehr darf er nicht sagen. Ich sehe uns schon auf der Messe die Federbeine jedes Bikes studieren.
Aber Marius hat noch einen viel dynamischeren Bezug zum Thema: „Ich habe bereits als Kind mit Moto Cross Fahren angefangen und bin dabeigeblieben, bis ich 19 Jahre alt war. Ich war nicht schlecht, aber auch nicht richtig gut. Mein größter Erfolg war ein dritter Platz in einem Lauf der European Cross Country Championship - das war allerdings bei meinem Heimrennen in Rudolstadt und da hatte ich natürlich riesige Vorteile, weil ich die Strecke kannte.“ Okay, wir werden also nur Federbeine von Crossern und vielleicht noch von ein paar Enduros inspizieren. Kann ja auch interessant sein.
Daumen hoch für die neue S 1000 RR
Aber weit gefehlt. Vor uns liegen zwei auch für den Online-Redakteur spannende Tage Messebesuch in Italien. Dazu passt, dass Marius ein italienisches Motorrad fährt: eine Aprilia Dorsoduro 750. Unser erster Weg führt trotzdem zu BMW – kein Wunder, bei der Vorgeschichte mit der Diplomarbeit. Am Stand der Bayern schaut sich Marius allerdings keine Enduro an, sondern vor allem die neue S 1000 RR: „Ich finde es super, dass die S 1000 RR jetzt eine symmetrische Front hat – gefällt mir erheblich besser als vorher. “ Noch mehr angetan hat es Marius aber ein Schnittmodell des Vierzylinders neben dem neuen Supersportler, vor allem die Schaltnocke gucken wir uns genau an: „Die Nockenwellenverstellung ist zwar per se nichts Neues, aber bei welchen Drehzahlen das in der S 1000 funktioniert, das finde ich schon faszinierend.“
Bis dahin hat Marius schon etliche Tweets mit Bild abgesetzt – seiner Tippgeschwindigkeit auf dem Smartphone merkt man die Routine im Umgang damit an. An der S 1000 RR drehen filmen wir zwei 15-Sekünder für Stories aus Instagram. Sie finden sich auf dem Kanal von Motorrad. Als Auto-Motorrad-Cross-Over-Fan fällt Marius natürlich auch auf, dass es jetzt erstmals für BMW-Motorräder auch M-Performance-Parts gibt. Vor dem Ausstellungsstück der Carbon-Felge meint er: „Super Ding! Niedrigere ungefederte und rotierende Massen und insgesamt leichter. Kostet aber wahrscheinlich Unsummen …“.
Husqvarna, KTM und Yamaha
In unmittelbarer Nähe von BMW bei Husqvarna und KTM geht es dann nicht mehr um Supersportler: „Die 690 SMC R will ich unbedingt mal fahren! Aber ich frage mich ein bisschen, wie KTM die im Unterschied zur Husqvarna 701 positionieren will“. Auch bei Yamaha zieht es Marius zum nicht zu den Straßenrennern: „Die Yamaha Tenere 700 gefällt mir – sie sieht von den Reise-Enduros am sportlichsten aus, sie ist aber glaube ich etwas schwerer geworden, als ursprünglich vermutet.“
Und beim elektrischen Trial-Modell von Yamaha entdeckt Marius sofort, dass links am Lenker auch ein Hebel sitzt – eine Kupplung bei einem Elektromotorrad? Tatsache, die die Betätigung der Hinterradbremse geschieht auch hier mit dem rechten Fuß. So vergeht der Messetag wie im Flug, aber die Füße tun weh. Das Smartphone bescheinigt uns fast 13.000 Schritte – und wir haben längst nicht alle Hallen des architektonisch ansprechenden Messekomplexes durch.
70er-Jahre-Party zum Abschluss
Nach einer Stunde Pause im Hotel dürfen wir abends auf die Party des Helmherstellers LS2 im Teatro Principe in Mailand. Das Motto: 70er Jahre. Und viele italienische Gäste nehmen das sehr Ernst: Die Perücken- und XXL-Sonnenbrillendichte ist beeindruckend. Marius staunt auch über die vermutlich größte Disco-Kugel-Ansammlung südlich der Alpen. Erst gegen 0:00 Uhr finden wir in unser Hotel zurück.
An Tag 2 des Messebesuchs finden wir auch zu Aprilia. Marius‘ Motorrad steht nur in Form der 900er am Stand. „Das Bike ist inzwischen leider etwas in die Jahre gekommen, da hilft auch die 900er nicht weiter. Die Ducati-Hypermotard würde mir sehr gut gefallen – 20 PS mehr und rund 20 kg weniger als die Dorsoduro“, meint Marius. Als wir uns die Ducati-Preise ansehen, stellt Marius fest, dass das SP-Modell der Hypermotard satte 4000 Euro mehr kostet als die „normale“. Aber die „SP“ hat neben ein paar netten Kleinigkeiten eben auch eine andere Gabel und das hochwertigere Federbein von Öhlins, wie Marius mit dem Kopf tief unter der Sitzbank am Ausstellungsstück feststellt. Da war sie dann doch noch, die Federbein-Inspektion. Aber an diesem Tag haben wir auch noch Roller mit Karbondach, Elektroantrieb und zwei Rädern vorne angesehen, quasi eine Weiterentwicklung des BMW C1 oder den Qooder Steinbock, ebenfalls mit zwei Rädern vorn, aber auch hinten. „Das ist wirklich toll an so einer großen Messe. Ich kann mir gut vorstellen, demnächst wieder eine zu besuchen, vor allem eine, auf der so viele Neuheiten vorgestellt werden“. Noch stärker als die Vorfreude auf die nächste Messe ist allerdings die auf die nächste Zweirad-Saison.