Bei welchen Modellen hat sich die damalige Tendenz fortgesetzt? Gibt es Modelle, die einen anderen Weg eingeschlagen haben und gesuchte Liebhaberstücke wurden? Und welche Modelle werden von den Herstellern heute noch weiterentwickelt? Betrachtet man beispielsweise den damals auf den ersten Platz gewählten Roller BMW C1, kann man nicht von einem völligen Flop sprechen. Zwar hat BMW die Produktion relativ früh gestoppt und die Namensrechte bereits früh verkauft, allerdings hält sich bis heute eine Fanszene, die sich für das etwas eigenwillige Konzept begeistern kann. Auch die aktuellen Gebrauchtmarktpreise für den überdachten Roller zeigen, dass der C1 noch nicht gänzlich von der Bildfläche verschwunden ist.
Ducati Multistrada auf Platz 3
Ein weiteres positives Beispiel ist die Ducati Multistrada. Bereits damals konnte die Reiseenduro, zumindest in ihrer Heimat, nicht als völliger Flop bezeichnet werden. Ducati hielt an der Multistrada fest und entwickelte sie stetig weiter. Heute ist die Multistrada eine der beliebtesten Reiseenduros auf dem Markt. Nicht alle damaligen Flops sind also in der Versenkung verschwunden. Welche Zweiräder damals von den Lesern in die „Flop 20“ gewählt wurden, erfahren Sie nachfolgend und in der Bildergalerie.
Original-Artikel aus MOTORRAD 22/2007
Sie haben gewählt, liebe Leserinnen und Leser. Und so die zehn größten Zweirad-Flops der Neuzeit aus 22 Vorschlägen bestimmt. Warum diese Bikes in der Gunst des Publikums nicht vorn lagen und welche Vorteile sie trotzdem boten, hat MOTORRAD für Sie recherchiert. Aber lesen Sie selbst...
Bei den Filmfestspielen wird der schlechteste Streifen am Vorabend der Oscar-Verleihung mit der „Goldenen Himbeere“ geehrt. Im Motorradbereich ist das bislang ausgeblieben. Zumindest offiziell. Allerdings gibt es einige Modelle, die scheinbar am Kunden vorbei entwickelt wurden – der Verkaufserfolg blieb aus. Dafür kann es vielerlei Gründe geben. In den meisten Fällen hatte es allerdings etwas mit Mut zu tun.

Mut, etwas Neues zu wagen. So kamen etwa aus der bayerischen Innovations-Schmiede viele Ideen, die ihrer Zeit vielleicht voraus waren. Der überdachte Roller C1 beispielsweise, die vollverkleidete und aerodynamisch optimierte K1 oder auch die F 650 CS Scarver: Alle am Geschmack des Publikums vorbei.
Manche Bikes floppten auch, weil das Motorrad nicht mit dem Image des Herstellers übereinstimmte. Ducati wagte mit der Indiana den Sprung ins Cruiser-Geschäft und versuchte, sich mit der Multistrada ein großes Stück vom Endurokuchen abzuschneiden. Letzteres wollte auch Buell mit der Ulysses. Es misslang. Dass Mut in technischer Hinsicht manchmal ebenfalls nicht belohnt wird, musste Yamaha spüren. Die aufwendige Achsschenkellenkung brachte der GTS 1000 weder im Fahrbetrieb noch gegenüber der Konkurrenz spürbare Vorteile.
Neben reibungslos funktionierender Technik ist letztlich auch die Optik entscheidend, denn nicht wenige Käufer lassen sich vom Bauch leiten. Wenn’s beim Anschauen kribbelt, dann kann die Maschine noch so dick sein, zu wenig PS haben oder schlechter als die Konkurrenz ums Eck biegen. Dann ist es Liebe.
BMW C1 der klare Sieger
Das sind sie nun, die zwanzig größten Flops, die Sie, liebe Leserinnen und Leser, gewählt haben. Dass 41,6 Prozent aller Einsendungen auf den BMW C1 fielen, mag überraschen. Bereits die R 1200 C Montauk konnte nur noch 10,1 Prozent der Stimmen auf sich vereinen und neun Prozent etwa fielen auf die drittplazierte Ducati Multistrada.

Unter den Motorradfahrern und -fahrerinnen herrscht wohl Einigkeit, was ihnen nicht gefällt, denn bis zum zehnten Platz (Suzuki TL 1000 mit 1,3 Prozent) waren bereits 93 Prozent der Stimmen vergeben. Zwar haben die Hersteller ihre Schlüsse aus dem Misserfolg gezogen, aber sie sollten auch in Zukunft nicht den Mut verlieren, zu neuen Ufern aufzubrechen. Denn Stillstand ist Rückschritt. Und Mut wird oft belohnt. Ausgefallene Ideen müssen nicht gleich im Papierkorb verschwinden.
Platz 20: BMW K1

Der Versuch der Bayern, einen Supersportler auf den Markt zu bringen, ging völlig daneben. Das kantige Schalentier verkaufte sich in Deutschland gerade 2.000 Mal.
Platz 19: Suzuki RF 900 R

Das gewöhnungsbedürftige Design und Suzukis Idee, einen „Komfort-Sportler“ anbieten zu wollen, ließ die Kundschaft frösteln. 2.912 Stück ließen sich absetzen.
Platz 18: Honda VTR 1000 SP-2

Für Sporttourenfahrer war sie zu scharf, aber gegen die Renner aus Bologna galt sie als zu stumpfe Waffe. Von der SP-1 bis zur SP-2 verkauften sich nur 9.000 Stück.
Platz 17: Kawasaki KLE 500

Sie war weder Reisemaschine noch Enduro. Zu gering die Reichweite, zu schwer das Motorrad, zu zäh der Motor. In zwölf Jahren Bauzeit verkaufte sie sich gerade 10.000 Mal.
Platz 16: Moto Guzzi Centauro

Fettes Heck, eine Brechstange als Lenker – so schockte Guzzi Mitte der 90er Jahre seine Klientel mit der modischen Centauro. Eine Mode, die abgelehnt wurde.
Platz 15: Honda FMX 650

Der Versuch, aus einfachen Komponenten ein preiswertes Einsteiger-Bike zu stricken, ist fehlgeschlagen. Übrigens: Mehr als 38 PS hätten es ruhig sein dürfen...
Platz 14: Buell Ulysses XB12X

So interpretieren die Amerikaner das Thema Reise-Enduro. Wen wundert es da noch, dass nur wenige Weltenbummler bislang der gewöhnungsbedürftigen Ulysses verfielen.
Platz 13: MZ Skorpion

Ob Tour, Traveller, Sport oder Replika, sehen lassen konnten sich alle Skorpione. Doch ein abgehalfterter Japan-Single im deutschen Chassis? Ein No-go!
Platz 12: Sachs Roadster 800

Nett sah sie ja aus, die Zweizylinder-Sachs. Doch wer wollte schon einen Mittelklässler mit Kardan, der bereits zehn Jahre zuvor in einen Japan-Bike lief? Kaum einer.
Platz 11: Yamaha BT 1100 Bulldog

Viel Hubraum, wenig Leistung: Viele fanden den luftgekühlten V-Zweizylinder-Kardan-Allrounder nicht nur zu schwach, sondern auch langweilig und viel zu teuer.
Platz 10: Suzuki TL 1000

Wann ist ein Flop ein Flop? Sind es die Zulassungszahlen? In ihren besten Jahren wurden ganz sicher mehr TL 1000 als Ducati 916 verkauft. Ist es das falsche Konzept? Ducati baut immer noch prächtige sportliche Zweizylinder, Aprilia tut es, KTM kommt mit der RC8, und selbst BMW peppt den Boxer auf. Und warum? Weil man auf einem sportlichen Zweizylinder ungeheuren Fahrspaß haben kann. Auch auf der TL 1000.
Es kommt also darauf an, wie man »Flop« definiert. Nach den oben genannten Kriterien war die TL 1000 ganz sicher kein Flop, sondern eines der aufregendsten, schönsten und spannendsten Motorräder, die in jüngerer Vergangenheit aus Japan kamen. Wenn allerdings ein Motorrad als Flop gilt, weil es nicht fertig entwickelt ist, Stichwort Drehflügeldämpfer, fehlender Lenkungsdämpfer, Motoraussetzer, Ölvermehrung, dann könnte die TL 1000 in diese Kategorie fallen.
Platz 9: Aprilia RST 1000 Futura

Ihr Name war Programm. Aber leider nur designbezogen. Viele von jenen Tourensportfans, die sich mit dem sehr kantigen Verkleidungsoutfit anfreunden konnten, gerieten aufgrund von fehlenden Technikfeatures ins Grübeln. Denn eine »Zukunftsmaschine« ohne G-Kat und ABS – da zeigte zumindest die deutsche Kundschaft wenig Interesse. Während es den Sporttourer in Italien ein weiteres Jahr zu kaufen gab, verschwand die Futura nach nur zweijährigem Bühnenauftritt 2002 ganz aus deutschen Schaufenstern
Platz 8: Yamaha GTS 1000

Sie hätte die FJR 1300 ihrer Zeit werden können, dank ihrer Tourentauglichkeit und dem ausgezeichneten Fahrkomfort, den sie bot. Doch diese Tugenden wurden von der Achsschenkellenkung glatt an die Wand gespielt. Blöd nur, dass diese gegenüber einer viel gescholtenen Telegabel keine Vorteile brachte.
Zumindest keine, die sich Kunden und Testern erschlossen. Nachteile wie die rumpelige Federung auf Stakkato-Bodenwellen, das störrische Eigenlenkverhalten des flach konturierten 130er-Vorderreifens und eine vergleichsweise schwergängige Lenkung bemerkten die meisten dagegen sofort und verzichteten auf das selbstquälerische Vergnügen einer Innovation um der Innovation willen.
Platz 7: Ducati Indiana

Ein Chopper aus einer Sportmotorrad-Schmiede? Das musste einfach in die Hosen gehen. Auch wenn in den 80er Jahren Softchopper schwer angesagt waren. Die Indiana hatte zwar einen V2-Motor, doch der spreizte seine Zylinder noch nicht einmal um jene 45 Grad, die Easy-Riding verhießen, und war im Grunde ein echter Sportmotor. Zu allem Überfluss steckte er auch noch im Rahmen einer Großenduro ...
Und darüber gerieten die wahren Qualitäten der Indiana komplett ins Hintertreffen. Denn die durch das Chassis bedingte hohe Sitzposition entpuppte sich als recht bequem und sorgte für gute Schräglagenfreiheit. Flink und wendig war die Ducati obendrein. Und was viele übersahen: Der Desmodue war passend für seinen Einsatzzweck abgestimmt, offerierte tollen Durchzug und ein enorm breites Drehzahlband.
Aber es war wie im richtigen Leben: Wenn’s nicht auf den ersten Blick funkt, wird meist nichts aus einem näheren Kennenlernen. Und so blieb die Indiana ein Tipp für Freunde des Exotischen.
Platz 6: Bimota Mantra

Es war das Design: Dieses bauchige Ungetüm von Tank, das im Scheinwerfer mündet, diese verlogene Zwei-in-vier-Auspuffanlage und als krönender Abschluss noch Wurzelholz als buchstäbliches Armaturen-Brett. Wer sollte sich für so ein Styling-Opfer erwärmen? Sie musste ein Flop werden. Schon immer misslang es, wenn berühmte Designer aus anderen Branchen Motorräder schufen. Man denke an Philippe Starcks Aprilia Moto 6.5 oder Pininfarinas Morbidelli V8. Warum also sollte Sascha Latigues Bimota Mantra funktionieren.
Dabei fuhr die Mantra ganz gut. Klang furios und war ganz manierlich abgestimmt. Aber Bimota stand nun mal für ultrasportliche Rennreplikas, ein Muscle-Bike war in den Köpfen der Fans nicht drin. Zumal der Ducati-Motor nur optisch Power suggerierte. Vielleicht kam die Mantra 15 Jahre zu früh.
Platz 5: Münch Mammut

Die Eckdaten des Motorradbrockens waren gewaltig: 260 PS, 295 Newtonmeter, 176.000 Mark – so wurde das Projekt Münch Mammut 2000 der Weltöffentlichkeit vor sieben Jahren präsentiert. Doch von den ursprünglich geplanten 250 Exemplaren wurden nur 15 gebaut und davon lediglich acht verkauft. Das lag nicht nur am Preis. Der Motor war nahezu unfahrbar.
Unten herum tat sich wenig, es folgte ein Leistungseinsatz mit der Wucht einer Explosion, der selbst sehr erfahrenen Bikern den Schweiß auf die Stirn trieb. Hinzu kam: Die Mammut machte ihrem Namen alle Ehre. Sie war unhandlich, schwer, hatte kaum Schräglagenfreiheit und eine enorme Sitzhöhe. Doch immerhin das Zeug zur Legende.
Platz 4: BMW F 650 Scarver

Der Plan war perfekt: Zeitgleich mit der Vorstellung des iPod von Apple möchte auch BMW im Oktober 2001 ran an die Jugend. Stilistisch unverkennbar vom durchschimmernd-farbigen Design der Trend-Computer inspiriert, soll die Scarver endlich Youngster vom Rechner aufs Bike locken. Neben der ungewohnten Optik peppt ein in die Tankattrappe integriertes Audio-System die als Basis dienende F 650 GS auf. Technisch unterscheidet den 54 PS starken Single im Wesentlichen ein Zahnriemen von der kettengetriebenen GS.
Doch die Jungen – Zielgruppe waren die 20- bis 30-Jährigen – wollen weder Robbie Williams im Tank noch einen Apple mit Motor. Der Absatz läuft schleppend, Ende 2005 wird die – mittlerweile in 24 Farbvariationen angebotene – Scarver aus dem Modellprogramm genommen. Besagte Junge sitzen mittlerweile auf KTM Supermotos, japanischen Supersportlern – oder noch immer hinterm Laptop. Vielleicht einem von Apple. pm
Platz 3: Ducati Multistrada

Neue Wege ging Ducati 2002 mit der 1000er-Multistrada in Konzept und Design. Mutig und doch leicht daneben, sportlich und doch mit aufrecht-würdevoller Sitzposition selbst für den Sozius. Die feuer-rote Italienerin mit dem offenherzigen Gitterrohrrahmen sprengt bis heute Konventionen. Ein hochbeiniger Tourer, aber keine klassische Reise-Enduro und erst recht keine Supermoto. Erfolg blieb der Multistrada verwehrt, zumindest hierzulande. In ihrem Heimatland Italien hingegen gilt die »Multi« nicht als Flop.
Was stört dann die Deutschen an der Duc? Eine Erklärung ist sicherlich das gewöhnungsbedürftige Design. Das Verkleidungsoberteil und die Instrumente schwenken mit dem breiten Lenker nach rechts und links.
Mittendrin, zwischen bauchigen Rundungen, Sicken und Kanten: ein Zyklopen-Scheinwerfer von undefinierbarer Form. Es ist wie bei der 999: Ein hässliches Gesicht macht das beste Motorrad zunichte. Und am Heck recken sich zwei Schalldämpfer im Granatwerfer-Format in den Himmel.
Wer sich trotz des Stylings zur Probefahrt aufrafft, bekommt mit der aktuellen 1100er – 1000er und 620er sind nicht mehr im Programm – einen begeisternden luftgekühlten V2-Motor unter den Hintern: kultiviert, durchzugsstark und höchst lebendig. Vielleicht haben sich ja auch die fahrerischen Qualitäten der Duc nicht herumgesprochen: ihr leichtfüßiges, fast schon kippelig nervöses Handling. Überzeugen kann die Ausstattung mit Wegfahrsperre, Bordcomputer und komplett einstellbarem Fahrwerk. Das Chassis arbeitet jedoch viel zu sehr aufder straffen Seite des Lebens. Schlecht spricht die stuckrige Upside-down-Gabel an, fühlt sich wie das harte Federbein erst auf Bilderbuch-Asphalt richtig wohl. Eine glatte Lebenslüge für solch einen Hochdecker. Genau wie die fehlende ABS-Option. Schade, denn mit 10.000er-Wartungsintervallen und seit 2007 überschaubaren Inspektionskosten könnte eigentlich mehr drin sein für dieses Zwitterwesen.
Platz 2: BMW R 1200 C Montauk

Das C-Modell der BMW-Boxer-Reihe wurde von den Bikern sehr verhalten angenommen. 1997 präsentiert, blieb der Verkaufserfolg weltweit hinter den Erwartungen des Unternehmens zurück: 35.455 Exemplare wurden inklusive aller Sondermodelle ausgeliefert. 2003 versuchte BMW seine Cruiser-Verkäufe durch ein Sondermodell namens Montauk anzuschieben. Mit mehr Chrom, einem kleinen Windschild sowie einem Vorderreifen in 150/80-Dimension gingen die Bajuwaren auf Kundenfang. Zwei Jahre später wurde die Produktion der gesamten Modellreihe der R 1200 C eingestellt
Abgesehen davon, dass firmeninterne Erwartungen nicht erfüllt wurden, kann man nur mutmaßen, warum die Cruiser-Kundschaft der Barocksiedlung auf zwei Rädern so verhalten gegenüber trat: Ist das Weltbild der Cruiser-Community extrem durch amerikanische Idole mit luftgekühlten 45-Grad-V-Motoren geprägt und hat der breit bauende Boxer deshalb auf dem Planeten der Gemütlichkeit nie eine Chance gehabt? Oder war es schlicht so, dass der für das Design verantwortliche David Robb sich verzeichnet hat? Rein fahrdynamisch lag die Montauk jedenfalls nicht sehr weit von der Konkurrenz entfernt. Sie ließ sich relativ handlich einlenken, ermöglichte für Cruiserverhältnisse sogar ordentliche Schräglagen und kokettierte mit guter Verarbeitung sowie vorzeigbaren Chromflächen.
Darüber hinaus trug sie den weiß-blauen Propeller, Gütesiegel und Imagekrone zugleich. Allerdings erweckten die 61 PS aus 1.170 Kubik eher den Anschein chronischer Unlust. Denn der Motor war einfach zu lang übersetzt. Eins der wichtigsten Indizien in der Spurensuche, warum nicht nur die Montauk, sondern die gesamte C-Reihe floppte, war die Sitzposition: Bedingt durch den Boxermotor waren keine vorversetzten Fußrasten oder Trittbretter realisierbar. Das zwang die Beine des Fahrers in einen 90-Grad-Winkel. In Verbindung mit einem Lenker in Wünschelruten-Form hockte der in einer Keiner-sitzt-wie-ich-Haltung auf seinem Motorrad. Ganz nebenbei: Cool sah das nicht aus. Und es fühlte sich für potenzielle Umsteiger aus der Cruiserszene auch nicht so an. Ein Kollege (Name der Redaktion bekannt) meinte dazu: »Man hockt wie beim Zeitunglesen auf dem WC.« Das mag für einige zwar die einzige Freiheit des Tages bedeuten. Das Gros hingegen definiert Freiheit etwas anders ...
Platz 1: BMW C1

Man muss schon über ein gesundes Selbstbewusstsein verfügen, besser sogar etwas extrovertiert veranlagt sein, um sich mit diesem »innovativen Mobilitätskonzept« (O-Ton BMW) auf die Straße zu trauen. Nicht aufzufallen klappt mit dem BMW C1 einfach nicht. Zumindest nicht in Deutschland. In einer richtigen Weltstadt wie Paris dagegen schon. Dort sieht man an jeder dritten Kreuzung den bei Bertone in Italien gebauten Dachroller. Niemand verdreht sich in Paris deshalb den Hals. Und dort wird das vollgetankt immerhin 200 Kilogramm schwere Teil tatsächlich von schönen, jungen Menschen gefahren. Zumindest manchmal. Genau so jedenfalls, wie es die BMW-Werbung immer propagierte. Doch Paris liegt auch in einem Land, dessen Bewohner Fahrzeugkonzepte wie Citroën 2CV und Renault R4 schon zu schätzen wussten, als die Deutschen den verschnarchten VW Käfer noch für die Krone der automobilen Schöpfung hielten.
In Deutschland sind es allerdings keine Yuppies, die sich im C1 sehen lassen. Es sind eher Herren zwischen 40 und 60, die oft in modisch nicht ganz aktuellen Nylonjacken stecken. Dass diese Menschen in Toilettensitzhaltung und mit gleich zwei Sicherheitsgurten fixiert in ihrem skurrilen Gefährt hocken, macht die Sache nicht schöner. Doch wer die Mischung aus klingonischem Krankenfahrstuhl und Smart in Scheiben mehr als 100 Kilometer bewegt hat, möchte den C1 als cleveres Drittfahrzeug womöglich nicht mehr missen.
Ein nicht nur für Rollerverhältnisse hervorragendes Fahrwerk, tolle Bremsen (meist mit ABS, 980 Mark/501 Euro extra), echte 15 PS beim 125er (18 PS beim 200er) und ordentliche Fahrleistungen, geringer Verbrauch, jede Menge Stauraum (vorausgesetzt, das aufpreispflichtige 80-Liter-Top-case ist montiert), einfachste Bedienung, gute Verarbeitung und vor allem die Möglichkeit, ganz legal ohne Helm fahren zu können, stempeln eigentlich jeden C1-Fahrer zum C1-Fan. Das einzigartige Sicherheitskonzept mit Knautschzone (Crash-Element über dem Vorderrad) und Überrollbügeln sowie der hochmoderne, mit Saugrohreinspritzung und geregeltem Kat bestückte Vierventilmotor von Rotax machten den C1 sogar für Technik-Gourmets interessant.
Unterm Strich aber waren weltweit 33.688 (davon 17.096 in Deutschland) verkaufte C1 für BMW dann doch zu wenig, im Herbst 2002 endete die Produktion nach nur drei Jahren. Die (preisliche) Hemmschwelle war für die meisten potenziellen C1-Kunden einfach zu groß. Anfangs wollte BMW für den Basis-C1 ohne Extras satte 5.463 Euro haben. Mit ABS und etwas gehobener Ausstattung kam da schnell ein Betrag zusammen, der über dem Tarif für einen Kleinwagen lag. Die letzten C1 wurden allerdings schon ab 3.700 Euro verschleudert.
Der C1 mag nach wie vor ein geniales Konzept sein, doch perfekt ist er bei Weitem nicht: Die Ständer-Mechanik ist theoretisch toll, in der Praxis aber ein Dauer-Ärgernis. Und die Sozius-Lösung ist völlig unbefriedigend (Außen-Sitzplatz mit Helmpflicht). Der C1 ist seitenwindempfindlich, laut und zugig. Er lässt sich im Vergleich zu normalen Rollern schwer rangieren, und die Werkstattkosten sind horrend. Doch wie das mit (vermeintlichen) Flops so läuft: Bereits heute, fünf Jahre nach Produktionsende, gilt der C1 als Kult. Die C1-Szene ist ausgesprochen munter (Internet-Tipp: www.c1biker.de), Gebrauchtfahrzeuge ziehen preislich an. Sogar in Deutschland, dem vielleicht untauglichsten C1-Markt. Es ist eigentlich bezeichnend, dass BMW 2004 die Nutzungsrechte am Namen C1 ausgerechnet an den französischen PSA-Konzern abgetreten hat.