Honda CB 500 und CB 500 F im Vergleich
Sich auf stinknormale Kundschaft besinnen

Extravagant, pompös, brutal? Alles keine Attribute, mit denen sich ein Allrounder wie die Honda CB 500 schmücken müsste. Sie ist eher ein verlässlicher Partner für den Alltag. Klingt langweilig? Von wegen! Alt und Neu bei einer gemeinsamen Tour durch den Herbst.

Sich auf stinknormale Kundschaft besinnen
Foto: Jahn

Fahrschulmaschine, Einsteigerhobel, Brot-und-Butter-Bike – die Honda CB 500 hat sich im Laufe ihrer Karriere einiges anhören müssen. Erstaunlich, denn innerhalb kürzester Zeit avancierte sie zum Bestseller. Als sparsames, zuverlässiges und günstiges Bike war sie ihrem Ruf haushoch überlegen.

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CB 500 F verkauft sich wie geschnitten Brot

Der neuen Honda CB 500 F geht es in dieser Hinsicht nicht viel besser. Wer sich den quirligen Zweizylinder zulegt, wird kaum anerkennende Schulterklopfer von den Kumpels erhalten. Und dennoch: Auch sie verkauft sich in ihrer ersten Saison wie geschnitten Brot. Die Geschichte – so scheint es – beginnt, sich zu wiederholen.

Es ist das Jahr 1993: Die erste Honda CB 500 mit einem Reihenzweizylinder erblickt die Straßen der Welt. Mit diesem Modell will der Hersteller die Produktpalette neben hochpreisigen First-Class-Technologie-Maschinen wie der Honda VFR 750 R um einfache, ­grundsolide Motorräder für eine durchschnittlich verdienende Kundschaft erweitern. Suzuki hat zu diesem Zeitpunkt bereits die GS 500 E im Programm. Lediglich 8990 Mark soll die Erstauflage der Honda kosten – ein echter Kampfpreis!

20 Jahre später: Honda präsentiert eine Neuauflage der bis ins Jahr 2002 produzierten Ahnin. Mit 5490 Euro so günstig wie kein anderes japanisches Bike in dieser Klasse, geht die neue Honda CB 500 F mit ABS, umfangreich ausgestattetem Bordcomputer und nagelneu konstruiertem Reihenzweizylinder an den Start. Alltagsgerecht und günstig soll auch sie sein. Nicht für den High-End-Liebhaber, sondern für alle, die verlässlich, sicher und spritsparend zur Arbeit pendeln oder am Wochenende einen Ausflug ins Weserbergland machen wollen.

Haben Alt und Neu noch Gemeinsamkeiten?

Über all die Jahre hinweg bleibt also eines gleich: die Marschrichtung der Honda CB 500. Anders formuliert: Honda besinnt sich mit dem Jahr 2013 wieder auf die stinknormale Kundschaft. Aber haben das alte und neue Modell überhaupt noch Gemeinsamkeiten?

Extravagant, pompös, brutal? Alles keine Attribute, mit denen sich ein Allrounder wie die Honda CB 500 schmücken müsste.

Durchaus! Bereits ein erster Blick auf die Eckdaten verrät die verwandtschaftliche Nähe der zwei Bikes. Doch mögen beide auf einen ähnlichen Genpool zurückgreifen, bei genauerer Betrachtung ist der Genera­tionsunterschied deutlich sichtbar. Das 499 Kubikzentimeter große Triebwerk der Ursprungs-CB beispielsweise verwöhnt das Auge des Betrachters mit feinen Kühlrippen, die es trotz Wasserkühlung zur besseren Wärmeabfuhr verpasst bekommen hat. Da wird man als Fahrer der Honda CB 500 F schnell neidisch.

Mit den glatten und schnörkellosen Oberflächen macht der neue, mit 471 Kubik etwas kleinere Twin nicht wirklich an. Bedenkt man dann noch – Stufenführerschein hin oder her –, dass die Spitzenleistung des alten Aggregats mit 58 PS sogar 10 PS höher liegt als die der neuen Honda CB 500 F, fragt man sich zu Recht: Wo ist hier der Fortschritt?

Honda CB 500 F deutlich filigraner ausgeführt

Bei der Optik ist er sichtbar, logisch. Dominieren bei der alten Honda CB 500 runde Formen (Scheinwerfer, Instrumente, Tank, Soziusgriff), gibt sich das aktuelle Modell ziemlich kantig. Das sieht nicht nur moderner aus, sondern verkörpert auch Selbstbewusstsein und Personalität. Überhaupt ist die Honda CB 500 F deutlich filigraner ausgeführt. Sei es das zum Rücklicht spitz zulaufende Heck oder die schnittige Kühlerverkleidung – schwulstig sieht hier im Gegensatz zur Schwester nichts aus. Genug geschaut. Ab auf die Mopeds!

Zwei Jahrzehnte Unterschied in der Motorradentwicklung bedeuten auch unterschiedliche Startprozeduren. Bei der neuen Honda CB 500 F reicht es, den Schlüssel umzudrehen und den Starterknopf zu drücken, um den Motor anzuwerfen. Bei der Alten heißt es zunächst Benzinhahn öffnen und den Choke am linken Lenkerende betätigen. In Zeiten von Einspritzung und automatischer Standgasanhebung hat das etwas Ursprüngliches, beinahe Nostalgisches. Trotz einstelliger Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit startet das Vergasermodell tadellos. Es klingt eine Nuance kerniger als der Jung­spund nebenan, echte Klangspezialisten sind aber beide nicht.

Samtig-weicher Motor und sportliche Attitüde

Ganz ihrem Ruf entsprechend, gehen sie klaglos ans Gas, zeigen nach wenigen Metern, wie unterschiedlich ein Twin 20 Jahre später interpretiert werden kann. Der Motor der neuen Honda CB 500 F läuft nämlich samtig-weich und packt ab 2000 Umdrehungen dank kurzer Übersetzung schon kräftig zu.

Potent, druckvoll und mit sportlicher Attitüde schnalzt der Twin los.

Abgesehen von einem leichten Kick bei 5500 Touren, rackert sich der Gegenläufer freudig und mit linearer Leistungsentfaltung die Drehzahlleiter hinauf und entwickelt erst im oberen Drittel feinnervige Vibrationen. Beinahe lautlos steppt man sich von Gang zu Gang und erreicht flott die sechste Übersetzungsstufe.

Für die versprochenen 48 PS geht das Aggregat richtig gut, zeigt sich in jeder Lebenslage spritzig und äußerst kultiviert. Im Vergleich dazu mimt das alte Modell, das ab 1996 nicht mehr in Japan, sondern in Italien gefertigt wurde (u. a. Hebeleien und Bremsen kamen von da an aus Europa), den Charakterdarsteller. Zwar schiebt das Triebwerk ebenso selbstverständlich ab niedrigen Drehzahlen los, vibriert trotz Ausgleichswelle allerdings deutlich kräftiger. Mit weniger Drehfreude und Druck stapft der Twin schließlich bis 6500 Umdrehungen etwas verhalten vor sich hin, um es von da an richtig krachen zu lassen: Potent, druckvoll und mit sportlicher Attitüde schnalzt der Zweizylinder dann nämlich los, schiebt die Fuhre mit fettem Punch flott vorwärts, um erst bei 10.000 Touren vom Begrenzer eingefangen zu werden.

Unkompliziert und bis in hohe Geschwindigkeiten stabil

Die versprochenen 58 PS glaubt man der Honda CB 500 auch heute noch gern, fragt sich aber unwillkürlich, wie so ein Motorrad jemals als Langweiler abgestempelt werden konnte. War es das Fahrverhalten? Schließlich attestierte man ihr leichte Fahrbarkeit, Zielgenauigkeit und Stabilität. Also nix für die ganz harten Hunde der 90er-Jahre. Unkompliziert gibt sich die alte CB 500 auch nach heutigen Maßstäben noch. Nicht ausgesprochen handlich, aber verlässlich und stabil lässt sich die Doppelschleifenkonstruk­tion aus Stahl in die Kurve treiben. In der Tat: Aufregend ist das nicht, vergänglich allemal.

Verhält sich die Neue ebenso unkom­pliziert? Ja, und mehr als das. So einfach und spielerisch, wie sich die Honda CB 500 F dirigieren lässt, markiert sie im Familienduell die neue Speerspitze, spielt mindestens eine Liga ­höher als die Vorgängerin. So muss ein modernes Motorrad fahren: zielgenau, handlich und bis in hohe Geschwindigkeiten stabil. Damit kommt jeder Biker zurecht. Klar, vielleicht mögen beide Mopeds schlicht sein. Aber wen stört’s? Denn sie tun das, was ein solides Motorrad können muss: ein verlässlicher Partner für den Alltag sein. Und das zu einem unschlagbaren Preis. Die Gattungsvertreter der kleinen ­Alltagsbikes gehen somit in eine neue Generation. Gut so.

Technische Daten

Alt und Neu im Vergleich.

Honda CB 500 (1998)

Bauart Motor Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor. Eine Ausgleichswelle, vier Ventile pro Zylinder, durch zwei obenliegende Nockenwellen und Tassenstößel betätigt, E-Starter

Gemischaufbereitung Gleichdruckvergaser, Ø 34 mm

Kupplung Mehrscheiben-Ölbadkupplung

Getriebe Sechsgang

Sekundärantrieb O-Ring-Kette

Bohrung x Hub 73,0 x 59,6 mm

Hubraum 499 cm3

Verdichtung 10,5:1

Leistung 43,0 kW (58 PS) bei 9500/min

Drehmoment 47 Nm bei 8000/min

Gewicht vollgetankt 195 kg

Höchstgeschwindigkeit 180 km/h

Preis inkl. Nebenkosten 8960 Mark

Honda CB 500 F (2013)

Bauart Motor Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor. Vier Ventile pro Zylinder, durch zwei obenliegende Nockenwellen und Tassenstößel betätigt.

Gemischaufbereitung Einspritzung, Ø 34

Kupplung Mehrscheiben-Ölbadkupplung

Getriebe Sechsgang

Sekundärantrieb O-Ring-Kette

 Bohrung x Hub 67,0 x 66,8 mm

Hubraum 471 cm3

Verdichtung 10,7:1

Leistung 35,0 kW (48 PS) bei 8500/min

Drehmoment 43 Nm bei 7000/min

Gewicht vollgetankt 193 kg

Höchstgeschwindigkeit 175 km/h

Preis inkl. Nebenkosten 5490 Euro

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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023