Auch wenn 916 drauf steht, drin stecken satte 996 cm³ Hubraum, womit der Desmo-Twin seit seinem ersten Auftritt 1988 in der 851er nun endlich das Maß ausschöpft, ohne dies mit protzigen Merkmalen anzukündigen. Kenner der Szene kommen der Ducati 916 SPS jedoch schnell auf die Schliche. Gußscheiben am Vorderrad, Solohöcker und fein laminierte Karbonteile zieren die rund 45.000 Mark teure Superbike-Replika, und auch ein unverwechselbares Etikett auf der Gabelbrücke weist die SPS als Nobel-916 aus. Die fahrwerkstechnische Aufrüstung der SPS hält sich allerdings in ernüchternden Grenzen. Außer einem Öhlins-Zentralfederbein entspricht das klug aufgebaute Gitterrohr-Chassis mit variablem Lenkkopfwinkel exakt dem der rund 15.000 Mark billigeren Ducati 916 Biposto.
Bei der bewährten 43er Showa-Gabel kann man das akzeptieren, doch für die Verwendung des Brembo-Bremsen-Ensembles mit der zu kleinen 16-Millimeter-Handpumpe findet sich nur ein Wort: Skandal. Knatschiger Druckpunkt, miese Wirkung und schlecht zu dosieren. Ein Ärgernis besonderer Güte allein deshalb, weil die vorzüglichen Fahrwerksqualitäten der Ducati 916 SPS auf der Landstraße, aber erst recht auf der Rennpiste höchsten Fahrgenuß versprechen, dem der bärenstarke 996er Motor das Sahnehäubchen aufsetzt. Für den Test auf der Rennpiste röhrte die SPS aus den im Preis inbegriffenen Termignoni- Renntöpfen mitsamt passender Elektronik - akustisch ein Hochgenuß, leistungsmäßig dagegen nur eine minimale Verbesserung.
Nichts zuckt, nichts wackelt, einfach gut
Ohne Ruckeln reagiert der V-Twin aggressiv und bissig auf jedes Gaskommando. Fühlt sich nach verdammt wenig Schwungmasse an. Locker aus dem Drehzahlkeller herausgezaubertes Drehmoment hebt sanft das Vorderrad aus der Schräglage und schiebt die Ducati 916 SPS in Windeseile und mit ungebremster Drehfeudigkeit davon. Kurz, knackig, ohne Kupplung blitzschnell durchgetreten, reihen sich die knapp gestuften Gangräder perfekt ein und garantieren in Verbindung mit dem breiten Leistungsband Kraft in allen Lagen. Ist der bisherige 916-Motor bereits kein Kind von Traurigkeit, kann’s der große noch besser. Satte 106 Newtonmeter preßt der 1000er Twin über stabile Pankl-Pleuel auf die gleitgelagerte Kurbelwelle und legt auch in der Maximalleistung um neun PS und in der Drehfreudigkeit gegenüber der 916 Biposto noch mal zu.
Unbeeindruckt von diesem Kraftakt geben sich Lenkung und Fahrstabilität der Ducati 916 SPS. Nichts zuckt, nichts wackelt, einfach gut. Schnelles Einlenken erfordert zwar etwas Kraft, wird aber mit höchster Präzision in fein gezirkelte Bögen verwandelt. Die serienmäßig montierten Michelin TX 11 und TX 23 harmonieren dabei überraschend gut mit dem steifen Ducati-Chassis, das auch bei derben Schräglagen und in welligen Kurven souverän die Räder in der Spur hält. Jetzt noch bissige Bremsen, und der Spaß würde zum Spiel ohne Grenzen.
Nur 20 Stück in Deutschland
Um eine der 20 für Deutschland vorgesehenenen Ducati 916 SPS zu ergattern, muß jedoch ein gehöriges Bündel Tausender bei Ducati-Händler hinterlassen werden. Eigentlich zu viel Geld dafür, daß neben den wenigen optischen Retuschen der Motor jetzt mit 98 Millimeter großen Zylindern und dementsprechenden Modifikationen am Motorblock endlich den Liter vollmacht.
Den gewaltigen mechanischen Belastungen im Sporteinsatz angepaßt, wuchsen die Abstände der Zylinderstehbolzen am verstärkten Motorgehäuse der Ducati 916 SPS um zwei Millimeter. Zusätzlich sollen drei weitere Querverschraubungen im Kurbelwellenbereich für mehr Stabilität und Dauerfestigkeit bei Drehzahlen jenseits von 11.000/min sorgen. Bleibt zu hoffen, daß die Ducati 916 Biposto nächste Saison ebenfalls den 996-Motor erhält, um der japanischen V2-Invasion nicht nur in Sachen Fahrwerk und Design, sondern auch auch in puncto Leistung gegenzuhalten.