Grün steht für Hoffnung und für freie Fahrt. Für Kawasaki erfüllte sich 1981 und 1982 die Hoffnung auf den Titel in der US-Superbike-Meisterschaft. Zur Feier gab’s den Serien-Ableger Z 1000 R, natürlich in Werks-Grün - freie Fahrt für alle.
Grün steht für Hoffnung und für freie Fahrt. Für Kawasaki erfüllte sich 1981 und 1982 die Hoffnung auf den Titel in der US-Superbike-Meisterschaft. Zur Feier gab’s den Serien-Ableger Z 1000 R, natürlich in Werks-Grün - freie Fahrt für alle.
Wir schreiben das Jahr 1980. Die Grünen sind auf dem Vormarsch. In Deutschland wird die ökologisch-orientierte Partei gegründet, die 1983 schließlich in den Bundestag einziehen wird. In Amerika wechselt 1980 ein gewisser -Eddie Lawson zum Kawasaki-Superbike-Team, der 1981 und 1982 in Folge die -Meisterschaft gewinnen wird. Mit einer in der heute legendären Werksfarbe Lime Green lackierten, höllisch starken Maschine auf Basis der Z 1000 J.
Im Werk in Japan beschließt man, dem sportlichen Triumph zu Ehren ein Sondermodell auf Basis der weiterhin angebotenen Z 1000 J aufzulegen - die Z 1000 R. Sie ist zunächst vor allem für den amerikanischen Markt gedacht (plus 200 Stück für Südafrika), und kommt zum Modelljahr 1982. Im Grün der Werksrenner, versteht sich. Dieses unverwechselbare Grün ist bis heute untrennbar mit der Marke Kawasaki verbunden. Die Z 1000 R hat sicher maßgeblichen Anteil an dieser ruhmreichen Verbindung. Erst 1983 schwappt die grüne Welle über den großen Teich auch bis nach Europa. Die Z 1000 R muss für den europäischen Markt jedoch ein paar Modifikationen über sich ergehen lassen. Mit der recht ungehemmt ausatmenden Kerker-Vier-in-eins-Anlage sind die strengen Geräusch-Grenzwerte kaum zu schaffen, eine Vier-in-zwei-Anlage muss her, warum nicht die passend schwarze Version der GPZ 1100 aus dem Kawa-Regal verwenden? Schließlich hat man sich für die R schon von vornherein diverser anderer Teile aus dem bestehenden Sortiment bedient (Instrumente, Lampenmaske, Scheinwerfer, etc.).
Zu dieser Zeit ist Guido Reitz, der die hier abgebildeten Z 1000 R bereitwillig zur Verfügung gestellt hat, längst vom Kawa-Virus infiziert. Schon als 16-jährigem Schüler hat es ihm die Ur-Z 1000 angetan, deren Sound ein Klassenkamerad so täuschend echt nachahmen konnte. Nach Kleinkraftrad und kurzem Honda-Fehltritt erstand er schließlich 1982 seine erste Kawa, eine Z 650 aus der späten Baureihe. Doch schon 1984 musste dann eine Tausender her, eine Z 1000 J, die, wie er sagt, „nach etwa einem Jahr in einen grünen Farbtopf gefallen ist“. Das Grün war kein Originalfarbton, sondern entstammte dem Lack-Sortiment eines namhaften Autoherstellers und sah „am Bike gar nicht so gut aus, wie zuvor gedacht“. Die Lösung: Sich nach und nach (nach kurzen, unbefriedigenden Intermezzi mit Z1 und Z 1000 MK II) einfach diverse originale R-Modelle zuzulegen.
Fünf Exemplare (eine R1, drei R2 und eine Z 1100 R) kann der Bonner heute sein Eigen nennen, mehr oder weniger fertig restauriert und in Topzustand gebracht, plus eine GPZ 1100 B2. Für die Fahraufnahmen steht sein „Daily Driver“ zur Verfügung, eine R2 aus dem Baujahr 1983, die mit diversen zeitgenössischen Umbauten zwar nicht gänzlich original, aber dafür mit dem Outfit des amerikanischen Originals, inklusive Kerker-Auspuff, an den Start geht. Der heute 51-Jährige hat die Kawa 1992 als Unfallmaschine erworben und neu aufgebaut. Wie deutlich zu sehen ist, mit dem Lacksatz der 1982er-KZ 1000 R1, besagter Kerker-Anlage, einer Krüger & Junginger-Kastenschwinge mit Unterzug, Dreispeichen-Alurädern von PVM, Micron-Gabelstabi und dem etwas größeren Ölkühler der GPZ 1100 UT. Obwohl der akribische Rechtsanwalt sonst größten Wert auf Originalzustand legt, zieht er bei seiner Fahrmaschine die authentische Patina vor und genießt es einfach, sein „echtes Männerbike“ im Alltag zu bewegen. Laufleistung? Unbekannt, und eigentlich in diesem Fall auch egal.
Die Laufleistung des zweiten Fotomodells, das für die Stand- und Detailaufnahmen herhalten durfte, beziffert Reitz seit der Komplett-Restaurierung auf null Kilometer. Und das soll auch so bleiben, denn es handelt sich hier um die zweite gebaute Z 1000 R2 - ein besonderes Schätzchen, das von 1983 bis 1984 auf die Kawasaki Motoren GmbH zugelassen war und vermutlich einst als Ausstellungsstück auf Messen gedient hat. Neben diesem Schmuckstück mit der Fahrgestell-Nummer #1102 hat der Kawa-Enthusiast übrigens auch die Nummer eins (#1101) an Land gezogen. Die trägt derzeit allerdings lacktechnisch noch einen bunten Mix und bedarf insgesamt ausgiebiger Zuwendung, bis sie wieder im komplett neuwertigen Zustand glänzt. Viele Teile hat Reitz bereits vorrätig, eng gestapelt in den Regalen seiner Garage oder im Keller gehortet. Ein Satz Spiegel? Kein Problem. Lange oder kurze Ausleger? Alle Varianten sind vorrätig. „Standard-Verschleißteile gibt’s noch beim Händler, auch im Zubehörhandel, spezielle R-Teile muss man mittlerweile weltweit zusammensuchen. Man muss eigentlich alles kaufen, sobald es angeboten wird, nicht erst, wenn man’s braucht“, weiß der Bonner nach jahrelanger Erfahrung in der Szene zu berichten. Er steht mit R-Freaks weltweit in Kontakt, weiß, wann wo welches Modell zu welchem Preis angeboten wird. „In Japan und USA sind die Preise horrend. Die kaufen mittlerweile weltweit alles auf, zu stolzen Summen.“ Verkaufen? Nicht seine Fahrmaschine. Von seiner „Nummer zwei“ jedoch könnte er sich auch für die würdige Verwendung im Werksmuseum in Japan trennen.
Den Weg ins Museum dürfte seine Alltags-R wohl nicht finden, mangels Originalzustand und aufgrund normaler Gebrauchsspuren. Dafür macht die Tausender schon mit dem Anlassen des Motors Spaß, Kerker sei Dank. Den früher oft gerügten, weil schlecht dosierbaren Choke (per Knopf am Vergaser), der die Drehzahl bei kaltem Motor ungesund hoch- schnellen lässt, braucht der Vierzylinder nun nicht mehr - der Tausender ist bereits warm. Die Fotos sind im Kasten, es ist Zeit für einen Fahrerwechsel. Auf in den Sattel, jene eindrucksvoll abgesteppte Bank mit tiefer Sitzmulde, die der Z 1000 R vorbehalten war und ihr Aussehen mitprägte. Breit, bequem gepolstert, relativ tief - von sportlichen Ambitionen und deren sprichwörtlicher Härte ist erst mal nichts zu spüren. Fast touristisch wähnt man sich untergebracht, relaxt, fühlt sich aber spätestens beim Griff zum breiten, angenehm gekröpften Lenker an die alten Superbike-Zeiten der Siebziger und Achtziger erinnert. Mit gestreckten Armen thront der Fahrer über dem langen Tank, trotz Normgröße von über 1,80 Meter. Das Spritfass baut dafür relativ schmal, lässt die Fahrerbeine an den schlanken Flanken guten Knieschluss finden, die Füße wandern automatisch zu den eher hoch und weit vorn montierten Rasten. Das passt alles zur aufrechten Haltung. Der Sport kommt jedoch sofort ins Spiel, wenn der bereits erwähnte Kerker-Sound ertönt. Kernig grummelnd, nicht prollig laut, aber mit herrlich bassig-aggressivem Grundton, der bereits bei leichten Gasstößen selbstbewusste Ansagen macht. Wie mag das erst in der Rennversion geklungen haben?
Der Begriff Männermotorrad verliert etwas an Berechtigung, wenn der Griff zur Kupplung erfolgt: Hier ist keine Mörderpranke nötig, sie erweist sich als leicht zu bedienen und gut dosierbar. Mit wenig Gas setzt sich die Tausender unspektakulär und sanft in Bewegung. Die Schaltung, naja, braucht etwas Nachdruck und die Wege sind lang. Das darf aber so sein. Frühes Wechseln in den höheren Gang wird nicht mit einem Fall ins Drehmomentloch bestraft. Die in Tests damals gerügte Schwäche im unteren Drehzahlbereich ist vorhanden, doch so dramatisch nicht. Schon ab 2000 Touren schiebt der Vierzylinder an, gönnt sich jedoch eine ausgiebige Verschnaufpause bis knapp 4000/min, um dann mit dem zweiten Wind etwas strammer an der Kette zu ziehen. Den eigentlichen, feurigen Biss über 6000 bis hin zum mahnenden roten Bereich ab 9000 Touren zu nutzen, macht richtig Spaß, ist jedoch nur bei wirklich flottem Fahrstil erforderlich. Zumal sich die ohnehin zu weich abgestimmte Gabel dann deutlich aus den Federn hebt und die Kawa vorn recht leicht wird. Zusammen mit den von jeher (zu Recht) als zu hart gescholtenen, wenn auch recht hübschen, golden lackierten Federbeinen ergibt sich ein etwas unharmonisches Fahrverhalten mit schwammiger Front und trampelndem Heck. Nicht dramatisch, man muss sich nur darauf einstellen und den Stier bei den Hörnern packen. Also doch - Männermotorrad.
Über den 110 Millimeter schmalen 18-Zöller vorn (Serie: 3.25 V 19) lenkt die Kawa erfreulich leicht ein, der überbreite 170er hinten (Serie: 4.25 V 18) will mit etwas Nachdruck in Schräglage gezwungen werden, nach ein paar Kurven hat man den Bogen raus, vertraut auf den Grip der montierten Metzeler ME 33/ME Z1-Paarung. Wobei rechts herum mehr geht als in Linkskurven, wo der Seitenständer recht früh aufsetzt. Was man ja nicht unbedingt permanent ausprobieren muss. Klar, 260 Kilogramm (Serienversion vollgetankt) wollen mit etwas Kraftaufwand dirigiert werden, doch gebärdet sich die Superbike-Replika leichtfüßiger als erwartet. Führt man sich den Fahrstil der alten Kontrahenten Lawson, Spencer und Co. (auf alten Renn-Videos bei youtube) vor Augen und arbeitet mit deren Gewichtsverlagerung im leichten Hanging-off-Stil, kommen leicht Rennambitionen auf, und aus jedem trödelnden Vorausfahrer wird ein potenzieller Gegner. Okay, das hier ist nicht Daytona, und im Sattel sitzt nicht Eddie Lawson. Ball flach halten und den Sound und das Feeling genießen. Gut, dass man der R vorn mit den 280ern nochmals zehn Millimeter größere Scheiben als der (ebenfalls schon gut verzögernden) Z 1000 J spendiert hat. An der Wirkung und der Dosierbarkeit gibt es jedenfalls selbst aus heutiger Sicht kaum etwas zu meckern. Aus Sicht von 1983 erst recht nicht.
Warum also nehmen die Japaner die Z 1000 R nach nur zweijähriger Bauzeit aus dem Programm? 1984 versucht Kawasaki zwar noch einen letzten Kniff und pflanzt der Superbike-Replika den Motor der GPZ 1100 ein, jedoch mit Vergasern anstelle der Einspritzung und nunmehr 114 statt 120 PS. Doch nur 1300 Stück werden gebaut, für den kanadischen und den europäischen Markt. Natürlich in Lime Green und nun auch in Stardust Silver. Es bleiben Raritäten, die 1000er-Ära der Serien-Superbikes geht zu Ende, die 1100er übernehmen, GPZ ist ab sofort Trumpf. Die Japaner haben das Signal auf Rot gestellt, doch bei Sammlern und Liebhabern wie Guido Reitz bleibt die Ampelschaltung quasi Mitte der 1980er stehen: Hier herrscht unverändert freie Fahrt für die Z 1000 R-Modelle, dank grüner Welle.
Technik
Die Technik der Z 1000 R reicht teilweise weit zurück. Der rollengelagerte Motor basiert in seinen Grundzügen auf dem Vierzylinder der Ur-Z1 900, war zwischenzeitlich auf 1016 cm³ aufgestockt worden, für den Einsatz im Rennsport (1000er-Klasse) mittels reduzierter Bohrung auf regelkonforme 999 cm³ gestutzt worden. Diese Motorvariante kam auch in der Z 1000 J zum Einsatz, die in weiten Teilen baugleich mit der R-Version ist. Motorseitig tut sich die R durch andere Nockenwellen mit schärferen Steuerzeiten (von der GPZ 1100 B2) hervor und verfügt zusätzlich über einen Ölkühler, die Vergaserbatterie verzichtet auf Beschleunigerpumpen. Die kernig tönende Kerker-Vier-in-eins-Anlage musste für den europäischen Markt einer Vier-in-zwei-Version weichen (ebenfalls von der B2), und schimmern an der Z 1000 J noch metallisch-silberne oder verchromte Teile, so trägt die R komplett Schwarz. Die Bremsscheiben vorn messen 280 statt 270 Millimeter, hinten kommen Federbeine mit golden lackiertem Ausgleichsbehälter zum Einsatz. Rechteckscheinwerfer und Lampenverkleidung wurden von der GPZ 1100 B2 entliehen, ebenso die Gestaltung der Instrumente, nun allerdings mit Tankuhr statt Flüssigkristall-Anzeige.
Checkpunkte
Aufgrund der nahezu identischen Technik gilt es bei der Z 1000 R ähnliche Punkte zu beachten wie bei der J. Öl ist ein zentrales Thema: Hoher Ölverbrauch und Undichtigkeiten gehören beim luftgekühlten Vierer einfach dazu. Ein bis eineinhalb Liter/1000 Kilometer gelten als normaler Verbrauch, schwitzende Zylinderköpfe (gern drückt sich das Öl aus den Nockenwellen-Halbmonden) sind üblich. Immer wieder kommt es auch zu Problemen mit den Lichtmaschinen, die Wicklung muss häufig erneuert werden. Die ebenso schwer zu bekommende wie teure (was mittlerweile für alle R-spezifischen Teile gilt) Stufensitzbank erweist sich als rissanfällig, Vibrationen und Korrosion können den Rücklicht- bzw. Blinkerträgern den Garaus machen. Apropos Rost: Das für manche Märkte optional angebotene Kabelschloss erfordert eine Öffnung im linken Rahmenfortsatz, die hierzulande mit einem Stopfen verschlossen wurde. Fehlt dieser, kann eindringendes Wasser sich am tiefsten Punkt sammeln, was zu durchrostenden Rahmenunterzügen führt.
Markt
Von der Z 1000 R1 (1982) wurden für die USA 900, für Südafrika 200 Stück gebaut, von der R2 (1983) insgesamt rund 5350 Exemplare weltweit (für Europa auch in Polar White). Gute Originale sind selten und teuer. Das Angebot an solchen ist hierzulande eher dürftig, die Preise für eine R2 liegen bei mindestens 6000 Euro, für Topexemplare bei bis zu 10000 Euro. Beliebter, weil unter Fans als die einzig echte ELR gesehen, ist die R1, die man allerdings weltweit suchen muss und die teilweise mittlere fünfstellige Beträge erzielt.
Spezialisten
Classic Service Frank Bach
Telefon 065 71/14 83 70,
www.classicservice.de
Bikemaster Marian Tritt
www.bikemaster900.de
Bike Side
Telefon 072 45/10 88 23
www.bikeside.de
Clubs und Foren
www.kz1000r.com
http://z.1000r.de
www.kawasaki-z-classiker.de
Michael Behrens’ Fan-Seite
www.kawa-classics.de