Ducati 749 Café Racer Umbau
Café Dragster als Kunststück

Café Racer oder Dragster? Jedenfalls ist Kaspar Ilves von der Kalapea Garage in Estland ein Kunststück auf Basis einer Ducati 749 gelungen. Mit elegant versteckter Wasserkühlung – und mit Dragster-Hinterrad.

Ducati 749 Umbau Custombike Café Racer Dragster von Kaspar Ilves Kalapea Garage
Foto: Kalle Veesaar
In diesem Artikel:
  • Kaspar Ilves und seine Kalapea Garage in Estland
  • Ducati 749 als Café Racer
  • Irreführende Cagiva-Schriftzüge am Tank
  • Tuning für den Desmo-Twin auf über 120 PS
  • Fahrwerk-Mix aus Ducati, Aprilia und MV Agusta
  • Dragster-Hinterrad für die Viertelmeile
  • 2 Kühler in der Retro-Halbschale à la Paul Smart
  • Fazit

Vom Original-Design der Ducati 749 ist hier fast nichts mehr zu erkennen. "Und das ist gut so", werden viele Ducatisti denken oder sagen. Denn die kantigen Formen der Ducati-Superbikes 749 und 999, Mitte der 2000er-Jahre, waren und sind höchst umstritten. Pierre Terblanche war damals für das Design bei Ducati verantwortlich und führte die aus Italien gewohnte Ästhetik auf einige Abwege.

Ducati 749
Ducati
Ducati 749 aus den 2000er-Jahren. Damals wie heute umstrittenes Design von Pierre Terblanche. Ohne Einarmschwinge.

Kaspar Ilves und seine Kalapea Garage in Estland

Bei jener Ducati 749 S, die Kaspar Ilves für ein Umbauprojekt hernahm, musste über deren originales Erscheinungsbild nicht mehr diskutiert werden. Sie hatte einen schweren Unfallschaden, ihr Kunststoffkleid war ohnehin zerrissen. Und der Macher wusste von Beginn an, was er tat. In Estland, unter dem Namen Kalapea Garage, baut Kaspar regelmäßig Motorräder um. Im europäischen Customizer-Milieu ist er kein Unbekannter. Mit seinem neuesten Umbau setzt er zu weltweiter Bekanntheit an.

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Ducati 749 als Café Racer

Dieses Projekt ist ein sehr persönliches gewesen. Über 6 Jahre zog es sich. Ohne Zeitdruck und ohne Einschränkungen, denn diesen Café Racer hat Kaspar für sich selbst gebaut. "Just for fun", wie er sagt. Im Hinterkopf hatte er dabei zwei Aspekte: Erstens wollte er schon immer eine Ducati im Retro-Stil der Sport Classic-Modelle haben, und zweitens faszinieren ihn die verrückten Spezialanfertigungen für die Viertelmeilen-Sprintrennen der Sultans of Sprint. Eine dementsprechend "unmögliche" Mischung schwebte ihm vor.

Irreführende Cagiva-Schriftzüge am Tank

Ausgehend von der gestürzten 749 S landeten zunächst all jene Teile in der Mülltonne, die beschädigt waren – oder ohnehin nicht mehr gebraucht wurden. Substanziell übrig geblieben sind der Ducati-rote Stahl-Gitterrohrrahmen und der Benzintank – allerdings mit irreführenden Cagiva-Schriftzügen, Kaspars augenzwinkernde Anspielung auf die frühere Zugehörigkeit der Marke Ducati zu Cagiva.

Ducati 749 Umbau Custombike Café Racer Dragster von Kaspar Ilves Kalapea Garage
Kalle Veesaar
Nicht ernst gemeint von Kaspar: Cagiva-Schriftzüge am Tank der Ducati 749.

Tuning für den Desmo-Twin auf über 120 PS

Ebenfalls beibehalten wurde der Motor der Ducati 749 S. Dem wassergekühlten L-Twin mit jeweils 4 desmodromisch gesteuerten Ventilen pro Zylinder wurden einige Upgrades verpasst: feinbearbeitete Zylinderköpfe, leichtere Pleuel, eine Slipper-Kupplung von Ducabike, 12-strahlige Einspritzdüsen und dazu eine programmierbare Motorsteuerung inklusive Launch Control. Hinzu kommt die Abgasanlage, eine schwungvolle Sonderanfertigung aus selbst angefertigten Krümmerrohren und einem Schalldämpfer von Akrapovic im MotoGP-Stil. Über 100 PS steckten in diesem Triebwerk bereits original – je nach Modellvariante zwischen 108 und 120 PS. Nun dürften es über 120 PS sein.

Ducati 749 Umbau Custombike Café Racer Dragster von Kaspar Ilves Kalapea Garage
Kalle Veesaar
2-in-1-Schalldämpfer im MotoGP-Stil am getunten L-Twin.

Fahrwerk-Mix aus Ducati, Aprilia und MV Agusta

Das originale Vorderrad der Ducati 749 S dreht sich hier mitsamt der Doppelscheibenbremse von Brembo in einer ähnlich güldenen Upside-down-Telegabel von Öhlins, die von einer "Factory"-Aprilia übernommen wurde. Gabelbrücken zur Adaption wurden aus Aluminium CNC-gefräst. Eine Einarmschwinge hatte die 749 genauso wenig wie die 999 – was damals ein wesentlicher Grund für Fan-Kritik war. Kaspar hat auf Einarmschwinge umgerüstet, allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein Teil von der Verwandtschaft, also aus dem Ducati-Regal, sondern von MV Agusta.

Um 10 Zentimeter verlängert die Einarmschwinge des Typs Brutale hier den Radstand. Ebenfalls von der MV Agusta Brutale stammt das Hinterrad, das Showa-Federbein von der 749 S wurde dennoch beibehalten.

Ducati 749 Umbau Custombike Café Racer Dragster von Kaspar Ilves Kalapea Garage
Kalle Veesaar
Einarmschwinge von MV Agusta, Dragster-Hinterreifen von Shinko.

Dragster-Hinterrad für die Viertelmeile

Wofür der um 10 Zentimeter verlängerte Radstand gut sein soll, ist an der für Motorradverhältnisse ungewöhnlich eckigen Kontur des Hinterreifens zu erahnen. Dieser Spezialgummi von Shinko wird für Dragster-Rennen verwendet, für Sprints auf der Viertelmeile. Einlenkverhalten oder Handling treten dabei in den Hintergrund. Kaspar hat nicht ernsthaft vor, mit seinem Ducati Café Racer auf der Viertelmeile anzutreten. Es geht ihm nur um den entsprechenden Dragster-Look. Zumindest am Heck.

Proportional betont wird das in mehrerlei Hinsicht herausragende Hinterrad vom kurzen Solo-Heckbürzel aus GFK am kurzen, aus Aluminium gefrästen Rahmenausleger. In Verbindung mit dem 749-Tank wirkt das wie ein Monocoque. Das flache Sitzpolster ist mit Echtleder bezogen.

Ducati 749 Umbau Custombike Café Racer Dragster von Kaspar Ilves Kalapea Garage
Kalle Veesaar
Retro-Halbschale von einer Ducati Sport Classic 1000 Paul Smart mit integriertem LED-Scheinwerfer.

2 Kühler in der Retro-Halbschale à la Paul Smart

Vorn sieht Kaspars Ducati nun wunschgemäß wie eine Sport Classic aus. Die rundliche Halbschale stammt von einer Paul Smart 1000, wurde aufwändig angepasst, weiß lackiert, mit roten und blauen Streifen versehen und mit einem modernen LED-Scheinwerfer bestückt. Verkleidet beziehungsweise kaschiert werden nebenbei die 2 separaten Wasserkühler. Bei den zugehörigen Leitungen machte Kaspar aus der Not eine Tugend: Er nahm leuchtblaue Schläuche, um damit noch ein paar farbige Akzente zu setzen. Selten sind die Problemzonen der wassergekühlten Ducati-Twins so sauber aufgeräumt zu sehen.

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Fazit

In punkto Design war und ist die Ducati 749, genau wie die Superbike-Schwester 999, eine Problemzone in der Markenhistorie. Umso beeindruckender ist dieser Café Racer, den Kaspar Ilves in seiner Kalapea Garage in Estland daraus gemacht hat. Zusätzlich angespitzt hat er sein ganz persönliches Kunststück mit klassischem Motortuning sowie mit einer Einarmschwinge samt Dragster-Hinterrad.

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Erscheinungsdatum 26.05.2023