Die Kawasaki Z 650 RS leitet die Feier zu 50 Jahre Z-Modelle ein. Die "Retro-Evolution" in der fahraktiven, bezahlbaren Mittelklasse macht an.
Die Kawasaki Z 650 RS leitet die Feier zu 50 Jahre Z-Modelle ein. Die "Retro-Evolution" in der fahraktiven, bezahlbaren Mittelklasse macht an.
Nach bewährtem Muster der vierzylindrigen Z 900 RS präsentieren die Grünen vier Jahre später die kleinere Twin-Schwester Kawasaki Z 650 RS. Als vorhandenes, modernes Basis-Motorrad mit 68-PS-Motor diente nun der kantig gestylte Quotenhit Z 650. Sie ist 2021 bislang das drittbest verkaufte Motorrad in Deutschland. Um das Retro-Kontrastprogramm zu komplettieren dient die Z 650 von 1977 als historisches Vorbild, als Inspiration für Farbgebung und Linierung – okay damals noch mit Vierzylinder-Motor. Dennoch lässt die Liebe zum Detail des Um- und Aufbaus Staunen.
Wie in den seligen 1970ern läuft die traditionelle Tank-Sitzbank-Linie in einem für damalige Kawasakis typischen Entenbürzel aus. Dazu passt die Farbgebung im Stil von einst, inklusive Tank-Linierung und klassisch inspirierten Seitendeckeln. In den Instrumenten-Bechern sitzen prägnante Runduhren für Drehzahl und Geschwindigkeit. Wie sich das gehört, rotieren bei der Kawasaki Z 650 RS Bremsscheiben ohne Wellenschliff. Das i-Tüpfelchen sind die goldenen Mehrspeichen-Gussräder, die es nur bei grünem Lack gibt. Zeitlos schön wirkt das, charakteristisch und in sich stimmig.
Aufgesessen. Entgegenkommend gibt sich der inklusive Ausgleichsgewichten 79 Zentimeter breite, hoch aufragende Lenker. Das dünne, etwas schmucklose Stahlrohr liegt bestens zur Hand. Dank kleinen 12-Liter-Tanks passt der Knieschluss auf der Kawasaki Z 650 RS prima. Dies ergibt im Verbund mit passend positionierten Fußrasten eine relaxt-entspannte Sitzposition. Die bequeme, leicht gestufte Sitzbank ist 820 Millimeter hoch und schmal geschnitten. So bekommen selbst kleinere Fahrer um 1,70 Meter beide Fußsohlen auf die Erde. Sollte es doch nicht reichen: Optional gibt es ein zwei Zentimeter niedrigeres Sitzmöbel.
Spontan startet der Motor der Kawasaki Z 650 RS. Er knurrt kernig aus der Airbox, grummelt dezent aus der Edelstahl-Auspuffanlage. Kunstvoll geschwungene Krümmer münden in einen dicken Sammler und dieser in ein kurzes Endröhrchen. Einem etwas längeren, "klassischen" Endschalldämpfer hätte die Bananenschwinge rechts auch noch Platz gelassen. Der Twin ist ein Gegenläufer mit heute seltener 180-Grad-Kurbelwelle.
Schön direkt und doch nicht aggressiv
Diese Konstruktion hat Tradition, basiert in den Grundzügen noch auf der ER-6n ab 2006. Schön direkt und doch nicht aggressiv hängt der Twin mit den doppelt ausgeführten Drosselklappen am Gas. Das macht den Umgang mit ihm leicht. Mit gleicher Hardware treibt dieser Motor auch die Ninja, Versys und Vulcan an. Bewährtes Baukasten-Prinzip eben.
Vom ersten Meter an vermittelt die Kawasaki Z 650 RS vollstes Vertrauen. Gut so, denn wir stecken noch mitten im heftigen Verkehrsgewühl von Marseille. Worauf es in der pulsierenden, zweitgrößten Stadt Frankreichs ankommt? Ein extrem kooperatives Motorrad zu haben, das easy wie ein Mountain-Bike um die Blechkolonnen wuselt, sich auf den Punkt genau dirigieren lässt. Klappt klasse. Die kompakte, vollgetankt 187 Kilogramm leichte Kawa hält locker mit frech-frei-französisch fahrenden Roller-Schwadronen mit. Eine prima Hilfe ist ihre toll dosierbare, kinderleicht zu ziehende Seilzug-Kupplung. Dank Assist- (und Anti-Hopping-)Funktion reichen ein, zwei Finger zum Gangwechsel.
Der 13,5 Kilogramm leichte Stahlrohrrahmen spannt den aufgeweckten 68-PS-Motor voll tragend ein. Abgeändert gegenüber der Basis-Z 650 wurde lediglich das Rahmenheck. Die 41er-Teleskopgabel und das horizontal liegende Zentralfederbein funktionieren gut, stecken viel ein, also weg. Wir sind mittlerweile auf Küstenstraßen der Provence angekommen. Der Twin läuft früh rund, reißt im Drehzahlkeller allerdings keine Bäume aus. Er dreht bei Bedarf tapfer, leicht pulsierend dem Leistungszenit bei 8.000 Touren entgegen. Eine Ausgleichswelle dämpft Vibrationen.
Höchst agil, doch nicht nervös
Spielerisch, herrlich handlich fährt die leichte Kawasaki Z 650 RS mit dem recht schmalen 160er-Hinterreifen. Sie findet fast telepathisch die richtige Linie, ist höchst agil, doch nicht nervös. Und macht so den Kopf frei. Ist das schon"teilautonomes Fahren"?
In traditionell montierten Schwimmsätteln vorn lassen sich die Bremsbeläge gefühlvoll anlegen, beißen ordentlich zu. Allenfalls die Handkraft ist ein wenig hoch. Dunlop Roadsport 2 in Sonderkennung "W" haften auf trockenem Teer prima. Und kündigen leichte Rutscher auf feuchten Fahrbahnen gutmütig an. Gut so. Denn eine Traktionskontrolle oder verschiedene Fahrmodi sind Fehlanzeige.
4,3 Liter auf 100 Kilometer
Ansonsten ist die Ausstattung der Kawasaki Z 650 RS gut. Dazu zählen Protektoren vor den Standrohren der Gabel und ein separates Helmschloss wie anno dazumal. Beide Handhebel sind einstellbar, ein Warnblinker an Bord. Das LC-Display im Cockpit vermeldet Uhrzeit, Tankvorrat, Kühlwassertemperatur, eingelegten Gang, Reichweite und Benzinverbrauch – aktuell und im Durchschnitt. Er soll bei 4,3 Litern auf 100 Kilometern liegen. Die LED-Beleuchtung rundum gipfelt im 130-Millimeter-Rundscheinwerfer. Gut verarbeitet wirkt die in Thailand gebaute Kawasaki, ihre Lackqualität ist klasse.
Und der Preis? Komplett 8.345 Euro kostet die schwarze Version, 8.495 Euro sind für die silberne und grüne Lackvariante fällig. Dies sind rund 900 Euro mehr, als die Basis-Z 650 in verschiedenen Farben kostet. Gleichzeitig bedeutet dies satte 4.000 Euro Ersparnis zur viel potenteren, schwereren und wuchtigeren Z 900 RS. Stilvoll sparen mit"Retro-Sport".
Formensprache trifft Funktionalität. Klassische Stilelemente gehen in der handlichen Kawasaki Z 650 RS eine tolle Kombination mit modernen Komponenten ein. Sinnliche Formen bis hin zu ästhetisch geformtem Tank und Entenbürzel begeistern. So ist die neue Klassik-Zett eben eine Retro-Schönheit zum moderaten Preis – für alte Hasen und neue Fans.