Limited Edition: LSL-Kawasaki W 800 TR Flat Track
Retrobike LSL-Kawasaki W 800 TR Flat Track

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Optisch ein Leckerbissen, aufgesessen ein einziger Spaß, gefahren die knisternde Entschleunigung. Die LSL-Kawasaki W 800 TR Flat Track hat ihre ganz eigenen Reize.

Retrobike LSL-Kawasaki W 800 TR Flat Track
Foto: jkuenstle.de

Der Trend ist klar auszumachen, auch hierzulande. Tracker sind schwer im Kommen. Irgendwie blüht dieses 70er-Jahre-Steve-McQueen-Feeling wieder auf. "On any Sunday" lässt grüßen. Der warme Sommerwind pfeift einem um die Nase, ein feiner Stones-Song streift durch die Hirnwindungen, die Jacke ist halb offen, Jeans, Boots - und dann dieser Untersatz dazu. Hey, ist das cool! Selbst überzeugte Racer bleiben stehen und staunen, können sich dem Charme des Konzepts nicht entziehen, der sich irgendwie aus Gegensätzen speist:

Die flache Silhouette steht im Kontrast zum hohen und weit ausladenden Schubkarrenlenker, der weiß strahlende Tank gegen die schwarzen 18-Zoll-Räder. Der blank geputzte, hochaufragende Königswellenmotor entlässt seine Abgase in schmale, schwarze Krümmer, die in kaum dickeren Schalldämpfern enden. Alles klare Linien, kein Firlefanz. Allein das Motogadget-Rundinstrument mit klassisch-weißem Ziffernblatt und minimalistischen Kontroll-LEDs ist ein Kunstwerk. Es versteckt sich hinter der kleinen Lampenmaske, die das Startnummernschild eines echten Dirt-Trackers gekonnt zitiert.

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Klare Ansage: Im Cockpit dominiert formschöner Minimalismus an CNC-gefräster Gabelbrücke.

Und weitere Details stechen einem ins Auge. Etwa die aufwändig gefräste Gabelbrücke. Bei einigen anderen Details darf man gewiss über Geschmack streiten oder besser über die Zitiersicherheit der coolen 70er-Jahre, zu denen die Hightech-Hebeleien und die aufwändige Fußrastenanlage nicht ganz passen wollen - hier ließen sich deutlich Umbaukosten sparen. Aber höchst funktional sind sie allemal und Erbauer LSL zeigt verständlicherweise gern, womit man sein Geld verdient.

Mastermind Jochen Schmitz-Linkweiler legte dem auf einer Kawasaki W 800 basierenden Tracker mit großem Aufwand das entsprechende Fahrgefühl in die Wiege. Dazu tauschte er die originalen 19-Zoll-Räder gegen 18-Zöller, hob das Heck an, um den Lenkkopfwinkel auf das Tracker-Maß von 64 Grad zu bekommen, und korrigierte über das Gabel-Offset der von ihm gebauten Gabelbrücke den Nachlauf des Vorderrads. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn der LSL-Tracker brennt sich nicht nur auf der Netzhaut ein, sondern holt sogar den wildesten Heizer in die Ruhepulszone runter.

Das Fahrgefühl ist begeisternd lässig: ein einzigs Schwingen und Genießen. Heizen auf letzter Rille lässt es sich sowieso nicht. Dazu ist der 800er trotz Dynojet-Powercommander und die am Ritzel um einen Zahn verkürzte Sekundärübersetzung schlicht zu brav, die 55 PS dann doch etwas mau. Deutlich lebendiger als das Original agiert der Twin allerdings schon, und der Schub ab 1500/min mit der klar vernehmbaren, aber unaufdringlichen Klangkulisse sorgen für entspannten Spaß. Tuning-Experten wie Höly atestieren dem Motor Potenzial bis an die 70 PS heran - unbedingt her damit! Dann taucht rechts dieser Steinbruch auf und die wilden Drifts der Filmhelden wie Gene Romero oder Mert Lawwil aus "On any Sunday" geistern vor dem inneren Auge. Mal sehen, wie nah der LSL-Tracker an den Originalen dran ist...

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Gewaltig wirkt er, der 800er- Parallel-Twin mit Königswelle. Zum lockeren Cruisen reichen seine 55 Pferde gerade so aus.

Klar reißen einen 55 Pferde nicht wirklich vom Hocker. Doch die ruhige, aber dennoch nachdrückliche Art, wie der Parallel-Twin bereits bei niedrigen Drehzahlen anschiebt, passen hervorragend zum lässigen Konzept.

Antrieb
Zweizylinder-Reihenmotor, 4 Ventile/Zylinder, 35 kW (48 PS) bei 6500/min*, 60 Nm bei 2500/min*, 773 cm3, Bohrung/Hub: 77,0/83,0 mm, Verdichtungsverhältnis: 8,4:1, Zünd-/Einspritzanlage, 34-mm-Drosselklappen, mechansich betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kette, G-Kat

Fahrwerk
Stahlrohr-Doppelschleifenrahmen, Lenkkopfwinkel: 64 Grad, Nachlauf: 106 mm, Radstand: 1460 mm. Telegabel, Ø Gabelinnenrohr: 39 mm, Doppelfederbeine ohne Umlenkung, einstellbar in Federbasis, Länge und Zugstufendämpfung, Federweg v./h.: 130/106 mm

Räder und Bremsen
Drahtspeichenräder, 2.5 x 18"/4,25 x 18", Reifen vorn: 110/80 - 18, hinten: 150/70 - 18. Bereifung: Pirelli Scorpion MT 90, 300-mm-Einscheibenbremse mit Zweikolben-Schwimmsattel vorn, 160-mm-Trommelbremse hinten

Hinterradleistung im letzten Gang
37 kW (50 PS) bei 150 km/h**

Gewicht
204 kg**

Preis
Basis-Fahrzeug: 8190 Euro
Umbaukosten: 7390 Euro

(* Herstellerangabe,** PS-Messung)

Die aktuelle Ausgabe
PS 6 / 2023

Erscheinungsdatum 10.05.2023