Vanguard Moto Guzzi V8 im Fahrbericht
Ganz groß in Schale

Das ist doch mal ein origineller Umbau: kein Café Racer, kein Naked Bike und erst recht keine Scrambler – sondern ein Tribut mit Eierschalenverkleidung an die Moto Guzzi V8, die exotischste Rennsemmel aller Zeiten.

Ganz groß in Schale
Foto: Vanguard

Sie sind rare Stücke: Motorräder, die kaum jemand noch in Aktion erlebt hat, deren Namen aber trotzdem jeder kennt. Eines dieser seltenen Exemplare ist die Moto Guzzi V8, der einzige Achtzylinder, der jemals im Grand Prix startete. Zwar nur zwei Jahre lang, nämlich 1956 und 1957, und ohne dort je einen Sieg einzufahren. Und doch umgibt die exotische V8 bis heute eine schier mystische Aura. Konstruiert vor über 60 Jahren, leistete die 500er für damalige Verhältnisse sensationelle 79 PS, drehte bis schwindelerregende 14.000/min und wurde auf der langen Geraden der Rennstrecke in Spa mit atemberaubenden 286 km/h gemessen. Pech nur, dass sich Moto Guzzi Ende 1957 vom Rennsport zurückzog, gerade als die V8 ihre Kinderkrankheiten wie geplatzte Kühlerschläuche oder eine fehlerhafte Temperaturanzeige überwunden hatte. Dieser Rückzug befeuerte die Legende erst recht: Was wäre der faszinierenden V8-Maschine wohl noch alles gelungen, hätte Guzzi sie nur gelassen?!

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Vom Jumbo-Cruiser zum Sportler

Die Faszination wirkt bis heute, selbst auf moderne Customizer, zumindest wenn sie ein wenig Rennbenzin im Blut haben. Wie Ulfert Janssen, Gründer und Inhaber des Studios Gannet Design in der Schweiz. Gemeinsam mit den Customizern von Numbnut Motorcycles in Amsterdam verpasste er einer Moto Guzzi California 1400 Eldorado eine Optik, die sich an der legendären Ahnin orientiert. Ganz schön abgedreht, diese Idee, ausgerechnet einen Jumbo-Cruiser zum Sportler umzubauen. Dafür aber sehr originell.

Fahrt mit der Vanguard ist eine sensible Aufgabe

Einen Achtzylinder bekam die neue Vanguard Moto Guzzi V8 nicht – woher auch? –, sie muss sich mit dem dicken V2 der Eldorado bescheiden. Dennoch gab es für Roderick Seibert von Numbnut, der sich um die Umsetzung kümmerte, reichlich zu tun: Er entblätterte die Eldorado, schweißte zahlreiche Streben als Halterung für die Eierschalenverkleidung an, konstruierte Tank, Sitzbank und Lenker neu und verpasste ihr kurze schwarze – und laute – Auspuffrohre. Eine große Herausforderung für ihn und seine Mitstreiter stellte die rennmäßige Platzierung der Fußrasten dar: Sie wurden um glatt 80 Zentimeter nach hinten versetzt, ebenso wie Bremspedal und Gangschaltung. Zwei YSS-Federbeine und Firestone Champion Deluxe-Reifen komplettieren den Look, und in Sachen Lackierung kam nur das Racing-Grün des Vorbilds aus den 50er-Jahren infrage.

Doch wie fährt sich dieses eigenwillige Zwitterwesen aus Racer und Cruiser nun? Aussparungen am Tank und eine perfekt angepasste Sitzbank machen die Position für den Fahrer erträglich. Wegen der weit nach hinten verlegten Rasten und des schmalen Lenkeinschlags, verbunden mit dem Gewicht von gut über 300 Kilogramm, gerät der Ritt auf der Vanguard Moto Guzzi V8 aber zu einer sensiblen Aufgabe für Experten, zumindest in Kurven. Das hat sie mit ihrem historischen Vorbild gemeinsam: Mit der originalen V8 legte sich Fergus Anderson, immerhin zweimaliger Weltmeister auf Moto Guzzi und 1955 Teammanager der Italiener, gleich auf der allerersten Testrunde abendfüllend hin. Dabei schrottete er den Motor, von dem es nur ein Exemplar gab, und Moto Guzzi musste das Grand Prix-Debüt der V8 um mehrere Monate verschieben.

Vanguard – Mode, Lifestyle und Motorräder

Wie viele branchenfremde Firmen nutzt die holländische Modemarke Vanguard Clothing Motorräder als Werbeträger für ihre Produkte. Denn Motorräder gelten als cool. Die Holländer stellen seit 2006 Männermode her und pflegen gute Kontakte zu Moto Guzzi Niederlande. „In letzter Zeit haben wir jedes Jahr eine V7 unter unseren Kunden verlost und die Motorräder in Filmen und auf Fotos eingesetzt“, erzählt Managerin Marlene de Fonkert, „aber für unsere neue Kollektion wollten wir etwas Ungewöhnliches.“

So gab Vanguard einen trendigen Umbau in Auftrag, und zwar bei Numbnut Motorcycles im nahen Amsterdam. Die Cus­tomizer hatten bei der Umsetzung weitgehend freie Hand, und die Modedesigner von Vanguard schneiderten derweil die passende „V8 Racer“-Jeans. Echte Schutzfunktionen habe die zwar nicht, betont de Fonkert, aber sie sei durchaus strapazierfähig und, so der Werbetext: „Sie atmet Motorrad-Spirit.“ Na dann.

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Erscheinungsdatum 26.05.2023