MOTORRAD Dauertest-Spezial

Großes MOTORRAD Dauertest-Spezial
50.000-Kilometer-Marathon

Zuletzt aktualisiert am 03.09.2015

Was zeichnet eigentlich ein wirklich gutes Motorrad aus? Fahreigenschaften sicherlich primär, Motorleistung natürlich auf jeden Fall, auch die Funktion von Bremsen oder Federung; dazu viele weitere Kleinigkeiten und Nebensächlichkeiten des Alltags von Ausstattung bis Windschutz. All das und noch viel mehr wird in der 1000-Punkte-Wertung ausführlich getestet und umfänglich abgebildet. Diese liefert eine vergleichbare, objektive Aussage über die Eigenschaften jedes Motorrads.

In der Praxis gibt es aber noch einen weiteren, für viele ganz wesentlichen Aspekt: Zuverlässigkeit und Haltbarkeit einer Maschine. Um das zu überprüfen, reicht nicht einmal der ausführliche Top-Test oder ein großer Vergleichstest. Es gibt nur einen Weg: Man muss das Motorrad über einen längeren Zeitraum nutzen, möglichst viele Kilometer im täglichen Einsatz zurücklegen.

50.000 Kilometer-Tests seit 1991

Schon recht früh hatten die Tester von MOTORRAD diese Idee. 1950 bereits machten sie mit der BMW R 25 einen 8000-Kilometer-Test. Im Lauf der Jahrzehnte wurde die Distanz sukzessive gesteigert, seit 1991 beträgt sie 50.000 Kilometer. Eine runde Zahl und lang genug, um eventuelle Schwächen und Macken aufzudecken. Zudem eine Strecke, die sich innerhalb eines überschaubaren Zeitraums bewältigen lässt.

Wobei die angepeilten zwei Jahre nicht in jedem Fall ausreichen. Tourenmaschinen oder Reiseenduros mit bequemer Ergonomie und gutem Windschutz sind am beliebtesten und spulen die 50.000 Kilometer meist in kürzester Zeit ab. Die R 1200 GS beispielsweise brauchte nur gut ein Jahr für die geforderte Distanz. Italienische Supersportler hingegen werden zwar gern für kurze Wochenendtrips genommen, aus naheliegenden Gründen jedoch weniger für die große Tour. Daher kann es in solchen Fällen auch schon mal drei Jahre oder mehr dauern, bis die 50.000er-Marke im Tacho auftaucht. Vor allem, wenn dann noch Schäden oder Stürze hinzu kommen.

So läuft ein Dauertest ab:

Die Testmaschinen stellt in der Regel der Hersteller beziehungsweise der entsprechende Importeur zur Verfügung. Mitunter passiert es allerdings, dass Wünsche der Redaktion abgelehnt werden, aus welchen Gründen auch immer. In solchen Fällen kauft MOTORRAD die Maschinen mitunter im Handel, das war zuletzt bei Kawasaki Z 1000 oder KTM 1190 Adventure der Fall.

Nach erstem Check und gegebenenfalls einer Einfahrzeit müssen die Testmotorräder zur Eingangsmessung auf den Leistungsprüfstand. Danach werden die Motoren verplombt, um irgendwelche Manipulatationen während des Dauertests auszuschließen. Die turnusgemäßen In­spek­tio­nen werden nach Service-Plan bei einem Fachhändler der jeweiligen Marke durchgeführt. Wichtig: MOTORRAD erwartet keine Sonderbehandlung, im Gegenteil sollen Dauertestmaschinen wie jede Maschine draußen beim Kunden gefahren und gewartet werden.

Der gesamte Dauertest-Fuhrpark, derzeit zehn Maschinen, wird im Alltag im Kurzstreckenverkehr, auf Dienstfahrten, aber gelegentlich auch auf mehrwöchigen Urlaubstrips eingesetzt. Alle besonderen Vorkommnisse, Auffälligkeiten und Kommentare der Fahrer werden im Fahrtenbuch festgehalten.

Wenn der Tacho sich der 50.000er-Marke nähert, stehen die Abschlussmessungen auf dem Programm. Danach wird jedes Motorrad in der Redaktionswerkstatt fein säuberlich in seine Bestandteile zerlegt, inspiziert und penibel vermessen. Abschließend lädt MOTORRAD den Hersteller/Importeur zu einer Abschlussbesprechung ein.

Honda VFR 750 mit knapp 250.000 Kilometer

Seit 2003 bewertet MOTORRAD alle Dauertestmaschinen nach einem einheitlichen Punkteschema. Mittlerweile haben 44 Modelle diesen Dauertest mit Punktewertung durchlaufen. Zu beachten ist selbstverständlich, dass jeder Dauertest zunächst einmal ein Einzelfall ist, der nicht zwangsläufig repräsentativ für die gesamte Serienproduktion sein muss. Wenn bei einem Dauertester der Motor krepiert, muss nicht unbedingt bei jeder Serienmaschine der Motor früher oder später eingehen.

Und wo bleiben die Motorräder nach dem Ende des Dauertests? In der Regel gehen sie in zerlegtem Zustand zum Hersteller zurück. Manche von ihnen werden nie wieder fahrfertige Motorräder, andere kommen wieder auf die Straße. Falls der Hersteller kein Interesse an dem Teilepuzzle hat, kommt mitunter die MOTORRAD-Redaktion zum Zuge. So blieben in der Vergangenheit eine Reihe von Maschinen weiter im Dunstkreis der Redaktion. Beispielsweise übernahm Kollege Uli Baumann von auto, motor und sport 1994 eine VFR 750 und hat mitterweile knapp 250.000 Kilometer auf dem Tacho. Für manche Maschinen geht der Dauertest also nie zu Ende.