Bereits Ende 2023 präsentierte Honda im Rahmen der EICMA die neue Generation des nackten A2-Klassikers CB 500 . Dieses Mal ohne "F", dafür aber mit dem wiederauferstandenen Namenszusatz "Hornet". Nur ein Facelift oder ein gänzlich frisches Modell? Das bleibt wohl Definitionssache, jedenfalls haben die Japaner an ihrem erfolgreichen 48-PS-Naked-Bike eher behutsam gefeilt, statt gröbere Umbrüche zu wagen. Nachvollziehbar, gerade mit Blick auf Wirtschaftlichkeit und Kaufkraft der Zielgruppe. Die Devise "Never change a running system" scheint im Segment berechtigterweise nicht nur bei Honda Anklang zu finden. Aber dazu später mehr.
Honda CB 500 mit abschaltbarer Traktionskontrolle
Die erste Begegnung mit der Honda CB 500 Hornet ist beinahe wie das Wiedersehen mit einem eng vertrauten Motorrad-Kumpel, der unerwartet seine abgehangene Lederkluft gegen eine nagelneue Maßkombi eingetauscht hat. Sieht schick aus, die inneren Werte bleiben aber. So auch bei der Honda: Der geschmeidige 471-Kubik-Twin mit 180-Grad-Kurbelwelle ist abseits eines – laut Honda für verbesserte Beschleunigung – optimierten ECU-Mappings technisch unverändert. Geschaltet wird nach wie vor ohne elektronische Unterstützung. Ebenso entsprechen Chassis, Felgen, Bremsen, Tank und Heck samt Kennzeichenträger dem Vorjahresmodell.
Aufseiten der Elektronik hält eine abschaltbare Traktionskontrolle Einzug, Fahrmodi bleiben dagegen weiterhin den größeren Motoren vorbehalten. Die Serienbereifung kommt wie gehabt von Michelin, jetzt allerdings in Form der aktuellen, sechsten Generation des Pilot Road. Laut Datenblatt soll die Hornet ein Kilo leichter sein, unsere Waage attestiert allerdings exakt das Gewicht der Vorgängerin (189 Kilogramm). Seis drum, gegen die Fliegengewichte KTM 390 Duke (162 Kilogramm) und Kawasaki Z 500 (168 Kilogramm) würde das mächtige Insekt beim Durchzug auch nicht mehr Boden gutmachen.
Kawasaki Z 500 unter 6.000 Euro
Die Neuerungen im Bereich Kosmetik und Entertainment fallen schon eher ins Gewicht: Ein neu gestaltetes LED-Gesicht erinnert ans große Schwestermodell, neue Tankverkleidungen und der Verzicht auf bronzefarbene Akzente komplettieren die Abkehr vom altbekannten Neo-Classic-Look. Damit wird die Honda CB 500 Hornet zwar nicht zum Streetfighter, versprüht aber immerhin etwas jugendlicheren Flair. Dazu passt auch das renovierte Cockpit: Monochrome Anzeigen sind bei Honda nun auch in der 500er-Klasse Geschichte, stattdessen wird ein Fünf-Zoll-Display mit sehr aufgeräumter und gut ablesbarer Benutzeroberfläche und Bluetooth-Schnittstelle verbaut. Via beleuchtetem Vier-Wege-Schalter am Lenker werden Funktionen wie Navigation, Textnachrichten, Wetterdaten, Mediensteuerung und Telefonie möglich, Letztere natürlich nur mit Bluetooth-Headset.
Von so viel Digitalisierung in der Einsteigerklasse hält Kawasaki wenig, setzt anders als Honda primär auf einen neuen Motor mit mehr Wumms – zumindest für den deutschen Markt. Das mag zunächst kurios erscheinen, schließlich hat man ein modernes TFT-Cockpit nebst einigen weiteren Upgrades im Teileregal und verbaut es auch. Allerdings nur an der in Deutschland bisher nicht verfügbaren "Special Edition". Aus marktstrategischer Sicht ist der Zwangsverzicht schnell erklärt: Gesetztes Ziel für die neue A2-Zett war es, die Konkurrenz bei der Performance zu über- und beim Preis deutlich zu unterbieten. Das sitzt: Die Kawasaki Z 500 bleibt exklusive Überführungskosten knapp unter der 6.000-Euro-Marke, ist damit 900 Euro günstiger als die Hornet (6.900 Euro plus Überführung) und ganz nebenbei auch 450 Euro günstiger als ihre hubraumschwächere Vorgängerin. Und Team Orange? Ruft für die KTM 390 Duke rund 300 Euro mehr auf – zuzüglich etwaiger Extras.
KTM 390 Duke: eindrucksvolle Elektronik-Ausstattung
Neben dem spürbar auf Schub im unteren und mittleren Drehzahlbereich getrimmten Zweizylinder hat Kawasaki auch optisch Hand angelegt, lässt die Kawasaki Z 500 wie bei Generationswechseln in der Familie mittlerweile üblich kantiger und grimmiger auftreten. Und der Digitalisierung verweigert man sich auch nicht vollkommen, denn trotz des angestaubt wirkenden, aber gut ablesbaren Displays sind Connectivity-Features an Board. An anderer Stelle ist der Rotstift wiederum spür- und sichtbar: etwa beim, abgesehen vom ordentlich abgestimmten ABS, völligen Verzicht auf elektronische Assistenz. Oder an Auswahl und Machart der Fahrwerks- und Chassis-Komponenten. Kein Bling-Bling, nirgends. Klar, eine einfache Kastenschwinge aus Stahl und die herkömmliche Telegabel funktionieren irgendwie doch gut genug, vor allem in dieser Gewichtsklasse. Aber gerade bei der Jugend isst das Auge ja bekanntlich doch mit.
Und genau hier setzt KTM mit der neuen KTM 390 Duke an. Großzügig dimensionierte und zur Schau gestellte Federelemente, auffällige Alu-Schwinge und die konsequente Umsetzung der Optik der großen Schwestern. Besonders eindrucksvoll demonstriert sie zudem, wie umfangreich sich die Ingenieure in Mattighofen auch in der Unter-7.000-Euro-Klasse im Elektronikregal bedienen können. Neben schräglagensensitivem ABS mit Supermoto-Modus fährt die Duke drei Fahrmodi (Street, Rain und Track), einen Schaltassistenten samt Blipper, abschaltbare Traktionskontrolle und sogar Launch Control auf. Dazu verfügt das hochauflösende Farbdisplay über sämtliche Connectivity-Features der größeren Duke- und Super Duke-Geschwister. Klotzen statt kleckern ist angesagt.
Kawasaki Z 500: sportlicher, besseres Vorderradgefühl
Nur nicht beim Platzangebot, denn was die Ergonomie angeht, bleibt die KTM 390 Duke eher die richtige Wahl für kleinere Fahrerinnen und Fahrer. Zwar fällt die Sitzhöhe mit 820 Millimetern nicht besonders niedrig aus, dank schmaler Sitzbank und Tank ist der Boden trotzdem auch für Kurzbeinige gut erreichbar. Besonders nach hinten setzt die Kante des Soziusplatzes der Bewegungsfreiheit schnell Grenzen. Der breite Lenker ist trotz moderater Höhe nah am Oberkörper, die Rasten vergleichsweise weit vorne. Daraus resultiert in Summe ein gewöhnungsbedürftiges Arrangement mit erstaunlich wenig Motorrad vor der Nase. Typisch für die Supermoto-Gene der Duke-Familie, die sie von den Mitbewerberinnen abgrenzen. Sportlicher und mit besserem Vorderradgefühl nimmt man auf der Kawasaki Z 500 Platz.
Ihr Lenker ist flach und leicht nach unten gekröpft, spannt den Reiter leicht nach vorn gebeugt über den zierlichen Tank. Das bringt Druck auf die Front, schafft eine direktere Verbindung zum Asphalt und damit auch mehr Vertrauen. Auch auf der Z ist das Platzangebot in Längsrichtung allerdings begrenzt. Immerhin hat sie dank neu geformter Sitzfläche die Angewohnheit abgelegt, den Reiter ungewollt nach vorne zu schieben. Die Ergonomie der Honda CB 500 Hornet erscheint im Vergleich unspektakulär, und zwar im positiven Sinne. Die Hornet integriert den Fahrer auf 790 Millimetern Sitzhöhe gut ins Fahrzeug, inaktiv wirkt die Position aber dabei nicht. Das Sitzpolster ist komfortabel, die Bewegungsfreiheit groß. Der Kniewinkel geht auch für Größergewachsene noch als entspannt durch, ist allerdings nicht ganz so offen wie bei den weiter vorne platzierten Rasten der KTM.
KTM 390 Duke: Knackiger Quickshifter, feinste Gasdosierung
Durch den Stadtverkehr bahnen wir uns zunächst den Weg in Richtung freie Landstraße. Auf der KTM 390 Duke mit gemischten Gefühlen. Der knackige Quickshifter mit kurzen Wegen und präzise rastenden Fahrstufen gefällt, ebenso wie das wuselige Handling, mit dem sich die KTM unbeschwert durch die Blechlawinen zirkeln lässt. Dahingegen nervt im Stop-and-go die Kombination aus geringer Schwungmasse, niedrigem Drehmoment aus dem Keller und indifferentem Kupplungsschleifpunkt. Fast auf jeden im Testbetrieb gängigen Maschinentausch folgt so früher oder später ein Abwürgen in einer Anfahrsituation. Der etwas unrunde, wenig harmonische Motorlauf im unteren Drehzahlbereich tut dazu sein Übriges.
Dabei kann der Single auch ganz anders: Bei Laune gehalten zeigt er die feinste Gasdosierung und die sanftesten Lastwechselreaktionen im Testfeld. Insbesondere die Kawasaki Z 500 hackt dagegen beim Gasanlegen regelrecht auf die Kette. Dafür gibt sich der Zweizylinder erwartungsgemäß vibrationsärmer, erst jenseits der 6.000 Touren macht sich ein hochfrequentes Kribbeln in den Fingern bemerkbar. Noch besser macht das der souveräne Honda CB 500 Hornet -Motor, der über das gesamte Drehzahlband äußerst laufruhig agiert. Er lässt sich problemlos untertourig und schaltfaul fahren, hat dafür weniger Temperament und Drehfreude als die Motoren von Kawasaki und KTM.
Honda CB 500: hohe Schräglagenfreiheit
Charakterlich passt der bullige Antrieb aber hervorragend zur unaufgeregten Honda und ihren touristischen Qualitäten. Die äußern sich nach dem Stadtverkehr auf der Hausstrecke auch in Sachen Kurvenstabilität. Die Honda CB 500 Hornet spielt mit längerem Radstand und flacherem Lenkkopfwinkel in einer anderen Liga als die betont verspielt ausgelegten Bikes von Kawasaki und KTM. Was nicht bedeutet, dass die Honda unhandlich wäre: Sie braucht nur einen etwas deutlicheren Impuls, um in Schräglage zu fallen, zirkelt dann aber präzise ums Eck und bietet genau wie die beiden anderen Kandidatinnen hohe Schräglagenfreiheit. Und der Fahrspaß ist bei der Hornet auch nicht an frisch asphaltierte Abschnitte gebunden. Selbst bei zernarbter Asphaltdecke bügeln die Showa-Federelemente Unebenheiten zuverlässig aus. Fehlende Einstellmöglichkeiten für Zug- und Druckstufe haben wir nicht vermisst: Kein Aufschaukeln, kein Durchschlagen, beide Räder halten zuverlässig den Fahrbahnkontakt. Auch bei harten Bremsmanövern liegt die Hornet stabil und taucht vorne nicht zu stark ab.
Nicht nur die Honda verdient in dieser Kategorie Lob, auch die Fahrwerke von Kawasaki und KTM arbeiten, gemessen an der Preis- und Fahrzeugklasse, auf erfreulich hohem Niveau. Die Kawasaki Z 500 ist insgesamt etwas weicher als die Honda, ihre Hardware spricht aber nicht ganz so fein an und filtert Schläge besonders am Heck nicht so zuverlässig heraus. Insgesamt am straffsten zeigt sich die KTM 390 Duke. Trotz umfassender Einstellmöglichkeiten am Fahrwerk. An der Front lässt sich die WP-Gabel in Zug- und Druckstufe justieren, hinten darf neben der Federvorspannung die Zugstufendämpfung reguliert werden. Dabei sind die Einstellschrauben gut erreichbar und bieten einen relativ breiten Einstellbereich, der aber in Richtung Komfort noch mehr Luft vertragen könnte.
KTM 390 Duke mit Kurven-ABS
Stichwort Bremse: Hier profitiert die Honda CB 500 Hornet klar von der schwereren, aber auch spürbar performanteren 296-Millimeter-Doppelscheibenbremse von Nissin. Sie liefert viel Bremskraft und baut diese angenehm progressiv und fein dosierbar auf. Auch die Einzelscheibe der Kawasaki Z 500 wirkt durch ihren kräftigen initialen Biss sportlich, entfaltet ihre Bremswirkung dann aber linearer und braucht insgesamt etwas mehr Nachdruck am Hebel. Im Vergleich dazu wirkt die Duke-Bremse (ebenfalls mit Einzelscheibe) eher stumpf und etwas matschig, kann in Sachen Druckpunkt und Wirkung nicht ganz mit der Japan-Ware mithalten. Was das Aufstellmoment beim Verzögern betrifft, schneiden alle Motorräder gut ab. Keine der Maschinen zeigt unangenehme Auffälligkeiten, alle lassen sich gut in Schräglage hineinbremsen. Extra Sicherheit in Form von Kurven-ABS bietet allerdings nur die KTM 390 Duke. Einer der Gründe für ihr gutes Abschneiden in der Kategorie Alltag. Apropos: Nicht nur als reine Spaßgeräte sind die A2-Nakeds eine Wucht. Alle bieten Reichweiten von über 400 Kilometern, ermöglicht durch geringe Verbrauchswerte von nur rund 3,5 Litern pro 100 Kilometer. Für Pendler sind diese Nakeds allein deshalb praktische und wirtschaftliche Optionen.
Und soll die 150-PS-plus-Fraktion ruhig schmunzeln: Mit A2-Nakeds wird der Landstraßenritt dank signifikantem Vollgas-Anteil zum erquickenden Erlebnis. Mal durchbeschleunigen und den Motor ausdrehen, ohne gleich um den Führerschein fürchten zu müssen, ist kein Handicap, sondern ein Privileg. Obendrein punkten die Einstiegs-Nackedeis mit exzellentem Preis-Leistungs- beziehungsweise Preis-Fahrspaß-Verhältnis.
Honda CB 500 Hornet (2024) | Kawasaki Z 500 (2024) | KTM 390 Duke (2024) | |
Motor | 2, Reihenmotor | 2, Reihenmotor | 1, Motor |
Leistung | 35,0 kW / 47,0 PS bei 8.600 U/min | 33,0 kW / 45,0 PS bei 9.000 U/min | 33,0 kW / 44,0 PS bei 8.500 U/min |
Hubraum | 471 cm³ | 451 cm³ | 399 cm³ |
Leergewicht vollgetankt | 165 kg | ||
Sitzhöhe | 785 mm | 785 mm | 820 mm |
Grundpreis | 6.900 € | 5.995 € | 6.299 € |