48-PS Einsteiger-Naked Bikes im Vergleichstest

A2 Bikes von Honda, KTM, Brixton und Voge
48-PS Einsteiger-Naked Bikes im Vergleichstest

Zuletzt aktualisiert am 11.10.2023

Lass dir bloß nicht erzählen, dass ein A2-Bike nicht stark genug wäre. Auch wenn in dieser Klasse nur 3,65 Kilogramm pro PS (und maximal 48 PS) erlaubt sind. Mit einem 48-PS-Naked Bike kannst du dich zum Beispiel mit einem aktuellen Audi RS 4 locker messen. Dessen Motor leistet 450 PS, muss aber 1.788 Kilogramm beschleunigen – ergibt 3,97 Kilogramm pro PS. Er würde sich in diesem Feld, bestehend aus Honda CB 500 F (vollgetankt 3,94 kg/PS), KTM 390 Duke (3,82 kg/PS), Brixton Crossfire 500 X (4,04 kg/PS) und Voge 500 AC (4,34 kg/PS) genau in der Mitte einsortieren. Und das Spiel mit den Gesetzen der Physik, den Tanz der Kräfte, Momente und Schräglagen beherrschen naturgemäß nur die Zweiräder. Auf engen Sträßchen sind A2-Bikes übrigens auch stärkeren Artgenossen nicht hoffnungslos unterlegen. Klar, wenn das aktuell stärkste Naked Bike, die Ducati Streetfighter V4 (sie setzt 208 Kilogramm unglaubliche 208 PS entgegen – exakt 1,0 kg/PS) loslegt, gibt’s kein Halten mehr. Aber solche Urgewalt ist im Straßenverkehr so gut wie nie abrufbar. Theoretisch bräuchte die Streetfighter V4 auf der Landstraße nur den ersten Gang (übersetzt auf 132 km/h), und in dem gibt die Elektronik sowieso nicht die volle Leistung frei.

In der 48-PS-Klasse sieht das anders aus. Hier dürfen die Motoren durch voll geöffnete Drosselklappen einatmen und frei drehen, bis der Begrenzer einschreitet. Du wirst puren Fahrspaß erleben, das Potenzial des Motorrads ausschöpfen, ohne dabei Führerschein und Leben akut zu gefährden. In diesem 48-PS-Vergleich stellen wir dir 4 aktuelle Naked Bikes der A2-Klasse vor.

Honda CB 500 F: die Alleskönnerin

Sieht scharf aus, oder? Seit diesem Jahr bekommst du bei der Honda CB 500 F endlich eine Upside-down-Gabel, dank der die Frontpartie des Bikes deutlich bulliger wirkt als beim Vorgängermodell. Die Showa-Big-Piston-Gabel stammt wie die neue Bremsanlage (296-Millimeter-Doppelscheibe und radial verschraubte Vierkolben-Festsättel) von der größeren 650er-Schwester. Weil Felgen, Schwinge und Kühler leichter wurden, bleibt das Gewicht trotz üppiger dimensionierter Frontpartie aber bei moderaten 189 Kilogramm vollgetankt, und wenn dir ein sicherer Stand beim Rangieren wichtig ist, wird dir die Sitzhöhe von nur 795 Millimetern gefallen. Das schmale Polster macht es dir leicht, im Stand den Boden sicher zu erreichen.

Und einmal in Bewegung beweist die nachgeschärfte Honda, dass Fahrschulen sie nicht nur deshalb seit Jahrzehnten gerne zu Ausbildungszwecken einsetzen: Die CB präsentiert sich als wahres Allround-Talent. Fahrern und Fahrerinnen von 1,60 bis weit über 1,80 Meter Körpergröße bietet sie ausreichend Platz, positioniert dich in jedem Fall aktiv in Richtung Vorderrad, aber angenehm aufrecht. Der 471-Kubik-Zweizylinder-Motor ist für seine Klasse überaus kräftig. Er ruppelt und zuppelt auch bei niedrigen Drehzahlen nicht unkultiviert und grob an der Kette herum, sondern besticht hier mit Laufkultur und geschmeidigem Umsetzen von Gasbefehlen. Das wirst du im urbanen Verkehrsdickicht genauso schätzen wie auch die sehr leichtgängige Kupplung und das fluffige Getriebe mit klarer Rastung. Und wenn du es auf freiem Terrain sportlich magst, kein Problem: Der Twin steigert sich beinahe linear bis auf gemessene 46 PS bei 8.700/min und geht auch obenrum weich ans Gas – beste Voraussetzungen für eine flotte Hausstreckenrunde.

Für jene passt das Fahrwerk gut, auch wenn dessen Abstimmung nicht zuletzt auf Komfort ausgerichtet ist. Die neue Gabel dämpft weich, spricht brillant an und bewältigt Unebenheiten jeder Art und Größe mit links. Das ebenfalls softe Federbein schont den Rücken, indem es kurze, harte Stöße von dir fernhält. Durch wenig Zugstufendämpfung federt es aber recht flott aus und lässt dich auf ganz schlechtem Geläuf hin und wieder leicht aus dem Sattel hüpfen. Ist die Strecke dann wieder topfeben, ermuntert die CB zum Angasen. Mit ihr liegst du stabil in der Kurve, bis tief unten die Rasten schleifen. Die Michelin-Road-5-Serienreifen geben dir dabei stets ein sicheres Gefühl und stellen sich beim Bremsen in Schräglage nur minimal auf. Die Dosierung der Bremse gelingt mit wenig Handkraft sehr gut, das ABS-System regelt zuverlässig und fein.

Je härter du bremst und beschleunigst, desto mehr Bewegung leiten die soften Federelemente ins Chassis, ohne dabei die Linientreue der CB zu beeinflussen. Das Federbein schwingt in schnell gefahrenen Bögen über Wellen leicht nach. Vorn bleibt’s ruhiger und die Gabel gibt dir stets ein gutes Feedback vom Vorderrad. Wenn du absolute Wendigkeit, Kurvengier und Präzision für die Hausstrecke suchst, ist die Honda eine erstklassige Wahl. Unterm Strich schafft die Honda aber einen sehr breiten, sogar den breitesten Spagat zwischen Komfort und Sportlichkeit.

KTM 390 Duke: die Sportliche

Magst du es lieber kompromisslos dynamisch? Fahrkomfort kommt bei dir nicht an erster und auch nicht an zweiter Stelle? Dann nimm doch mal auf der KTM 390 Duke Platz. Ja, nominell mag der 373-Kubik-Einzylinder das schwächste Triebwerk im Feld sein, aber er hat neben dir gerade mal 168 Kilogramm zu beschleunigen. Ein Blick auf die Fahrleistungen lohnt sich auch, denn hier zeigt sich, dass die Duke von 100 bis 140 km/h im sechsten Gang am besten durchzieht. Dass sie von 60 bis 100 km/h weniger gut dasteht, liegt im Charakter des Motors begründet. Er ist Sportler durch und durch. Einzylindertypisch schüttelt er dich besonders bei niedrigen Drehzahlen ordentlich durch. Schwere Schwingungsdämpfer an den Lenkerenden absorbieren die Vibrationen gut, in Sitz und Rasten sind sie aber besonders stark spürbar. Nach überschreiten der 7.000er-Marke hängt die Duke dann nicht nur besonders direkt am Gas, sie entwickelt auch viel Druck und anschließend ein Leistungsplateau zwischen 8.500/min und knapp über 10.000/min. Als Einzige in diesem Vergleich gelingt es der KTM, das Vorderrad im ersten Gang durch reines Beschleunigen zu heben.

Dabei helfen zugegebenermaßen auch Sitzposition, Geometrie sowie das Gewicht und dessen Verteilung. Extrem kompakt spannt die Duke dich auf dem harten, breiten Sitzpolster ein, gibt mit aufrechter Haltung nah an Lenker und Vorderrad ein ganz eigenes Fahrgefühl irgendwo zwischen "normalem" Naked Bike und Supermoto. Viel Bewegungsspielraum bleibt aber nicht. In dieser Haltung fordert die KTM dich heraus, stachelt dich förmlich dazu an, die Gänge auszudrehen (dabei bleibt der Sound angenehm dezent) und über den optionalen Quickshifter mit Blipperfunktion, der beim Hochschalten recht viel Fußkraft fordert, durchzusteppen. Wie ein Floh springt die Duke von Kurve zu Kurve. Der Vierkolben-Radialsattel presst die Bremsbeläge schon beim Anlegen des Hebels kräftig gegen die 320-Millimeter-Scheibe und verzögert stark. Zur Dosierung braucht‘s mehr Feingefühl als bei der Honda-Bremsanlage. Das ABS bietet zwei Modi: "Road" bedeutet frühes, sicheres Eingreifen. Bei "Supermoto" sind auch Stoppies möglich und am Hinterrad ist das System dann abgeschaltet.

An CB und Co prescht die Duke im Kurvengetümmel easy vorbei, hier kann sie ihre Stärken ausspielen. Mit unerreichter Handlichkeit legt sie dich in Schräglage, gibt dabei über die Metzeler-Sportec-M5-Reifen ein sattes Anlehngefühl und die Gewissheit, stets noch etwas engere Linien als alle anderen realisieren zu können. Feedback und Zielgenauigkeit sind über den gesamten Kurvenverlauf top. Die Kehrseite dieser beeindruckenden Performance ist sehr wenig Federungskomfort. Straff abgestimmt und allenfalls mäßig ansprechend leitet besonders das direkt angelenkte Federbein jedes Schlagloch direkt an dich weiter. Die Gabel macht’s etwas besser, auf Buckelpisten wirkt die Front aber stets leicht nervös. Hier machst du instinktiv lieber etwas langsamer und biegst so schnell wie möglich auf besseres Terrain ab – um dort fröhlich weiterzuwuseln.

Die Stylishe: Brixton Crossfire 500 X

Stilbewusstsein ist dir wichtiger als Performance, und ein klassisch gezeichnetes Bike zieht dich mehr an als kantig-aggressive Styles? Dann könnte dir die Brixton Crossfire 500 X gefallen. Während Honda CB 500 F, KTM 390 Duke und Voge 500 AC lupenreine Naked Bikes sind, mischt die Crossfire nämlich ein paar Scrambler-Zutaten zugunsten einer ganz eigenen Optik unter. Als da wären: Rundscheinwerfer im Kompass-Look, Speichenfelgen mit grob profilierten Pirelli-MT60-RS-Reifen (dem X-Modell vorbehalten), langer Tank und durchlaufende, gesteppte Sitzbank. Die Brixton trägt im Vergleich zur legeren Konkurrenz feine Abendgarderobe und wirkt optisch erwachsener. Diesem Äußeren entspricht auch ihr Wesen. Die Crossfire offenbart dir schon beim ersten Aufsitzen, dass es hier nicht so quirlig zugeht wie auf Honda oder gar KTM. Deine Knie umschließen einen breiteren Tank, und um den ebenfalls breiten Lenker zu erreichen, musst du dich weiter nach vorn beugen. Das Vorderrad selbst ist fern. Kupplung, Getriebe und Gasgriff fordern bei der Betätigung jeweils etwas mehr Kraft, wirklich zäh ist aber nur die Bremse. Die Dosierbarkeit an sich passt bis zu mittlerer Verzögerung gut, aber so fest man dann auch weiter am Hebel ziehen mag, bis in den ABS-Regelbereich zu verzögern, fällt überaus schwer.

Dieser mäßigen Bremsperformance steht ein kräftiger Motor gegenüber. Er sieht dem der Honda CB 500 F äußerlich zum Verwechseln ähnlich, kann sein Vorbild mit etwas mehr Hubraum (486 Kubikzentimeter) sogar um gemessene 3 PS Spitzenleistung übertreffen. Die 194-Kilogramm-Brixton zieht deshalb sehr stark durch, auch wenn beim Ausdrehen der Gänge im realen Fahrbetrieb nicht das Dynamik-Feeling aufkommt, das Honda und KTM vermitteln. Die Vibrationen des Twins halten sich bei der Brixton aber stets im Rahmen, und auch das Ansprech- und Lastwechselverhalten ist ohne Fehl und Tadel.

Im Gegensatz zur Konkurrenz lassen sich Gabel- und Federbein in der Zugstufendämpfung (nicht in der Druckstufendämpfung, wie es auf der deutschen Herstellerwebsite vermerkt ist) einstellen. Der Dreh an den Schräubchen offenbart einen relativ breiten Einstellbereich. Insgesamt ist die Crossfire sehr straff abgestimmt, und du solltest gerade an der Gabel die Dämpfung weit öffnen. Auch dann bleibt das Ansprechverhalten allerdings zäh. Das Federbein passt in dieses Bild, sein Grundsetup ist nicht ganz so straff. So lässt die Brixton einige Komfort-Punkte liegen. Sie hätten ihrem eher gediegenen Charakter gut zu Gesicht gestanden, denn im Geschlängel zeigt sich die Crossfire zwar sehr satt am Asphalt klebend und stabil, doch deutlich träger als ihre Konkurrentinnen. Sie fühlt sich massiger an als sie ist, folgt der Linie zwar brav, aber in Wechselkurven läuft verglichen mit der KTM alles in Zeitlupe ab und das Limit kündigt sich früh durch aufsetzende Fußrasten an. Spätestens in diesem Moment drosselst du das Tempo und erfreust dich lieber beim maßvollen Swing an Linientreue, Stabilität und einem erhabenen Fahrgefühl.

Die Komfortable: Voge 500 AC

Schwestern im Geiste sind Voge und Brixton. Auch die Voge versprüht schon bei geringen Schräglagen Funken und raspelt die Fußrasten langsam runter, bis die Auspuffblende den Boden berührt. Wenn du es also lieber etwas entspannter magst, ist die AC einen genauen Blick wert. Ihr Motor kann auf eine kräftige Mitte zurückgreifen, obenraus geht dem gut ansprechenden 471-Kubik-Twin aber am ehesten die Puste aus und er erreicht seinen Peak schon bei 8.300/min. So lädt er eher zum lässigen Dahinsurfen ein. Charakterlich passt das zur Ergonomie mit aufrechter Position, komfortablem, breitem Sitzpolster, weit nach hinten gezogenem Lenker und weit vorne und unten liegenden Fußrasten. Auf der Voge zwickt auch nach längeren Etappen am Stück nichts. In entspannter Haltung kannst du sie lässig und ohne nennenswerten Kraftaufwand aus der Hüfte steuern. Geschmeidig, nicht so flink wie mit Honda und KTM geht’s um die Radien. Ähnlich sieht’s bei Kupplung und Getriebe aus. Beide funktionieren solide, am Handhebel herrscht aber ein etwas teigiges Gefühl, und der Fußhebel muss lange Wege zurücklegen. Die AC ist handlicher als die Crossfire, ihre 10 Extrakilos merkt man ihr im direkten Vergleich nicht an. Auch die Bremse präsentiert sich deutlich besser als die der Brixton, lässt sich sogar am besten dosieren, solange das grob regelnde ABS nicht einschreiten muss. Die AC setzt ambitioniertem Fahren jedoch das schwammigste Feeling mit wenig Feedback vom Gripzustand der Pirelli-Angel-GT-Pneus entgegen. In Kombination mit dem größten Aufstellmoment beim Bremsen rollt die Voge 500 AC flott bewegt nicht sonderlich präzise durch enge und weite Kurven.

Du lehnst dich daher nach kurzem Angasen lieber im Sattel entspannt nach hinten, um dich am komfortablen Fahrwerk zu erfreuen. Im eiligen Galopp brachte es noch viel Bewegung in die Fuhre, jetzt ist es in seinem Wohlfühlbereich angekommen. Kieselsteinchen filtert es zwar nicht ganz so fein heraus wie das der Honda, aber verglichen mit KTM und Brixton schwebst du auf der Voge über zerfurchte Straßen sanft hinweg. Das große TFT-Cockpit, das viele Informationen über Trips, Verbrauch und sogar den aktuellen Reifendruck liefert, bietet als Einziges die Möglichkeit, das Smartphone zu verbinden und dann während der Fahrt bei verbundenem Headset Anrufe entgegenzunehmen. In Sachen Ablesbarkeit sortiert sich das Cockpit vor den einfachen LC-Displays von Honda und Brixton ein, aber noch hinter dem TFT der KTM 390 Duke.

Solltest du gerne auch mal einen Fahrgast begrüßen wollen, dann hat er oder sie es auf der Voge 500 AC am bequemsten. Der Kniewinkel bleibt auch bei einem 1,80-Meter-Mitfahrer angenehm, und die Haltegriffe sind gut erreichbar. Nur das Sitzpolster dürfte etwas länger sein. Die Tagestour zu zweit genießt man auf der 500 AC etwas mehr als auf CB 500 F und Duke 390 (bei beiden sind die Kniewinkel in zweiter Reihe okay, die Polster hart) und viel mehr als auf der Crossfire 500 X (Spitzer Kniewinkel, keine Haltemöglichkeit). Und Solo ist die Voge ohnehin etwas für entspannte Genießer.