Aprilia und Triumph beglücken die "Neue Mitte" mit kompletten Neuentwicklungen, der Tuono 660 und der Trident 660. Im Vergleichstest treffen sie auf die Honda CB 650 R. Willkommen im Club der mittleren Mittelklasse, mit maximal 95 PS komplett A2-tauglich. Dazu preiswert und fahraktiv, bezahlbar und doch begehrenswert. Italien trifft auf England und Japan – okay, fast: Triumph entwickelt in Hinckley, produziert aber generell in Thailand, wo Honda auch diese CB baut, Motorenfertigung inklusive. Die Motoren-Konzepte Zwei-, Drei- und Vierzylinder stehen stellvertretend für diese drei großen Motorrad-Nationen und ihre typischen Philosophien. Hier geht es um Charakterstudien!
Laute Aprilia Tuono 660 mit 99 dB
Helm auf, Kombi an. Dreimal Druck aufs Knöpfchen, und in neun Zylindern und zusammen ziemlich genau zwei Litern Hubraum beginnt es zu pulsieren, zu wirbeln und zu zünden. Sofort offenbaren sich erste Unterschiede in Klang und Wesen. Aus fetten Krümmern und ihrem Unterflur-Auspuff prustet und posaunt die Tuono tieffrequent-bollige, volltönende Lebensfreude in den Äther. Krawallige 99 Dezibel Standgeräusch (okay, bei halber Nenndrehzahl, also 5.250 Umdrehungen) sind allerdings zu viel des Guten. Rein akustisch ist es das typische Stakkato eines 90-Grad-V2.
Triumph Trident mit 94 dB Tirol-tauglich
Ja, der ungleichmäßige Zündabstand von erst 270 und dann 450 Grad Kurbelwellenumdrehung sorgt trotz günstiger zu fertigenden Reihenmotors für diese akustische Fata Morgana. Und der Reihen-Zweier entspricht bei Aprilia ja einem halben V4. Dem setzt der Triumph-Triple das typische rauchige Knurren entgegen – für Fans dieses Konzepts ist das einer der schönsten Motoren-Sounds überhaupt. Alle 240 Grad feuert hier eine der drei Zündkerzen, wie im Mercedes-Stern stehen die drei Hubzapfen im 120-Grad-Winkel zueinander. Leise 94 Dezibel machen Tirol-tauglich. Löblich.
Grollende Honda CB 650 R mit 97 dB
Noch gleichmäßiger, alle 180 Grad, also bei jeder halben Kurbelwellenumdrehung, zündet Hondas Inliner. Ist ja auch ein bestechendes Konzept, vier Takte und vier Zylinder miteinander zu kombinieren. Und zwar ganz besonders seit dem Jahrhundert-Motorrad CB 750 Four, das die Zweirad-Welt revolutionierte, mit nicht viel mehr Hubraum als unser 650er hier und heute. Erstaunlich also, dass die Vier in Japan als Unglückszahl gilt, am liebsten ausgelassen wird. Am Klang kann es nicht liegen, denn der ist sonor, dumpf grollend. Allerdings hebt die Honda nach dem Kaltstart lästig lange die Leerlaufdrehzahl auf minimal knapp 2.000 Touren an. Mit 97 dB(A) reißt auch die CB die heiß diskutierte 95er-Messlatte.
Mit einem Finger lässt sich die prima dosierbare Honda-Kupplung ziehen. Ebenfalls klasse arbeitet die Aprilia-Kupplung. Am Handhebel der Triumph braucht es einen Tick mehr Kraft, zwei Finger. Ist also Jammern auf hohem, besser gesagt: niedrigem Niveau. Seilzug-Kupplungen sind so schlecht nicht. Recht aufrecht und erhaben sitzt es sich auf Triumph und Honda. Etwas weniger von den oberen Etagen der Straßenschluchten sieht man auf der Tuono durch die weiter nach vorn gebeugte Sitzposition. Wer meint und will, kann Drei- und Vierzylinder selbst im Großstadtgezuckel ruckfrei im sechsten Gang fahren, Tempo 50, 40 und vielleicht sogar 30er-Zonen erledigen sie easy im großen Gang. 2.000 Touren? Kein Problem.
Lässig rumrollen mag die Aprilia nicht
Nicht so die Tuono: Niedertourigste Fahrweise ist nicht so ihr Ding; ihr hochverdichtender Pseudo-V2 mit eher wenig Schwungmasse will zugunsten guten Rundlaufs lieber einen Gang oder besser gleich zwei Gänge niedriger gefahren werden. Ein für allemal: Die Legenden von Zweizylindern, die "tierisch stark von unten kommen", von "Twins mit Durchzug ohne Ende" gehören zumindest hier ins Reich der Fabel. Das pure Gegenteil ist der Fall. Die im Durchmesser größten Kolben mit dem absolut wie prozentual größten Hub hacken im Drehzahlkeller unter 3.000 Touren noch unmotiviert auf die handlingfördernd schmale Kurbelwelle ein. Lässig rumrollen mag die Aprilia nicht. Sie fordert und fördert. Flotte Fahrweise nämlich.

Raus aus der Stadt, rauf auf die Landstraße. Egal ob von Tempo 60 auf 100 oder auf der Autobahn auf 140 oder gar bis 180 km/h: Stets zieht die Tuono im Sechsten am schlechtesten durch. Drehen oder nicht ausdrehen, das ist bei der Aprilia die Frage. Ab 5.000/min wird die Aprilia lebendig, ab der 7.000er-Marke zeigt die elektronisch vielfach variierbare Tuono ihr zweites, gänzlich anderes Naturell. Jetzt kennt sie kein Halten mehr, stürmt entfesselt-rasant bis in fünfstellige Drehzahlbereiche. Heißa, das ist ein echter feuriger Sportmotor. Genau dieses Losschnalzen aus der Mitte heraus, die stürmische Leistungsentfaltung obenheraus begeistert. Ausdrehen ist ein Vergnügen – und dann per optionalem Schaltautomat (Blipper) ohne Kupplung den nächsten Gang nachlegen, einfach herrlich.
Zwei 48 Millimeter große Drosselklappen bieten einen größeren Ansaugquerschnitt als die drei 38er der Triumph und erst recht als die vier 32er-Drosselklappen der Honda. Da ist gute Füllung garantiert. Muss ja – neben den höheren Drehzahlen – irgendwo herkommen, dass die Tuono mit echten 91 PS so viel mehr Leistung abdrückt als die in etwa gleich großen Japan-Twins in Kawasaki Z 650, Suzuki SV 650 oder Yamaha MT-07.
Mit 84 PS nah an idealer Landstraßen-Motorisierung
Wie ein Großer faucht und röhrt der Triumph-Triple. Und zieht auch so durch: 8,8 Sekunden im Sechsten von 60 auf 140 km/h stehen in dieser Klasse für beeindruckende Bulligkeit. Elastisch bei tiefsten Drehzahlen, kraftvoll in der Drehzahlmitte – bis knapp 0 Touren drückt der Drilling am besten. Erst oberhalb dieser Marke wirkt er weniger motiviert. Ausdrehen? Wozu? Mehr Drehmoment für weniger Dreh-Momente lautet das Motto. Ausgeklügelte Interferenzrohre und perfekt angepasste Steuerzeiten scheinen den Punch von unten zu beflügeln. Triumph hat nicht alles an Spitzenleistung reingepackt, was möglich gewesen wäre. Echte 84 PS sind nah an einer idealen Motorisierung für Landstraßen. Du vermisst nichts.

Rekordverdächtig häufig und doch unmerklich kurz regelt die feinfühlige Traktionskontrolle bis hinauf beim "Rausfeuern" aus lang gezogenen Kurven im vierten oder fünften Gang. Häufiges Flackern der TK-Kontrollleuchte im Cockpit ist auch ein Beleg für den bulligen Drehmomentverlauf des breitbandigsten Motors. Zudem läuft der Triple mechanisch am angenehmsten – du spürst sanftes Pulsieren, leidest aber nie darunter. Ist einfach sehr gut erzogen, dieser Triple. Englische Schule eben.
Wermutstropfen? Nun, besonders im kastrierten Regen-Modus wirkt die Gasannahme aus dem Schiebebetrieb heraus träge. Im Straßen-Modus hängt der Dreizack besser, progressiver am Gas. Trotzdem dürfte der Triple gern noch direkter ans Gas gehen. Zudem schiebt er beim Schließen des Gasgriffs noch ein wenig nach. Sonst noch was? Ach ja: Der optionale Schalt-Assistent, ein Blipper auch fürs kupplungslose Runterschalten, blieb beim Test-Exemplar beim Raufschalten mitunter mal hängen. Und zwar beim Übergang von den Gangstufen vier und teils weiter in die sechs. Egal, denn Triumphs kleinster Triple ist ein ganz Großer.
Die Honda braucht und kann Drehzahlen
Auf der Honda CB 650 R klickst du dich kinderleicht durchs Getriebe. Der elastische Vierzylinder steigt zwar untenherum kräftiger ein als der Tuono-Twin, aber viel schlapper als der Triumph-Triple. Ja, die Honda braucht und kann Drehzahlen. Und wie. Völlig unangestrengt stürmt sie bis über 12.000 Touren. Lohn der Mühe sind volle 93 PS bei 11.800 Umdrehungen. Das hat auf Landstraßen durchaus Unterhaltungswert. Auf der einen Seite mit dezent säuselndem Vierzylinder bei niedrigen Drehzahlen entspannt dahingleiten. Andererseits dieses Ausquetschenmüssen, die pflichtbewussten kleinen 67er-Kölbchen engagiert durch ihre Laufbahnen zu jagen, wenn’s mal zackig vorangehen soll. Auch wenn in der zweiten Drehzahlhälfte lästig-feinpixelige Vibrationen kribbeln.

Aus Rollphasen heraus springt die CB am härtesten ans Gas, etwa am Scheitelpunkt von Kurven. Das kann schon mal irritieren, die angepeilte Linie verhageln. Lastwechsel also besser weich einleiten statt grobmotorisch Gas aufreißen. Technisch prägt das Vierzylinder-Konzept seine kurzhubigste Auslegung und in Summe die größte Fläche aller Kolben. Dieser Motor wäre also für noch mehr Spitzenleistung gut. Honda lässt es jedoch mit bloß einem Mapping und den aufaddiert kleinsten Ansaugquerschnitten gut sein – nur nicht über 95 PS kommen. Immerhin, dieser Typ Motor hat sich zehntausendfach bewährt, befeuerte schon die selige CB 650 F ab 2014. Zwar beschleunigt der Reihenvierer richtig gut, doch emotional wirken Twin und Triple spritziger.
Kurios: 192 km/h Höchstgeschwindigkeit in den Honda-Papieren sind eine reine "Scheinangabe". Tatsächlich rennt die 650er auf der Autobahn volle 214 Sachen, gleichauf mit der Aprilia. Nur die Trident winkt tatsächlich bereits unter der magischen 200er-Marke ab. Na und? Erstaunlich stabil bolzt die Triumph als gefühlt nacktestes der drei Nakeds geradeaus. Dennoch: Wir toben uns lieber im Kurvenkarussell aus.
Honda – neutral und gutmütig
Einigkeit herrscht bei den Reifendimensionen – immerhin mittelfetten 180ern hinten – für durchaus viel Gummi auf der Straße bei potenziell gutem Handling. Direkt angelenkte Federbeine ohne progressiv wirkende Umlenkhebeleien folgen schnödem Kostendruck. Kann denn Sparen Freude machen? Oh ja.
Neutral und gutmütig, doch nicht überhandlich fährt die CB 650 R. Sie wirkt in diesem Top-Trio am behäbigsten. Woran liegt’s? Nun, für sich betrachtet sind 205 Kilogramm schön leicht. Doch die Triumph macht’s mit elf Kilogramm weniger, die Aprilia gar mit 21 Minder-Kilos. Im Alltag ist das vernachlässigbar, beim engagierten Angasen jedoch ein fettes Pfund. Beim schnellen Hin-und-her-Werfen wirkt die Honda etwas schwerfälliger, träger als die beiden ideellen Euro-Bikes von Aprilia und Triumph.
Der kürzeste Nachlauf an der CB 650 R kann den längsten Radstand und flachsten Lenkkopfwinkel nicht ganz kompensieren. Ferner schränkt der ausladend breite Tank beim engagierten Herumturnen ein wenig die Bewegungsfreiheit ein; gefühlt gibt es etwas mehr Abstand zwischen Fahrer und Lenker. Das ist suboptimal fürs Feedback von der Front. Konstruktiv ältere Dunlop-Reifen D 214 der Honda bieten weniger Haftung und Rückmeldung als die Pirellis der Aprilia und die Michelins der Triumph. Zudem stellt sich die Honda beim Griff zur guten Bremse in Schräglage am meisten auf. In früheren Tests – mit Metzeler Roadtec 01 bereift – fuhr die CB 650 R noch besser.
Trotzdem fährt die CB unauffällig flott. Ihr Fahrwerk funktioniert für sich betrachtet richtig gut. Bis hinein in tiefste Schräglagen vermittelt die Sechs-Fünfer viel Vertrauen. Da bräuchte es die langen Angstnippel unter den Fußrasten eigentlich gar nicht. Sämig gedämpft arbeitet die Großkolben-Gabel ("Big Piston Fork"), auch das Federbein spricht fein an. Front und Heck arbeiten schön synchron. Ist wirklich ein geschmeidiges, gut ausgewogenes Motorrad, diese CB 650 R. Typisch Honda eben. Lästig ist der Wendekreis von über sechs Metern. Der Triumph reichen 5,70 Meter, die Aprilia wendet bei 4,70 Meter fast auf dem Handteller.
Triumph – herrlich agil
Herrlich agil huscht die Triumph Trident durchs Kurvendickicht. Wow, wie das kickt. Wer von der Honda kommt, wähnt sich auf einem besseren Fahrrad, so leichtfüßig-handlich fährt das Brit-Bike. Alles so schön easy hier. Die Triumph fährt wie von selbst! Sensiblen Fahrernaturen geht das schon zu leicht, sie bemängeln etwas viel Bewegung im Chassis. Mit deutlich schmalerem Knieschluss als auf der Honda sitzt man oder frau sehr in der Triumph. Perfekt in die schmale Taille integriert. Entgegenkommend liegt der hohe Trident-Lenker gut zur Hand. Und bietet einen großen Hebelarm für fluffig-leichtes Einlenken. Erst beim heftig-deftigen Schnellfahren fehlt es dadurch ein wenig an Feedback von der Front. Hey, das ist ja auch ein absolutes Genießer-Motorrad, kein Racer.
Immerhin rollen ihre Michelin Road 5 wunderbar rund bis zur Reifenkante ab. Ziemlich harmonisch gibt sich ihr Fahrwerk abgestimmt. Es braucht schon üble Störimpulse, um das Trident-Chassis an seine Grenzen zu bringen. Nicht supersensibel arbeitet das Federbein. Es pariert lange Wellen nonchalant-gelassen, reicht allerdings kurze, harte Absätze in der Fahrbahn trocken an den Allerwertesten weiter. Ap(r)opo(s): Nach zwei Stunden auf der Honda verlangt der Hintern nach einer Pause.
Aprilia – ungefiltert fahraktiv
Das Beste kommt zum Schluss, die Aprilia Tuono: Auf ihr geriet schon die Sitzposition ungefiltert fahraktiv: Der breite, flache Rohrlenker bedingt zusammen mit den hoch und weiter hinten montierten Fußrasten eine absolut vorderradorientierte Sitzposition fast überm Vorderrad, sportlich-gefühlsecht. Kokett: Schalthebel und Bremspedal sind per Exzenter individuell anzupassen. Auch wenn die Oberseite der Tankflanke sehr langen Beinen wenig Platz einräumt. Ein anderes Sitzgefühl ist das. Der Name Tuono steht bei Aprilia ja für etwas, eine Philosophie, verkörpert eine große Geschichte von zu Naked Bikes umgestrickten (Super-)Sportlern. Das ist ein ganz anderes Konzept.
An sich ist die Tuono ein Naked Bike mit einem verführerischen Bikini von Verkleidung. Ihr Kunststoffkleid bietet auf der Bahn sogar ansatzweise Windschutz, einen praktischen Tempomaten hat sie zudem. Aber was für ein Feuerwerk die Aprilia da auf der Landstraße abbrennt, hat man in dieser Klasse noch nicht erlebt. Ihre Pirellis aus deutscher Produktion kleben wie Pattex, haften einfach himmlisch (oder doch teuflisch?), diese Rosso Corsa II. Für aktive Fahrer ist die Aprilia eine absolute Erfüllung. Sie liegt verdammt satt, steif wie ein Brett, zieht ultrastabil ihre Kreise. Hier passen Hanging-off und Knieschleifer, Lederkombi und verspiegeltes Visier. Die Federelemente projizieren Fahrbahnrelief und Asphaltbeschaffenheit herrlich transparent ins Popometer.
Gefühlsechtes Feedback ist das, ohne unter übertriebener Härte oder zu straffer Dämpfung leiden zu müssen. Prima. Auch die Lenkpräzision setzt in diesem Trio ganz klar den Maßstab. Wie ein Laserstrahl zirkelt die Tuono um die Kurven. Je schneller, desto lieber. Sport-Spirit durch ultrakurzen Radstand und steilsten Lenkkopf. Ein bisschen Rennstrecke fährt bei dem Italo-Bike im Geist immer mit. Wozu sonst sind Laptimer, ein "Race"-Modus und die Erinnerung an Aprilias 54 WM-Titel an Bord? Und eine besonders feinfühlig agierende wie justierbare Traktionskontrolle, typisch Aprilia. Die Tuono ist immer ein bisschen auf Angriff gepolt, brüllt ihren Fahrer aus der Airbox an. Nun passt das Drehen-wollen-können-müssen zum Konzept, mit wenig Punch untenherum.
Straff abgestimmte Federelemente
Allerdings, der eingelegte Gang muss schon stimmen. Straff abgestimmt passen die Federelemente prima zum sportlichen Anspruch, ohne durch übertriebene Härte zu quälen. Nur die Tuono erlaubt an Front wie Heck neben der Federbasis die Zugstufendämpfung zu variieren. Ja, Freunde der flotteren Gangart, der Federungskomfort ist absolut ausreichend, basta! Dieses Motorrad fordert viel, gibt aber noch mehr zurück. Wenn der Horizont schräg hängt, sagen wir 45 Grad, ist der hochemotionale Donnergott in seinem Element. Das ist ein komplett kerniges Konzept, wie gute Pasta ganz al dente.
Selbst auf der Bremse lässt sich der italienische Alltagssportler prima einlenken. Bissig schnappen die Brembo-Stopper nach großen 320er-Scheiben. Nur im ABS-Modus 3 bleibt das Hinterrad am Boden, in "2" und speziell "1" sind hohe Stoppies drin. Ist etwas für Profis. Die besten Alltagsstopper, von Nissin nämlich, kredenzt Triumph. Sie ankern kräftig, lassen sich aber schön transparent dosieren. Honda und Aprilia schalten bei Notbremsungen die (hinteren) Warnblinker an, um Auffahrunfälle zu vermeiden. An Aprilia und Triumph sind die Rahmenhecks reparaturfreundlich geschraubt, bei der Thai-Honda fest verschweißt.
Bremshebel einstellbar, nicht aber Kupplungshebel
Rätselhaft: Warum ist bei allen drei Maschinen nur der Brems-, nicht aber der Kupplungshebel einstellbar? Praktisch im gesamten Trio sind gekröpfte Reifenventile zur einfachen Kontrolle des Luftdrucks. Dafür erfordert die Kettenpflege so ganz ohne Hauptständer Verrenkungen oder die helfende Hand eines Kumpels. Aprilia hätte sich dem Oberflächenfinish ruhig noch etwas mehr widmen dürfen; der lackierte Rahmen wirkt nicht so edel, wie er könnte.
Grell geschminkt steht die Tuono zum Showdown. Bis hin zu ihren bunten Felgen und dem Tagfahrlicht, das wie bei modernen Limousinen zum Blinker wird. Und umgekehrt. LED-Leuchten rundum sind beim gesamten Trio Ehrensache. Eine tolle Brücke von der Klassik zur Moderne schlägt Hondas noch recht neue Design-Linie "Neo Sports Cafe". Mit solch einer CB ist man gut angezogen, hat ein genügsames und gutes Alltagsmotorrad. Schade nur, dass der Bordcomputer sich nicht vom Lenker, sondern nur im viel zu zierlich und kontrastarm gestalteten Cockpit bedienen lässt. Und mickrige 166 Kilogramm Zuladung der CB 650 R vereiteln Fahrten zweier pfundiger Erwachsener.
Gediegen, elegant und edel, so ruht die stylische Trident in sich selbst. Wertige Machart, viele feine Details und ein toller Lack überzeugen Haptiker, Menschen, die schöne Dinge gerne anfassen. Geschmacksache ist dagegen das cleane Heck: Soziushaltebügel kosten leider extra. Und das Nummernschild ist wie bei vielen Custombikes tief an der Schwinge montiert. So wirkt das Heck frei schwebend. Wem eine Yamaha MT-07 schon zu weit verbreitet ist, sollte mal dringend beim freundlichen Triumph-Händler vorbeischauen. Der will seine Trident nur alle 16.000 Kilometer (oder eben wie üblich einmal jährlich) zum Service wiedersehen, Vielfahrer aufgepasst!
In der Endabrechnung offenbart das Trio der drei coolen Kisten dann doch drei deutlich getrennte Charaktere: Gutmütig, im besten Sinne fast schon anspruchslos, fährt die Honda. Die Triumph gibt den durchzugs- wie charakterstarken Seelenschmeichler. Und die Aprilia brilliert als feuriger Heißsporn. Wenn die Tuono noch 1.000 bis 1.500 Euro günstiger käme, wäre sie eine ganz heiße Offerte. Aber auch so gewinnt sie knapp diesen Vergleichstest. Donnerwetter!
Fazit
- Aprilia Tuono 660: Ist der Motorrad-Gott Italiener? Die Aprilia ist ein begeisternder, durchaus alltagstauglicher, aber eben auch etwas fordernder Kurvenkünstler. Sie polarisiert, ist hochemotional. Va bene.
- Triumph Trident 660: Klang, Charakter und Charisma verbinden sich zum preiswerten Seelenschmeichler. Noch dazu gibt der Dreizack auch als echtes Bewegungstalent im Kurvenrevier eine gute Figur ab. Prima!
- Honda CB 650 R: Wer einfach nur Motorrad fahren will, ist bei der Honda richtig. Sie ist ein guter und hübscher Kumpel auf Rädern. Doch sie gewinnt kein einziges Kapitel, fährt mit, ohne je Bestwerte zu markieren.