Doppeltest Honda CB 400/Yamaha SR 250

Doppeltest Honda CB 400/Yamaha SR 250 Blick zurück nach vorn

Rückbesinnung als Vorwärtsstrategie liegt auch in der kleinen Klasse voll im Trend. Zwei Beispiele: Hondas CB 400 Four und Yamahas SR 250. Design von gestern mit Technik von heute bei den beiden Grauen?

Ob Retro- oder Naked Bike, ob Speichenfelge oder Chromschutzblech: Gelobt sei, was alt macht in der modernen Motorradwelt. Besonders beliebt auch bei den japanischen Konstrukteuren und Designern. Beispiel Yamaha SR 250. »Classic« prangt da auf den Seitendeckeln. Was kann man denn an einer SR noch klassischer machen? Eigentlich nichts, im Gegenteil: Ausgerüstet mit einem E-Starter und Scheibenbremse im Vorderrad, wirkt die SR 250 (Importeur Zweiradtechnik Könemann, Telefon 0 51 93/5 00 31) doch deutlich moderner als ihr großer Urahn.
Per Knopfdruck nimmt der kleine Single willig seine Arbeit auf. Und nicht nur das: Was da bei jedem Arbeitstakt mit sattem Schlag dem verchromten Endschalldämpfer, als klassisches Megaphon gestylt, entweicht, deutet auf wesentlich mehr Hubraum hin. Die Fahrleistungen holen einen aber ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Mit gemessenen 19 statt der versprochenen 17 PS erklimmt die Tachonadel - einen langen Anlauf und ein leichtes Gefälle vorausgesetzt - beinahe die 130er Marke. In der Ebene erreicht die SR immerhin noch 115 km/h.
Um der zierlichen 250er diese Dynamik einzuhauchen, muß der Zweiventiler ordentlich gedreht werden. Unter 6000/min geht’s zwar auch, für ordentlichen Vortrieb sollte der Single aber immer auf Drehzahlen zwischen 6000 und dem roten Bereich bei 8500 Umdrehungen gehalten werden.
Ganz in der Tradition ihrer großen Schwester offenbart sich das Fahrwerk der Classic. Solange die Straße eben ist, benimmt sie sich tadellos. Wirft der Asphalt aber Wellen, wird die Ausfahrt zur Seefahrt. Wie ein Schiff mit Schlagseite taumelt die SR 250 von einer Bodenwelle zur nächsten, um bei allzu großen Löchern vorn wie hinten gnadenlos durchzuschlagen. Da folgt automatisch der Griff zum Bremshebel, um die ganze Fuhre für einen Moment zur Ruhe zu bringen. Beim Verzögern wird einem dann schlagartig klar, warum die SR 250 den Beinamen Classic trägt. Die Scheibenbremse, eigentlich eine fortschrittliche Einrichtung, gleicht – was Wirkung und Dosierbarkeit angeht – eher einer antiquierten Trommelbremse, wie sie auch im Hinterrad der Classic ihren Dienst verrichtet.
Dennoch: Für den, der ein kleines, klassisch angehauchtes Motorrad sucht, bietet die SR 250 Classic zum Preis von 4999 Mark alles, was das Herz begehrt.
Die CB 400 von Honda bietet sogar noch mehr. Vor allem vier Zylinder. Und vier ist Trumpf, seit die legendäre CB 750 die Herzen der Fans eroberte. Stolz war Honda damals auf den Reihenvierer, so stolz, daß man »Four« in großen Lettern vom Seitendeckel prangen ließ und jedem einzelnen Zylinder gleich einen eigenen Schalldämpfer an den Krümmer flanschte. Nun besinnt sich Honda auch in der kleinen Klasse auf die bewährte Formel: An der CB 400 Four (Importeur: Motorradzentrale Dasing, Telefon 0 82 05/ 10 87) ist praktisch alles vier: Vierzylinder-Viertakt, vierhundert Kubikzentimeter - und natürlich vier Schalldämpfer. Wer die zusammen mit dem trotz Wasserkühlung feinverippten Motor um die Wette strahlen sieht, muß zugeben: Diese Vierer sieht dermaßen nach Motorrad aus, daß sich die aktuelle japanische Zweizylinder-Funktionsware getrost dahinter verstecken kann.
Dabei ist die CB optisch keineswegs ein Trumm. Gewachsen sind nur jene Teile, die damals vor lauter Vierzylinder-Euphorie schlicht vernachlässigt wurden: der Durchmesser der Standrohre zum Beispiel (41 Millimeter) und der Bremsscheiben (295 Millimeter), die Breite der Schwinge und die der wunderschönen Speichenräder (3.00 x 17/4.00 x 17). Alles zeitgemäß an der Honda, aber alles auch recht schwer. 213 Kilogramm bringt die CB 400 Four vollgetankt auf die Waage.
Damit hat der Motor, von dessen nominell 53 PS auf dem Prüfstand 48 übrigblieben, schwer zu schaffen. Er schnurt samtweich vor sich hin, kultiviert ja, aber ohne Biß. Einen Anflug davon spürt man erst, wenn die Drehzahlmessernadel Regionen jenseits der 7000er Marke erklimmt. Bis 11500/min hält dieser verhaltene Tatendrang an, und vorher sollte das leichtgängige Getriebe auch nicht bemüht werden, wenn es halbwegs flott vorwärts gehen soll.
Zum Wesen der Honda passen diese Drehzahl- und Schaltorgien nicht. Hoher Lenker, tiefe Fußrasten, komfortable Federelemente ohne jede Spur sportlicher Härte. Dazu ein Doppelschleifenrahmen, der schnellere Kurven mit deutlichen Rührbewegungen quittiert: Hier ist der Herrenreiter gefragt, am besten allein, den die hoch angebrachten Soziusfußrasten vermiesen den Zweierspaß genauso wie der schwächliche Motor. Relaxt von Kurve zu Kurve schwingen, wissen, daß man sich auf die vorderen Bremsen und den Grip des 140er Hinterreifens verlassen kann: Der Four-Treiber möchte entspannen und genießen.
Doch dazu gehört Dampf aus der Tiefe des Drehzahlkellers, und den haben die vier kleinen Einzelhubräume nicht zu bieten. Lange 10,9 Sekunden braucht die CB 400 in der Durchzugswertung von 60 auf 100 km/h (Honda CB 500: 9,4 Sekunden), und auch die 5,9 Sekunden von null auf hundert (CB 500 in 5,1 Sekunden) sind kein Ruhmesblatt. Unverständlich, warum Honda dem Getriebe keinen sechsten Gang spendierte und außerdem die Abstufung noch so unglücklich wählte, daß die Höchstgeschwindigkeit im vierten Gang erreicht wird.
Das hat auch auf die Trinksitten unschönen Einfluß. Anders ausgedrückt: Die Honda säuft, wenn sie gedroschen wird. Bei Vollgas über 9 Liter. Angesichts der bescheidenen Höchstgeschwindigkeit von 158 km/h (CB 500: 182 km/h) und einem Tankinhalt von nur 15 Litern mehr als reichlich. Bewegt man sie flott auf der Landstraße, sind es gut sechs Liter.
Pluspunkte sammelt die Honda vor Eiskaffee oder der Disco: Da ist die »Four« der Star. Doch der Einsatz ist hoch: 11500 Mark. Es scheint, als habe man sich bei der Preiskalkulation am Drehzahlmesser orientiert: Da beginnt eben bei jener Marke der rote Bereich.

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