Honda CB 1000 Hornet SP Triumph Street Triple 765 RS Yamaha MT-09 SP wollen mit verfeinerter Hardware, optischen Extras und noch sportlicherer Abstimmung einen unwiderstehlichen Will-haben-Effekt auslösen, der effektiv alle Synapsen für Genügsamkeit und finanzielle Vernunft blockiert. Die zugrunde liegenden Basisversionen sind dabei konzeptionell höchst unterschiedlich, aber kaum weniger verlockend.
Honda: richtig viel für möglichst wenig
Bei Honda beispielsweise lautet das Rezept für unverkleidete Glückseligkeit schlicht: richtig viel für möglichst wenig. Genauer gesagt: richtig viel Spitzenleistung für vergleichsweise wenig Kohle. Anstatt mit großem finanziellen Aufwand einen neuen Motor zu entwickeln, zog man für die Honda CB 1000 Hornet SP den bewährten 1000-Kubik-Reihenvierzylinder der Fireblade SC77 von 2017 aus dem Teileregal und beraubte ihn kostentreibender Schmiedekolben und Titanventile.
Schon bei der Basis-Hornet stehen so noch immer üppige 152 PS im Datenblatt, die SP-Variante schüttelt dank Klappenauspuff und Spezialmapping sogar 157 PS bei 11.000 Touren aus dem 1000er-Ärmel.
Honda CB 1000 Hornet SP mit Öhlins- und Brembo-teilen
Zugegeben, im Angesicht aktueller Hypernakeds der gehobenen Preisregion führen derartige Leistungsangaben nicht unmittelbar zu Schnappatmung. Setzt man sie jedoch in Relation zum Preis der Hornet und jenem von Bikes mit vergleichbarer motorischer Kragenweite, sieht das schon anders aus.
Gerade mal 12.090 Euro will Honda für die mit feinem Öhlins-TTX-Stoßdämpfer, Brembo-Stylema-Ankern und Extrapower aufgemöbelte Sport-Production-Hornisse sehen – die Basis kommt nochmals 1.800 Euro günstiger. Damit bringt die Japanerin die bestehenden Kräfte- und Kategorienverhältnisse im Segment ordentlich ins Wanken.
Beide Dreizylinder kosten spürbar mehr
Bisher hieß der beste Deal in der Naked-Oberklasse, sprich mit Ein-Liter-Motor und über 150 PS, Suzuki GSX-S 1000. Im aktuellen Modelljahr steigt ihr Preis um 200 auf nun 13.400 Euro und liegt damit deutlich über dem Honda-Angebot.
Dagegen markieren die dreizylindrigen Kontrahenten in diesem Test traditionell das obere Ende der Mittelklasse, leisten in der Spitze deutlich weniger, kosten dennoch spürbar mehr als die große Hornet. Konkret schöpft die im vergangenen Jahr umfassend modellgepflegte Yamaha MT-09 SP "nur" 119 PS aus 890 Kubik, schlägt aber mit 13.449 Euro und damit 1.400 Euro Aufpreis zu Buche. Leistungsunterschiede zwischen der MT-09 SP und der 2.300 Euro günstigeren Standardversion gibt es bei Yamaha übrigens nicht.
Noch eine Hubraum-Schublade darunter quetscht die Triumph Street Triple 765 RS beachtliche 130 PS bei 12.000 Touren aus drei in Reihe angeordneten Zylindern. Bei der einfacheren R-Variante beschneidet Triumph den Output des Moto2-Triples elektronisch um zehn auf 120 PS. Kostenpunkt: 12.795 Euro für die RS- und 10.795 Euro für die Basisversion. Auch wenn sich die Qualitäten eines Naked Bikes kaum allein am Verhältnis von Hubraum und PS pro Euro messen lassen, dürfte genau diese Kenngröße für viele potenzielle Kaufinteressenten relevant sein. Und Hondas Schlag in diese Kerbe sitzt.
Zwischen sportlich und tourentauglich
Stichwort sitzen: Ähnliche Retro-Vibes wie ein dicker japanischer Reihenvierzylinder versprüht auch die Ergonomie der Honda CB 1000 Hornet SP – hauptsächlich durch den vergleichsweise breiten 20-Liter-Tank, dessen Form in direkter Korrelation zum Motorkonzept steht. Schließlich muss der Extrazylinder irgendwo hin.
Dagegen trifft der Abstand zwischen Rasten, Lenker und Sitzpolster den richtigen Ton zwischen sportlich und tourentauglich. Auch tendenziell groß gewachsene Mitteleuropäer kommen mit dem Kniewinkel klar – mit den tankformbedingt gespreizten Schenkeln allerdings nicht unbedingt.
Honda CB 1000 Hornet mit moderater Sitzhöhe
Die moderate Sitzhöhe der Honda CB 1000 Hornet SP von 810 Millimetern dürfte kleinere Fahrer freuen, platziert sie aber mehr im als auf dem Motorrad. Das Sitzmöbel der Yamaha liegt dagegen zwei, jenes der Triumph drei Zentimeter höher.
Triumph und Yamaha wirken insgesamt weniger konservativ und schlanker, bieten mit ihren sichtbar und spürbar schmaleren Taillen mehr Bewegungsfreiheit und einen angenehmeren Knieschluss. "Sportlich aufrecht" beschreibt die Haltung auf der MT-09 SP am treffendsten.
Mit dem letzten Update befreite Yamaha die MT-09 von den gewöhnungsbedürftig weit nach hinten unten versetzten Rasten, die nun obendrein ab Werk in der Höhe auf zwei Positionen justierbar sind – abgesehen von der in Längsrichtung etwas kompakt geratenen Sitzbank gibt es ergonomisch wenig zu kritisieren.
Kontrastprogramm bei der Triumph
Deutlich nach vorn gebeugt, kompakt und betont fahraktiv nimmt man auf der Street Triple 765 RS Platz. Laut der britischen Triumph-Community steht "RS" unmissverständlich für "Rocket Ship". Nach ein paar zügigen Runden am Pass würden wir das Kürzel allerdings eher mit "Renn-Semmel" übersetzen – und den Titel "Rakete" der schubstarken, aber 20 Kilo schwereren Honda überlassen.
Ein unhandliches Raumschiff ist die Honda CB 1000 Hornet SP allerdings bei Weitem nicht: Sie lenkt willig ein, hält stabil die Linie und offenbart sich als zugänglicher, vertrauenerweckender Partner für gemächlichen bis sportlich ambitionierten Kurventanz. Dabei verdient das gelungen abgestimmte SP-Fahrwerk ein Extralob: Die voll einstellbare Showa-Gabel an der Front spricht seidig an und bietet beim Bremsen genügend Gegenhalt. Schön, dass auch Käufer der Non-SP-Variante in den Genuss einer technisch baugleichen Forke ohne den goldenen Anstrich kommen.
Öhlins TTX36-Federbein beruhigt das Heck
Das hingegen SP-exklusive Öhlins TTX36-Federbein beruhigt das Heck auch auf ruppigem Asphalt zuverlässig und lässt sich bei Bedarf über Zug-, Druck- und Vorspannungseinstellung in einem weiten Bereich anpassen. Nachwippen am Heck oder Durchschläge sind dem Hornet-Fahrwerk fremd.
Zudem macht sich die im Vergleich zur alten CB 1000 deutlich weiter Richtung Front verschobene Radlastverteilung bemerkbar und sorgt für mehr Stabilität und verbessertes Vorderradgefühl. Erst in besonders tiefen Schräglagen und bei hohem Tempo zeigt die Honda CB 1000 Hornet SP Widerwillen und will von entschlossener Hand geführt werden.
Yamaha MT-09 SP: In Kurven ein Traum
Ähnlich souverän, wenn auch nicht ganz so feinfühlig, agiert die Kombination aus voll einstellbarer KYB-Gabel und ebenfalls hochwertigem Öhlins-Shock am Heck der Yamaha MT-09 SP. Das Fahrwerk gibt viel Rückmeldung, spricht aber vor allem an der Front eine Spur weniger gefühlvoll an als bei der Honda.
Dafür legt die Yamaha MT-09 SP eine Leichtfüßigkeit an den Tag, von der Honda und auch Triumph nur träumen können. Wie von selbst fällt die vierte Iteration der MT in Schräglage – die sieben Kilo Mehrgewicht im Vergleich zur Triumph mögen auf der Waage existieren, auf der Straße aber nicht.
Auf besonders engen Sträßchen wird sie zur Spielpartnerin der Wahl, während sich Triumph und Honda richtig lang machen müssen, um die wuselige Japanerin im Transformers-Outfit nicht aus den Augen zu verlieren. Unter sonorem Röhren packt der satte Triple-Punch gnadenlos am Hinterrad zu – katapultiert die Yamaha förmlich aus den Ecken, als hätte sie die Schwerkraft außer Kraft gesetzt. Selten war Tempo so mühelos abrufbar.
Triumph Street Triple 765 RS am straffsten abgestimmt
Derweilen geizt auch die Triumph nicht mit satter Straßenlage, wenngleich die Hinterhand eine Idee trampeliger und ihr Vorwärtsdrang etwas weniger ungestüm ausfällt. Auch hier hat man im Zuge der Werksveredelung goldene Schwedenware am Heck verbaut, allerdings in einer etwas einfacher ausgeführten Variante.
Dazu ist die Triumph Street Triple 765 RS insgesamt am straffsten abgestimmt, was ihrer Zielgenauigkeit und unbeirrbaren Stabilität in tiefster Schräglage jedoch keinen spürbaren Abbruch tut. Im Gegenteil: Sie wirkt stets bereit, die nächste Linie noch enger zu ziehen und noch später zu verzögern – vorausgesetzt, die supersportliche Pirelli Supercorsa SP-Serienbereifung erreicht ihre Betriebstemperatur. Was die Testcrew im Januar selbst Tausende Kilometer südlich von Deutschland gelegentlich vor temperaturbedingte Herausforderungen stellt.
Für den Einsatz auf teils kühlen Landstraßen erweisen sich die serienmäßig auf Yamaha und Honda montierten Bridgestone S22/S23 als deutlich sinnvollere und sicherere Option.
Yamaha und Triumph legen immer noch einen drauf
Und wo wir schon über Sinn und Unsinn sprechen: Die Messwerte bestätigen größtenteils die Eindrücke, die sich im abwechselnden Fahrbetrieb mit dem Trio unweigerlich aufdrängen.
Gegen die ausgereiften, samtig laufenden und drehmomentstarken Dreizylinder tut sich der umfunktionierte Superbike-Motor auch wegen seiner längeren Übersetzung spürbar schwer, rohe Kraft auf der Landstraße in echten Vorteil umzuwandeln. Was keineswegs heißen soll, dass es dem Antrieb der Honda CB 1000 Hornet an Qualitäten oder Charme mangelt.
Abgesehen von seinem etwas unglücklichen Drehmomentverlauf im unteren bis mittleren Drehzahlbereich liefert das Hornet-Triebwerk souveräne Performance mit mehr als genug Schub für jede Alltagssituation – inklusive eines hervorragenden Quickshifters mit knackig kurzen Schaltwegen und hoher Präzision.
Doch es scheint egal, wie gut die Honda abliefert: Über Jahre gereifte Kontrahenten legen fast in jeder Kategorie noch einen drauf. So quickshiftet die MT-09 SP noch leichtgängiger und schneller, geht am Scheitelpunkt noch sanfter ans Gas – unabhängig vom bei der Honda gewählten Power-Modus.
Gleiches Bild beim Thema Verzögerung: Obwohl an allen drei Edel-Nakeds potente Italo-Stopper appliziert wurden, verzögern Yamaha und Triumph doch mit spürbar mehr Nachdruck und höherer Präzision. Und dann wären da noch die ausgefeilteren Elektronikpakete samt IMU. Die veredelten Mid-Nakeds punkten mit fein regelnder, schräglagensensitiver Assistenzelektronik, während die Honda mit sehr defensiv abgestimmter Traktionskontrolle und etwas längeren ABS-Regelintervallen kämpft.
Günstiger gleich besser?
Daran, dass neue oder neu aufgelegte Motorräder etablierter Marken in der Vergangenheit zwar meist besser, aber fast immer auch teurer wurden, hat man sich traurigerweise längst gewöhnt. Honda erinnert uns mit der neuen CB 1000 Hornet SP daran, dass es auch anders geht – ein günstiger Preis muss nicht zwangsläufig mit großen Defiziten einhergehen.
Haben Yamaha und Triumph also an diesem Punkt tatsächlich ein Problem und fallen dem unschlagbaren Angebot eines grausam günstigen Neulings zum Opfer? Die Punktewertung und Messwerte sprechen eine eindeutige Sprache: nein. Die Honda CB 1000 Hornet SP kann die modernen, edel gemachten und geschliffenen Dreizylinder mit Vollausstattung auf der Landstraße zwar in keiner Kategorie in die Enge treiben. Dennoch bereichert sie das Segment als interessante und erfrischend puristische Alternative.