Honda CB 650 F, Ducati Monster 796, Aprilia SL 750 Shiver, BMW F 800 R
90-PS-Nakeds im Vergleichstest

Wen locken während einer Fußball-Weltmeisterschaft schon gemäßigte Mittelklasse-Motorräder mit 90 PS vom Fernsehsessel weg? Warum die vier Naked Bikes Honda CB 650 F, Ducati Monster 796, Aprilia SL 750 Shiver und BMW F 800 R trotzdem das Zeug haben, in der Fankurve bejubelt zu werden, klärt dieser Vergleichstest.

90-PS-Nakeds im Vergleichstest
Foto: fact

Die deutsche Fußballnationalmannschaft der Herren ist Weltmeister geworden, die erste Runde des DFB-Pokals ist absolviert und die erste Fußball-Bundesliga steht bereits in den Startlöchern. Auch nach der Fußball-WM sind viele Fans vom Fußball-Fieber betroffen. Putzige Fähnchen sind ins Autofenster geklemmt und das Motorrad trotz beständigen ­Sonnenscheins mit Missachtung gestraft? Macht nichts, denn jetzt kommt die Gelegenheit.

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Honda CB 650 F, Ducati Monster 796, Aprilia SL 750 Shiver, BMW F 800 R
90-PS-Nakeds im Vergleichstest
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Bis zum nächsten Spielanpfiff bleibt noch genug Zeit, um sich abzukühlen. Und ausnahmsweise geht es nicht um eiskaltes Bier und Swimmingpool, sondern um frische Luft und Querdynamik. Oder fällt jemandem etwas Schöneres ein, als die Wartezeit bis zum nächsten Duell mit Schräg­lage und Bikertreff zu verkürzen? Na also, dann rein in die Klamotten und rauf aufs Naked Bike!

Bei diesen vier Naked Bikes ist für jeden Fahrertyp was dabei. Das macht die neue Mittelklasse mit Leistungen um die 90 PS ja so interessant: nicht zu lahm für die flotte Hausrunde, nicht zu schnell, um das nächste Spiel im weißen Nachthemdchen und mit eingegipstem Bein anzuschauen. Nur Skeptiker fragen: Also weder Fisch noch Fleisch? Abwarten!

Honda CB 650 F

fact
Die Honda CB 650 F ist die günstigste Kandidatin im Testfeld.

Die neue Honda CB 650 F bringt auf jeden Fall frischen Wind in die Mittelklasse – auch wenn die Eckdaten des japanischen Naked Bikes keinen überlegenen Durchmarsch gegen die Gegenspieler Ducati Monster 796, Aprilia SL 750 Shiver und BMW F 800 R erwarten lassen. Bei 649 Kubikzentimetern Hubraum verteilt auf vier Zylinder in Reihe, gemessenen 89 PS und 65 Newtonmetern kriegt es wohl niemand mit der Angst zu tun. Aber Vorsicht: Wer den Gegner im Vorfeld unterschätzt, unterliegt womöglich auf dem Spielfeld. Wer auf die Honda steigt, verspürt sofort dieses Gefühl des Ankommens. Hier passt alles zusammen: der Kniewinkel nicht zu spitz, der Knieschluss nicht zu weit, der Lenker in optimaler Höhe – auf der CB lässt es sich nicht nur aushalten, mit ihr könnte man auch bis zum Finalspiel weiterfahren.

Eine Reichweite von sensationellen 402 Kilo­metern mit nur einer Tankfüllung des 17,3-Liter-Spritfasses macht es möglich. Die 212 Kilogramm der 650er versammeln sich im Brückenrahmen aus Stahl angenehm kompakt, weshalb die Honda CB 650 F den Fahrer weder in der Stadt noch bei Überlandfahrten strapaziert. Zielsicher und spielerisch wedelt man die Honda durch hupende Autokorsos hindurch und profitiert trotz gemäßigter Fahrwerksgeometrie von einem lebendigen Handling. Links vorbei, rechts vorbei, mitten durch: Prompt steht man an der nächsten Ampel auf der Poleposition. Doch dann heißt es, aufmerksam zu sein. Denn einzig die Kupplung könnte einem das urbane Sprintduell mit dem böse blickenden Mercedes-Fahrer vermiesen. Wie schon bei der Maschine, die zum Top-Test antrat, rückt die Kupplung sehr spontan ein. Entweder fährt man also mit zu viel Gas von der Ampel los, oder man würgt die Japanerin ab. Peinlich ist beides – und gehört sich für ein Motorrad aus dem Hause Honda auch nicht.

Komplette Fertigung findet in Thailand statt

Gleiches trifft auf das Getriebe zu. Denn Schaltschläge und knochige Gangwechsel sind der 650er keineswegs fremd. Darüber kann auch die fein auf den Vierzylinder abgestufte Übersetzung nicht hinwegtäuschen. Entsprechend kann man sich nicht ganz des Gedankens erwehren, dass das alles mit der neuen Produktionsstätte in Thailand zu tun haben könnte. Dort findet nämlich die komplette Fertigung der Honda CB 650 F statt. Für Nachlässigkeiten wie nicht überlackierte Dekoraufkleber auf Tank und Seitenverkleidung muss man allerdings den Hersteller zur Rechenschaft ziehen. Nun ja, genug gemosert. Das neu entwickelte Triebwerk gibt bis auf kräftige Vibrationen ab mittleren Drehzahlen wenig Anlass zur Kritik. Das gemäßigt kurzhubig ausgelegte Aggregat macht es Anfängern wie Profis gleichermaßen einfach, sich sofort mit der kleinen Honda anzufreunden. Der Vierzylinder hängt gut am Gas und quittiert jeden Dreh am Quirl mit spontanem und ruckfreiem Vortrieb.

Ab 3000 Touren erwacht das Herzstück richtig zum Leben, drückt bis 5000 Umdrehungen kräftig vorwärts und zieht von da ab mit Verve unbeirrbar in Richtung Drehzahlbegrenzer. Trotz geringstem Hubraum fällt es der Honda CB 650 F nicht schwer, an den Konkurrenten dranzubleiben. Ihnen davonzufahren gelingt ihr allerdings nicht. Dennoch: Die auf mehr Drehmoment in niedrigen und mittleren Drehzahlen ausgelegten Steuerzeiten machen sich in der Praxis po­sitiv bemerkbar. Ebenso die straffe Grundabstimmung des Fahrwerks. Sowohl das direkt angelenkte Federbein als auch die nicht einstellbare Telegabel halten die Honda auch auf holp­rigem Terrain sicher in der Spur. Und wegen der guten Rückmeldung und den prima harmonierenden Metzeler Z8 Interact (Sonderspezifikation „F“) kurvt die 650er ziemlich flott ums Eck. Da muss die Ducati Monster 796 ganz schön zaubern, um das Tempo mitgehen zu können. Dass der Federungskomfort der Honda dabei nicht hitverdächtig ist und das Lenkverhalten nicht absolut neutral, muss man in Kauf nehmen. Ebenso, dass die Bremsen zwar ordentlich verzögern, beispielsweise aber nicht an das hohe Niveau der BMW F 800 R heranreichen. Doch dafür kostet die Honda auch satte 2200 Euro weniger als diese und ist mit 7955 Euro die Günstigste des Quartetts. Aber ob das am Ende ausreicht, um die F 800 R von der nächsten Meisterschaft abzuhalten?

BMW F 800 R

fact
Sehr präzise lässt sich die BMW in Schräglage werfen und durcheilt dann wie auf Schienen die Kurve.

Wer die BMW F 800 R zum Stillstand zwingen will, sollte die Beine zumindest fest an die schmale Tankattrappe pressen. Die Vierkolben-Festsättel verbeißen sich mit solcher Vehemenz in die beiden 320er-Scheiben, dass man die Bremspunkte auf der Hausstrecke neu festlegen kann. Dort fühlt sich der Pilot des Roadsters auch am wohlsten. Wie bereits bei ihrem Erscheinen im Jahr 2009 kritisiert, hockt man als 1,80 Meter großer Mensch ziemlich zusammengefaltet auf der BMW. So wird eine ausgedehnte Tour schon mal zur Tortur. Sitzt man mit dem Oberkörper zwar aufrecht und aktiv auf der R, führt einen der spitze Kniewinkel auf Dauer zum Orthopäden. Ein wenig seltsam ist schon, dass die Münchner daran nie etwas geändert haben. Denn darüber hinaus kann man dem Paralleltwin mit 798 Kubik nur wenig ankreiden.

Gegenüber der Honda CB 650 F spielt die BMW F 800 R nämlich nicht nur im Preis (10.300 Euro inklusive Zubehör und Nebenkosten) in einer höheren Liga, sondern vor allem auch beim Motor und dem Fahrwerk. Sehr präzise lässt sich die BMW in Schräglage werfen und durcheilt dann wie auf Schienen die Kurve. So einfach kann Motorradfahren sein! Dabei fällt die F 800 R bei langsamer Geschwindigkeit zunächst mit einem etwas taumeligen Geradeauslauf auf. Diese Eigenheit muss auf den serienmäßigen Lenkungsdämpfer zurückzuführen sein. Denn sobald man dem mit 94 PS gut im Futter stehenden Zweizylinder ordentlich Zunder gibt, mutiert das stumpfe Rumgestocher zum skalpellartigen Schnitt. Mit der Zeit ertappt man sich dabei, von Kurve zu Kurve schräger ­abzuwinkeln und dabei immer früher den Hahn zu spannen, um so den Abstand zu den Konkurrenten zu vergrößern. Hach, es geht doch nichts über ein neutrales Lenkverhalten und gute Schräglagenfreiheit!

BMW-Motor mit leichtem Vorteil gegenüber der Konkurrenz

Aber auch die BMW F 800 R zeigt Grenzen. Und das leider ziemlich spontan. Wieder einmal einen Hauch schräger ins Eck einge­fah­ren, beginnt das Vorderrad plötzlich einzuklappen. Nur dank einer schnellen Reaktion des Fahrers kann das Rad in letzter Sekunde wieder Seitenführungskräfte aufbauen. Puh, Glück gehabt! Die Rückmeldung vom Vorderrad dürfte gerne transparenter sein, damit man den Grenzbereich des Metzeler M5-Reifens besser erfühlen kann. Dabei muss man es gar nicht so weit kommen lassen. Nicht nur gegenüber der Honda CB 650 F verschafft sich der BMW-Motor einen Vorteil, sondern auch gegenüber den etwa hubraumidentischen Mitbewerbern Ducati Monster 796 und Aprilia SL 750 Shiver.

Ab 2500 Touren schiebt der Twin die 212 Kilogramm schwere BMW F 800 R mit mindestens 70 Newtonmetern an der Kurbelwelle vorwärts und pumpt bereits bei knapp 6000 Umdrehungen ihr Maximum von stattlichen 88 Newtonmetern in Richtung Hinterrad. Da hat die Konkurrenz ganz klar das Nachsehen. Lediglich auf langsamen, kurvigen Strecken kann die Meute wieder Boden auf die 800er gutmachen. In Sachen Handling spielt die Bayerin nämlich nicht in der Champions League. Und an das knorpelige Getriebe muss man sich auch gewöhnen. Da sollte BMW sich zukünftig lieber im Teileregal der Aprilia SL 750 Shiver bedienen, die überhaupt nicht aus den Rückspiegeln der F 800 R verschwinden will.

Aprilia SL 750 Shiver

fact
Schon beim Platznehmen vermittelt die Shiver einem das Gefühl, dass mit ihr das Leben einfach ein Stück leichter ist.

Das hat gute Gründe. Denn der Best­seller des italienischen Herstellers kommt zu diesem Test unerwartet motiviert aus der Kabine. Ob es an der neuen Besohlung liegt? Erstmals rollt die Aprilia SL 750 Shiver auf Pirelli Angel­ ST vor. Also rauf auf die Sitzbank und ausprobieren! Schon beim Platznehmen vermittelt die Shiver einem das Gefühl, dass mit ihr das Leben einfach ein Stück leichter ist. Das liegt größtenteils an der tollen Ergonomie, die wegen der Sitzhöhe von immerhin 830 Millimetern vor allem Personen ab 1,70 Meter gut gefallen dürfte. Mit nur leicht ­angewinkelten Beinen und einem aufrechten Oberkörper sitzt man nicht nur bequem, sondern auch ausreichend aktiv im Sattel.

Mit röchelnden Ansauggeräuschen aus der Airbox und sanft blubberndem V2-Sound meldet sich das 750-Kubik-Triebwerk prompt dienstbereit. Doch bevor es losgeht, sollte man in jedem Fall noch das Touring-Mapping einlegen. Nur in diesem brilliert die Aprilia SL 750 Shiver mit butterweicher Gasannahme und verminderten Lastwechselreaktionen, sodass sich der Fahrer ganz auf die Straße konzentrieren kann. Das Rain- und das Sport-Mapping dürfen daher getrost vernachlässigt werden.

Die Aprilia kann eine leichte Stoppie-Neigung nicht leugnen

Zwar lässt sich die Kupplung nicht sonderlich leicht bedienen, doch überzeugt dafür mit einem klaren Einrückpunkt. Noch ein zarter Klick, dann ist der erste Gang der Aprilia SL 750 Shiver eingerastet. Mit etwas geringerem Schub als bei der BMW F 800 R und der Ducati Monster 796 setzt sich das mit 225 Kilo schwerste Motorrad im Test in Bewegung. Untermalt von bassigen Lebensäußerungen aus der Underseat-Auspuffanlage, rackert sich der V2 ab 3000 Touren munter durch das Drehzahlband, legt kontinuierlich an Leistung zu und schafft es, zwischen 7000 und 8500 Umdrehungen hervorragend verwertbare 70 Newtonmeter an der Kurbelwelle zu erzeugen. Die Aprilia mausert sich nämlich in Kombination mit den Pirelli-Reifen zu einem formidablen Eckenwetzer, der zwar nicht übermäßig handlich, dafür aber stabil und absolut zielgenau durch die Kurven knallt. Und wo man vor der nächsten Kehre auf der Honda CB 650 F oder der Ducati Monster 796 langsam ans Bremsen denken sollte, kann man auf der Aprilia das Gas ruhig noch stehen lassen und muss erst dort ankern, wo auch die BMW in die Eisen geht.

In Sachen Bremswirkung und -dosierung kann die Aprilia SL 750 Shiver der BMW F 800 R absolut das Wasser reichen. Doch einen schalen Beigeschmack hat die Sache: Die Aprilia kann eine leichte Stoppie-Neigung nicht leugnen. Da sollte man gerade bei Bremsmanövern in Bergabpassagen nicht erst in allerletzter Sekunde den Schraubzwingengriff am Bremshebel ansetzen. Die Aprilia allein auf ihre athletischen Kompetenzen zu reduzieren, würde ihr dennoch nicht gerecht werden. Mit ihr lässt es sich nämlich auch ganz hervorragend cruisen, in der Summe ihrer Eigenschaften ­sogar am besten innerhalb des Testfeldes. Die sensibel ansprechenden, dennoch straff dämpfenden Federelemente machen die Fahrt so bequem, dass man den heimischen Fernsehsessel gar nicht vermisst. Die Shiver macht einfach an, fährt super und ist zudem noch fein verarbeitet. Da der Preis mit 9276 Euro im Rahmen bleibt, darf man ihr den höchsten Verbrauch von gerade noch akzeptablen 4,7 Litern verzeihen. Geringer Spritverbrauch war ja noch nie eine besondere Tugend der Italiener.

Ducati Monster 796

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Die Monster will mit harter Hand geführt werden, verlangt in vielerlei Hinsicht Nehmerqualitäten vom Fahrer.

Das gilt für die Ducati Monster 796 gleichermaßen. Sie gönnt sich lediglich 0,1 Liter weniger als die Aprilia SL 750 Shiver. Doch jenseits des Benzinverbrauchs könnte der Unterschied zur Shiver kaum größer sein. Die Monster will mit harter Hand geführt werden, verlangt in vielerlei Hinsicht Nehmerqualitäten vom Fahrer. Schon das Anfahren mit dem 190 Kilogramm leichten Bike erfordert höchste Konzentration. Die mit einer Anti-Hopping-Funktion ausgerüstete Kupplung lässt sich nochmals bedeutend schlechter als die der Honda dosieren. Zudem rupft sie im kalten Zustand kräftig und macht ein Anfahren mit niedriger Drehzahl völlig unmöglich. Einmal in Fahrt gekommen, sollte man Drehzahlen unterhalb von 3000 Touren vollständig vermeiden.

Denn bis dahin hackt der luftgekühlte Zweiventiler unnachgiebig auf der Kette rum und macht ein Treffen der angepeilten Linie äußerst knifflig. Will man an den Konkurrenten im Kurvengeschlängel dranbleiben, muss man die Monster also kontinuierlich unter Zug halten. Ab 4500 Umdrehungen macht der Desmo-Twin dann richtig Laune, bollert kräftig aus den beiden hoch verlegten Endschalldämpfern und legt obenraus noch eine kräftige Schippe drauf. Am Ende attestiert der Prüfstandslauf 80 Newtonmeter und 87 PS – das langt für die Landstraße allemal. Und dort gehört die Ducati Monster 796 auch hin. In der Stadt mag sie mit ihrem maskulinen Sound und der feinen Einarmschwinge viel Aufsehen erwecken, strapaziert mit dem zu tief positionierten Lenker aber auf Dauer die Handgelenke. Und auch der Knie­winkel dürfte für weite Etappen einen Tick großzügiger ausfallen. Aber sei’s drum!

Mit ABS ausgerüstet kostet die Monster 10.295 Euro

Wer sich mit der Sitzposition arrangiert und die Motorcharakteristik verstanden hat, kann sich über das flinke Handling der Ducati Monster 796 freuen. Dank ihres geringen Gewichts lässt sie sich flott von links nach rechts umlegen und kann sich in Wechselkurven wieder an die Konkurrenten an­pirschen. Das gilt allerdings nur, wenn der Fahrer mutig ist. Denn einerseits fällt das Feedback vom Vorderreifen intransparent aus, andererseits setzt die Monster vergleichsweise früh mit dem Schalthebel und den Rasten auf.

Ein wenig schade ist das schon, denn sowohl die Upside-down-Gabel als auch das in Vorspannung und Zugstufe verstellbare Federbein hinterlassen einen ordent­lichen Eindruck. Nun ja. Sie ist eben nicht mehr die Jüngste, und ihre Nachfolgerin scharrt bereits mit den Hufen. Dass die neue Ducati Monster 821 dann den wassergekühlten V2-Motor aus der Hypermotard erhält, könnte für manchen Fan der Luftkühlung als klares Kaufargument für die alte durchgehen. Mit ABS ausgerüstet kostet die Ducati Monster 796 derzeit noch stattliche 10.295 Euro und damit genauso viel wie die deutlich besser aus­gestatte BMW F 800 R.

Daten und Messwerte

fact
Alles auf Angriff: Dank der soliden ­Fahrwerke kann man den Angriff mit ­allen vieren ziemlich flott gestalten.

Motor

  Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R Ducati Monster 796
Honda CB 650 F
Bauart Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-
V-Motor
Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-
V-Motor
Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor
Einspritzung 2 x Ø 52 mm 2 x Ø 46 mm 2 x Ø 45 mm 4 x Ø 32 mm
Kupplung Mehrscheiben-
Ölbadkupplung
Mehrscheiben-
Ölbadkupplung
Mehrscheiben-
Ölbadkupplung (Anti-Hopping)
Mehrscheiben-
Ölbadkupplung
Bohrung x Hub     92,0 x 56,4 mm 82,0 x 75,6 mm 88,0 x 66,0 mm 67,0 x 46,0 mm
Hubraum 750 cm³ 798 cm³ 803 cm³ 649 cm³
Verdichtung 11,0:1 12,0:1 11,0:1 11,4:1
Leistung 70,0 kW (95 PS)
bei 9000/min
64,0 kW (87 PS)
bei 8000/min
64,0 kW (87 PS)
bei 8250/min
64,0 kW (87 PS)
bei 11.000/min
Drehmoment 79 Nm bei 7250/min 86 Nm bei 6000/min 78 Nm bei 6250/min 63 Nm bei 8000/min

Fahrwerk

  Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R Ducati Monster 796 Honda CB 650 F
Rahmen Gitterrohrrahmen aus Stahl mit
verschraubten Alugussteilen
Brückenrahmen aus Aluminium Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend Brückenrahmen aus Stahl
Gabel Upside-down-
Gabel, Ø 43 mm
Telegabel, Ø 43 mm Upside-down-
Gabel, Ø 43 mm
Telegabel, Ø 41 mm
Lenkungsdämpfer   hydraulisch
Bremsen vorne/hinten Ø 320/240 mm Ø 320/265 mm Ø 320/245 mm Ø 320/240 mm
Assistenzsysteme ABS ABS ABS ABS
Räder 3.50 x 17; 6.00 x 17 3.50 x 17; 5.50 x 17 3.50 x 17; 5.50 x 17 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Bereifung Pirelli Angel ST Metzeler Sportec M5 Pirelli Diablo Rosso II Metzeler Roadtec Z 8 „F“

Maße + Gewicht

  Aprilia SL 750 Shiver     BMW F 800 R Ducati Monster 796      Honda CB 650 F
Radstand 1440 mm 1520 mm 1450 mm 1450 mm
Lenkkopfwinkel 65,2 Grad 65,0 Grad 66,0 Grad 64,5 Grad
Nachlauf 109 mm 91 mm 87 mm 101 mm
Federweg vorne/hinten 120/122 mm 125/125 mm 120/148 mm     120/128 mm
Sitzhöhe¹ 830 mm 790 mm 800 mm 800 mm
Gewicht vollgetankt¹ 225 kg 212 kg 190 kg 212 kg
Zuladung¹ 175 kg 193 kg 200 kg 184 kg
Tankinhalt/Reserve 15,0/2,5 Liter     16,0/4,0 Liter 13,5 Liter/– 17,3 Liter/–
Service-Intervalle 10.000 km 10.000 km 12.000 km 12.000 km
Preis 8990 Euro 8900 (9910²) Euro    9990 Euro 7690 Euro
Nebenkosten 286 Euro 390 Euro 305 Euro 265 Euro

MOTORRAD-Messwerte

Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R Ducati Monster 796 Honda CB 650 F
Höchstgeschwindigkeit* 
210 km/h 210 km/h 215 km/h 195 km/h
Beschleunigung 0–100 km/h 4,0 sek 3,7 sek 4,4 sek 3,8 sek
0–140 km/h 6,8 sek 6,4 sek 7,6 sek 6,7 sek
0–200 km/h 17,9 sek 15,8 sek 22,3 sek 21,2 sek
Durchzug 60–100 km/h 4,5 sek 4,0 sek 5,9 sek 4,8 sek
100–140 km/h 5,2 sek 4,6 sek 7,3 sek 5,8 sek
140–180 km/h 6,5 sek 5,1 sek 9,4 sek 8,8 sek
Verbrauch Landstraße/100 km   4,7 Liter 4,3 Liter 4,6 Liter 4,3 Liter
Reichweite Landstraße 319 km 372 km 293 km 402 km

*Herstellerangabe; 1MOTORRAD-Messungen; 2inkl. Dynamic-Paket 300 Euro, Tourenpaket 500 Euro, RDC (Reifendruckkontrolle) 210,00 Euro.

Leistungsmessung

fact
Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf dem Dynojet- Rollenprüfstand 250, korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 %.

Ein Blick auf das Leistungsdiagramm und schon wird klar: Selbst innerhalb der 90-PS-Mittelklasse liegen Welten zwischen den einzelnen Kan­didaten. Erwartungsgemäß fällt die Honda CB 650 F aufgrund des kleinsten Hubraums und des Motorenkonzepts drehmomentseitig deutlich hinter der Konkurrenz zurück. Dafür brilliert der Vier­zylinder im Gegensatz zur BMW F 800 R und Ducati Monster 796 mit einer harmonischeren Leistungsentfaltung.

Die Aprilia SL 750 Shiver erreicht (wie auch schon in früheren Messungen) nicht die vom Hersteller ange­ge­be­ne Nominalleistung. Ihr fehlen stolze neun PS und acht Newtonmeter. Davon abgesehen, drückt der V2 ab 3000 Touren gleichmäßig vorwärts und verliert auch in der Spitze kaum an Dreh­moment. Die Kurve des Desmo-V2 der Ducati Monster 796 und des Paralleltwins der BMW F 800 R gleichen sich in ihrem Verlauf sehr – nur dass die F 800 R stets fünf bis zehn Newtonmeter mehr an die Kurbelwelle wuppt. Das kleine Loch um die 4500 Touren nimmt man auf beiden Motorrädern kaum wahr. Dass die BMW ihre Nominalleistung um sieben PS übertrumpft, kann dem Kunden nur recht sein.

MOTORRAD-Punktewertung

fact
Knackige Hintern haben alle, gut klingen tun nur die Italiener. Mit der Ducati kann man allerdings langfristig die Nachbarn verärgern. Sie bollert ganz schön laut.

Motor

  Maximale Punktzahl Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R Ducati Monster 796 Honda CB 650 F
Durchzug 40 24 29 14 20
Beschleunigung 40 20 24 16 19
Topspeed 30 15 15 16 14
Motorcharakteristik 30 20 22 17 19
Ansprechverhalten 20 12 12 14 13
Lastwechsel 20 12 12 11 12
Laufruhe 20 12 10 8 12
Kupplung 10 8 8 6 8
Schaltung 20 12 11 12 12
Getriebeabstufung 10 9 8 7 8
Starten 10 9 9 8 8
Summe 250 153 160 129 145

So unterschiedlich wie die Motorräder sind auch ihre Antriebe. Der Vierzylinder der Honda CB 650 F gefällt zwar in der Summe, doch seine starken Vibrationen ab 5000 Umdrehungen stören auf langen Etappen. Äußerst manierlich zeigt sich der V2 der Aprilia SL 750 Shiver, der butterweich am Gas hängt (T-Mapping) und sehr ruhig läuft. Ganz anders: der V2 der Ducati Monster 796.

Sieger Motor: BMW F 800 R

Fahrwerk

  Maximale Punktzahl Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R Ducati Monster 796 Honda CB 650 F
Handlichkeit 40 28 28 29 30
Stabilität in Kurven 40 28 28 25 26
Lenkverhalten 40 29 28 25 27
Rückmeldung 10 7 6 6 8
Schräglage 20 18 18 13 16
Geradeauslaufstabilität 20 15 16 14 15
Fahrwerksabstimmung vorn 20 13 12 11 12
Fahrwerksabstimmung hinten 20 13 12 12 12
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk 10 2 4 2 1
Federungskomfort 10 6 5 5 5
Fahrverhalten mit Sozius 20 11 14 9 14
Summe 250 170 171 151 166

Das Lenkverhalten der Aprilia SL 750 Shiver begeistert. In Verbindung mit der gelungenen Fahrwerksabstimmung und der tollen Kurvenstabilität bleibt sie nur einen Punkt hinter der BMW. Gratulation! Die Ducati Monster 796 fährt sich nicht wirklich schlecht, will aber kräftig an den Hörnern gepackt und auf Linie gehalten werden.

Sieger Fahrwerk: BMW F 800 R

Alltag

  Maximale Punktzahl Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R Ducati Monster 796 Honda CB 650 F
Ergonomie Fahrer 40 28 26 22 30
Ergonomie Sozius
20 11 12 7 12
Windschutz 20 1 3 3 1
Sicht 20 14 13 11 13
Licht 20 13 15 11 13
Ausstattung 30 16 20 9 14
Handhabung/Wartung   30 18 19 19 17
Gepäckunterbringung 10 2 5 1 4
Zuladung 10 3 6 7 4
Reichweite 30 18 23 16 26
Verarbeitung 20 15 15 14 13
Summe 250 139 157 120 147

Die Ergonomie auf der Honda CB 650 F passt für Personen unterschiedlicher Größe gleichermaßen gut. Und weit und lang fahren kann man mir ihr durchaus. Bei 402 Kilometern Reichweite kommt man mit einer Tankfüllung von Hannover nach Dortmund und wieder zurück. Das schafft manch großer Tourer nicht. Spitze! Für Großgewachsene empfiehlt sich zudem die Aprilia SL 750 Shiver.

Sieger Alltag: BMW F 800 R

Sicherheit

  Maximale Punktzahl Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R Ducati Monster 796 Honda CB 650 F
Bremswirkung 40 30 30 27 26
Bremsdosierung 30 24 23 20 24
Bremsen mit Sozius/Fading 20 11 13 11 13
Aufstellmoment beim Bremsen 10 8 8 6 7
ABS-Funktion 20 13 14 11 12
Lenkerschlagen 20 12 15 13 14
Bodenfreiheit 10 8 8 7 7
Summe 150 106 111 95 103

Die Bremsen der BMW F 800 R und der Aprilia SL 750 Shiver sind eine Wucht. Wobei sich die Stopper der Aprilia noch besser dosieren lassen. Bei Provokation neigt die Shiver allerdings zum Lenkerschlagen.

Sieger Sicherheit: BMW F 800 R

Kosten

  Maximale Punktzahl Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R    Ducati Monster 796 Honda CB 650 F
Garantie 30 15 17 17 15
Verbrauch (Landstraße) 30 20 23 21 23
Inspektionskosten 20 16 17 16 19
Unterhaltskosten 20 12 12 12 12
Summe 100 63 69 66 69

Die BMW F 800 R und die Honda CB 650 F verbrauchen mit 4,3 Litern am wenigsten, die Aprilia SL 750 Shiver mit 4,7 Litern am meisten.

Sieger Kosten: Honda CB 650 F und BMW F 800 R

  Maximale Punktzahl    Aprilia SL 750 Shiver BMW F 800 R Ducati Monster 796 Honda CB 650 F
Gesamtwertung 1000      631      668      561      630
Platzierung 2. 1. 4. 3.
Preis-Leistungs-Note     1,0 1,7 1,3 2,9 1,3

Sieger Preis-Leistung: Sowohl die günstige Honda CB 650 F als auch die teure BMW F 800 R gewinnen den Preis-Leistungs-Award.

MOTORRAD-Testergebnisse

fact
Blümchenpflücker-Motorräder? Von wegen! Jeder in dieser Viererkette kann auch auf Sturm umschalten!

Die BMW F 800 R schafft es schließlich erneut, sich in keiner Kategorie eine Blöße zu geben. Und da es wie beim Fußball am Ende auf die Punkte ankommt, geht die BMW als ­klare Siegerin hervor. Doch wer mit den Münch­nern auf Kriegsfuß steht, findet sowohl mit der wertigen Aprilia SL 750 Shiver als auch mit der Honda CB 650 F zwei Alternativen, die preislich attraktiver und qualitativ fast auf Augenhöhe mit der BMW sind. Na, wenn das kein Grund ist, sich nun endlich aufs Moped zu schwingen!

1. BMW F 800 R: Am Ende gewinnt der Bayern-Roadster völlig zu Recht. Der kräftige ­Zweizylinder in Verbindung mit dem stabilen und zielgenauen Fahrwerk macht es den Mitbewerbern unmöglich, an der BMW dranzubleiben.

2. Aprilia SL 750 Shiver: Sie überrascht bei diesem Test mit ihrem exzellenten Lenkverhalten, viel Stabilität und der guten Gasannahme. Zudem punktet sie mit einer komfortablen Ergonomie und dem famosen V2-Klang.

3. Honda CB 650 F: Die Newcomerin in der 90-PS-Klasse liefert in allen Belangen eine solide Vorstellung ab. Für den Sieg reicht es allerdings nicht. Bei Kupplung, Getriebe und Verarbeitung patzt die japanische Thailänderin.

4. Ducati Monster 796: Sie steht zur Ablöse parat und versprüht trotzdem noch ihren luftgekühlten Charme. Der rustikale V2, das unharmonische Einlenkverhalten und das Aufstellmoment verhindern allerdings eine bessere Platzierung.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023