Krämer-HKR-Evo2 im Test
Leicht, handlich und extrem fahrbar

Inhalt von

Der stärkste Einzylinder bildet das Herz der Krämer-HKR-Evo2, alles andere stammt aus eigener Fertigung. In Kleinserie entsteht so ein unglaublich handlicher und extrem fahrbarer Racer.

Leicht, handlich und extrem fahrbar
Foto: Bilski

Unsere Waage lügt nicht! Nicht bei dicken Eisenhaufen, und schon gar nicht bei Race-Bikes, bei denen es um jedes Gramm geht. Sagenhafte 130,7 Kilo stehen jedenfalls auf dem Display, als wir die Krämer-HKR-Evo2 draufrollen – komplett mit Wasser, Öl und vollem Spritfass! Wir sind beeindruckt und dabei noch keinen Meter damit gefahren. Dem Bike eilt allerdings ein exzellenter Ruf voraus, denn Lukas Wimmer fährt damit sehr erfolgreich ganz vorn im European Supermono Cup mit.

Kompletten Artikel kaufen
Krämer-HKR-Evo2 im Test
Leicht, handlich und extrem fahrbar
Sie erhalten den kompletten Artikel (4 Seiten) als PDF
2,00 € | Jetzt kaufen

Was die Krämer-HKR-Evo2 deshalb schon allein vom Chassis her draufhaben muss, offenbart der Prüfstand, denn dort leistet der KTM-690-Single nur knapp zwei PS mehr als das von uns gemessene Serienteil der KTM 690 Duke R, die zudem über den gesamten mittleren Drehzahlbereich mächtig mehr Schub bietet. „Der Motor ist noch gar nicht mit der Airbox und dem Versuchsauspuff von Akrapovic abgestimmt“, winkt Erbauer Markus Krämer ab. Momentan wird mit Akrapovic ein Auspuff entwickelt, danach geht’s an die perfekte Abstimmung. Außerdem soll die Evo2 bald einen aufgebohrten Single mit 790 Kubik bekommen, der dann deutlich über 85 PS leisten soll.

Alles selbst entwickelt

Die Teststrecke in Anneau du Rhin ist noch nass als wir eintreffen, deshalb können wir uns die Krämer-HKR-Evo2 noch mal genauer anschauen und mit Markus Krämer (www.kraemer-motorcycles.com) über das Bike sprechen. Alles entstand nach seinem Ausscheiden als Entwicklungsingenieur bei KTM und der ersten HKR, die er für seine eigene Racing-Leidenschaft aus einer 690er und vielen RC8-Genen baute. Heute ist davon nicht mehr viel übrig. „Dieses Motorrad entstand mit all unserer
gesammelten Erfahrung auf weißem Papier“, erklärt der 33-jährige Krämer. Rahmen, Verkleidung, Schwinge, Fußrasten – alles selbst entwickelt. Die Federelemente kommen von WP, der Motor wird von KTM geliefert. Um den Rest kümmert er sich mit seiner eigenen Firma und eigenen Zulieferern.

Neben dem Rahmen der Krämer-HKR-Evo2 sticht dabei vor allem das selbsttragende Rahmenheck, das gleichzeitig Tank ist, heraus. Drei Kilogramm wiegt diese Kunststoffkonstruktion, die Krämer selbst erdacht hat. „Da der Single so hoch baut, mussten wir für ein flaches und ordentlich ausbalanciertes Rennmotorrad mit dem Tank woanders hin, weil wir für die nötige Power auch eine entsprechend größere Airbox bauen mussten.“ Die Qualität des Bauteils ist überzeugend, das gilt auch für die Detaillösungen wie das aufschraubbare Polster und die integrierten Sturzbügel hinten am Tank-Rahmenheck.

Trockene Strecke – das Gas ist rechts!

Endlich kommt im Elsass die Sonne raus, und ich kann hinaus auf die Piste. Sofort fällt auf, wie schmal die Krämer-HKR-Evo2 ist. Die Ergonomie passt, auch wenn die Rasten für 183 Zentimeter Körperlänge etwas hoch angebracht sind. Den Benefit spüre ich aber schon nach wenigen Runden Eingewöhnung, denn dieser leichte Rennfloh lässt sich auf irre Linien ziehen und richtig tief in Schräglage fahren, ohne dass auch nur die weit ausgestellten Fußspitzen streifen.

Der 180er-Slick-Hinterreifen gript einwandfrei, und so lasse ich die Krämer-HKR-Evo2 richtig fliegen. Der Vollgasanteil ist mit dem moderaten Single entsprechend hoch, und um den Vierzylinder-Bikes auf der Strecke Paroli bieten zu können, muss man viel Speed durch die Kurve mitnehmen. Das ist überhaupt der große Spaß an diesem Motorrad und gleichzeitig die Herausforderung an den Fahrer, denn jeder Fehler beim Bremsen, Einlenken, der gewählten Linie und am Kurvenausgang wird mit Extra-Zehnteln bestraft. Keine Mega-Power kaschiert hier eigenes Unvermögen.

Bilski
Informell minimalistisch das Cockpit, geradezu zart wirkt die obere Gabelbrücke.

Dafür kann man aber nach der Eingewöhnung im Kurvengeschlängel mit dem leichten Racer und diesem spielerischen Handling wie ein junger Hund um die 1000er herumtänzeln – herrlich! Sauber nimmt der Single das Gas an. Auch wenn man spürt, dass ihm etwas der Saft fehlt, dreht er noch freudig oben heraus. Selbst als 790er dürfte er erheblich stressfreier zu bewegen sein als die Armada der 1000er. Die müssen auf der elsässischen Piste bereits den leichten Rechtsknick der Geraden aufs Fahrerlager zu heftig anbremsen, während die Krämer-HKR-Evo2 mit voll geöffnetem Gas auf den Bremspunkt der folgenden engen Rechts zufliegt und dabei schon ein paar Kollegen aufschnupft.

Ein irres Gefühl – so soll Motorradfahren sein. Wie Fahrradfahren, easy eben, nur viel geiler. Dieses Gefühl möchte Markus gern mehr Leuten zugänglich machen, weshalb er 25 Stück der Krämer-HKR-Evo2 fertigen möchte. Basispreis: 14.990 Euro. Exklusive OZ-Felgen oder Akrapovic-Karbon-Anlage, die gehen extra. Auch als Bausatz will er die Evo2 anbieten, dann kann jeder seinen eigenen Motor reinhängen. So versteht Markus Krämer auch seinen Firmenslogan „Construct your Identity“.

Technische Daten Krämer-HKR-Evo2

Bilski
Leistung an der Kurbelwelle, Messungen auf Dynojet-Rollenprüfstand 250.

Noch nicht abgestimmt, zeigt der Single in der Krämer-HKR-Evo2 Schwächen gegenüber der  Serie – das geht noch deutlich besser. Wir sind gespannt auf die 790er-Variante.

Gewicht: 130,7 kg
vorn/hinten: 52,1/47,9 %
Leistung: 73,9 PS
Basispreis: 14.990 Euro

Die aktuelle Ausgabe
PS 6 / 2023

Erscheinungsdatum 10.05.2023