KTM 690 Duke gegen Yamaha MT-07 im Test

KTM 690 Duke und Yamaha MT-07 im Test (2014) Adrenalin bis in die letzte Haarspitze

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Spielzeuge sind Sachen, die man gerne hätte, aber nicht zwingend braucht. Doch sie beeinflussen unser Leben positiv. Wie die neue Yamaha MT-07 und die KTM 690 Duke. Mögen die Spiele beginnen.

Adrenalin bis in die letzte Haarspitze Foto: fact
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Japanisches Twin-Schlitzohr gegen österreichischen Single. Die nagelneue Yamaha MT-07 drängt sich durch ihren Schlagerpreis von gerade einmal 5495 Euro gekonnt in unsere Aufmerksamkeit. Dazu tritt sie obendrein an, der KTM 690 Duke die Krone des Pole-Setters der Handlichkeit zu entreißen. Aber leidet bei solch einem Preis die Qualität, und bleibt damit der Spaß schließlich doch auf der Strecke? Zweizylinder oder Ein­zylinder? Fragen sind da viele.

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KTM 690 Duke und Yamaha MT-07 im Vergleichstest Adrenalin bis in die letzte Haarspitze
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Beginnen möchten wir diese Geschichte mit den schlagkräftigsten ­Argumenten für diese Gattung. Gesammelt, um solches Spielzeug vor dem besserwisserischen Kumpel zu rechtfertigen. Die Argumentation liest sich wie folgt: Diese kleinen Spaßgeräte sind vernünftig. 70 PS sind weitgehend ungefährlich, vertragen sich besser mit unseren Verkehrsgesetzen und sie brauchen kaum Sprit. Superhandlich und leicht sind sie sowieso und günstig in Anschaffung und Unterhalt.

Yamaha MT-07 ergonomisch richtig konzipiert

Dem Kauf steht also nichts mehr im Weg. Außer vielleicht die Frage, welche der beiden es denn sein darf? Im Design unterscheiden sich die Konkurrenten deutlich. In der Qualitätsanmutung steht die Yamaha MT-07 der KTM 690 Duke trotz des deut­lichen Preisunterschiedes jedoch in nichts nach. Die KTM wirkt aggressiv, die Yamaha pflegt Understatement.

So unterschiedlich die Erscheinung, so ungleich sind die Motorenkonzepte. Lässt die KTM 690 Duke nur einen großen Kolben mit 102 mm Durchmesser den langen Weg von 84,5 mm  raubeinig oszillieren, bemühen die Yamaha-Ingenieure zwei Kolben mit je 80 mm auf einer Strecke von nur je 68,6 mm. Beide Motoren bringen es damit auf jeweils 690 cm³. Der Motor der Yamaha MT-07 wurde mit dem aus der R1 bekannten Hubzapfenversatz von 270 Grad versehen und baut für einen Reihen-Twin sehr schmal.

Platz nehmen und wohlfühlen ist das Motto. Die Yamaha MT-07 ist ergonomisch richtig konzipiert. Der im Vergleich schmale Lenker von 680 mm (KTM 780 mm) liegt passend in der Hand. Kleine wie große Menschen fühlen sich schnell wohl. Der tiefe Schwerpunkt suggeriert trotz der 181 Kilo Gesamt­gewicht sofort das Gefühl von Handlichkeit. Die Sitzposition ist leger und nah am Hinterrad.

Geniales Wheelie-Übungsbike

Leise und damit etwas kraftlos wirkt der Motorsound – doch der Eindruck ist trügerisch. Der MT-07-Antrieb ist eben ein genialer, leiser Motor. Schon mit 2000/min ist der Freudenspender fahrbar. Sein ruhiger Lauf und die gleichzeitige Quirligkeit begeistern auf Anhieb. Er steht für Drehmoment in ­allen Lagen und ruckfreien Durchzug, egal ob bei 2500 oder 10.500/min. Der kleinste Dreh am Gasgriff wird in gut dosierbaren Vortrieb verwandelt.

Zupft man dazu kurz die leicht­gängige Kupplung, hebt sich flugs das Vorderrad. Dem Vortrieb sei Dank, kann das Wheelie auch endlose Kilometer gehalten werden. Die Yamaha MT-07 ist ein geniales Wheelie-Übungsbike! Und was für ein Wheelie taugt, ist eine Wonne fürs Kurvenjagen. Durch die geringen rotierenden Massen kann man nahe am Scheitelpunkt wieder früh ans Gas gehen und richtig Meter machen.

Der montierte Michelin gilt von Haus aus als handlich, allerdings ist das eher ein Nachteil für die Yamaha MT-07. Wegen der spitzen Vorderrad-Kontur des Pilot Power 3 neigt die Front der ohnehin schon handlichen MT-07 in Kurven dazu, nach innen abzukippen. Obendrein hat man durch den weit nach hinten reichenden Lenker kaum Gefühl fürs Vorderrad. Das ist unangenehm, weil wenig sportlich und somit ein Dämpfer für die Spaßmomente.

Die Vorderradbremse ist besser gelungen. Die Stopper mit zwei Scheiben statt der einzelnen 320er der KTM 690 Duke lassen sich gut dosieren, sind dem Fahrzeug angemessen sportlich und transparent. Das könnte gut für spätes Reinbremsen in Kurven sein, letztlich aber vereitelt dann das viel zu weiche Fahrwerk solche Fahrmanöver. Die Front taucht tief ab, das Heck ist ebenso unterfedert und unterdämpft. Einstellschrauben sucht man vergeblich. So schaukelt die Yamaha MT-07 in erfahrener Hand wie eine Sänfte durch die Kurven. Das fühlt sich schnell an, was aber schnell relativiert wird, wenn die KTM außen herum vorbeifegt.

KTM 690 Duke mit wesentlich strafferem Fahrwerk

Die aggressivere Ergonomie der KTM 690 Duke geht auf. Auch auf ihr sitzen Groß und Klein gut. Die Nähe zum Vorderrad, die gesamte sportliche Auslegung des Bikes und das wesentlich straffere Fahrwerk machen an. Zwar gibt es bei Letzterem auch Kritikpunkte wie etwa die nicht einstellbare Zug- und Druckstufe und das unsensible Ansprechverhalten. Auf der Bremse und in der Kurve ist man aber trotz schlecht funktionierender Anti-Hopping-Kupplung superschnell. Dank ihrer enormen Schräglagenfreiheit wird die KTM dort auch den ein oder anderen Supersportler fressen. Mit nur 163 Kilo ist die Duke in Ecken und Kehren der Brüller.

Im direkten Beschleunigungsduell hat dann die Yamaha MT-07 trotz ihres Mehrgewichts die Nase um ein paar Meter vorn. Zwar suggeriert die KTM 690 Duke einen bärenstarken Antritt, was kaum verwundert, wenn man das Drehmoment mit den senkrechten Anstiegen mal in unserem Leistungsdiagramm studiert, aber sie liefert dann doch nicht genug, um die Yamaha abzuledern.

Durchzug? Was können 70 PS schon bieten?

Obendrein sind es genau diese Wellen, die den kernigen Einzylinder als Rabauken bekannt und das Wheelen mit ihr so schwer machen. Die KTM 690 Duke geht zwar deutlich leichter aufs Hinterrad, aber das Spielen in der Balance am Gas ist dank des gleichmäßigeren Drehmomentverlaufs mit der Yamaha MT-07 um Welten einfacher.

Schießt man sich hingegen auf das ruppige Triebwerk ein, ist der Spieltrieb mit der KTM 690 Duke ungebremst. Es entflammt ein Kampf der Konzepte, österreichischer Naturbursche gegen japanischen Feingeist. Um jede Kehre wird gefightet, jeder Millimeter unserer Teststrecke wird genutzt. Wir schenken uns nichts und schon gar nicht dem anderen. So vergeht locker über eine Stunde, bis die Vernunft wieder siegt und einer vom anderen ablässt. Das ist Fun pur und Adrenalin bis in die letzte Haarspitze – und das mit nur 70 PS!

Bei den Hörnern genommen fordern die Bikes, aber sie überfordern nie. Dass die KTM 690 Duke am Ende die Siegerin ist, liegt an ihrer sportlicheren Ausrichtung. Das Fahren an der gefühlten Schräglagengrenze macht schon irrsinnig viel Spaß und ist trotzdem nicht immer so weit jenseits der Straßenverkehrsordnung. Im Gegensatz zu potenten Supersportlern ist der Spaßfaktor schon bei niedrigeren Geschwindigkeiten sehr ausgeprägt und nie stressig – spielerisch eben.

Daten und Messwerte KTM 690 Duke

fact
Die aggressivere Ergonomie der KTM geht auf. Auch auf ihr sitzen Groß und Klein gut.

Antrieb
Einzylindermotor, vier Ventile, 51,5 kW    (70 PS) bei 7500/min*, 70 Nm bei 5500/min*, 690 cm³, Bohrung/Hub: 102,0/84,5 mm, Verdichtungsverhältnis: 12,6:1, Zünd-/Einspritzanlage, 46-mm-Drosselklappen, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat, Kette.

Chassis & Bremsen
Stahl-Gitterrohrrahmen, Lenkkopfwinkel: 63,5 Grad, Nachlauf: 115 mm, Radstand: 1466 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 43 mm, nicht einstellbar. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in Federbasis. Federweg vorn/hinten: 135/135 mm, Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/5.00 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 160/60 ZR 17, Erstbereifung: Michelin Pilot Power, 320-mm-Einzelscheibenbremse mit radial angeschlagenem Vierkolben-Festsattel vorn, 240-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten, ABS.

Max. Hinterradleistung**: 48 kW (65 PS) bei 176 km/h

Beschleunigung**
0 –100 km/h: 3,8s
0 –150 km/h: 8,1 s
0 –200 km/h: –

Durchzug**
50 –100 km/h: 5,8 s
100 –150 km/h: 6,1 s

Höchstgeschwindigkeit*: 188 km/h

Maße und Gewicht
Länge/Breite/Höhe: 2130/900/1340 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 830/1100 mm, Lenkerbreite: 780 mm, 163 kg vollgetankt, v./h.: 49,5/50,5 %.

Verbrauch
Kraftstoffart: Super bleifrei. Durchschnitts­testverbrauch: 5,5 Liter/100 km, Tankinhalt 14,0 Liter, Reichweite:
255 km.

Setup Gabel
stat.neg. Federweg:  nicht einstellbar, Dämpfung: nicht einstellbar, Niveau: Standard.

Setup Federbein
stat.neg. Federweg: Standard, Dämpfung: nicht einstellbar, Niveau: Standard.

Grundpreis: 7895 Euro (zzgl. Neben­kosten)

Daten und Messwerte Yamaha MT-07

fact
Der MT-07-Antrieb ist ein genialer, leiser Motor. Schon mit 2000/min ist der Freudenspender fahrbar.

Antrieb
Zweizylinder-Reihenmotor, vier Ventile/­Zylinder, 55 kW (75 PS) bei 9000/min*, 68 Nm bei 6500/min*, 690 cm³, Bohrung/Hub: 80,0/68,6 mm, Verdichtungsverhältnis: 11,5:1, Zünd-/Einspritzanlage, 38-mm-Drosselklappen, mechanisch ­betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat, Kette.

Chassis & Bremsen
Stahlrohr-Brückenrahmen, Lenkkopf­winkel: 65,5 Grad, Nachlauf: 90 mm, Radstand: 1400 mm, Telegabel, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, nicht einstellbar. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in ­Federbasis. Federweg vorn/hinten: 130/130 mm, Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/5.50 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17, Erstbereifung: ­Michelin Pilot Road „A“, 282-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Fest­sätteln vorn, 245-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten.

Max. Hinterradleistung**: 51kW (69 PS) bei 196 km/h

Beschleunigung**
0 –100 km/h: 3,8 s
0 –150 km/h: 7,9 s
0 –200 km/h: 24,7 s   

Durchzug**
50 –100 km/h: 5,0 s
100 –150 km/h: 6,0 s

Höchstgeschwindigkeit*: 207 km/h

Maße und Gewicht
Länge/Breite/Höhe: 2120/860/1210 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 810/1050 mm, Lenkerbreite: 680 mm,181 kg vollgetankt, v./h.: 48,7/51,3 %.

Verbrauch
Kraftstoffart: Super bleifrei. Durchschnitts­testverbrauch: 5,0 Liter/100 km, Tankinhalt 14,0 Liter, Reichweite:
280 km.

Setup Gabel
stat.neg. Federweg:  nicht einstellbar, Dämpfung: nicht einstellbar, Niveau: Standard.

Setup Federbein
stat.neg. Federweg: Standard, Dämpfung: nicht einstellbar, Niveau: Standard.

Grundpreis
5495 Euro (zzgl. Neben­kosten), ABS-Ver­sion 5995 Euro (zzgl. NK).

Bewertung und Fazit

fact
Im Gegensatz zu potenten Supersportlern ist der Spaßfaktor schon bei niedrigeren Geschwindigkeiten sehr ausgeprägt und nie stressig – spielerisch eben.

max.
Punkte 
KTM
690 Duke 
Yamaha
MT-07
Antrieb
Beschleunigung  10 1 1
Durchzug 10 4 5
Leistungsentfaltung  10 7 10
Ansprechverhalten 10 9 9
Lastwechselreaktion 10 8 8
Laufkultur 10 5 9
Getriebebetätigung 10 6 8
Getriebeabstufung 10 9 9
Kupplungsfunktion 10 6 5
Traktionskontrolle 10 - -
Zwischensumme 100 55 64
Fahrwerk
Fahrstabilität 10 8 6
Handlichkeit 10 9 8
Kurvenstabilität 10 8 5
Rückmeldung 10 8 5
Fahrwerksabstimmung vorne  10 7 5
Fahrwerksabstimmung hinten  10 8 5
Bremswirkung 10 6 8
Bremsdosierung 10 7 8
Aufstellmoment beim Bremsen  10 8 8
ABS-Funktion 10 8 -
Zwischensumme 100 77 58
Alltag und Fahrspaß
Sitzposition 10 7 6
Windschutz 10 1 1
Ausstattung 10 5 4
Verbrauch 10 8 9
Fahrspaß 10 8 8
Zwischensumme 50 29 28
Gesamtsumme 250 161 150
Platzierung   1. 2.

Fazit

PS
Die Leistungsmessung der KTM 690 Duke und Yamaha MT-07.

1. KTM 690 Duke
Auch ohne ABS hätte sie verdient gewonnen. Aus Sicht des sportlichsten Motorrad-Magazins völlig zu Recht. Der Rabauken-Motor macht gerade erfahrenen Piloten Spaß, und das Feedback des Bikes auf den in die Jahre gekommenen Michelin Pilot Power ist dennoch klasse. Herrlich geeignet für heiße Infights, ist sie den meisten Einsteigern vielleicht doch zu ruppig.

2. Yamaha MT-07
Ob Anfänger, Wiedereinsteiger oder sogar Racer, alle lieben den Motor der MT-07. Er ist Quell der Freude bei jeder Drehzahl und macht die Landstraße zum Spielplatz. Der günstige Preis ist eine klare Kaufempfehlung. Falsch machen kann man mit dem hohen Qualitätsstandard des Bikes nichts. Das übrige Geld ins Fahrwerk investiert, schon ist man vorn dabei.

Technische Daten

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