Top-Test Kawasaki Z 1000

Top-Test Kawasaki Z 1000 Ready for take-off?

Sie war und ist eine der meist bestaunten Neuheiten des Jahres. Ob die Kawasaki Z 1000 allerdings tatsächlich Flügel verleiht oder doch eher etwas fürs Flanieren vor dem angesagten Bikertreffpunkt ist, klärt der Top-Test.

Ready for take-off? fact

The flying K, das fliegende K, das Markenzeichen von Kawasaki. Fans des japanischen Herstellers tragen es mit innigem, manchmal grimmigem Stolz. Nicht selten prangt es zeitlebens auf nackter Haut als mehr oder weniger
großes Tatoo. Der wahre Freak geht mit seiner Marke durch dick und dünn – und hatte in den letzten Jahren nicht gerade viel zu lachen.
Doch das Blatt hat sich gewendet, die Grünen verspüren Rückenwind, bestes Zeichen dafür: die viel beachtete Z 1000. Ein Motorrad, das sich zu inszenieren weiß. Kleines Beispiel gefällig? Neulich auf Testfahrt durch den Schwarzwald. Mit der orangefarbenen, nicht mit der grünen, die als Flug-Z 1000 auf dem Aufmacherfoto brilliert. Darauf sei ausdrücklich
hingewiesen. Besagte Test-Z 1000 nebst Fahrer warten also ungeduldig an einer Ampel. Neben den beiden eine Luxuskarosse aus Ingolstadt. Der Fahrer lässt aufgeregt das Fenster herunter. Dem
Autor dieser Zeilen schwant Ungemach. Sollte der gute Mann vorhin just in der Kolonne gesteckt haben, die er lässig
und vielleicht etwas brüsk überholt hatte?
Völlig falsch. Es sprudelt nur so heraus dem freundlichen Herrn, Alter um die
40: »Das schönste Naked Bike auf dem Markt, einfach top, meinen Glückwunsch, wie fährt sie sich denn?«
»Toll, wirklich, danke...«, zu mehr
reichen die verbleibenden zehn Sekunden Rotphase eben nicht. Die Wege
trennen sich. Deshalb jetzt die Antworten, schriftlich, vielleicht liest der nette A8-
Fahrer ja MOTORRAD.
Z 1000, ein Motorrad, das mehrere Seelen in seiner Brust trägt: zart, zugleich hart – und extrovertiert. Will bestaunt
werden, mag den großen Auftritt. Gaukelt ihrem Betrachter mittels seitlicher Plastikabdeckungen einen Alurahmen vor, verfügt aber über einen aus Stahl: Diamondframe nennt Kawasaki das, altbekannt, schon die GPZ 900 R besaß einen
solchen. Das Rückgratchassis integriert den Vierzylinder als tragendes Element, Unterzüge entfallen somit. Das freut das Auge, mag anderen wiederum als pragmatische Lösung gelten.
Wer das erste Mal auf der Z 1000 Platz nimmt, ist zunächst etwas verdutzt. So klein, so niedrig, so kompakt. Und
diese aggressiv nach vorne orientierte Sitzposition mit knackigem Knieschluss. Hallo, Kawasaki, es muss sich um eine Verwechslung handeln. Fühlt sich wie ein 600er-Supersportler mit Superbikelenker an, aber keinesfalls nach 1000er. Ist
sie ja auch nicht wirklich. Da trägt die Z
– wie beim Rahmen – ebenfalls etwas dick auf. Denn nach grundlegender Überarbeitung des organspendenden ZX-9R-Triebwerks verhilft eine vergrößerte Bohrung zu 953 cm3 – und nicht mehr.
Ein geänderter Zylinderkopf und Nockenwellen sollen im Verbund mit einer Einspritzung zu deutlich mehr Druck im mittleren Drehzahlbereich sorgen. Davon merkt man aber im ersten Moment nicht sonderlich viel. Zunächst macht sich leichte Enttäuschung breit. Die Urgewalt, die Souveränität einer Yamaha FZS 1000
Fazer geht ihr ab, untenherum fehlt die Spritzigkeit der Honda Hornet 900. Die Kawasaki ist anders. Man muss sie erst verstehen lernen. Der Motor stapelt nämlich, ganz im Gegensatz zum sonstigen Charakter der Z 1000, wegen seiner feinen Manieren etwas tief. Der Vierzylinder spricht sehr weich und zurückhaltend an, dementsprechend gering fallen die Lastwechselreaktionen aus. Aber von einem Kawa-Triebwerk erwartet der Fan zunächst einmal alles andere – nur nicht so viel Zurückhaltung.
Gemach, die wirft der Motor über Bord, sobald die Skala des verspielten
digitalen Drehzahlmessers die 6000er-Marke überschritten hat. Dann wandelt sich das Blatt, die Zeichen stehen auf Sturm, die Z 1000 zieht einem mit
ihrem brachialen Leistungseinsatz die Arme lang; immer präsente Vibrationen, spürbar in den Griffen, im Sitzpolster und
den Fußrastenauslegern, erinnern einen daran, dass Kawasaki auf eine Ausgleichswelle verzichtet hat.
Vergleicht man die Fahrleistungen der Z 1000 mit denen ihrer Schwester ZX-9R, bleibt dennoch nur der eine Schluss: Den ganzen Hokuspokus mit mehr Hubraum, anderen Nockenwellen und so weiter hätten sich die Ingenieure sparen können, die Durchzugswerte liegen auf nahezu gleichem Niveau. Und auch bei den Fahreigenschaften kann sie ihre sportliche Herkunft nicht verleugnen.
Eine Schönheit, die nur eines will:
rennen. Ganz klar das sportlichste japanische Naked Bike. Damit wird Kawasaki seinem Ruf gerecht. Na gut, gemütlich bummeln, das macht sie klaglos mit:
Die bequeme Sitzposition mit viel Spielübersicht lädt dazu ein – wenn es denn partout sein muss. Aber da ist schließlich dieser fordernde Motor. Man muss ihn einfach ausquetschen und dabei viel Schaltarbeit leisten, in den ersten drei
etwas harzigen Gängen nicht gerade ein Vergnügen. Dafür entschädigt allein der in höheren Drehzahlen ertönende, wundervoll heisere Klang. Aus dieser Grundeinstellung resultiert ein entsprechend sportives Tempo.
Das Fahrwerk zeigt sich für diese
ambitionierte Gangart bestens gerüstet. Allerdings stellt sich die Kawasaki wegen des breiten 190er-Reifens hinten in Kurven mit Bodenwellen spürbar auf. Ein
Absenken des Luftdrucks von 2,9 auf 2,5 bar mindert diese Neigung deutlich, dann zieht sie nahezu unbeirrt ihre Bahn.
Leicht, ja geradezu spielerisch pfeift die Kawa durch schnelle Wechselkurven. Dabei ermuntert sie ihren Fahrer zu allen nur erdenklichen Fahrstilen: Old-school-Piloten, die mit dem Knie am Tank, werden mit ihr ebenso glücklich wie modisch-
aktive, die gerne mit einem beweglichen Oberkörper und abgespreiztem Knie auf der Suche nach der Ideallinie sind. Gut, dass der Z 1000 selbst bei extremer
Fahrweise Fahrwerksunruhen fremd sind.
Sowohl die Upside-down-Gabel als auch das Federbein überzeugen mit einer
guten Grundabstimmung. Dass vorn wie hinten die Möglichkeit zum Einstellen
der Druckstufendämpfung fehlt, lässt sich deshalb locker verschmerzen.
Beim harten Bremsen zeigt sich die Kawasaki zunächst wieder von der milden Sorte. Sechs Millimeter dicke 300er-Bremsscheiben im Verbund mit Vierkolbensätteln, sofort hat man die aggressive
ZX-9R-Bremsanlage im Hinterkopf. Doch die Z 1000 bremst ganz anders. Zunächst sanft, hernach umso brutaler, sehr
effektiv. 10,1 m/s2 mittlere Bremsverzögerung, das ist ein Spitzenwert. Und der
gelingt vor allem deshalb, weil die Frontpartie keine Sperenzchen macht und
das Heck schön am Boden bleibt. Indiz dafür, wie gut die Techniker die Kawasaki
ausbalanciert haben und wie toll sich
die Bremsanlage selbst im Grenzbereich dosieren lässt.
Alles in allem ein begeisterndes Naked Bike, bewusst mit Ecken und Kanten, genau wie es Fans lieben. Für diese musste eine Kawasaki eh schon immer etwas
aggressiver und kompromissloser sein als
der Rest der motorradfahrenden Welt.

Was sonst noch auffiel - Was sonst noch auffiel

Was sonst noch auffiel PlusU-Kat und Sekundärluftsystem, die Z 1000 erfüllt die Euro-2-AbgasnormKlasse Erstbereifung Bridgestone BT 019/012. Gefahrener Luftdruck: vorne/hinten 2,5/2,5 bar Gute RücksichtInspektionsintervalle wurden von 6000 auf 12000 Kilometer angehoben. Deshalb erhält die Z 1000 im Vergleich zum letzten Test (Heft 5/2003) elf Punkte mehrin der Rubrik Inspektionskosten MinusKupplungshebel nicht einstellbar, kein Hauptständer, fummeliges, fast unauffindbares SitzbankschlossBezüglich des Ventils am hinteren Showa-Federbein könnten Missverständnisse entstehen. Deswegen ein Auszug aus dem offiziellen Kawasaki-Händlerrundschreiben:»Beim Modell Z 1000 ist ein Stoßdämpfer von Showa verbaut. Am Druckbehälter dieses Dämpfers befindet sich ein leicht zugängliches Ventil. Dieses Ventil dient ausschließlich dem Befüllen des Stoßdämpfers mit Stickstoff. Achtung: An diesem Ventil darf unter keinen Umständen Druck abgelassen werden. Auch mit einem herkömmlichen Reifenluftdruck-Prüfgerät darf der Druck weder überprüft noch eingestellt werden. Jeder Druckverlust im Stoßdämpfer führt zu einer Beeinträchtigung der Funktion. Auch das Auffüllen mit Druckluft vermindert die Funktion.“

Technische Daten - KAWASAKI Z 1000

Motor: wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, elektronische Saugrohreinspritzung, Ø 38 mm, Motormanagement, ungeregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, E-Starter, Drehstromlichtmaschine 336 W, Batterie 12 V/8 Ah.Bohrung x Hub 77,2 x 50,9 mmHubraum 953 cm3Verdichtungsverhältnis 11,2:1Nennleistung 93,4 kW (127 PS) bei 10 000/minMax. Drehmoment 96 Nm (9,8 kpm) bei 8000/minSchadstoffwerte (Homologation) CO 3,09 g/km, HC 0,57 g/km, NOx 0,1 g/kmKraftübertragung: Primärantrieb über Zahnräder, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette Sekundärübersetzung 42:16.Fahrwerk: Rückgratrahmen aus Stahlrohr, Motor mittragend, Upside-down-Gabel, Gleitrohrdurchmesser 41 mm, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, schwimmend gelagerte Bremsscheiben, Ø 300 mm, Vierkolbensättel, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Zweikolbensattel.Alugussräder 3.50 x 17; 6.00 x 17Reifen 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17Bereifung im Test Bridgestone BT 019/BT 012Fahrwerksdaten: Radstand 1420 mm, Lenkkopfwinkel 66 Grad, Nachlauf 101 mm, Federweg v/h 120/138 mm.Service-DatenService-Intervalle alle 12000 kmÖlwechsel mit Filter alle 12000 km/3,3lMotoröl SAE 10 W 40Telegabelöl SAE 10 W 20Zündkerzen NGK CR9EKKette 5/8 x 5/16, 102 RollenLeerlaufdrehzahl 1300±100/minVentilspiel Ein-/Auslass 0,15–0,24/0,22–0,31 mmReifenluftdruck solo (mit Sozius)vorn/hinten 2,5/2,9 (2,5/2,9) barFarben Orange, Grün, SchwarzPreis 9900 EuroNebenkosten 105 Euro

MOTORRAD-Messungen

Fahrleistungen1Höchstgeschwindigkeit* 245 km/hBeschleunigung 0–100 km/h 3,1 sek0–140 km/h 4,8 sek0–200 km/h 9,9 sekDurchzug 60–100 km/h 4,2 sek100–140 km/h 4,3 sek140–180 km/h 4,8 sekTachometerabweichungAnzeige/effektiv 50/48, 100/96 km/hKraftstoffart NormalVerbrauch im Testbei 100 km/h 5,4 l/100 kmbei 130 km/h 6,1 l/100 kmLandstraße 6,0 l/100 kmTheor. Reichweite 300 kmMaße und GewichteL/B/H 2120/ 780/1230 mmSitzhöhe 780 mmWendekreis 5870 mmGewicht vollgetankt 224 kgZulässiges Gesamtgewicht* 401 kgZuladung 177 kgRadlastverteilung v/h 50/50 %Tankinhalt* 18 LiterMOTORRAD-Messwerte2Bremsen und FahrdynamikBremsmessungBremsweg aus 100 km/h 38,2 MeterMittlere Verzögerung 10,1 m/s2Bemerkungen: Vordere Bremse spricht zunächst stumpf an, liefert aber bei hoher Handkraft sehr gute Verzögerunswerte, da das Heck nicht zum Abheben neigt. Die hintere Bremse verzögert mit geringer Fußkraft sehr effektiv. Keine Federungs-reserven beim starken Bremsen.Handling-Parcours I (schneller Slalom)Beste Rundenzeit 21,1 sek vmax am Messpunkt 98,0 km/h Bemerkungen: gute Handlichkeit, auch wegen der aufrechten Sitzposition und dem kurzen Abstand zwischen Sitzbank und Lenker. Die Gabel könnte etwas straffer sein.Handling-Parcours II (langsamer Slalom)Beste Rundenzeit 28,4 sek vmax am Messpunkt 54,0 km/h Bemerkungen: Bei niederen Drehzahlen fehlt der Z 1000 etwas Drehmoment, was sich beim Beschleunigen nach dem Schräglagenwechsel bemerkbar macht. Am schnellsten lässt sich die Kawasaki durch Drücken um den Umkehrpunkt zirkeln.Kreisbahn Ø 46 MeterBeste Rundenzeit 10,8 sekvmax am Messpunkt 51,1 km/hBemerkungen: Neutrales Fahrverhalten bis zum Überfahren der Bodenwelle, hier stellt sich die Z 1000 über ihren breiten Hinterreifen auf. Erst dann setzen die Fußrasten auf.

Fazit - Fazit

Kawasaki lässt sich mit der Z 1000 mit der eigenen Vergangenheit ein. Das zeugt keinesfalls von mangelndem Einfallsreichtum bei der Namensfindung. Im Gegenteil, es dokumentiert Selbstbewusstsein: »Wir bauen vorrangig eines: unverwechselbare Sportmotorräder. Seht her, wir sind wieder da.« Und wie.

So testet MOTORRAD: Lenkpräzision - Lenkpräzision

MOTORRAD erklärt die einzelnen Kriterien der 1000-Punkte-Wertung (Teil 15).

Dass sich ein einspuriges Fahrzeug nur durch regelmäßige Lenkeingriffe auf Kurs halten lässt, wird jemanden mit physikalischen Grundkentnissen kaum überraschen. Trotzdem gibt es Motorräder, die dem Fahrer das Gefühl vermitteln, sie fahren wie von selbst. Qualitäten, die für ein sehr gut ausbalanciertes Motorrad sprechen. Das wird nur erreicht, wenn Fahrwerksabstimmung, -geometrie und Reifen in optimaler Weise harmonieren. Dann steigert sich der Swing durch trickreiche Kurvenkombinationen zum ultimativen Genuss. Andere, weniger ausgewogene Modelle wollen mit ständigen Korrekturen und/oder Kräften am Lenker aktiv und konzentriert gelenkt werden, in solchen Fällen muss sich der Steuermann die flüssige Linie hart erarbeiten. Unerfreulich ist vor allem, wenn sich die Lenkkräfte je nach Schräglage und Kurvengeschwindigkeit stark ändern, die Maschine mitunter in die Kurve hineinfällt, manchmal aber auch zum Außenrand drängt. Das Lenkverhalten lässt sich nicht messen, sondern nur von erfahrenen Testern subjektiv beurteilen. Dies wird auf der MOTORRAD-Testrunde erledigt, die Kurven aller Radien und mit unterschiedlichsten Fahrbahnbeschaffenheiten enthält. Die Kawasaki Z 1000 überzeugt trotz breiter Bereifung mit neutralem Lenkverhalten, stellt sich nur bei in Schräglagen überfahrenen Bodenwellen spürbar auf. 24 von 30 möglichen Punkten sind der Lohn für die gute Arbeit der Techniker.

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