Top-Test Suzuki SV 1000

Top-Test Suzuki SV 1000 Was Ihr wollt

Kurven-Räuber, Rucksack-Touristen oder Feierabend-Cruiser – alle haben ihre helle Freude an Suzukis unverkleidetem, waschechtem SV 1000 Big-Twin, der dem sportlich-schnit-tigen SV 1000 S Modell ab sofort zur Seite steht.

Was Ihr wollt Bilski

Wir blättern zurück. MOTORRAD drehte in Heft 7/2003 die brand-
neue Suzuki SV 1000 S mit Halbscha-
lenverkleidung und Stummellenker durch die Testmangel und kam bezüglich der Fahrwerksabstimmung zur nüchternen Erkenntnis: »...ein homogener Gesamteindruck will sich nicht einstellen.« Auch in Sachen Ergonomie und Handlichkeit war Redakteur Guido Stüsser nicht einverstanden: »Die hoch montierten Fußrasten gepaart mit den tiefen Lenkerstummeln und dem zumindest bei niedrigen Temperaturen schwergängigen Lenkungsdämpfer lassen den Piloten für zügige Schräglagenwechsel hart arbeiten.«
Gut drei Monate später steht endlich die unverkleidete SV 1000-Testmaschine parat, und es stellt sich die Frage: Ist
jetzt fahrwerkstechnisch alles im Lot? Um
einen direkten Vergleich zu ermöglichen, geht Schwester S mit auf Testfahrt. Wir schwingen uns in den Sattel der V2-Suzuki, lauschen dem Bollern aus ovalen Rohren und katapultieren in beeindrucken-
dem Sprint Mann und Maschine in die Umlaufbahn des Top-Tests.
Unverkennbar die Abstammung der SV-Typen: der modifizierte TL 1000-Motor von 1997, der in den aktuellen Modellen zwar einen Teil seiner ursprünglich barbarischen Schubkraft aus der Mitte heraus eingebüßt hat, dafür mit geregeltem Katalysator und einer automatischen Kaltstartregelung den Stand aktueller Technik widerspiegelt. Brillante Gasannahme in allen Lagen, kein Patschen, kein Ruckeln. Nur bei Lastwechseln fehlt es dem Suzuki-Einspritzer in den unteren Gängen etwas an Geschmeidigkeit. Und beim Verbrauch an zeitgemäßer Zurückhaltung. Mit 5,7
Liter bei StVO-konformer Landstraßenfahrt und 5,5 Liter pro 100 Kilometer bei konstant 130 km/h rangiert die SV 1000 eher im oberen Bereich der Big-Bike-Messungen. Na ja, von nix kommt nix.
Sanft den Schalthebel angetupft, klinken sich die Gänge präzise und federleicht in ihre Position, lassen sich in
allen Drehzahlen fix durchsortieren. Überraschend die hydraulisch betätigte Kupplung, die sich – bei Suzuki-V2-Motoren nicht immer üblich – messerscharf dosieren lässt und beim harschen Zurückschalten in ihrer Funktion als Anti-Hopping-Kupplung in bester Manier lästiges Brems-
stempeln verhindert.
Mit großzügig bemessenem Abstand von Sitzbank zum Rastenpärchen, dem sauber gekröpften Lenkeisen und elegantem Knieschluss zur mächtigen 17-Liter-Tankblase punktet die SV 1000, bevor es richtig zur Sache geht. Die halbverklei-
dete S dagegen lässt sich nur gebuckelt steuern, faltet den Körper ihres Piloten
rigoros in Racing-Position – bequem ist anders.
Auf den ersten 200 Kilometern registriert man auch bei der SV 1000 ein leichtes Pendeln auf holprigen Autobahnen und mitunter nervöse Kippeligkeit in engen Kurven sowie bei Schräglagenwechseln. Im Verdacht: der schwergängige Lenkungsdämpfer, der schon zu TL-Zeiten in der Kritik stand. Weg damit? Nein, nur Zeit lassen, beim Testmotorrad regelt sich das störrische Ansprechverhalten nach einem halben Tag Landstraße von selbst. Dazu ein Tropfen Silikonöl auf die Kolbenstange des Lenkungsdämpfers, und schwupp, ist der Spuk vorbei.
Was folgt, ist die pure Lust am verbren-
nungsmotorgetriebenen Zweirad. Jeder Meter mit dem dicken Twin ist einfach geil. Einem Twin, der trotz aller technischen Kunstgriffe rustikal hämmert und stampft und in keinem Moment verhehlt, dass sich hier zwei Bierkrug große Kolben zu schaffen machen. Und wie es sich für einen knorrigen Zweizylinder gehört, geizt der SV-Motor nicht mit Vibrationen, die jenseits von 6500/min, wenn sich
der kraftvolle Durchzug zum Wirbelsturm
erhebt, Ross und Reiter erzittern lassen. Mit Leichtigkeit schnalzt dann die Drehzahlmessernadel durch die Skala, 116 PS reißen die Suzuki in 11,3 Sekunden von null auf 200 km/h.
Doch die SV kann auch ganz anders. Lässig dahinschnorcheln, dem V2-Motor beim Stakkato lauschen, beim Wummern aus der Airbox seinen Gedanken nachhängen, die Kiste laufen lassen – cruisen. Am besten mit Rucksack und Landkarte. Oder ohne Landkarte. Weil bei der Suzuki SV 1000 der Weg bereits das Ziel ist. Einfach treiben lassen, grobe Richtung und dann nur noch dem Instinkt folgen. Oder Wegweisern, die einem bislang nie aufgefallen sind. Nach »Hecheln« zum Beispiel. Vier Häuser, ein Kirchlein, leider kein Wirtshaus, aber ein grandioser Blick über die Schweizer Alpen. Hecheln findest du nie mehr. Egal. Weiter. Spätestens wenn dich der Sonnenuntergang anblinzelt, stellst du fest: Nichts tut weh, nichts zwickt. Und am Krad hast du ebenfalls nichts zu meckern. Gar nichts.
Und was macht die SV 1000, wenn der Hahn richtig gespannt wird? Bitte schön, dafür hat sie durchaus eine Antwort. Und vor allem ein Fahrwerk, das Schluss macht mit den in der Sparte
Naked Bikes häufig vertretenen Softies. Vorn und hinten kernig straff und für eine knackige Fahrmaschine absolut korrekt abgestimmt, weil die SV 1000-Federelemente weder beim derben Bremsen noch bei voller Zuladung klein beigeben und trotzdem ein akzeptables Komfortangebot garantieren. Im Gegensatz zu Schwester S, die vorn zu weich und hinten zu hart agiert, zeigt sich die SV 1000 tadellos ausbalanciert. Was dazu führt, dass die Nackte auf kurvigem Geläuf formatfüllend im Rückspiegel der S auftaucht und im abschüssigen Haarnadel-Slalom rotzfrech vorbeidrückt. Der verkleideten SV fehlt
es beim Landstraßenräubern an Lenk-
präzision und Stabilität.
Sehr leger zu handeln dagegen die nackte Suzuki. Weil die Rechnung brei-
ter Lenker plus druckvoller Twin plus Sportfahrwerk zum gewünschten Ergebnis führt. Mit enormer Spielübersicht und
exzellenter Manövrierfähigkeit verlieren hinterhältig angelegte Straßenkrümmungen jeglichen Schrecken. Der subjektive Handlingvorteil der Unverkleideten findet im MOTORRAD-Fahrversuch seine Bestätigung: Mit 105 km/h wetzt die SV 1000 knapp sieben km/h schneller durch den Pylonenwald und büßt nur auf der letzten Rille durch leicht aufsetzende Schalldämpfer und Rasten im engen Parcours ein paar Zehntelsekunden ein.
Nett, dass sich die montierten Michelin Pilot Road-Tourenreifen, bei der Suzuki in der Stabilität getrimmten »B«-Spezifikation, dabei sicher im Asphalt verzahnen und bis auf das leichte Torkeln auf Längsrillen und Trennfugen die positiven Eigenschaften der SV 1000 unterstützen. So ist zum Beispiel das Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage nur gering. Und in
welligen, mit heftiger Schräglage durchwetzten Kurven gibt sich die Tausender äußerst gelassen. Konsequent auch die Optimierung der altbewährten Tokico-Vierkolbenbremszangen, die mit glasklarer Rückmeldung und enormer Wirkung einen beträchtlichen Anteil zum Wohlgefühl beisteuern.
So ist es nicht verwunderlich, dass
die Ausfahrt mit der SV 1000 zum sportlichen Großereignis ausartet. Mutig späte Bremspunkte, mit feinen schwarzen Streifen hinradiert, solide Schrägfahrten mit funkenden Rasten und donnernde Sprints von Kurve zu Kurve – die nackte SV 1000 hat’s drauf.
Vor lauter Lust die Zeit vergessen,
endet der Tag mit einer Nachtfahrt Richtung Heimat, in der die Suzuki SV 1000 mit ihrem tadellosen Rundscheinwerfer nochmals stramme Punkte kassiert. Gute Ausleuchtung in Abblendstellung und beeindruckende Flutlichtqualitäten bei Fernlicht bringen Ross und Reiter sicher ans Ziel. Dass sich zu guter Letzt noch die
vor dem Stahlrohrlenker aufragenden Instrumente als minimaler, aber spürbarer Windschutz bei der Autobahnfahrt erweisen, ist das Tüpfelchen auf dem i. Daran ändert sich auch nichts, als Schwester S und der flach liegende Pilot auf dem Highway mit rasanten 250 km/h vorbeikacheln, während für das unverkleidete Modell bei 235 km/h Schluss ist.

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So testet MOTORRAD - Aufstellmoment beim Bremsen

MOTORRAD erklärt die einzelnen Kriterien der 1000-Punkte-Wertung (Teil 18).

Immer schön eins nach dem anderen: erst bremsen, dann einlenken und anschließend fein säuberlich die Kurve durchfahren. Eine bewährte Methode im Straßenverkehr. So bemerkt man natürlich vom Aufstellmoment beim Bremsen in Schräg-lage nichts. Bis irgendwann eine Notsituation auftaucht, die plötzliches Bremsen erfordert. Wer dann nicht weiß, wie die Maschine reagiert, bekommt unter Umständen Schwierigkeiten. Greift man in Schräglage unvermittelt in die Bremse, will sich je nach Fahrwerksgeometrie, Reifenbreite und -kontur jedes Motorrad mehr oder wenig stark aufrichten, da die Aufstandsfläche des Reifens in Schräglage einige Zentimeter aus der Mittelebene wandert, was wiederum ein Moment um die Lenkachse bewirkt. Reaktionen gibt es auch beim Lösen der Bremse, wenn man in eine Kurve hineinbremst. Schmale Reifen, etwa von Enduros, verhalten sich eher unproblematisch, während die breiten vorderen Reifen eines Supersportlers die Maschine in der Regel stärker aufstellen. Die Reifenkontur spielt dabei eine große Rolle. Bei der SV 1000 hat Suzuki das Problem gut in den Griff bekommen, das neutrale Verhalten wird mit acht von maximal zehn Punkten belohnt.

Fazit - Suzuki SV 1000

Ein freundliches Motorrad für alle Fälle. Stark, vielseitig und preisgünstig. Der prächtige V2-Motor sitzt bei der SV 1000 in einem adäquaten Chassis, das dem sportlich-frechen Landstraßenritt ebenso gerecht wird wie der Marathon-Tour. Womit die Nackte der sportlich geprägten Suzuki SV 1000 S mindestens eine Radlänge voraus ist.

Was sonst noch auffiel - Suzuki SV 1000

Was sonst noch auffiel PlusKrümmeranlage komplett aus EdelstahlSehr breiter Einstellbereich der Dämpfung an Gabel und Federbein MinusSozius hat beim Beschleunigen und Bremsen einen schlechten HaltIn Luftwirbeln von vorausfahrenden Autos leichte Unruhen bei TopspeedEtwas zu kleine Rückspiegel Die wichtigsten Änderungenzur SV 1000 SLängerer Nachlauf (107 zu 98 mm)Flacherer Lenkkopfwinkel (65 zu 65,5 Grad)Längerer Radstand (1445 zu 1430 mm)Optimierte Fahrwerksabstimmung FahrwerkseinstellungenGabel: Federbasis 7 Ringe, Zugstufe 1 (2) Umdrehungen offen, Druckstufe 11/2 (3) Umdrehungen offenFederbein: Vorgespannte Länge 198 mm, Zugstufe 11/2 (21/2) Umdrehungen offen, Druckstufe 1 (3) Umdrehungen offenKlammerwerte für komfortable Landstraßenabstimmung oder leichte Fahrer

Technische Daten

Motor: wassergekühlter Zweizylinder-Vier-takt-90-Grad-V-Motor, Kurbelwelle querliegend, je zwei obenliegende, ketten-getriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, elektronische Saugrohreinspritzung, Ø 52 mm, Motormanagement, geregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, E-Starter, Drehstromlichtmaschine 400 W, Batterie 12 V/12 Ah.Bohrung x Hub 98,0 x 66,0 mmHubraum 996 cm3Verdichtungsverhältnis 11,3:1Nennleistung 88 kW (120 PS) bei 8500/minMax. Drehmoment 102 Nm (10,4 kpm) bei 7200/minSchadstoffwerte (Homologation) CO 0,88 g/km, HC 0,52 g/km, NOx 0,13 g/kmKraftübertragung: Primärantrieb über Zahnräder, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 40:17.Fahrwerk: Brückenrahmen aus Aluguss, Telegabel, Standrohrdurchmesser 46 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Vierkolbensättel, schwimmend gelagerte Bremsscheiben, Ø 310 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Einkolbensattel.Alugussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17Bereifung im Test Michelin Pilot Road »B«Fahrwerksdaten: Radstand 1445 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 107 mm, Federweg v/h 120/130 mm.Service-DatenService-Intervalle alle 6000 kmÖlwechsel alle 6000 km/2,7 lmit Filter alle 18000 km/2,9 lMotoröl SAE 10 W 40Telegabelöl SAE 2,5 W 5 Zündkerzen NGK CR8EK, ND U22ETRLeerlaufdrehzahl 1200/min ± 100Reifenluftdruck solo (mit Sozius)vorn/hinten 2,5/2,5 (2,5/2,9) barGarantie zwei Jahre ohne KilometerbegrenzungFarben Silber, BlauPreis 9390 EuroNebenkosten 140 Euro

MOTORRAD-Messungen

Fahrleistungen1Höchstgeschwindigkeit* 235 km/hBeschleunigung 0–100 km/h 3,2 sek0–140 km/h 5,2 sek0–200 km/h 11,3 sekDurchzug60–100 km/h 3,9 sek100–140 km/h 4,3 sek140–180 km/h 6,1 sekTachometerabweichungAnzeige/effektiv 50/47, 100/94 km/hKraftstoffart NormalVerbrauch im Testbei 100 km/h 4,8 l/100 kmbei 130 km/h 5,5 l/100 kmLandstraße 5,7 l/100 kmTheor. Reichweite 298 kmMaße und GewichteL/B/H 2130/860/1220 mmSitzhöhe 840 mmWendekreis 6000 mmGewicht vollgetankt 217 kgZulässiges Gesamtgewicht* 415 kgZuladung 198 kgRadlastverteilung v/h 48/52 %Tankinhalt* 17 LiterMOTORRAD-Messwerte2Bremsen und FahrdynamikBremsmessungBremsweg aus 100 km/h 38,5 MeterMittlere Verzögerung 10,0 m/s2Bemerkungen: Gefühlvoll in der Dosierung, kräftig im Biss und mit griffigen Reifen bestückt, verzögert die SV 1000 erstklassig und dank der straffen Gabel-abstimmung ohne Pendeln und Stempeln.Handling-Parcours I (schneller Slalom)Beste Rundenzeit 20,8 sekvmax am Messpunkt 105,0 km/hBemerkungen: Aufrechte Sitzposition, breiter Lenker, straffes Fahrwerk – damit sind für diese Kategorie sehr hohe Geschwindigkeiten möglich. Störend wirkt bei harten Schräglagenwechseln nur der anfänglich schwergängige Lenkungsdämpfer.Handling-Parcours II (langsamer Slalom)Beste Rundenzeit 29,0 sekvmax am Messpunkt 53,4 km/hBemerkungen: Mit guter Lenkpräzision und Kurvenstabilität lassen sich auch hier hohe Kurvengeschwindigkeiten verwirklichen. Lediglich die Lastwechselreaktionen bringen im engen Umkehrpunkt und bei Kurskorrekturen Unruhe ins Fahrwerk. Erst bei riskanten Schräglagen setzen die Aluschalldämpfer und Stahlstifte der Fußrasten auf.

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