Ural mit Euro 5
Alter Boxer mit neuer Norm

Totgesagte leben eben länger. Was wurde da nicht schon vor Euro 4 der Niedergang des luftgekühlten Abendlandes eingeläutet und auch mit der kommenden Euro 5 machten viele schon Gedanken-Häckchen an einzelne Modelle, wenn nicht an ganze Hersteller. Ural dürfte einer dieser Hersteller sein.

Ural Gespann
Foto: Ural

Und belehrt uns wohl erneut eines besseren. Vor kurzem vermeldete noch der Ural-Importeur für die Schweiz, dass es wohl vorerst keine Euro-5-Modelle auf dem europäischen Markt geben wird. Die Entwicklung wäre gestoppt worden. Nun geistert die News herum, dass es die Russen wohl doch und auch deutlich früher als erwartet geschafft hätten, den 750er-Boxer über die neue Norm-Hürde zu bringen.

Alter, neuer Motor

Im gleichen Atemzug darf nicht unerwähnt bleiben, dass es sich bei dem Motor keineswegs, wie es gern romantisch verklärt wird, um den alten Weltkriegsmotor handelt. Der alte 650er wurde zwar spät, aber bereits 2003 von einem moderneren Boxer mit 745 Kubik abgelöst, der seit Euro 4 auch eine Einspritzung hat. Technisch ist der Antrieb somit zwar nicht der allerletzte Stand, aber bei bisher robusten 40 PS aus zwei großen Einzelhubräumen ist der Sprung auf Euro 5 nicht der weiteste. Die Maßnahmen dazu decken sich mit denen anderer Hersteller. Es bleibt beim bekannten Hubraum, der Kolben besteht für Euro 5 aus einer neuen Legierung aus Aluminium-Silizium und soll die Verdichtung um 20 Prozent erhöhen. Das würde die Kompression auf 10,3:1 treiben. Mehr Leistung kommt da aber nicht heraus, da die komplett neue Abgasanlage mit vier Katalysatoren und Klappensteuerung kommt, was den Abgasstaudruck erhöht und Leistung kostet, es gilt also die bisherige Power zu halten. Im Falle von Ural mit bisher 30 kW oder 40 PS ein wesentlicher Faktor: Der Verlust von Drehmoment bei Gespannen oder beim Offroad-Einsatz ist nicht wünschenswert.

Motorrad-Neuheiten
Ural-Exhaust-Euro5
Ural
Die neue Abgasanlage der Ural mit Euro 5: Mehr Kats, ein immer hochgelegter Endtopf und ein Klappen-Ventil-System für schnelleres Aufheizen der vier Katylysatoren.

Sollten die Euro-5-Ural 2021 noch kommen, dann dürfte das aktuelle Produktportfolio mit insgesamt sechs unterschiedlichen Gespannmodellen bestehen bleiben. Ob die Preise für die Gespanne mit gut 15.000 Euro gehalten werden können ist ebenso fraglich wie die Liefertermine des neuen Modelljahres. Übrigens: ABS werden auch die 2021er Modelle nicht haben, da Gespanne das nicht brauchen.

Fazit

Schreckgespenst Euro 5? Nur auf dem Papier oder wenn Hersteller gezielt Modelle verschwinden lassen wollen. Bei einem Hersteller wie Ural, der bei Lichte betrachtet eigentlich nur ein Modell hat, ist die Vertreibung des Gespensts überlebenswichtig. Umso toller, dass es wohl gelungen scheint. Wann die ersten Modelle indes beim Importeur in Linz und in Folge bei den Händlern ankommen, ist ungewiss.

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Erscheinungsdatum 15.09.2023